Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Freitag, 31. Dezember 2010
1289.
Es ist etwas wenig gewesen im letzten Jahr mit den "Befreit die und die" Aufrufen, bemerkte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rot geränderten Augen, und die Chefin sagte, es sei eine Absprache zur konzeptionellen Veränderung mit der Kreativleitung gewesen, sie koennten gelegentlich gern darüber sprechen, aber jetzt müsse man erst einmal allen ein schoenes neues Jahr wünschen, das sah auch die Minderheitlerin ein.
1288.
Mr. Precuneus was frustrated because he had come to the airport in vain - all arrivals canceled.
Mittwoch, 29. Dezember 2010
1287.
Es ist immer noch nicht richtig beieinander, sagte die Dame Oe, als sie mal wieder ins "Bistro" kam, und nun wollen sie es doch tatsächlich mit Honig versuchen, ich weiß ja nicht, ob das so gut ist, immerhin ohne Apfel, daran würde es sich ja vermutlich im Augenblick eher verschlucken, aber die Kreativleitung wirkt ziemlich entschlossen, sie will ihm Honig mit dem Finger zuführen, denken Sie mal, naja, sagte sie dann, diese komische Entschlossenheit der Kreativleitung wäre ja fast mal ein guter Nebeneffekt, wenn es nicht alles so besorgniserregend wäre, und die Chefin, als sie dieses alles hoerte, überlegte so intensiv, ob es geboten sei, ihre eigene Ratlosigkeit eher zu verbergen, dass sie erst spät den Anlass zu einem ermunternden: was für eine gute Idee! entdeckte, welchen sie dann aber umso energischer ergriff, indem sie also mit einer kleinen Verzoegerung ausrief: was für eine gute Idee!
Dienstag, 28. Dezember 2010
1286.
Karomütze, welcher froh war, dass die Nummer mit dem wunderschoenen roten Ferrari einstweilen ein Ende hatte, verfiel während einer Nachtschicht in tiefes Grübeln, es hatte aber nichts mit der Winterreifenpflicht zu tun.
Montag, 27. Dezember 2010
1285.
Immer noch war Mo das Sorgenkind der EinSatzLeitung, aber die Bürozeiten wurden zwischen den Jahren eingehalten, und während die Kreativleitung und Mr. Precuneus einander abloesten im Achtgeben auf die seltsamen Geräusche, welche das Wesen von sich gab, wurde im Büro des Demokratiebeauftragten schon wieder herzlich gelacht, diesmal über http://www.textlog.de/39151.html, die Heimkehr der Sieger.
Sonntag, 26. Dezember 2010
1284.
Mama, was ist eigentlich genau ein Sprachrohr, fragte das Kind, und die Chefin antwortete, in der Regel ein ziemlich schweres Missverständnis.
Samstag, 25. Dezember 2010
1283.
Alle EinSatzKräfte in Schnee und Blitzeis im EinSatz, bis auf die, die rund um die Uhr das Wiedererwachen des kleinen Blaumantels Mo zu bewachen versuchten und sich unterdessen die Zeit mit den üblichen Plänkeleien vertrieben, und bis auf die, welche den ehemaligen Chef und seine Gattin nach jenem anstrengenden Ausflug wieder in ihre Häuslichkeit begleiteten - Gründe gab es reichlich für den Umstand, dass es bis zur Nacht nach der heiligen nichts wurde mit einer normalen BeSatzung der EinSatzLeitung, und nur der auf ihre Art unermüdlichen Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse war es zu verdanken, dass irgendein langweilig berichtender EinSatz wenigstens am Abend des ersten Feiertages zustandekam, denn sie hatte nachsehen müssen, ob wirklich keine Leitungen eingefroren seien usw., sie hatte ein paar herumliegende Tannennadeln eingesammelt und für einen kleinen Weihnachtsgruß den Computer hochgefahren, sich dann aber in irgendwelchen Nebensächlichkeiten verheddert, weil sie die Aufregung der Dame Oe über den in irgendeiner Meldung gelesenen Komparativ "suizidgefährdeter," die sie eigentlich hatte einsetzen wollen, irgendwie unpassend fand zum Anlass, erstens, weil Mr. Precuneus wirklich hatte herausfahren müssen, um wen vom Dache zu quatschen, zweitens aber auch, weil ihr Freiheitsbewusstsein wie das der meisten Zeit- und Klassengenossen seine Grenze an einer gewissen Ehrfurcht vor mancher Pseudowissenschaft fand, so dass sie wie diese glaubte, Menschen, die solche zusammengesetzten Woerter und ihre unpassenden Komparative gebrauchten, sprächen wirklich von etwas, und nun war sie dermaßen verheddert, dass sie nicht mehr geradeaus sprechen und frisch heraus einen Gruß absetzen konnte, so etwas aber auch, und das am Weihnachtsfeiertag.
Mittwoch, 22. Dezember 2010
1282.
Der ehemalige Chef war sehr betrübt, als er dieses vernahm, oder doch vielleicht auch ärgerlich, jedenfalls nahmen er und seine Gattin die Angelegenheit zum Anlass, sich einmal aus dem Haus zu bewegen und in der Kreativabteilung nachzuschauen, ob nicht etwas zu machen wäre, ein Vorhaben, welches mit einigen Umständen verbunden war, da der ehemalige Chef nicht mehr recht tauglich war zum Treppensteigen, so dass etliche der jüngeren EinSatzKräfte ihn vom schwarzen Alfa Romeo bis in die eigentliche EinSatzLeitung mehr oder weniger schieben mussten - es war ihm üblicherweise nicht recht, aber er machte hier eine Ausnahme und fühlte sich sehr gnädig, als dieses geschah.
Dienstag, 21. Dezember 2010
1281.
Es war wohl zu spät, sagte der Sicherheitsbeauftragte, als er einen Eisklotz in blauem Mantel auf den Tisch legte, an dem die entgeisterte Kreativleitung saß und ihn fragte, wo er Mo denn schließlich gefunden habe, es lag vor der Tür, sagte er, muss hier irgendwie hergekommen sein, entweder jemand hat es abgelegt oder es ist bis hierher gelaufen und dann eingefroren, tut mir wirklich leid, sagte er dann noch, und fand es trotzdem wunderlich, dass die Kreativleitung das leblose Wesen aufnahm, in den karierten Schal wickelte und auf das Fell bettete, als hätte es vielleicht doch noch ein fünftes, sechstes oder siebtes Leben.
Montag, 20. Dezember 2010
1280.B
Ein Brief Rosa Luxemburgs
Dem Andenken des edelsten Opfers widme ich die Vorlesung des folgenden Briefes, den Rosa Luxemburg aus dem Breslauer Weibergefängnis Mitte Dezember 1917 an Sonja Liebknecht geschrieben hat:
– Jetzt ist es ein Jahr, daß Karl in Luckau sitzt. Ich habe in diesem Monat oft daran gedacht, und genau vor einem Jahre waren Sie bei mir in Wronke, haben mir den schönen Weihnachtsbaum beschert ... Heuer habe ich mir hier einen besorgen lassen, aber man brachte mir einen ganz schäbigen mit fehlenden Ästen – kein Vergleich mit dem vorjährigen. Ich weiß nicht, wie ich darauf die acht Lichteln anbringe, die ich erstanden habe. Es ist mein drittes Weihnachten im Kittchen, aber nehmen Sie es ja nicht tragisch. Ich bin so ruhig und heiter wie immer. Gestern lag ich lange wach – ich kann jetzt nie vor ein Uhr einschlafen, muß aber schon um zehn ins Bett –, dann träume ich verschiedenes im Dunkeln. Gestern dachte ich also: Wie merkwürdig das ist, daß ich ständig in einem freudigen Rausch lebe – ohne jeden besonderen Grund. So liege ich zum Beispiel hier in der dunklen Zelle auf einer steinharten Matratze, um mich im Hause herrscht die übliche Kirchhofsstille, man kommt sich vor wie im Grabe: vom Fenster her zeichnet sich auf der Decke der Reflex der Laterne, die vor dem Gefängnis die ganze Nacht brennt. Von Zeit zu Zeit hört man nur ganz dumpf das ferne Rattern eines vorbeigehenden Eisenbahnzuges oder ganz in der Nähe unter den Fenstern das Räuspern der Schildwache, die in ihren schweren Stiefeln ein paar Schritte langsam macht, um die steifen Beine zu bewegen. Der Sand knirscht so hoffnungslos unter diesen Schritten, daß die ganze Öde und Ausweglosigkeit des Daseins daraus klingt in die feuchte, dunkle Nacht. Da liege ich still allein, gewickelt in diese vielfachen schwarzen Tücher der Finsternis, Langweile, Unfreiheit des Winters – und dabei klopft mein Herz, von einer unbegreiflichen, unbekannten inneren Freude, wie wenn ich im strahlenden Sonnenschein über eine blühende Wiese gehen würde. Und ich lächle im Dunkeln dem Leben, wie wenn ich irgend ein zauberndes Geheimnis wüßte, das alles Böse und Traurige Lügen straft und in lauter Helligkeit und Glück wandelt. Und dabei suche ich selbst nach einem Grund zu dieser Freude, finde nichts und muß wieder lächeln über mich selbst. Ich glaube, das Geheimnis ist nichts anderes als das Leben selbst; die tiefe nächtliche Finsternis ist so schön und weich wie Samt, wenn man nur richtig schaut. Und in dem Knirschen des feuchten Sandes unter den langsamen, schweren Schritten der Schildwache singt auch ein kleines schönes Lied vom Leben – wenn man nur richtig zu hören weiß. In solchen Augenblicken denke ich an Sie und möchte Ihnen so gern diesen Zauberschlüssel mitteilen, damit Sie immer und in allen Lagen das Schöne und Freudige des Lebens wahrnehmen, damit Sie auch im Rausch leben und wie über eine bunte Wiese gehen. Ich denke ja nicht daran, Sie mit Asketentum, mit eingebildeten Freuden abzuspeisen. Ich gönne Ihnen alle reellen Sinnesfreuden. Ich möchte Ihnen nur noch dazu meine unerschöpfliche innere Heiterkeit geben, damit ich um Sie ruhig bin, daß Sie in einem sternbestickten Mantel durchs Leben gehen, der Sie vor allem Kleinen, Trivialen und Beängstigenden schützt.
Sie haben im Steglitzer Park einen schönen Strauß aus schwarzen und rosavioletten Beeren gepflückt. Für die schwarzen Beeren kommen in Betracht entweder Holunder – seine Beeren hängen in schweren, dichten Trauben zwischen großen gefiederten Blattwedeln, sicher kennen Sie sie, oder, wahrscheinlicher, Liguster; schlanke, zierliche, aufrechte Rispen von Beeren und schmale, längliche grüne Blättchen. Diese rosavioletten, unter kleinen Blättchen versteckten Beeren können die der Zwergmispel sein; sie sind zwar eigentlich rot, aber in der späten Jahreszeit ein bißchen schon überreif und angefault, erscheinen sie oft violettrötlich; die Blättchen sehen der Myrte ähnlich, klein, spitz am Ende, dunkelgrün und lederig oben, unten rauh.
[Sonjuscha, kennen Sie Platens: »Verhängnisvolle Gabel«? Könnten Sie es mir schicken oder bringen? Karl hat einmal erwähnt, daß er sie zuhause gelesen hat. Die Gedichte Georges sind schön; jetzt weiß ich, woher der Vers: »Und unterm Rauschen rötlichen Getreides!« stammt, den Sie gewöhnlich hersagten, wenn wir im Felde spazieren gingen. Können Sie mir gelegentlich den neuen »Amadis« abschreiben, ich liebe das Gedicht so sehr – natürlich dank Hugo Wolffs Lied –, habe es aber nicht hier. Lesen Sie weiter die Lessing-Legende? Ich habe wieder zu Langes Geschichte des Materialismus gegriffen, die mich stets anregt und erfrischt. Ich möchte so sehr, daß Sie sie mal lesen.]
Ach, Sonitschka, ich habe hier einen scharfen Schmerz erlebt, auf dem Hof, wo ich spaziere, kommen oft Wagen vom Militär, voll bepackt mit Säcken oder alten Soldatenröcken und Hemden, oft mit Blutflecken. Die werden hier abgeladen, in den Zellen verteilt, geflickt, dann wieder aufgeladen und ans Militär abgeliefert. Neulich kam so ein Wagen, bespannt statt mit Pferden mit Büffeln. Ich sah die Tiere zum erstenmal in der Nähe. Sie sind kräftiger und breiter gebaut als unsere Rinder, mit flachen Köpfen und flach abgebogenen Hörnern, die Schädel also unseren Schafen ähnlicher, ganz schwarz mit großen sanften Augen. Sie stammen aus Rumänien, sind Kriegstrophäen. Die Soldaten, die den Wagen führen, erzählen, daß es sehr mühsam war, diese wilden Tiere zu fangen, und noch schwerer, sie, die an die Freiheit gewöhnt waren, zum Lastdienst zu benützen. Sie wurden furchtbar geprügelt, bis daß für sie das Wort gilt »vae victis« ... An hundert Stück der Tiere sollen in Breslau allein sein; dazu bekommen sie, die an die üppige rumänische Weide gewöhnt waren, elendes und karges Futter. Sie werden schonungslos ausgenützt, um alle möglichen Lastwagen zu schleppen, und gehen dabei rasch zugrunde. – Vor einigen Tagen kam also ein Wagen mit Säcken hereingefahren, die Last war so hoch aufgetürmt, daß die Büffel nicht über die Schwelle bei der Toreinfahrt konnten. Der begleitende Soldat, ein brutaler Kerl, fing an, derart auf die Tiere mit dem dicken Ende des Peitschenstieles loszuschlagen, daß die Aufseherin ihn empört zur Rede stellte, ob er denn kein Mitleid mit den Tieren hätte! »Mit uns Menschen hat auch niemand Mitleid«, antwortete er mit bösem Lächeln und hieb noch kräftiger ein ... Die Tiere zogen schließlich an und kamen über den Berg, aber eins blutete ... Sonitschka, die Büffelhaut ist sprichwörtlich an Dicke und Zähigkeit, und die ward zerrissen. Die Tiere standen dann beim Abladen ganz still erschöpft und eines, das, welches blutete, schaute dabei vor sich hin mit einem Ausdruck in dem schwarzen Gesicht und den sanften schwarzen Augen wie ein verweintes Kind. Es war direkt der Ausdruck eines Kindes, das hart bestraft worden ist und nicht weiß, wofür, weshalb, nicht weiß, wie es der Qual und der rohen Gewalt entgehen soll ... ich stand davor und das Tier blickte mich an, mir rannen die Tränen herunter – es waren seine Tränen, man kann um den liebsten Bruder nicht schmerzlicher zucken, als ich in meiner Ohnmacht um dieses stille Leid zuckte. Wie weit, wie unerreichbar, verloren die freien, saftigen, grünen Weiden Rumäniens! Wie anders schien dort die Sonne, blies der Wind, wie anders waren die schönen Laute der Vögel oder das melodische Rufen der Hirten! Und hier – diese fremde schaurige Stadt, der dumpfe Stall, das ekelerregende muffige Heu mit faulem Stroh gemischt, die fremden, furchtbaren Menschen und – die Schläge, das Blut, das aus der frischen Wunde rinnt ... O mein armer Büffel, mein armer, geliebter Bruder, wir stehen hier beide so ohnmächtig und stumpf und sind nur eins im Schmerz, in Ohnmacht, in Sehnsucht. Derweil tummelten sich die Gefangenen geschäftig um den Wagen, luden die schweren Säcke ab und schleppten sie ins Haus; der Soldat aber steckte beide Hände in die Hosentaschen, spazierte mit großen Schritten über den Hof, lächelte und pfiff einen Gassenhauer. Und der ganze herrliche Krieg zog an mir vorbei ...
Sonjuscha, Liebste, seien Sie trotz alledem ruhig und heiter. So ist das Leben und so muß man es nehmen, tapfer, unverzagt Und lächelnd – trotz alledem.
Antwort an Rosa Luxemburg von einer Unsentimentalen
Innsbruck, 25. August 1920
Geehrter Herr Kraus,
Zufällig ist mir die letzte Nummer Ihrer »Fackel« in die Hände gekommen (ich war bis 4./II.I.J. Abonnentin) u. ich möchte mir gestatten Ihnen betreffs des von Ihnen so sehr bewunderten Briefes der Rosa Luxemburg Einiges zu erwidern, obwohl Ihnen eine Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck vielleicht nicht sehr willkommen ist. Also: der Brief ist ja wirklich recht schön u. rührend u. ich stimme ganz mit Ihnen überein, daß er sehr wohl als Lesestück in den Schulbüchern für Volks- u. Mittelschulen figurieren könnte, wobei man dann im Vorwort lehrreiche Betrachtungen darüber anstellen könnte, wie viel ersprießlicher und erfreulicher das Leben der Luxemburg verlaufen wäre, wenn sie sich statt als Volksaufwieglerin etwa als Wärterin in einem Zoologischen Garten od. dgl. betätigt hätte, in welchem Fall ihr wahrscheinlich auch das »Kittchen« erspart geblieben wäre. Bei ihren botanischen Kenntnissen u. ihrer Vorliebe für Blumen hätte sie jedenfalls auch in einer größeren Gärtnerei lohnende u. befriedigende Beschäftigung gefunden u. hätte dann gewiß keine Bekanntschaft mit Gewehrkolben gemacht.
Was die etwas larmoyante Beschreibung des Büffels an belangt, so will ich es gern glauben, daß dieselbe ihren Eindruck auf die T ränendrüsen der Kommerzienrätinnen und der ästhetischen Jünglinge in Berlin, Dresden u. Prag nicht verfehlt hat. Wer jedoch, wie ich, auf einem großen Gute Südungarns auf gewachsen ist, u. diese Tiere, ihr meist schäbiges, oft rissiges Fell u. ihren stets stumpfsinnigen »Gesichtsausdruck« von Jugend auf kennt, betrachtet die Sache ruhiger. Die gute Luxemburg hat sich von den betreffenden Soldaten tüchtig anplauschen lassen ( ähnlich wie s. Z. der sel. Benedikt mit den Grubenhunden) wobei wahrscheinlich noch Erinnerungen an Lederstrumpf, wilde Büffelherden in den Prärien etc. in ihrer Vorstellung mitgewirkt haben. – Wenn wirklich unsere Feldgrauen, abgesehn von den schweren Kämpfen, die sie in Rumänien zu bestehen hatten, noch Zeit, Kraft u. Lust gehabt hätten, wilde Büffel zu Hunderten einzufangen u. dann stracks zu Lasttieren zu zähmen, so wäre das aller Bewunderung wert, u. entschieden noch erstaunlicher, als daß die urkräftigen Tiere sich diese Behandlung hätten gefallen lassen.
Nun muß man aber wissen, daß die Büffel in diesen Gegenden seit undenklichen Zeiten mit Vorliebe als Lasttiere (sowie auch als Milchkühe) gezüchtet u. verwendet werden. Sie sind anspruchslos im Futter u. ungeheuer kräftig, wenn auch von sehr langsamer Gangart. Ich glaube daher nicht. daß der » geliebte Bruder« der Luxemburg besonders erstaunt gewesen sein dürfte, in Breslau einen Lastwagen ziehn zu müssen u. mit »dem Ende des Peitschenstieles« Eines übers Fell zu bekommen. Letzteres wird wohl – wenn es nicht gar zu roh geschieht bei Zugtieren ab u. zu unerläßlich sein, da sie bloßen Vernunftgründen gegenüber nicht immer zugänglich sind, – ebenso wie ich Ihnen als Mutter versichern kann, daß eine Ohrfeige bei kräftigen Buben oft sehr wohltätig wirkt! Man muß nicht immer das Schlimmste annehmen u. die Leute (u. die Tiere) prinzipiell nur bedauern, ohne die näheren Umstände zu kennen. Das kann mehr Böses als Gutes anrichten. – Die Luxemburg hätte gewiß gerne, wenn es ihr möglich gewesen wäre, den Büffeln Revolution gepredigt u. ihnen eine Büffel-Republik gegründet, wobei es sehr fraglich ist, ob sie imstande gewesen wäre, ihnen das – von ihr – geträumte Paradies mit »schönen Lauten der Vögel u. melodischen Rufen des Hirten« zu verschaffen u. ob die Büffel auf Letzteres so besonderes Gewicht legen. Es gibt eben viele hysterische Frauen, die sich gern in Alles hineinmischen u. immer Einen gegen den Anderen hetzen möchten; sie werden, wenn sie Geist und einen guten Stil haben, von der Menge willig gehört u. stiften viel Unheil in der Welt, so daß man nicht zu sehr erstaunt sein darf, wenn eine solche, die so oft Gewalt gepredigt hat, auch ein gewaltsames Ende nimmt.
Stille Kraft, Arbeit im nächsten Wirkungskreise, ruhige Güte u. Versöhnlichkeit ist, was uns mehr not tut, als Sentimentalität u. Verhetzung. Meinen Sie nicht auch?
Hochachtungsvoll
Frau v. X-Y
Was ich meine, ist: daß es mich sehr wenig interessiert, ob eine Nummer der Fackel »zufällig« oder anderwegen einer derartigen Bestie in ihre Fänge gekommen ist und ob sie bis 4. II. I. J. Abonnentin war oder es noch ist. Ist sie's gewesen, so weckt es unendliches Bedauern, daß sie's nicht mehr ist, denn wäre sie's noch, so würde sie's am Tage des Empfangs dieses Briefes, also ab 28. VIII. 1. J. nicht mehr sein. Weil ja bekanntlich die Fackel nicht wehrlos gegen das Schicksal ist, an solche Adresse zu gelangen. Was ich meine, ist: daß mir diese Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck insofern ganz willkommen ist, als sie mir das Bild, das ich von der Geistigkeit dieser Stadt empfangen und geboten habe, auch nicht in einem Wesenszug alteriert und im Gegenteil alles ganz so ist, wie es sein soll. Was ich meine, ist, daß neben dem Brief der Rosa Luxemburg, wenn sich die sogenannten Republiken dazu aufraffen könnten, ihn durch ihre Lesebücher den aufwachsenden Generationen zu überliefern, gleich der Brief dieser Megäre abgedruckt werden müßte, um der Jugend nicht allein Ehrfurcht vor der Erhabenheit der menschlichen Natur beizubringen, sondern auch Abscheu vor ihrer Niedrigkeit und an dem handgreiflichsten Beispiel ein Gruseln vor der unausrottbaren Geistesart deutscher Fortpflanzerinnen, die uns das Leben bis zur todsichern Aussicht auf neue Kriege verhunzen wollen und die dem Satan einen Treueid geschworen zu haben scheinen, eben das was sie anno 1914 aus Heldentodgeilheit nicht verhindert haben, immer wieder geschehen zu lassen. Was ich meine, ist – und da will ich einmal mit dieser entmenschten Brut von Guts- und Blutsbesitzern und deren Anhang, da will ich mit ihnen, weil sie ja nicht deutsch verstehen und aus meinen »Widersprüchen« auf meine wahre Ansicht nicht schließen können, einmal deutsch reden, nämlich weil ich den Weltkrieg für eine unmißdeutbare Tatsache halte und die Zeit, die das Menschenleben auf einen Dreckhaufen reduziert hat, für eine unerbittliche Scheidewand – was ich meine, ist: Der Kommunismus als Realität ist nur das Widerspiel ihrer eigenen lebensschänderischen Ideologie, immerhin von Gnaden eines reineren ideellen Ursprungs, ein vertracktes Gegenmittel zum reineren ideellen Zweck – der Teufel hole seine Praxis, aber Gott erhalte ihn uns als konstante Drohung über den Häuptern jener, so da Güter besitzen und alle andern zu deren Bewahrung und mit dem Trost, daß das Leben der Güter höchstes nicht sei, an die Fronten des Hungers und der vaterländischen Ehre treiben möchten. Gott erhalte ihn uns, damit dieses Gesindel, das schon nicht mehr ein und aus weiß vor Frechheit, nicht noch frecher werde, damit die Gesellschaft der ausschließlich Genußberechtigten, die da glaubt, daß die ihr botmäßige Menschheit genug der Liebe habe, wenn sie von ihnen die Syphilis bekommt, wenigstens doch auch mit einem Alpdruck zu Bette gehe! Damit ihnen wenigstens die Lust vergehe, ihren Opfern Moral zu predigen, und der Humor, über sie Witze zu machen! Zu Betrachtungen, wie viel ersprießlicher und erfreulicher das Leben der Luxemburg verlaufen wäre, wenn sie sich als Wärterin in einem Zoologischen Garten betätigt hätte statt als Bändigerin von Menschenbestien, von denen sie schließlich zerfleischt ward, und ob sie als Gärtnerin edler Blumen, von denen sie allerdings mehr als eine Gutsbesitzerin wußte, lohnendere und befriedigendere Beschäftigung gefunden hätte denn als Gärtnerin menschlichen Unkrauts – zu solchen Betrachtungen wird, solange die Frechheit von der Furcht gezügelt ist, kein Atemzug langen. Auch bestünde die Gefahr, daß etwaiger Spott über das »Kittchen«, in dem eine Märtyrerin sitzt, auf der Stelle damit beantwortet würde, daß man es der Person, die sich solcher Schändlichkeit erdreistet hat, in die Höhe hebt, wenn man nicht eine Ohrfeige vorzöge, die, wie ich Ihnen versichern kann, bei kräftigen Heldenmüttern sehr wohltätig wirkt! Was vollends den Hohn darüber betrifft, daß Rosa Luxemburg »mit Gewehrkolben Bekanntschaft gemacht« hat, so wäre er gewiß mit ein paar Hieben, aber nur mit jenem Peitschenstiel, der Rosa Luxemburgs Büffel getroffen hat, nicht zu teuer bezahlt. Nur keine Sentimentalität! Larmoyante Beschreibungen solcher Prozeduren können wir nicht brauchen, das ist nichts für die Lesebücher. Wer auf einem großen Gut Südungarns aufgewachsen ist, wo das sowieso schon schäbige und rissige Fell der Büffel kein Mitleid mehr aufkommen läßt und ihr stets stumpfsinniger »Gesichtsausdruck« – ein Gesichtsausdruck, der mithin nicht nach der Andacht einer Luxemburg, sondern nach Gänsefüßen, nach den Fußtritten einer Gans verlangt – sich von dem idealen Antlitz der südungarischen Gutsbesitzer unsympathisch abhebt, der weiß, daß man in Ungarn noch ganz andere Prozeduren mit den Geschöpfen Gottes vornimmt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und daß die Gutsbesitzerinnen mit den Kommerzienrätinnen darin völlig einig sind, sichs wohl gefallen zu lassen. Ich meine nun freilich, daß man weder für Revolutionstribunale sich begeistern noch mit dem Standpunkt jener Offiziere sympathisieren soll, die sich aus dem Grunde, weil das Letzte, was ihnen geblieben ist, die Ehre ist, dazu hingerissen fühlen, ihre Nebenmenschen zu kastrieren. Aber so ungerecht bin ich doch, daß ich zum Beispiel Damen, die noch heute »unsere Feldgrauen« sagen, verurteilen würde, den Abort einer Kaserne zu putzen und hierauf »stracks« den Adel abzulegen, von dem sie sich noch immer, und wär's auch nur in anonymen Besudelungen einer Toten, nicht trennen können. Allerdings meine ich auch, daß unsere Feldgrauen, abgesehen von den schweren Kämpfen, die sie in Rumänien zu bestehen hatten und zwar nur deshalb, weil die Lesebücher bis 1914 noch nicht vom Geist der Rosa Luxemburg, sondern von dem der Gutsbesitzerinnen inspiriert waren, faktisch auch Zeit, Kraft und Lust gehabt haben, Büffel zu stehlen und zu zähmen, und ferner, daß, solange die Bewunderung deutscher und südungarischer Walküren für die militärische Büffeldressur vorhält, auch die Menschheit nicht davor bewahrt sein wird, mit Vorliebe zu Lasttieren abgerichtet zu werden. Was ich aber außerdem noch meine – da ja nun einmal meine Meinung und nicht bloß mein Wort gehört werden will – ist: daß, wenn das Wort der guten Rosa Luxemburg nicht von der geringsten Tatsächlichkeit beglaubigt wäre und längst kein Tier Gottes mehr auf einer grünen Weide, sondern alles schon im Dienste des Kaufmanns, sie doch vor Gott wahrer gesprochen hätte als solch eine Gutsbesitzerin, die am Tier die Anspruchslosigkeit im Futter rühmt und nur die langsame Gangart beklagt, und daß die Menschlichkeit, die das Tier als den geliebten Bruder anschaut, doch wertvoller ist als die Bestialität, die solches belustigend findet und mit der Vorstellung scherzt, daß ein Büffel »nicht besonders erstaunt« ist, in Breslau einen Lastwagen ziehen zu müssen und mit dem Ende eines Peitschenstieles »Eines übers Fell zu bekommen«. Denn es ist jene ekelhafte Gewitztheit, die die Herren der Schöpfung und deren Damen »von Jugend auf« Bescheid wissen läßt, daß im Tier nichts los ist, daß es in demselben Maße gefühllos ist wie sein Besitzer, einfach aus dem Grund, weil es nicht mit der gleichen Portion Hochmut begabt wurde und zudem nicht fähig ist, in dem Kauderwelsch, über welches jener verfügt, seine Leiden preiszugeben. Weil es vor dieser Sorte aber den Vorzug hat, »bloßen Vernunftgründen gegenüber nicht immer zugänglich« zu sein, erscheint ihr der Peitschenstiel »wohl ab und zu unerläßlich«. Wahrlich, sie verwendet ihn bloß aus dumpfer Wut gegen ein unsicheres Schicksal, das ihr selbst ihn irgendwie vorzubehalten scheint! Sie ohrfeigen auch ihre Kinder nur, deren Kraft sie an der eigenen Kraft messen, oder lassen sie von sexuell disponierten Kandidaten der Theologie nur darum mit Vorliebe martern, weil sie vom Leben oder vom Himmel irgendwas zu befürchten haben. Dabei haben die Kinder doch den Vorteil, daß sie die Schmach, von solchen Eltern geboren zu sein, durch den Entschluß, bessere zu werden, tilgen oder andernfalls sich dafür an den eigenen Kindern rächen können. Den Tieren jedoch, die nur durch Gewalt oder Betrug in die Leibeigenschaft des Menschen gelangen, ist es in dessen Rat bestimmt, sich von ihm entehren zu lassen, bevor sie von ihm gefressen werden. Er beschimpft das Tier, indem er seinesgleichen mit dem Namen des Tiers beschimpft, ja die Kreatur selbst ist ihm nur ein Schimpfwort. Über nichts mehr ist er erstaunt, und dem Tier, das es noch nicht verlernt hat, erlaubt ers nicht. Das Tier darf so wenig erstaunt sein über die Schmach, die er ihm antut, wie er selbst; und wie nur ein Büffel nicht über Breslau staunen soll, so wenig staunt der Gutsbesitzer, wenn der Mensch ein gewaltsames Ende nimmt. Denn wo die Welt für ihre Ordnung in Trümmer geht, da finden sie alles in Ordnung. Was will die gute Luxemburg? Natürlich, sie, die kein Gut besaß außer ihrem Herzen, die einen Büffel als Bruder betrachten wollte, hätte gewiß gern, wenn es ihr möglich gewesen wäre, den Büffeln Revolution gepredigt, ihnen eine Büffel-Republik gegründet, womöglich mit schönen Lauten der Vögel und dem melodischen Rufen der Hirten, wobei es fraglich ist, »ob die Büffel auf Letzteres so besonderes Gewicht legen«, da sie es selbstverständlich vorziehen, daß nur auf sie selbst Gewicht gelegt wird. Leider wäre es ihr absolut nicht gelungen, weil es eben auf Erden ja doch weit mehr Büffel gibt als Büffel! Daß sie es am liebsten versucht hätte, beweist eben nur, daß sie zu den vielen hysterischen Frauen gehört hat, die sich gern in Alles hineinmischen und immer Einen gegen den Anderen hetzen möchten. Was ich nun meine, ist, daß in den Kreisen der Gutsbesitzerinnen dieses klinische Bild sich oft so deutlich vom Hintergrund aller Haus- und Feldtätigkeit abhebt, daß man versucht wäre zu glauben, es seien die geborenen Revolutionärinnen. Bei näherem Zusehn würde man jedoch erkennen, daß es nur dumme Gänse sind. Womit man aber wieder in den verbrecherischen Hochmut der Menschenrasse verfiele, die alle ihre Mängel und üblen Eigenschaften mit Vorliebe den wehrlosen Tieren zuschiebt, während es zum Beispiel noch nie einem Ochsen, der in Innsbruck lebt, oder einer Gans, die auf einem großen südungarischen Gut aufgewachsen ist, eingefallen ist, einander einen Innsbrucker oder eine südungarische Gutsbesitzerin zu schelten. Auch würden sie nie, wenn sie sich schon vermäßen, über Geistiges zu urteilen, es beim »guten Stil« anpacken und gönnerisch eine Eigenschaft anerkennen, die ihnen selbst in so auffallendem Maße abgeht. Sie hätten – wiewohl sie bloßen Vernunftgründen »gegenüber« nicht immer zugänglich sind – zu viel Takt, einen schlecht geschriebenen Brief abzuschicken, und zu viel Scham, ihn zu schreiben. Keine Gans hat eine so schlechte Feder, daß sie's vermöchte! Meinen Sie nicht auch? Sie ist intelligent, von Natur gutmütig und mag von ihrer Besitzerin gegessen, aber nicht mit ihr verwechselt sein. Was nun wieder diese Kreatur vor jener voraus hat, ist, daß sie sichs im Ernstfall, wenn's ihr selbst an den Kragen gehen könnte, beim Himmel mit dem Katechismus zu richten versteht und daß sie dazu noch die Güte für sich selbst hat, einen zu ermahnen, man müsse »nicht immer das Schlimmste annehmen und die Leute (u. die Tiere) prinzipiell nur bedauern, ohne die näheren Umstände zu kennen; das kann mehr Böses als Gutes anrichten.« Böses vor allem für die prädestinierten Besitzer von Leuten (u. Tieren), deren Verfügungsrecht einer göttlichen Satzung entspricht, die nur Aufwiegler und landfremde Elemente wie zum Beispiel jener Jesus Christus antasten wollen, die aber in Geltung bleibt, da das Streben nach irdischen Gütern Gottseidank älter ist als das christliche Gebot und dieses überleben wird. So meine ich!
Dem Andenken des edelsten Opfers widme ich die Vorlesung des folgenden Briefes, den Rosa Luxemburg aus dem Breslauer Weibergefängnis Mitte Dezember 1917 an Sonja Liebknecht geschrieben hat:
– Jetzt ist es ein Jahr, daß Karl in Luckau sitzt. Ich habe in diesem Monat oft daran gedacht, und genau vor einem Jahre waren Sie bei mir in Wronke, haben mir den schönen Weihnachtsbaum beschert ... Heuer habe ich mir hier einen besorgen lassen, aber man brachte mir einen ganz schäbigen mit fehlenden Ästen – kein Vergleich mit dem vorjährigen. Ich weiß nicht, wie ich darauf die acht Lichteln anbringe, die ich erstanden habe. Es ist mein drittes Weihnachten im Kittchen, aber nehmen Sie es ja nicht tragisch. Ich bin so ruhig und heiter wie immer. Gestern lag ich lange wach – ich kann jetzt nie vor ein Uhr einschlafen, muß aber schon um zehn ins Bett –, dann träume ich verschiedenes im Dunkeln. Gestern dachte ich also: Wie merkwürdig das ist, daß ich ständig in einem freudigen Rausch lebe – ohne jeden besonderen Grund. So liege ich zum Beispiel hier in der dunklen Zelle auf einer steinharten Matratze, um mich im Hause herrscht die übliche Kirchhofsstille, man kommt sich vor wie im Grabe: vom Fenster her zeichnet sich auf der Decke der Reflex der Laterne, die vor dem Gefängnis die ganze Nacht brennt. Von Zeit zu Zeit hört man nur ganz dumpf das ferne Rattern eines vorbeigehenden Eisenbahnzuges oder ganz in der Nähe unter den Fenstern das Räuspern der Schildwache, die in ihren schweren Stiefeln ein paar Schritte langsam macht, um die steifen Beine zu bewegen. Der Sand knirscht so hoffnungslos unter diesen Schritten, daß die ganze Öde und Ausweglosigkeit des Daseins daraus klingt in die feuchte, dunkle Nacht. Da liege ich still allein, gewickelt in diese vielfachen schwarzen Tücher der Finsternis, Langweile, Unfreiheit des Winters – und dabei klopft mein Herz, von einer unbegreiflichen, unbekannten inneren Freude, wie wenn ich im strahlenden Sonnenschein über eine blühende Wiese gehen würde. Und ich lächle im Dunkeln dem Leben, wie wenn ich irgend ein zauberndes Geheimnis wüßte, das alles Böse und Traurige Lügen straft und in lauter Helligkeit und Glück wandelt. Und dabei suche ich selbst nach einem Grund zu dieser Freude, finde nichts und muß wieder lächeln über mich selbst. Ich glaube, das Geheimnis ist nichts anderes als das Leben selbst; die tiefe nächtliche Finsternis ist so schön und weich wie Samt, wenn man nur richtig schaut. Und in dem Knirschen des feuchten Sandes unter den langsamen, schweren Schritten der Schildwache singt auch ein kleines schönes Lied vom Leben – wenn man nur richtig zu hören weiß. In solchen Augenblicken denke ich an Sie und möchte Ihnen so gern diesen Zauberschlüssel mitteilen, damit Sie immer und in allen Lagen das Schöne und Freudige des Lebens wahrnehmen, damit Sie auch im Rausch leben und wie über eine bunte Wiese gehen. Ich denke ja nicht daran, Sie mit Asketentum, mit eingebildeten Freuden abzuspeisen. Ich gönne Ihnen alle reellen Sinnesfreuden. Ich möchte Ihnen nur noch dazu meine unerschöpfliche innere Heiterkeit geben, damit ich um Sie ruhig bin, daß Sie in einem sternbestickten Mantel durchs Leben gehen, der Sie vor allem Kleinen, Trivialen und Beängstigenden schützt.
Sie haben im Steglitzer Park einen schönen Strauß aus schwarzen und rosavioletten Beeren gepflückt. Für die schwarzen Beeren kommen in Betracht entweder Holunder – seine Beeren hängen in schweren, dichten Trauben zwischen großen gefiederten Blattwedeln, sicher kennen Sie sie, oder, wahrscheinlicher, Liguster; schlanke, zierliche, aufrechte Rispen von Beeren und schmale, längliche grüne Blättchen. Diese rosavioletten, unter kleinen Blättchen versteckten Beeren können die der Zwergmispel sein; sie sind zwar eigentlich rot, aber in der späten Jahreszeit ein bißchen schon überreif und angefault, erscheinen sie oft violettrötlich; die Blättchen sehen der Myrte ähnlich, klein, spitz am Ende, dunkelgrün und lederig oben, unten rauh.
[Sonjuscha, kennen Sie Platens: »Verhängnisvolle Gabel«? Könnten Sie es mir schicken oder bringen? Karl hat einmal erwähnt, daß er sie zuhause gelesen hat. Die Gedichte Georges sind schön; jetzt weiß ich, woher der Vers: »Und unterm Rauschen rötlichen Getreides!« stammt, den Sie gewöhnlich hersagten, wenn wir im Felde spazieren gingen. Können Sie mir gelegentlich den neuen »Amadis« abschreiben, ich liebe das Gedicht so sehr – natürlich dank Hugo Wolffs Lied –, habe es aber nicht hier. Lesen Sie weiter die Lessing-Legende? Ich habe wieder zu Langes Geschichte des Materialismus gegriffen, die mich stets anregt und erfrischt. Ich möchte so sehr, daß Sie sie mal lesen.]
Ach, Sonitschka, ich habe hier einen scharfen Schmerz erlebt, auf dem Hof, wo ich spaziere, kommen oft Wagen vom Militär, voll bepackt mit Säcken oder alten Soldatenröcken und Hemden, oft mit Blutflecken. Die werden hier abgeladen, in den Zellen verteilt, geflickt, dann wieder aufgeladen und ans Militär abgeliefert. Neulich kam so ein Wagen, bespannt statt mit Pferden mit Büffeln. Ich sah die Tiere zum erstenmal in der Nähe. Sie sind kräftiger und breiter gebaut als unsere Rinder, mit flachen Köpfen und flach abgebogenen Hörnern, die Schädel also unseren Schafen ähnlicher, ganz schwarz mit großen sanften Augen. Sie stammen aus Rumänien, sind Kriegstrophäen. Die Soldaten, die den Wagen führen, erzählen, daß es sehr mühsam war, diese wilden Tiere zu fangen, und noch schwerer, sie, die an die Freiheit gewöhnt waren, zum Lastdienst zu benützen. Sie wurden furchtbar geprügelt, bis daß für sie das Wort gilt »vae victis« ... An hundert Stück der Tiere sollen in Breslau allein sein; dazu bekommen sie, die an die üppige rumänische Weide gewöhnt waren, elendes und karges Futter. Sie werden schonungslos ausgenützt, um alle möglichen Lastwagen zu schleppen, und gehen dabei rasch zugrunde. – Vor einigen Tagen kam also ein Wagen mit Säcken hereingefahren, die Last war so hoch aufgetürmt, daß die Büffel nicht über die Schwelle bei der Toreinfahrt konnten. Der begleitende Soldat, ein brutaler Kerl, fing an, derart auf die Tiere mit dem dicken Ende des Peitschenstieles loszuschlagen, daß die Aufseherin ihn empört zur Rede stellte, ob er denn kein Mitleid mit den Tieren hätte! »Mit uns Menschen hat auch niemand Mitleid«, antwortete er mit bösem Lächeln und hieb noch kräftiger ein ... Die Tiere zogen schließlich an und kamen über den Berg, aber eins blutete ... Sonitschka, die Büffelhaut ist sprichwörtlich an Dicke und Zähigkeit, und die ward zerrissen. Die Tiere standen dann beim Abladen ganz still erschöpft und eines, das, welches blutete, schaute dabei vor sich hin mit einem Ausdruck in dem schwarzen Gesicht und den sanften schwarzen Augen wie ein verweintes Kind. Es war direkt der Ausdruck eines Kindes, das hart bestraft worden ist und nicht weiß, wofür, weshalb, nicht weiß, wie es der Qual und der rohen Gewalt entgehen soll ... ich stand davor und das Tier blickte mich an, mir rannen die Tränen herunter – es waren seine Tränen, man kann um den liebsten Bruder nicht schmerzlicher zucken, als ich in meiner Ohnmacht um dieses stille Leid zuckte. Wie weit, wie unerreichbar, verloren die freien, saftigen, grünen Weiden Rumäniens! Wie anders schien dort die Sonne, blies der Wind, wie anders waren die schönen Laute der Vögel oder das melodische Rufen der Hirten! Und hier – diese fremde schaurige Stadt, der dumpfe Stall, das ekelerregende muffige Heu mit faulem Stroh gemischt, die fremden, furchtbaren Menschen und – die Schläge, das Blut, das aus der frischen Wunde rinnt ... O mein armer Büffel, mein armer, geliebter Bruder, wir stehen hier beide so ohnmächtig und stumpf und sind nur eins im Schmerz, in Ohnmacht, in Sehnsucht. Derweil tummelten sich die Gefangenen geschäftig um den Wagen, luden die schweren Säcke ab und schleppten sie ins Haus; der Soldat aber steckte beide Hände in die Hosentaschen, spazierte mit großen Schritten über den Hof, lächelte und pfiff einen Gassenhauer. Und der ganze herrliche Krieg zog an mir vorbei ...
Sonjuscha, Liebste, seien Sie trotz alledem ruhig und heiter. So ist das Leben und so muß man es nehmen, tapfer, unverzagt Und lächelnd – trotz alledem.
Antwort an Rosa Luxemburg von einer Unsentimentalen
Innsbruck, 25. August 1920
Geehrter Herr Kraus,
Zufällig ist mir die letzte Nummer Ihrer »Fackel« in die Hände gekommen (ich war bis 4./II.I.J. Abonnentin) u. ich möchte mir gestatten Ihnen betreffs des von Ihnen so sehr bewunderten Briefes der Rosa Luxemburg Einiges zu erwidern, obwohl Ihnen eine Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck vielleicht nicht sehr willkommen ist. Also: der Brief ist ja wirklich recht schön u. rührend u. ich stimme ganz mit Ihnen überein, daß er sehr wohl als Lesestück in den Schulbüchern für Volks- u. Mittelschulen figurieren könnte, wobei man dann im Vorwort lehrreiche Betrachtungen darüber anstellen könnte, wie viel ersprießlicher und erfreulicher das Leben der Luxemburg verlaufen wäre, wenn sie sich statt als Volksaufwieglerin etwa als Wärterin in einem Zoologischen Garten od. dgl. betätigt hätte, in welchem Fall ihr wahrscheinlich auch das »Kittchen« erspart geblieben wäre. Bei ihren botanischen Kenntnissen u. ihrer Vorliebe für Blumen hätte sie jedenfalls auch in einer größeren Gärtnerei lohnende u. befriedigende Beschäftigung gefunden u. hätte dann gewiß keine Bekanntschaft mit Gewehrkolben gemacht.
Was die etwas larmoyante Beschreibung des Büffels an belangt, so will ich es gern glauben, daß dieselbe ihren Eindruck auf die T ränendrüsen der Kommerzienrätinnen und der ästhetischen Jünglinge in Berlin, Dresden u. Prag nicht verfehlt hat. Wer jedoch, wie ich, auf einem großen Gute Südungarns auf gewachsen ist, u. diese Tiere, ihr meist schäbiges, oft rissiges Fell u. ihren stets stumpfsinnigen »Gesichtsausdruck« von Jugend auf kennt, betrachtet die Sache ruhiger. Die gute Luxemburg hat sich von den betreffenden Soldaten tüchtig anplauschen lassen ( ähnlich wie s. Z. der sel. Benedikt mit den Grubenhunden) wobei wahrscheinlich noch Erinnerungen an Lederstrumpf, wilde Büffelherden in den Prärien etc. in ihrer Vorstellung mitgewirkt haben. – Wenn wirklich unsere Feldgrauen, abgesehn von den schweren Kämpfen, die sie in Rumänien zu bestehen hatten, noch Zeit, Kraft u. Lust gehabt hätten, wilde Büffel zu Hunderten einzufangen u. dann stracks zu Lasttieren zu zähmen, so wäre das aller Bewunderung wert, u. entschieden noch erstaunlicher, als daß die urkräftigen Tiere sich diese Behandlung hätten gefallen lassen.
Nun muß man aber wissen, daß die Büffel in diesen Gegenden seit undenklichen Zeiten mit Vorliebe als Lasttiere (sowie auch als Milchkühe) gezüchtet u. verwendet werden. Sie sind anspruchslos im Futter u. ungeheuer kräftig, wenn auch von sehr langsamer Gangart. Ich glaube daher nicht. daß der » geliebte Bruder« der Luxemburg besonders erstaunt gewesen sein dürfte, in Breslau einen Lastwagen ziehn zu müssen u. mit »dem Ende des Peitschenstieles« Eines übers Fell zu bekommen. Letzteres wird wohl – wenn es nicht gar zu roh geschieht bei Zugtieren ab u. zu unerläßlich sein, da sie bloßen Vernunftgründen gegenüber nicht immer zugänglich sind, – ebenso wie ich Ihnen als Mutter versichern kann, daß eine Ohrfeige bei kräftigen Buben oft sehr wohltätig wirkt! Man muß nicht immer das Schlimmste annehmen u. die Leute (u. die Tiere) prinzipiell nur bedauern, ohne die näheren Umstände zu kennen. Das kann mehr Böses als Gutes anrichten. – Die Luxemburg hätte gewiß gerne, wenn es ihr möglich gewesen wäre, den Büffeln Revolution gepredigt u. ihnen eine Büffel-Republik gegründet, wobei es sehr fraglich ist, ob sie imstande gewesen wäre, ihnen das – von ihr – geträumte Paradies mit »schönen Lauten der Vögel u. melodischen Rufen des Hirten« zu verschaffen u. ob die Büffel auf Letzteres so besonderes Gewicht legen. Es gibt eben viele hysterische Frauen, die sich gern in Alles hineinmischen u. immer Einen gegen den Anderen hetzen möchten; sie werden, wenn sie Geist und einen guten Stil haben, von der Menge willig gehört u. stiften viel Unheil in der Welt, so daß man nicht zu sehr erstaunt sein darf, wenn eine solche, die so oft Gewalt gepredigt hat, auch ein gewaltsames Ende nimmt.
Stille Kraft, Arbeit im nächsten Wirkungskreise, ruhige Güte u. Versöhnlichkeit ist, was uns mehr not tut, als Sentimentalität u. Verhetzung. Meinen Sie nicht auch?
Hochachtungsvoll
Frau v. X-Y
Was ich meine, ist: daß es mich sehr wenig interessiert, ob eine Nummer der Fackel »zufällig« oder anderwegen einer derartigen Bestie in ihre Fänge gekommen ist und ob sie bis 4. II. I. J. Abonnentin war oder es noch ist. Ist sie's gewesen, so weckt es unendliches Bedauern, daß sie's nicht mehr ist, denn wäre sie's noch, so würde sie's am Tage des Empfangs dieses Briefes, also ab 28. VIII. 1. J. nicht mehr sein. Weil ja bekanntlich die Fackel nicht wehrlos gegen das Schicksal ist, an solche Adresse zu gelangen. Was ich meine, ist: daß mir diese Zuschrift aus dem ominösen Innsbruck insofern ganz willkommen ist, als sie mir das Bild, das ich von der Geistigkeit dieser Stadt empfangen und geboten habe, auch nicht in einem Wesenszug alteriert und im Gegenteil alles ganz so ist, wie es sein soll. Was ich meine, ist, daß neben dem Brief der Rosa Luxemburg, wenn sich die sogenannten Republiken dazu aufraffen könnten, ihn durch ihre Lesebücher den aufwachsenden Generationen zu überliefern, gleich der Brief dieser Megäre abgedruckt werden müßte, um der Jugend nicht allein Ehrfurcht vor der Erhabenheit der menschlichen Natur beizubringen, sondern auch Abscheu vor ihrer Niedrigkeit und an dem handgreiflichsten Beispiel ein Gruseln vor der unausrottbaren Geistesart deutscher Fortpflanzerinnen, die uns das Leben bis zur todsichern Aussicht auf neue Kriege verhunzen wollen und die dem Satan einen Treueid geschworen zu haben scheinen, eben das was sie anno 1914 aus Heldentodgeilheit nicht verhindert haben, immer wieder geschehen zu lassen. Was ich meine, ist – und da will ich einmal mit dieser entmenschten Brut von Guts- und Blutsbesitzern und deren Anhang, da will ich mit ihnen, weil sie ja nicht deutsch verstehen und aus meinen »Widersprüchen« auf meine wahre Ansicht nicht schließen können, einmal deutsch reden, nämlich weil ich den Weltkrieg für eine unmißdeutbare Tatsache halte und die Zeit, die das Menschenleben auf einen Dreckhaufen reduziert hat, für eine unerbittliche Scheidewand – was ich meine, ist: Der Kommunismus als Realität ist nur das Widerspiel ihrer eigenen lebensschänderischen Ideologie, immerhin von Gnaden eines reineren ideellen Ursprungs, ein vertracktes Gegenmittel zum reineren ideellen Zweck – der Teufel hole seine Praxis, aber Gott erhalte ihn uns als konstante Drohung über den Häuptern jener, so da Güter besitzen und alle andern zu deren Bewahrung und mit dem Trost, daß das Leben der Güter höchstes nicht sei, an die Fronten des Hungers und der vaterländischen Ehre treiben möchten. Gott erhalte ihn uns, damit dieses Gesindel, das schon nicht mehr ein und aus weiß vor Frechheit, nicht noch frecher werde, damit die Gesellschaft der ausschließlich Genußberechtigten, die da glaubt, daß die ihr botmäßige Menschheit genug der Liebe habe, wenn sie von ihnen die Syphilis bekommt, wenigstens doch auch mit einem Alpdruck zu Bette gehe! Damit ihnen wenigstens die Lust vergehe, ihren Opfern Moral zu predigen, und der Humor, über sie Witze zu machen! Zu Betrachtungen, wie viel ersprießlicher und erfreulicher das Leben der Luxemburg verlaufen wäre, wenn sie sich als Wärterin in einem Zoologischen Garten betätigt hätte statt als Bändigerin von Menschenbestien, von denen sie schließlich zerfleischt ward, und ob sie als Gärtnerin edler Blumen, von denen sie allerdings mehr als eine Gutsbesitzerin wußte, lohnendere und befriedigendere Beschäftigung gefunden hätte denn als Gärtnerin menschlichen Unkrauts – zu solchen Betrachtungen wird, solange die Frechheit von der Furcht gezügelt ist, kein Atemzug langen. Auch bestünde die Gefahr, daß etwaiger Spott über das »Kittchen«, in dem eine Märtyrerin sitzt, auf der Stelle damit beantwortet würde, daß man es der Person, die sich solcher Schändlichkeit erdreistet hat, in die Höhe hebt, wenn man nicht eine Ohrfeige vorzöge, die, wie ich Ihnen versichern kann, bei kräftigen Heldenmüttern sehr wohltätig wirkt! Was vollends den Hohn darüber betrifft, daß Rosa Luxemburg »mit Gewehrkolben Bekanntschaft gemacht« hat, so wäre er gewiß mit ein paar Hieben, aber nur mit jenem Peitschenstiel, der Rosa Luxemburgs Büffel getroffen hat, nicht zu teuer bezahlt. Nur keine Sentimentalität! Larmoyante Beschreibungen solcher Prozeduren können wir nicht brauchen, das ist nichts für die Lesebücher. Wer auf einem großen Gut Südungarns aufgewachsen ist, wo das sowieso schon schäbige und rissige Fell der Büffel kein Mitleid mehr aufkommen läßt und ihr stets stumpfsinniger »Gesichtsausdruck« – ein Gesichtsausdruck, der mithin nicht nach der Andacht einer Luxemburg, sondern nach Gänsefüßen, nach den Fußtritten einer Gans verlangt – sich von dem idealen Antlitz der südungarischen Gutsbesitzer unsympathisch abhebt, der weiß, daß man in Ungarn noch ganz andere Prozeduren mit den Geschöpfen Gottes vornimmt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und daß die Gutsbesitzerinnen mit den Kommerzienrätinnen darin völlig einig sind, sichs wohl gefallen zu lassen. Ich meine nun freilich, daß man weder für Revolutionstribunale sich begeistern noch mit dem Standpunkt jener Offiziere sympathisieren soll, die sich aus dem Grunde, weil das Letzte, was ihnen geblieben ist, die Ehre ist, dazu hingerissen fühlen, ihre Nebenmenschen zu kastrieren. Aber so ungerecht bin ich doch, daß ich zum Beispiel Damen, die noch heute »unsere Feldgrauen« sagen, verurteilen würde, den Abort einer Kaserne zu putzen und hierauf »stracks« den Adel abzulegen, von dem sie sich noch immer, und wär's auch nur in anonymen Besudelungen einer Toten, nicht trennen können. Allerdings meine ich auch, daß unsere Feldgrauen, abgesehen von den schweren Kämpfen, die sie in Rumänien zu bestehen hatten und zwar nur deshalb, weil die Lesebücher bis 1914 noch nicht vom Geist der Rosa Luxemburg, sondern von dem der Gutsbesitzerinnen inspiriert waren, faktisch auch Zeit, Kraft und Lust gehabt haben, Büffel zu stehlen und zu zähmen, und ferner, daß, solange die Bewunderung deutscher und südungarischer Walküren für die militärische Büffeldressur vorhält, auch die Menschheit nicht davor bewahrt sein wird, mit Vorliebe zu Lasttieren abgerichtet zu werden. Was ich aber außerdem noch meine – da ja nun einmal meine Meinung und nicht bloß mein Wort gehört werden will – ist: daß, wenn das Wort der guten Rosa Luxemburg nicht von der geringsten Tatsächlichkeit beglaubigt wäre und längst kein Tier Gottes mehr auf einer grünen Weide, sondern alles schon im Dienste des Kaufmanns, sie doch vor Gott wahrer gesprochen hätte als solch eine Gutsbesitzerin, die am Tier die Anspruchslosigkeit im Futter rühmt und nur die langsame Gangart beklagt, und daß die Menschlichkeit, die das Tier als den geliebten Bruder anschaut, doch wertvoller ist als die Bestialität, die solches belustigend findet und mit der Vorstellung scherzt, daß ein Büffel »nicht besonders erstaunt« ist, in Breslau einen Lastwagen ziehen zu müssen und mit dem Ende eines Peitschenstieles »Eines übers Fell zu bekommen«. Denn es ist jene ekelhafte Gewitztheit, die die Herren der Schöpfung und deren Damen »von Jugend auf« Bescheid wissen läßt, daß im Tier nichts los ist, daß es in demselben Maße gefühllos ist wie sein Besitzer, einfach aus dem Grund, weil es nicht mit der gleichen Portion Hochmut begabt wurde und zudem nicht fähig ist, in dem Kauderwelsch, über welches jener verfügt, seine Leiden preiszugeben. Weil es vor dieser Sorte aber den Vorzug hat, »bloßen Vernunftgründen gegenüber nicht immer zugänglich« zu sein, erscheint ihr der Peitschenstiel »wohl ab und zu unerläßlich«. Wahrlich, sie verwendet ihn bloß aus dumpfer Wut gegen ein unsicheres Schicksal, das ihr selbst ihn irgendwie vorzubehalten scheint! Sie ohrfeigen auch ihre Kinder nur, deren Kraft sie an der eigenen Kraft messen, oder lassen sie von sexuell disponierten Kandidaten der Theologie nur darum mit Vorliebe martern, weil sie vom Leben oder vom Himmel irgendwas zu befürchten haben. Dabei haben die Kinder doch den Vorteil, daß sie die Schmach, von solchen Eltern geboren zu sein, durch den Entschluß, bessere zu werden, tilgen oder andernfalls sich dafür an den eigenen Kindern rächen können. Den Tieren jedoch, die nur durch Gewalt oder Betrug in die Leibeigenschaft des Menschen gelangen, ist es in dessen Rat bestimmt, sich von ihm entehren zu lassen, bevor sie von ihm gefressen werden. Er beschimpft das Tier, indem er seinesgleichen mit dem Namen des Tiers beschimpft, ja die Kreatur selbst ist ihm nur ein Schimpfwort. Über nichts mehr ist er erstaunt, und dem Tier, das es noch nicht verlernt hat, erlaubt ers nicht. Das Tier darf so wenig erstaunt sein über die Schmach, die er ihm antut, wie er selbst; und wie nur ein Büffel nicht über Breslau staunen soll, so wenig staunt der Gutsbesitzer, wenn der Mensch ein gewaltsames Ende nimmt. Denn wo die Welt für ihre Ordnung in Trümmer geht, da finden sie alles in Ordnung. Was will die gute Luxemburg? Natürlich, sie, die kein Gut besaß außer ihrem Herzen, die einen Büffel als Bruder betrachten wollte, hätte gewiß gern, wenn es ihr möglich gewesen wäre, den Büffeln Revolution gepredigt, ihnen eine Büffel-Republik gegründet, womöglich mit schönen Lauten der Vögel und dem melodischen Rufen der Hirten, wobei es fraglich ist, »ob die Büffel auf Letzteres so besonderes Gewicht legen«, da sie es selbstverständlich vorziehen, daß nur auf sie selbst Gewicht gelegt wird. Leider wäre es ihr absolut nicht gelungen, weil es eben auf Erden ja doch weit mehr Büffel gibt als Büffel! Daß sie es am liebsten versucht hätte, beweist eben nur, daß sie zu den vielen hysterischen Frauen gehört hat, die sich gern in Alles hineinmischen und immer Einen gegen den Anderen hetzen möchten. Was ich nun meine, ist, daß in den Kreisen der Gutsbesitzerinnen dieses klinische Bild sich oft so deutlich vom Hintergrund aller Haus- und Feldtätigkeit abhebt, daß man versucht wäre zu glauben, es seien die geborenen Revolutionärinnen. Bei näherem Zusehn würde man jedoch erkennen, daß es nur dumme Gänse sind. Womit man aber wieder in den verbrecherischen Hochmut der Menschenrasse verfiele, die alle ihre Mängel und üblen Eigenschaften mit Vorliebe den wehrlosen Tieren zuschiebt, während es zum Beispiel noch nie einem Ochsen, der in Innsbruck lebt, oder einer Gans, die auf einem großen südungarischen Gut aufgewachsen ist, eingefallen ist, einander einen Innsbrucker oder eine südungarische Gutsbesitzerin zu schelten. Auch würden sie nie, wenn sie sich schon vermäßen, über Geistiges zu urteilen, es beim »guten Stil« anpacken und gönnerisch eine Eigenschaft anerkennen, die ihnen selbst in so auffallendem Maße abgeht. Sie hätten – wiewohl sie bloßen Vernunftgründen »gegenüber« nicht immer zugänglich sind – zu viel Takt, einen schlecht geschriebenen Brief abzuschicken, und zu viel Scham, ihn zu schreiben. Keine Gans hat eine so schlechte Feder, daß sie's vermöchte! Meinen Sie nicht auch? Sie ist intelligent, von Natur gutmütig und mag von ihrer Besitzerin gegessen, aber nicht mit ihr verwechselt sein. Was nun wieder diese Kreatur vor jener voraus hat, ist, daß sie sichs im Ernstfall, wenn's ihr selbst an den Kragen gehen könnte, beim Himmel mit dem Katechismus zu richten versteht und daß sie dazu noch die Güte für sich selbst hat, einen zu ermahnen, man müsse »nicht immer das Schlimmste annehmen und die Leute (u. die Tiere) prinzipiell nur bedauern, ohne die näheren Umstände zu kennen; das kann mehr Böses als Gutes anrichten.« Böses vor allem für die prädestinierten Besitzer von Leuten (u. Tieren), deren Verfügungsrecht einer göttlichen Satzung entspricht, die nur Aufwiegler und landfremde Elemente wie zum Beispiel jener Jesus Christus antasten wollen, die aber in Geltung bleibt, da das Streben nach irdischen Gütern Gottseidank älter ist als das christliche Gebot und dieses überleben wird. So meine ich!
1280.
Die EinSatzKräfte suchten immer noch nach Mo, und so entschied der in den Tagesbetrieb verwaltende Kwaliteitswart, ein längeres Zitat zum Fest einzusetzen, einen Prachtfund aus der Zeit, in der Menschen noch wirklich schreiben konnten, jedenfalls manche, und in der in Wien ein wilder Wortwirbler ohne Mühe die Briefe zweier Damen gegeneinander halten und daraus etwas machen koennte, was man heute so wohl nicht mehr finden koennte, weil keiner sich die Zeit für so etwas nähm, und er stellte ein Stück von Karl Kraus über einen Brief von Rosa Luxemburg auf die B-Ebene.
Sonntag, 19. Dezember 2010
1279.
Normalerweise kann man gar nicht so viele Augen und Ohren haben, wie man verschließen müsste, um der kompakten Propaganda zu entgehen, und jetzt soll man ploetzlich wieder wach sein, weil dieses verdammte kleine Mo einfach abgehauen ist, mitten im Winter, seufzte der Sicherheitsbeauftrage, der seine Karomütze durch einen beachtlichen Kaffeewärmer, welcher mit irgendeinem Fell gefüttert war, ersetzt hatte, und er pustete den kleinen Globus, der am Rückspiegel des Alfa hing, ein wenig an, um im Stillstehen vor dem in eingeschneiter Reglosigkeit verharrenden Haus einer verdächtigen Zielperson doch ein wenig Bewegung zu sehen.
1278.
Es wurde ein GroßEinSatz, der den ganzen Tag in Anspruch nahm, ohne dass Mo gefunden worden wäre - und nicht einmal gelang es, rechtzeitig den Blog zu bespielen, aber angesichts der dramatischen Lage fühlte sich niemand genoetigt, dieses Versäumnis zu rechtfertigen, allenfalls die Chefin hielt es für geboten, auch einmal etwas Positives zu sagen, und ließ vermelden, dass immerhin dem erzählenden Kranich strumpfartige Kleidungsstücke verpasst worden waren (es gab leider keine kranichgemäßen Kleidungsstücke in den Läden), welche ihn wenigstens ein bisschen wärmen konnten.
Freitag, 17. Dezember 2010
1277.
Die Leitungen unter Schnee und Eis liefen heiß am anderen Tage, die Chefin und der Demokratieberauftragte waren permanent in Verbindung mit Mr. Precuneus und der Kreativleitung, Karomütze war selbst im Sucheinsatz, die Warte hielten "achocrachoque" den Betrieb aufrecht, und die Leitung der Abteilung Oeffentlichkeit hatte jede Menge zu tun, um die Leute von Ferrari und Alfa irgendwie hinzuhalten, zu beruhigen, ihnen zu erklären und sie "einzuladen," sich doch lieber an der Suche zu beteiligen, denn auch wenn niemand wusste, wozu es ein Wesen wie Mo überhaupt gab, war es doch unmoeglich, sich mit seinem Verschwinden abzufinden.
Donnerstag, 16. Dezember 2010
1276.
Die Sitzung fand statt, die Kreativleitung und Mr. Precuneus fehlten entschuldigt, weil sie gemeinsam mit dem Erzählenden Kranich auf der Suche nach Mo waren, die tatsächlich weder in der Wohnung der Kreativleitung noch in den Räumen der EinSatzLeitung auffindbar war, während die Chefin und der Demokratiebeauftragte mehrere Stunden kämpften, um trotz allem eine Ordnung in der EinSatzLeitung wieder her zu stellen, selbstverständlich ebenso wie die Strecken, auf denen nach Mo gesucht wurde, unter Ausschluss der Oeffentlichkeit.
Mittwoch, 15. Dezember 2010
1275.
Die ideologischen Reihen fest geschlossen, sagte der Demokratiebeauftragte, als er einige der Propagandaschriften aus dem Brachvogelreich vor sich sah, unter ihnen Elogen - nein, nicht auf schoene rote Ferraris, dieses ganze Spiel war noch viel zu harmlos, gemessen an dem, womit wir es wirklich zu tun haben - und an dieser Stelle sagte er zur Kreativleitung, welche eine undefinierbare Farbe angenommen hatte und die Auswanderung ins freie Birma als eine Option vorschlug, jetzt ist es vorbei mit dem freien Westen, jetzt haben wir den Knebel im Mund und niemand weit und breit, der bereit wäre, hier noch einen klaren Kopf zu behalten, und sie grämten sich sehr.
Dienstag, 14. Dezember 2010
1274.
Die Kreativleitung hatte ein eher grünes Gesicht an jenem Tage, aber es schien eher ein erfreutes Grün zu sein, denn Mr. Precuneus saß in ihrem Büro und ließ sich befragen, zum Beispiel darüber, was seiner Meinung nach das Hauptproblem der Sicherheitsleute sei, und Mr. Precuneus, welcher sich allmählich für einen Rassisten hielt, weil er die Kreativleitung insgesamt mehr als ansehnlich, aber ihr beständiges Grünwerden irgendwie irritierend fand, antwortete ziemlich bereitwillig, die Langeweile, Madam, die Langeweile, immer müssen Sie aufmerksam sein, jede Bewegung verfolgen, aber zugleich sollen Sie bitte Ruhe verbreiten und angelegentlich vor sich hinschauen, man hält ihnen die erstaunlichsten Leute vor die Nase, und Sie müssen immer nur nach Gefahren ausschauen, was aber gibt es Langweiligeres als das Suchen von Gefahrenquellen?
Montag, 13. Dezember 2010
1273.
Am anderen Tage gab die Chefin, welche sich im zum schoenen roten Ferrari umdekorierten Alfa Romeo von Karomütze zur Arbeit hatte fahren lassen und irgendwie ganz anders wirkte als noch am Vortag, in aller Selbstverständlichkeit und so, als hätte es nie einen Fehler gegeben, bekannt, dass "in der Sitzung am Donnerstag" nicht nur die Weihnachtsfeier geplant, sondern auch die Tagesordnung einer groeßeren Versammlung im Januar erarbeitet werden solle.
Sonntag, 12. Dezember 2010
1272.
Wissen Sie eigentlich, dass wir voellig aus dem Sitzungsrhythmus sind, fragte Karomütze die Chefin, als sie gemeinsam einen Sonntagsabendspaziergang zur Vorbereitung der kommenden Woche unternahmen, und die Chefin, die Mühe hatte, sich vom Anblick eines knirpsigen jungen Menschen zu loesen, der in sehr schlechter Haltung an einem Kaugummiautomaten stand und die Kurbel betätigte - so etwas sieht man ja in diesen durchtrainierten Zeiten äußerst selten, dass Menschen es noch wagen, mit schlechter Haltung herumzulaufen und dabei froehlich auszusehen, sagte sie entschuldigend zu dem durchtrainierten Sicherheitsbeauftragten, dessen zur Schau gestellte physische Korrektheit ihr unangenehm war wie eh und je, aber sie fühlte sich verpflichtet, ihn das nicht merken zu lassen, wodurch sie sich in erhebliche Kalamitäten verstrickte, zum Glück hatte er es nicht so mit der Interpretation der Gefühle anderer, es war auch nicht seine Aufgabe - die Chefin also, die sich gern noch weiter abgelenkt hätte mit der sinnfreien Betrachtung dieses merkwürdigen Wesens, das sie weder anzog noch abstieß, aber eben faszinierte, sagte, jaja, es läuft alles aus dem Ruder in der EinSatzLeitung, diese vielen roten Ferraris und die tiefe Sehnsucht nach schoenen roten Ferraris, die wir an und in uns glaubten, zu unserer eigenen Verteidigung den Leuten mal in ihre Hälse stopfen zu sollen bis sie selbst die Absurdität ihrer Propaganda erkennen, die hat uns aus dem Tritt gebracht, meinen Sie denn, wir sollten vielleicht morgen mal eine Sitzung für sagen wir Donnerstag anberaumen, und schon ärgerte sie sich, dass sie den überhaupt fragte, dass sie sich überhaupt zu Spaziergängen mit ihm herbeiließ, womoeglich hatte der ehemalige Chef mit seinem ewigen Gemecker recht, und ach, es war einfach nicht ihr Tag, aber allzu lange wollte sie sich diese Poroistät nun nicht mehr leisten, das war mal klar, irgendwie schien der Demokratiebeauftragte versagt zu haben, oder sie selbst, also Sie haben recht, sagte sie schließlich, wir werden das ändern und im nächsten Jahr noch einmal anders durchstarten, was sagen Sie, aber Karomütze war nun seinerseits abgelenkt, da er seine Taschen umkrempelte und massenhaft zusammengeknülltes Kaugummipapier mit den Abbildungen von schoenen roten Ferraris herauskramte, die er auf die Plastikferraris purzeln ließ, welche den gesamten Gehweg bedeckten und keinen Raum ließen zwischen diesem und der Straße, deren Ränder auch weiterhin zugeparkt waren mit schoenen roten Ferraris in allen, wirklich allen denkbaren Groeßen.
Samstag, 11. Dezember 2010
1271.
Ein Ornithologe fragt an, berichtete sich schüttelnd der Kumpel von Karomütze, welcher diesen in die Wochenendschicht begleitet hatte und für ihn nun Post sortierte, also ein Ornithologe fragt an, ob man auch "einen Satz bilden kann, in dem aus einem Pelikan ein schöner roter Ferrari wird, ohne dass der Pelikanbezug verloren geht," also die ticken doch irgendwie nicht mehr richtig, oder, und Karomütze sagte, was würdest du wohl tun, wenn sie es plötzlich täten?
Freitag, 10. Dezember 2010
1270.
Es wäre recht schön, sagte ein Journalist, in dessen Stimme erhebliche Schichten von Kreide abgelagert zu sein schienen, wenn man uns gelegentlich mitteilen könnte, welchen Sinn die EinSatzLeitung eigentlich genau verfolgt mit der Woche des wunderschönen roten Ferraris, und die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit sah sich hilfesuchend in ihrem Büro um, fand aber keinen gedruckten Kommentar zur eher frei kommunizierten Dienstanweisung.
Donnerstag, 9. Dezember 2010
1269.
Auf dem Weg zur EinSatzLeitung diktierte Mr. Precuneus, indem er sich auf der schwarzgelederten Rückbank des wirklich wunderschön zum roten Ferrari umdekorierten alten Alfa von Karomütze so gut es bei vollständig nach hinten geschobenen Vordersitzen gieng, räkelte, dem auf dem Beifahrersitze breit grätschenden Oberassistenten einige bemerkenswerte Sätze über "Menschenmachers Testwesen" in die Tastatur, denn er hatte sich seit längerem dafür entschieden, auch in den übelsten Unbilden des Wetters und der sozialen Verwerfungen und unter der Bedingung der immer noch nicht vollkommen beherrschten Sprache seines Gastlandes diese selbst einfach solange zu äußerster Geschmeidigkeit zu - im wahrsten Sinne des Wortes - überreden, dass immer mal wieder recht treffende Ausdrücke dabei heraussprangen, welche ihm gelegentich den Respekt auch der Hinterbänkler eintrugen, das mochte er durchaus.
Mittwoch, 8. Dezember 2010
1268.B.
A Yiddishe Kop
A Jewish man walked into a bank in New York City one day and
asked for the loan officer.
He told the loan officer that he was going to Israel
on business for two weeks and needed to borrow $5,000.
The bank officer told him that the bank would need some form of security for the loan.
The Jewish man handed over the keys to a new Ferrari parked on
the street in front of the bank. He produced the title and everything
checked out.
The loan officer agreed to accept the car as collateral for the loan.
The bank's president and its officers all enjoyed a good laugh at the
Jewish man for using a $250,000 Ferrari as collateral against a $5,000 loan.
An employee of the bank then drove the Ferrari into the bank's underground garage and parked it there.
Two weeks later, the Jewish man returned, repaid the $5,000
and the interest, which came to $15.41.
The loan officer said, "Sir, we are very happy to
have had your business, and this transaction has worked out
very nicely, but we are a little puzzled. While you were away, we
checked you out and found that you are a multimillionaire. What
puzzles us is, why would you bother to borrow $5,000?"
The Jewish man replied: "Where else in New York City can I
park my car for two weeks for only $15.41 and expect it to be there
when I return?"
Ah, der Yiddishe kop.
A Jewish man walked into a bank in New York City one day and
asked for the loan officer.
He told the loan officer that he was going to Israel
on business for two weeks and needed to borrow $5,000.
The bank officer told him that the bank would need some form of security for the loan.
The Jewish man handed over the keys to a new Ferrari parked on
the street in front of the bank. He produced the title and everything
checked out.
The loan officer agreed to accept the car as collateral for the loan.
The bank's president and its officers all enjoyed a good laugh at the
Jewish man for using a $250,000 Ferrari as collateral against a $5,000 loan.
An employee of the bank then drove the Ferrari into the bank's underground garage and parked it there.
Two weeks later, the Jewish man returned, repaid the $5,000
and the interest, which came to $15.41.
The loan officer said, "Sir, we are very happy to
have had your business, and this transaction has worked out
very nicely, but we are a little puzzled. While you were away, we
checked you out and found that you are a multimillionaire. What
puzzles us is, why would you bother to borrow $5,000?"
The Jewish man replied: "Where else in New York City can I
park my car for two weeks for only $15.41 and expect it to be there
when I return?"
Ah, der Yiddishe kop.
1268.
Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse versuchte soeben, ihr Unbehagen am Gebot, den schönen roten Ferrari unter allen Umständen zu loben, auf irgendeine mehrheitsfähige Weise zu formulieren, und die Kreativleitung schwitzte bereits beim Zugucken, aber beide wurden aus ihrer Zwangslage recht zwanglos erlöst, indem der erzählende Kranich seinen Schnabel, gefolgt von seinem nicht kurzen Halse zur Tür hereinstreckte, in ihm ein kleines Zettelchen überreichend, auf dem ein Unbekannter einen Witz für eine B-Ebene zum Vorschlag gebracht hatte.
Dienstag, 7. Dezember 2010
1267.
Man muss auch mal das Positive an den schönen roten Ferraris sehen, sagte die Gattin des ehemaligen Chefs beim Tee zu ihrem Gatten, als dieser sich mit letzter Kraft ereiferte über den Wahnsinn, von welchem die jüngste Maßnahme der Chefin zeuge, sie haben sich wirklich lange bemüht und verdient gemacht um Stadtbild und Landschaft, Individualverkehr und Motorsport, und ihre ungeheuerliche Zudringlichkeit, Übergriffigkeit und Platzbesetzung um jeden Preis, nur weil irgendein Idiot in der EinSatzLeitung irgendwann mal gesagt zu haben scheint, er fände rote Ferraris toll und wohl auch mal einen gefahren hat - geil, hat er gesagt, korrigierte der ehemalige Chef eifrig, denn er legte bei allem Widerwillen gegen so ein Wort Wert auf korrekte Wiedergabe - und man muss sehen, fuhr die Gattin des ehemaligen Chefs relativ unerbittlich fort, dass da nun auch ein Anspruch gewachsen ist und eine positive Sicht der Dinge und eine Versöhnung zwischen den Vertretern der roten Ferraris und denen der schwarzen Alfa Romeos anstünde, aber papperlapapp, sagte der ehemalige Chef verärgert, das hätte man viel früher stoppen müssen, dass da die roten Ferraris sich in der Gegend so ausbreiten, nur mit dieser Politik der demonstrativ und zum Schein geöffneten Arme kann die Chefin doch nur noch mehr verlieren, das muss ihr doch mal jemand stecken, ottrrr?
Montag, 6. Dezember 2010
1266.
Nun aber die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit, für sie war die Woche des roten Ferrari, des schönen roten Ferrari, eine willkommene Gelegenheit, endlich mal wieder zu zeigen, was in ihr steckte, sie nahm gleichsam jeden Morgen, wenn sie ihr Kleines in die Tagesstätte gebracht hatte, wilderen Anlauf, um auf täglich höheren Schuhen über die Ferraridächer zu turnen, natürlich verbrauchte sie jede Menge Imprägnierspray, wegen der Schneehauben auf den Ferraridächern, auf den Dächern der schönen roten Ferraris, die an manchen Stellen wegen ihrer sehr unterschiedlichen Größe zu Treppenähnlichem sich gruppierten, an anderen hingegen eher unpraktische Lücken ließen, so dass zwischendurch auch schon mal ein Pfützenplatscher vorkam (na sowas) ihr neues Spiel half ihr insgesamt trotzdem sehr gut durch die grauen Tage, fast wurde der Dezember ihr ein vierter Frühling (oder so), und wenn das Kleine nach Schichtende wieder abgeholt werden musste, zeigte sie ihm artig, wie man Schneebälle macht, denn sie hatte sich auf dem Weg zwischen EinSatzLeitung und Kita gut genug ausgetobt, ein wahrer Gewinn fürs Familienglück.
Sonntag, 5. Dezember 2010
1265.
Irgendwie musste die Chefin gehofft haben, die Maßnahme mit den schönen roten Ferraris würde bewirken, dass die Zahl der roten Ferraris auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz abnehmen werde, aber bereits ein kleiner Sonntagsspaziergang (:)) mit ihrem Kind (!)) belehrte sie darüber, dass dies keineswegs der Fall war - im Gegenteil, ein wahres Ferrari-Fieber schien ausgebrochen zu sein, irgendeine chinesische Firma musste nur darauf gewartet haben, Ferrarimützen in Rot massenhaft zu produzieren, und mitten in der Nacht musste es gelungen sein, wenigstens in ihrem Stadtteil wirklich alle nicht unter einer dicken Schneeschicht versteckten Kraftfahrzeuge mit den schönen roten Ferrarimützen zu überziehen, wobei der Gipfel eigentlich war, dass man noch Wimpelchen dazu hatte, ganz ähnlich dem, welches der naseweise Sinologe an seinem gelben Einkaufswagen zu führen pflegte, und auf diesen Wimpeln stand etwa: hat er nicht eine schöne Frontscheibe, oder: beachten Sie das herrlich eckige Heck, oder: wie schön ist nicht ein gepflegter Auspuff, und selbstverständlich war auch über die Türen, das Lenkrad, die Heckscheibe, die Stoßstangen und sowieso über den Motor nur das Beste vom Besten zu vermelden, wenn man den Schildern glaubte, rühmet und preiset, murmelte die Chefin, mal sehen, wie lange das so weitergeht, und das Kind sagte, Mama, also wirklich.
Samstag, 4. Dezember 2010
1264.
Also gut, sagte die Chefin, nachdem sie eine erstaunlich gute Nacht und ein herrliches Brunch mit ihrem Kind und einigen Bekannten hinter sich gebracht hatte, dann ziehen wir mal andere Saiten auf und reden ab heute eine ganze Woche nur über rote Ferraris, wie wäre es, wenn wir damit beginnen, zur Einsendung von Fotografien aufzurufen, die rote Ferraris aus allen Perspektiven zeigen, es dürfen vielleicht auch Fotos von Fahrzeugen sein, die roten Ferraris ähnlich sehen, ab sofort werden wir überall laut bekannt geben, dass nur rote Ferraris von uns begehrt werden, dass wir, unabhängig davon, wie oft und wie zahlreich man sie uns vor die Tür stellt, rein und völlig von uns aus ausschließlich und von tief innen mit der ganzen Glut unserer vielfältigen, aber vereinten Herzen nach roten Ferraris streben, wir sehen vor uns große rote Ferraris mit kleinen roten Ferraris auf dem Arm, kleine rote Ferraris an der Hand fürsorglicher größerer roter Ferraris, wir werden jeden Beitrag, der nicht wenigstens einmal lobend das Wort roter Ferrari enthält, nachhaltig und endgültig löschen, und auf den Fluren der EinSatzLeitung wird es nur noch Bilder von roten Ferraris geben, Karomützens Dienstwagen wird ab sofort ein roter Ferrari sein oder doch wenigstens ein schwarzer Alfa Romeo mit einer Ganzkörpermütze im Stil eines roten Ferraris und …
Freitag, 3. Dezember 2010
1263.
Ist es wegen des Wetters, fragte der Buchhalter Mr. Precuneus, welcher bereits am Morgen die Türen der EinSatzLeitung fest verschloss und den Buchhalter wieder nachhause schickte, nein, sagte Mr. Precuneus, aber man hat es übertrieben.
Donnerstag, 2. Dezember 2010
1262.
Es wären einige kleine stilistische Änderungen vorzunehmen am letzten EinSatz, sagte Dame Ö, aber die Chefin hatte dafür wenig Geduld, denn allzu viel hatte sie telefonieren müssen, um den Schaden zu begrenzen, welcher durch Mos B-Ebene entstanden war, sie wolle sich nicht gerade mit den vorgeführten Diplomaten anderer Mächte vergleichen, sagte sie, aber als Chefin eines so disparaten Ladens habe man es nun wirklich auch nicht immer leicht, ob es jetzt vielleicht einmal ein Feierabend sein könne, schon gut, sagte die Dame Ö, denn schließlich kannte sie das Leben auf ihre Weise, sie werde das allein übernehmen, sie könne durchaus ein wenig länger bleiben, es warte niemand auf sie, und die Chefin sagte, Sie sollten sich dennoch oder deswegen auch nicht übernehmen.
Mittwoch, 1. Dezember 2010
1261.
In der EinSatzLeitung missachtete man also das Wetter (allein die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, welche sich krank meldete, berief sich auf Wettergründe für ihre Erkältung) und redete sich stattdessen die Köpfe heiß über eine, wie die Leitung Ö sagt, in jeder Weise indiskrete und unverschämte B-Ebene, welche im Kwaliteitswart und im Komplexitätswart sowie in der Kreativleitung eindeutige Befürworter hatte, während andere heftig dagegen kämpften, bei gleichbleibender Mittigkeit der Chefin und des Demokratiebeauftragten.
1261.B
Ich habe etwas sehr Schönes geschrieben zum Advent, sagte Mo, es ist eine kleine Geschichte, welche den lieben Gott von der Schande der Schöpfung ein bisschen entlasten und ihm außerdem auch einen Vorschlag zur Güte machen möchte, wie es in der Welt besser sein könnte. Ich habe den Entwurf sehr mühsam erarbeitet, und zwar im Dialog mit dem klitzekleinen Forschungsminister, der sich manchmal über den Monotheismus aufregt. Ich habe aber, um nicht zu fies zu werden, andererseits den kleinen Brachvogel gefragt, ob er nicht auch etwas zur Verteidigung des monotheistischen Gottes anzuführen wisse. Und schließlich habe ich alles zu folgender Geschichte zusammengefügt, die ich hiermit ergebenst präsentiere:
"Bestimmt hat der liebe monotheistische Gott nur Pastoren, Lehrer und Dienstleister haben wollen, und da sie in der Welt schon zuhanden waren, musste er sie auch gar nicht erst erschaffen. Er musste nur diejenigen unter ihnen, die nicht lieb und bescheiden waren, erst noch zusammendonnern, dazu war er aber nach übereinstimmenden Zeugenberichten recht begabt. Ein gewisses Problem bereitete ihm die Existenz der Weiber, welche die blöden Baalim erschaffen hatten, aber da man sie brauchte, musste man eben daran arbeiten, sie durch die Einsetzung plausibler Regeln der je passenden Zurechtstutzung zu zu führen. Das wird - Gott sei Lob und Dank! - auch bald nicht mehr nötig sein, die Wissenschaft hat ja einige Fortschritte erzielt, woraus wir nur schließen können, dass die Wissenschaft in jedem Fall eine gottgewollte Kunst ist. Wir können uns dann ganz darauf konzentrieren, die Schäden zu heilen, welche die Mannheit bis dahin an ihrer unerträglichen Verwiesenheit auf die Weibheit genommen hat. Das wird uns allen sehr helfen, vielleicht kann man den künftigen Menschen nicht nur die Geschlechtlichkeit und die Verdauung abtrainieren, sondern auch noch Flügel anzüchten, ich meine, das sollte doch zu machen sein," las die Kreativleitung laut, und dann sagte sie, in Ansehung der geistigen Lage der Gegenwart habe die Chefin sich auch etwas ausbedungen, und zwar das Recht, einen eventuell Anstoß erregenden EinSatz auch dann zu lesen zu bekommen, wenn er der Kreativleitung gut erscheine. Na gut, sagte Mo, denn neuerdings konnte sie sogar gönnerhaft sein.
"Bestimmt hat der liebe monotheistische Gott nur Pastoren, Lehrer und Dienstleister haben wollen, und da sie in der Welt schon zuhanden waren, musste er sie auch gar nicht erst erschaffen. Er musste nur diejenigen unter ihnen, die nicht lieb und bescheiden waren, erst noch zusammendonnern, dazu war er aber nach übereinstimmenden Zeugenberichten recht begabt. Ein gewisses Problem bereitete ihm die Existenz der Weiber, welche die blöden Baalim erschaffen hatten, aber da man sie brauchte, musste man eben daran arbeiten, sie durch die Einsetzung plausibler Regeln der je passenden Zurechtstutzung zu zu führen. Das wird - Gott sei Lob und Dank! - auch bald nicht mehr nötig sein, die Wissenschaft hat ja einige Fortschritte erzielt, woraus wir nur schließen können, dass die Wissenschaft in jedem Fall eine gottgewollte Kunst ist. Wir können uns dann ganz darauf konzentrieren, die Schäden zu heilen, welche die Mannheit bis dahin an ihrer unerträglichen Verwiesenheit auf die Weibheit genommen hat. Das wird uns allen sehr helfen, vielleicht kann man den künftigen Menschen nicht nur die Geschlechtlichkeit und die Verdauung abtrainieren, sondern auch noch Flügel anzüchten, ich meine, das sollte doch zu machen sein," las die Kreativleitung laut, und dann sagte sie, in Ansehung der geistigen Lage der Gegenwart habe die Chefin sich auch etwas ausbedungen, und zwar das Recht, einen eventuell Anstoß erregenden EinSatz auch dann zu lesen zu bekommen, wenn er der Kreativleitung gut erscheine. Na gut, sagte Mo, denn neuerdings konnte sie sogar gönnerhaft sein.
Dienstag, 30. November 2010
Montag, 29. November 2010
1259.
Es ist ein bisschen like, wie ein Brett im Kopf, sagte Mr. Precuneus, als die Kreativleitung ihn bat, schnell noch vor Mitternacht einen Satz abzusetzen, und sie verzichtete darauf zu sagen, dass es "Brett vor dem Kopf" heiße, vielleicht, weil sie mehr mit irgendwelchen merkwürdigen Sensationen in ihrem Bauch beschäftigt war.
Sonntag, 28. November 2010
1258.
Die Tür zum Gästezimmer war nicht ganz geschlossen, und als das Kind feststellte, dass alle noch schliefen, näherte es sich vorsichtig, denn es wollte einmal … aber es war schon wieder zu spät, Mo hatte es kommen hören, war sofort aufgesprungen und hatte sich ohne größeres Recken, Strecken oder Federlesen (?) unter seinem Schal hervorbewegt, die Tür ein winziges bisschen aufgeschoben und sich so sehr aufgereckt, dass sie hoffen durfte, von dem Kind der Chefin, bei der sie mal wieder übernachtet hatten, auch dann nicht umgerannt zu werden, wenn es seiner Vorsicht vergessen würde.
Samstag, 27. November 2010
1257.
Was ist eigentlich auf der Fußballszene in Holland los, fragte Karomütze den Kwaliteitswart, eine langweilige Frage, sagte der Kwaliteitswart, weil er nicht zugeben wollte, dass er eigentlich nur bei den Weltmeisterschaften Kenntnis nahm von diesen Dingen.
Freitag, 26. November 2010
1256.
Es war nicht so, dass dem erzählenden Kranich Eitelkeiten gänzlich fern gelegen hätten, im Gegenteil, wenn er etwa in einem italienischen Restaurant, das nach einem der vier Evangelisten benannt war, mit den anderen EinSatzKräften speiste und auf dem Gang zu den Örtlichkeiten, an denen man seine Federn zu putzen pflegt, wenn man dort sonst nichts weiter zu besorgen hat, einen Artgenossen in Glas gebleit sah, so konnte er sich durchaus persönlich gemeint fühlen und dankbar seine Gesamterscheinung ein wenig nach dem Bilde des gläsernen Kranich aufspreizen.
Donnerstag, 25. November 2010
1255.
"Wenn aber die einsamen city cowboys auf ihren ruhelosen Streifzügen das Objekt der Begierde wieder einmal verfehlt haben, dann gewährt ihnen der Blick in den Spiegel – die eine Hand in der Hosentasche, das Whiskeyglas oder die Zigarette in der anderen – die sinnliche Gewissheit, so edel-melancholisch dazustehen wie Humphrey Bogart" las die Chefin und sagte, doch, das ist gut, das gefällt mir, darüber reden wir gern morgen weiter, heute liegt mir der November im Magen, und gemeinsam mit der Kreativleitung verließ sie das Büro.
Mittwoch, 24. November 2010
1254.
Didaktik, Didaktik, quengelte der klitzekleine Forschungsminister, was soll das denn sein, und der Demokratiebeauftragte, auf dessen Schreibtisch der Klitzekleine sich breit gemacht hatte, sagte bereitwillig, in der Regel ein Mittel zur vollständig heteronomisierten Herstellung besser ausbeutbarer menschlicher Arbeitsgeräte, die irgendwelche vermeintlich "geistigen" Systeme besser bedienen lernen sollen, und damit es nicht nur Kinder in der Ausbildungsphase, sondern auch unbotmäßige Erwachsene besser lernen, muss man sie erst daran hindern, sich mit dem, was sie schon können, ihren Unterhalt selbst zu verdienen, indem man behauptet, ihnen alle Chancen zu geben, in Wahrheit aber ihnen alle Möglichkeiten beschneidet, und dann irgendwann, wenn man sie völlig auseinandergenommen und kaputt gemacht hat, in der Regel so, dass man mit den unterwegs anfallenden Abfallstoffen riesige Geschäfte gemacht hat, irgendwie muss man sich ja zu solchen didaktischen Projekten auch motivieren, wenn man sie also komplett depraviert und zurechtgestutzt und entmenscht hat, dann lehrt man sie wieder "die menschlichen Werte," diesmal aber didaktisiert - Didaktik ist, mit anderen Worten, der Gegenbegriff zu fairer Kooperation, fragte der klitzekleine Forschungsminister nach, so ungefähr, sagte der Demokratiebeauftragte, an ihre Stelle treten subtile Erpressung und grobe Nötigung, Didaktik an Erwachsenen, die nicht darum gebeten haben, ist in der Regel Diktatorendidaktik und nicht auf Kleckerstaaten wie Burma und Nordkorea beschränkt, sondern unter westlichen vermeintlich Linksliberalen ebenfalls weit verbreitet, solange dafür ein Rubel rollt und irgendeine Lust des Besserwissens bedient wird.
Dienstag, 23. November 2010
1253.
Die Debatte über die Debattenkultur und ein erstaunlicher AußenEinSatz hatten die Chefin so ermüdet, dass sie fast vergaß, nachhause zu gehen, weil sie an ihrem Schreibtisch einschlief.
Montag, 22. November 2010
Sonntag, 21. November 2010
1251.
Und was macht Mo, fragte der ehemalige Chef, als er, um der häuslichen Krise zu entgehen, Mr. Precuneus, welcher am Wochenende Dienst hatte, einen Besuch abstattete, und Mr. Precuneus sagte, sie ist unentwegt guter Laune, trippelt, lacht und träumt vor sich hin, wird dabei auch noch produktiv und energisch, und man fragt sich, welches unsichtbare Wesen die Ehre hat, eine solche Verwandlung durch bloßes Attrahieren auszulösen, es ist fast ein bisschen unheimlich, aber dem ehemaligen Chef schien es zu gefallen, er sagte gönnerhaft, diese Dinge seien eben immer unwiderstehlich, da könne man nichts machen, solle man auch nicht, und, plötzlich nachdenklich den Kopf senkend, wurde er doch ein wenig mahnend und meinte fragen zu sollen, ob es etwas mit dem klitzekleinen Forschungsminister zu tun habe, aber dann hätte es doch schon früher, oder ob es noch, und was es denn, und wenn das bloß gut gehe, und Mr. Precuneus sagte, mit Sorgen machen wir ja nichts besser.
Samstag, 20. November 2010
1250.
Die Krise im Haushalt des ehemaligen Chefs hatte sich zugespitzt, denn das herrlich gemeinschaftsstiftende Projekt, irgendwelche seelisch vermeintlich unterentwickelten Teile des ehemaligen Paares Ö (man ist seinen Freunden doch einen Liebesdienst schuldig) durchs Feuer zu jagen a la Zauberflöte, um sie sodann in vollständiger Nachentwickeltheit wieder zusammenzuschweißen zu einem großen bruchsicheren Wir von Weib und Mann, welche an die Gottheit heranragten, Mahann uhund Weiheib uhund Weiheib uhund Mann, war zerbröselt - beim männlichen Teil der Veranstaltung hatte die Beigesellung eines Kindermädchens und die Verfrachtung in eine Behandlung sowie der "entwicklungsmäßige Aufbau" (dieses Wort liebte der ehemalige Projektentwickler) eines programmatischen Lebens relativ gut angeschlagen, der schien auf einem guten Wege zu sein, nur dass er zu glauben schien, er befinde sich in einer realen Beziehung, so dass er der Rückführung in Glauben, Tradition und Werte von Ehe und Familie nur noch mit der falschen Partnerin würde zuarbeiten können, der weibliche Teil der Veranstaltung hingegen, Dame Ö, lernte bei allen Niederschlagungen nur immer weiter, sich zu entziehen, zeigte nicht die geringste Einsicht oder Neigung zur Kooperation, riskierte eher die Stigmatisierung als totalverrückt und noch so manches, betätigte sich zusehends an obskuren kreativen Projekten, freundete sich regelrecht mit der Kreativabteilung und ihren komischen Wesen an und überzog nach einer Phase des verbittert wirkenden Rückzugs später, wo immer man nachfasste und anbohrte, die Anbohrer und Nachfasser mit wütend scharfer Rhetorik, während sie nach Überwindung der ersten Traumatisierungen bei direkter Ansprache gnadenlos konsistentes und freundliches und zivilisiertes Verhalten bot, das eigentlich auch als emotional authentisch überzeugte, nur nicht zum Theoriecorpus passte, an dem man sein Anbohr- und Nachfassverhalten orientiert hatte, eine Situation, in welcher die Gattin des ehemaligen Chefs schließlich gesagt hatte, wir müssen dieses Projekt aufgeben, Liebster, ich möchte lieber mit der real erwachsenen Dame Ö befreundet sein als weiter an irgendwelchen sozialen Kunstwerken mit zu wirken, und der ehemalige Chef schlug mit der Faust auf den Tisch, donnerte die Bilderrahmen an, predigte in die Mikrophone der Journalisten, die Wind von der Sache bekommen hatten, und überwarf sich zu allem Überfluss auch noch mit seinem Sohne, welcher von Anfang an gesagt haben wollte, dass man Leute, die auseinandergehen, auch auseinandergehen lassen solle, und Leute, die zusammenbleiben wollen, zusammenbleiben lassen müsse, und dass er die Opernwelt erst richtig zu genießen verstehe, seit er die Botschaften nicht mehr ganz so wörtlich nehme.
Freitag, 19. November 2010
1249.
Zeit für den Drehstuhl, dachte die Kreativleitung, als sie festgestellt hatte, dass wirklich alle EinSatzKräfte unterwegs waren am Freitagabend, und legte sich auf den Teppich, Füße auf die Sitzfläche des Stuhles, um darüber nachzudenken, wie sie ein möglichst verschachteltes System der gegenseitigen Kontrolle und Sensibilisierung der verschiedenen Sicherheitsbeauftragten installieren könne, alles durch die Chefin gleichsam hindurch, natürlich, die musste es ja machen, und sie murmelte vor sich hin: erst sagt man der Chefin, Karomützens Paranoia werde wirklich allmählich schlimm, man müsse ihn unauffällig observieren, dann wird sie sagen, wer soll es machen, ich werde den Diskurswart vorschlagen, der ist gut im… die Tür öffnete sich und ohne anzuklopfen trat die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit ins Kreativbüro, sie hat sich verändert, dachte die Kreativleitung und sprang relativ behende auf ihre Füße, rhetorischen Hüftspeck angesetzt hat sie, dachte die Kreativleitung, man kann gar nicht so viel "wir" schreien wie man es müsste, um sie zu toppen, aber sie streckte ihr mal die Hand entgegen, fuhr sich dann wieder durch die zerstrobelten Haare und sagte, ein bisschen ungewöhnlich ist das ja schon, dass Sie um diese Zeit noch zu mir kommen, etwa nicht?
1248.
War dir die Stimme des Sängers zu laut, fragte die Kreativleitung vom Steuer des Kleinbusses aus, denn sie sah im Rückspiegel, wie Mo, welche neben dem klitzekleinen Forschungsminister in einem der Kindersitze saß, sich nach dem Konzert die Ohren rieb, neinneinnein, sagte Mo, es war nur das Colophonium, die Cellistin hatte vergessen, ihren Bogen mit Colophonium einzureiben, und wenn ich dann höre, wie der Bogen auf den Seiten kratzt, denke ich immer an meine Mutter selig… die Mutter selig, achachach, raunzte der Sicherheitsbeauftragte, und der Diskurswart quakte dazwischen, er habe gedacht, dass die Cellistin den Effekt gewollt hätte, denn die war doch eigentlich sehr…jetzt ist Mo einfach mitten im Satz eingeschlafen, sagte der klitzekleine Forschungsminister und schaute missmutigen Gesichts nach vorne, wo Dame Ö auf dem Beifahrersitz weilte (denn sie konnte gar nichts anderes als Weilen, schon gar nicht in irgendwelchen japanischen Kleinbussen) und sagte, es wundere sie eigentlich sehr, dass wo immer man hin komme, neuerdings ein Mr. Precuneus da sei, und er grüße immer so freundlich, nicht wahr.
Mittwoch, 17. November 2010
1247.
Hören Sie mal, wie lange wollen Sie eigentlich noch hier herumsitzen und irgendwelche Adressen manuell in Ihre Verteiler flicken, fragte der Buchhalter den Oberassistenten, neben dessen Bildschirm sich die Alufolien vom Marzipan stapelten, wenn es nur ums Einflicken ginge, murrte der Oberassistent, aber es ist mehr, dass die Mails nicht rausgehen!
Dienstag, 16. November 2010
1246.
Hat sie es nicht wirklich etwas übertrieben, die Chefin gestern, fragte der Demokratiebeauftragte den Diskurswart, und dieser sagte, die Chefin weiß doch wahrscheinlich gar nichts davon, dass so über sie berichtet wurde, aber in dem Augenblick trat sie herein und sagte, ich habe gesagt, was ich gesagt habe, und nicht gesagt, was ich nicht gesagt habe, diese ganzen komischen Zeichen der Internetsprache hat mir dann zuhause mein Kind erklärt, ich war erst etwas entsetzt, aber dann hat es dazu gleich ein berühmtes Bild von Einstein gezeigt, damit war die Sache für mich eigentlich erledigt, wie sehen Sie das, meine Herren, Fragen, Probleme, kommen Sie doch damit immer gern zu mir, wir sind hier schließlich nicht, um irgendwelche Albernheiten übermäßig ernstzunehmen, mit denen andere Leute sich ihre Zeit vertreiben, oder?
Montag, 15. November 2010
1245.
Wrath, said Mr. Precuneus, when the Kwaliteitswart asked him for his opinion about a possible subject for the international security conference ahead, why wrath, asked the Kwaliteitswart, isn't that like somewhat psychological a subject (und er schämte sich sehr wegen seines unterentwickelten Englisch) but Mr. Precuneus's face displayed that stern expression which had brought him hither (oweia), and so the Kwaliteitswart decided to postpone the matter to another day, es sollten mehr EinSatzKräfte dabei sein, dachte er (und schämte sich weiter, denn dieses Sprachenchaos war nicht ganz in seinem Sinne).
Sonntag, 14. November 2010
1244.
Es war einer dieser Tage, an denen die im allgemeinen eher auf Frieden und Harmonie abonnierte Gattin des ehemaligen Chefs sich wünschte, sie wäre Besitzerin des schwarzen Alfa Romeo und imstande, mit rauchenden Reifen und gern auch rauchenden Colts durch die Polder und weit über sie hinaus über die Prärie zu nageln, um dort alles abzuschießen, was sich bewegte, denn manchmal war der alte Stietz wirklich nicht zu ertragen, und nicht immer gelang es ihr, einfach nur die Braue zu heben und zu sagen, wie wäre es, wenn wir uns nach dem Tee wieder sprächen - nein, an manchen Tagen ließ sie ihn teelos in seiner sich steigernden Hilflosigkeit und wanderte zum Beispiel durch sonnige Novemberlandschaften bei frühlingshaften Temperaturen, ohne den Wunsch, mit auch nur irgendwem zu sprechen, ohne besondere Freude beim Anblick dieser demonstrativ glücklichen und der nicht minder demonstrativ unglücklichen Menschen in ihrer relativ gehobenen Nachbarschaft, sie war dann einfach nur wandelnde Wut, und es gab auch keinen Ausweg, denn sie sah ja täglich, wie Dame Ö ihren Schneid bezahlte.
Samstag, 13. November 2010
1243.
Als die Kreativleitung am folgenden Tage brav von der Sondersitzung samt ihren Störungen durch Karomützens Nachfrage und die Unflätigkeiten der Warte berichten wollte, wurde die wie stets nur angelehnte Tür des Büros leise ein wenig aufgeschoben und Mo kehrte mit einem neuen goldgelben Hütchen und einem dazu passenden Schal über dem prunkenden Blaumantel von einem ihrer Ausflüge in den Novemberregen zurück, sprang behende auf den Schoß der Kreativleitung, starrte mit riesigen Lemurenaugen auf den Bildschirm und sagte, es sei blöd, über diese Dinge zu berichten, die sollten doch ihre Arbeit machen und fertig, sie aber habe in einem dieser Lesebuchläden Kaffee getrunken und etwas über Balzac gelesen, das sehr lustig gewesen sei, darüber solle man schreiben, und der erzählende Kranich, der herzugetreten war, sagte mit einer leichten Enttäuschung in der Stimme, du könntest doch wenigstens einmal guten Tag sagen, merkst du überhaupt, dass ich wieder da bin?
Freitag, 12. November 2010
1242.
Ein Rauschen, ein Sausen, ein Scharren am Fenster, ein Öffnen des Fensters durch die grünlichen, spitzknöcheligen Hände der Kreativleitung, und der erzählende Kranich landete tänzelnd wieder in der Kreativabteilung, winzige Eiskristalle schienen aus seinem glänzenden Gefieder zu rieseln, das Schmunzeln von Schwungfeder zu Schwungfeder wirkte - so leid es ihm tat, dieses Wort schon wieder aus dem Schnabel kollern lassen zu müssen - ein wenig klamm von den seinesgleichen nicht sehr angemessenen Temperaturen, sein Blick strahlte erwartungsfroh wie immer zuerst in die Ecke, in der Mo ihr Lager auf einem Fell zu haben pflegte, das Fell lag auch da, der karierte Schal ordentlich daneben, aber das Lager war verlassen, wo ist Mo, fragte der erzählende Kranich, und nun war es an der Kreativleitung, warm zu lächeln und zu sagen, sie hat neuerdings ganz eigenartige Allüren, fast als hätte irgendwer ihr das Köpfchen verdreht, ich weiß allerdings nicht, wer es sein könnte, nur sehe ich, dass sie fröhlicher trippelt als früher, die nächtlichen Schweißausbrüche werden weniger und die ängstlichen Reaktionen, die sie an sich hatte, als ich sie fand, und die nur langsam nachließen, scheinen inzwischen auch völlig verschwunden zu sein, vor allem aber ist sie dauernd unterwegs, und keiner weiß wo, und der erzählende Kranich wunderte sich sehr, als er dieses vernahm.
Donnerstag, 11. November 2010
1241.
Eine überaus klamme Atmosphäre herrschte in der EinSatzLeitung, als die Chefin in deutlich verärgerter Tonlage, wenn auch nicht völlig humorfern festgestellt hatte, dass sie die Entschuldigung der Kreativleitung für den versäumten EinSatz des Vortages ja noch annehmen könne, da nun einmal die Arbeit an der Fertigstellung des Wandteppichs usw., aber für die Kreativleitung selbst wie für die anderen, insbesondere die ebenfalls mit der Produktion befassten EinSatzKräfte müsse doch gelten, dass dann für irgendeine Winzigkeit gesorgt werde, wobei ihr strenger Blick insbesondere an Dame Ö hängenblieb, denn der erzählende Kranich war noch nicht wieder zurück von seinem Überflug über die Ebenen der minderen Sprachen, in welchen der Pestvogel bekanntlich klamm und breit nistet, und Mo hing seit Tagen eher kläglich im Bündel der Kreativleitung und kam nur sehr selten überhaupt heraus.
Dienstag, 9. November 2010
1240.
In den Niederungen der minderen Sprachen hatte sich schwerer Nebel auf die Siedlungen derer Pestvögel gesenkt, seit der Kwaliteitswart in Sekundierung der üblichen Arbeit der EinSatzLeitung seine Kurse zur Förderung der Durchsichtigkeit kommunikativer Prozesse abhielt, denn dadurch schien neuerdings selbst unter einigen Pestvögeln erstens der Fetisch des positiven, notfalls gegen alle Realität "zukunftsorientierten" Denkens ein wenig an Glanz zu verlieren (gar zu stereotyp war das Geplapper der Positivdenker geworden), und zweitens und aus erstens folgend kam eine viral sich ausbreitende pestvogelinterne Depressionsinquisition zutage, die in allen Äußerungen von Trauer und Hilflosigkeit und vor allem auch überall da, wo man dem Geplapper sein Erzwungenes noch anzumerken schien, eine verheimlichte Depression zu outen versuchte - Inquisitionen aber, sobald sie den in sie Involvierten bewusst werden, lähmen zuerst die gewissenhafteren, während sie ihren Betreibern für eine Zeit enormen Auftrieb geben, zumal der Pestvogel als solcher in einem besonderen Sinne eifersüchtig ist, süchtig nämlich danach, zu eifern und unbedingt das Richtige zu tun.
Montag, 8. November 2010
1239.
Ein besonders wichtiges Satzelement im Prozess der schleichenden Verwandlung demokratischer Verhältnisse in solche, in welchen Menschen andere zu Objekten ihrer Macht machen in etwas, das man zum Beispiel "social engineering" nennen könnte, sind die Wörter "erst" und "noch," sagte der Kwaliteitswart zu den Teilnehmern seines Kurses, wer Macht über jemanden hat und die nicht abgeben will, sucht dafür nach Begründungen, und eine beliebte Struktur - von vielen als "erzieherische Maßnahme" aus dem Vollwaschgang ihrer Ideologiewaschmaschinen gezogen - ist, Fehler beim weniger Mächtigen zu suchen und zu finden, welche erst noch behoben werden müssen, bevor er… Dinge, die erst noch geleistet werden müssen, bevor er… usw., Sie dürfen davon ausgehen, meine Damen und Herren, dass den Menschen, die Macht haben, diese immer sehr gut schmeckt, und Menschen, die sie aus freier Überzeugung oder gar aus ernsthafter Liebe abgeben, sind sehr sehr selten, weswegen Sie jetzt bitte folgendes mitschreiben: um den der Freiheit allein entsprechenden erhabeneren gesellschaftlichen und emotionalen Beziehungen zwischen den Menschen Raum zu geben, dürfen wir auf KEINER Stufe nachlassen, faire, transparente Verhandlungen als das A und O aller Veranstaltungen, bei denen nicht Menschen zu Objekten der Handlungen und Pläne anderer Menschen werden sollen (und dass sie das niemals werden dürfen, sollte außer bei Kant gern auch bei uns im Grundgesetz stehen, meine ich) für eine verbindliche Maxime zu halten, haben Sie das, so, und nun dürfen die, die ich ungeduldig auf ihren Stühlen herumrutschen sehe, sagen, wo ihnen das nicht passte, ein Sturm von Fragen erhob sich, und der Kwaliteitswart freute sich, denn nun wusste er, er hatte einen Punkt getroffen.
Sonntag, 7. November 2010
1238.
Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse musste blitzschnell übernehmen, obwohl es nun wirklich nicht ihre Aufgabe war, den Buchhalter aufzuhalten oder aufzubehältern (plötzlich wusste sie nicht mehr, wie man es richtig sagte) drum zog sie es vor, einmal die wichtigen Themen nach vorn zu bringen, nämlich erstens aus gegebenem Anlass einen weiteren Aufruf zur Befreiung von Aung San Suu Kyi zu schalten und zweitens die besten Genesungswünsche an Jon Gnarr zu posten (der hatte angeblich ein Wappenleiden), und (Katastrophe) niemand fiel ihr in den Arm.
Samstag, 6. November 2010
1237.
Das wird ein Nachspiel haben, schrie der Buchhalter, ich kündige, und dann wollen wir doch mal sehen, was hier mit der Buchhaltung ist, ich werde sofort an die Presse gehen, Buchbehälter, so weit kommt das noch, ach, macht doch euren Sch… alleine, ich … und Karomütze, welcher der Zweite im WochenendEinSatz war, sprang mit übertrieben erschrockenem Gesicht zur Seite.
Freitag, 5. November 2010
1236.
Eigentlich müssen wir doch heute nicht noch einen EinSatz machen, der von gestern war ja ein bisschen spät, also steht Freitag dran, vernünftelte der Oberassistent, aber der Buchhälter, zumal ohnehin noch sauer, insistierte und sagte, irgendwas werden Sie noch schreiben können, definieren Sie zum Beispiel einfach mal Geschwader, das sollten Sie doch aus dem Stand heraus können, etwa nicht?
1235.
Mo hatte sich so in die Gespräche mit dem erzählenden Kranich vertieft, dass ihre Schulterblätter anfingen zu jucken, als wollten ihr mal wieder Flügelchen wachsen, und außerdem wollte sie neue Knöpfe für ihren prachtvollen blauen Mantel.
Mittwoch, 3. November 2010
1234.
Wieder mal eine gute Zahl zum Aufhören, dachte der Buchhalter, und stopfte sein kariertes Flanellhemd in die Hose, denn weit und breit war kein Signal zu sehen, das ihm den Vorruhestand hätte ankündigen können, da lohnte es nicht, von seiner Lieblingsbeschäftigung aufzusehen, auch Konflikte waren nicht in Sicht, und von Schlange stehenden Headhuntern träumte er schon lange nicht mehr - nein, alles war okay in der EinSatzLeitung, die Kreativleitung hatte die Hoheit über den Inhalt der EinSätze wiedergewonnen und beglückte soeben Mr. Precuneus mit der Frage, ob er eigentlich glaube, dass ein Mensch (vergessen wir für einen Augenblick mal kulturelle Unterschiede, Gender usw.) sich in Würde den tieferen Regungen (vergessen wir für einen Augenblick die Frage, ob mit oder ohne Chance) aussetzen könne, ohne sofort gemetzelt zu werden von Hämlingen, die irgendeine jammervolle Freude an notorischen Demütigen derer haben, die sich in Liebesdingen nicht dreinreden lassen, und Mr. Precuneus wusste nicht, ob er seine Stirn in sorgenvolle Falten legen oder sein Lächeln freilassen sollte, drum lenkte er das Gespräch vorsichtig auf die Lage in den USA, da waren doch die sorgenvollen Falten in jedem Falle angebracht, und die Kreativleitung würde sich weder täuschen noch von ihren Gedanken abbringen lassen, sondern einfach weiter schreiben, so gut kannte er sie inzwischen, die USA hingegen!
Dienstag, 2. November 2010
1233.
Ihren Dienst versah die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen wie üblich, und als der Komplexitätswart, der mit der Erforschung ihres Identifizierungsgrades beschäftigt war (er pflegte solche Studien immer mal wieder zu betreiben, in niemandes Auftrag, einfach nur so, um sich zu beweisen, wie komplex er immer noch war) ihr ein Zeitungsfoto vorlegte, auf dem ein roter Container mit der in weißer Farbe dick aufgetragenen Aufschrift "Einsatzleitung" in der Nähe des Erdfalls von Schmalkalden zu sehen war, dachte er, ich werde berichten können, sie habe sich fast identifiziert, denn anders war doch das Lachen kaum zu deuten.
Montag, 1. November 2010
1232.
Der Demokratiebeauftragte beendete einen Streit mit Kwaliteitswart, Leitung Ö und Komplexitätswart, indem er, sich zum Chefinnenbüro wendend, in dem er noch etwas zu besprechen hatte, abschließend konstatierte: Adorno ist dem Menschen zumutbar.
Sonntag, 31. Oktober 2010
1231. B
Die Chefin seufzte verzweifelt, als sie in den Händen den folgenden Brief von der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse hielt, dessen Inhalt wir hier anheimstellen:
"Liebe Chefin,
manchmal sind die Gleichzeitigkeiten doch verblüffend. Just als Ihre Mail hier ankam, schrieb ich von der Kirche aus meine sms an Sie, wissend, dass ich soeben alle Regeln der Höflichkeit und Gastfreundschaft missachtete. Ich schrieb Ihnen: in meiner Tradition würde man zu dem Bekenntnis, das ich da hören musste, sagen: lies nicht: Gemeinschaft der Heiigen: lies: Gemeinschaft der selbstgerechten Gewalttäter und Lügner.
Da betete einer:
'Mache uns bereit für den Schmerz, ohne den es keine Versöhnung gibt' - man möchte eine alte Katze sein und das Junge am Nackenfell packen, um es… Aber das wäre, anders als man es über diese Leute leider sagen muss, eben nicht meine Haltung, und ich versichere Ihnen, ich wollte mich nicht über sie erheben, ich wollte es wirklich nicht. Aber wenn sie Ihnen ihre sanfte Prügel verabreichen, wehren Sie sich nicht?
Ich werde durch Ihren elektronischen Brief neugierig auf das Buch der amerikanischen Kollegin - vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, ich fand sie eigentlich immer ziemlich interessant, wenn ich mit ihr sprach. Natürlich machen Ämter selbst solche Frauen müde, aber das ist die Natur der Ämter, und sie wenigstens wird sich doch ihren Oberlippenbart nicht trimmen, sondern mit Hilfe von etwas Kaltwachs regelmäßig entfernen, andere haben da etwas Nachholbedarf.
Ich komme noch einmal auf den Gottesdienst zurück, welchen ich besucht habe, weil Heine das Lied 'Ein feste Burg' so schön zitiert und etwas daran findet. Der Pfarrer gab sich alle Mühe, und vieles war auch nicht schlecht dahin geluthert, er wusste, dass wir vieles nicht in der Hand haben, das ist schon mehr, als man erwarten darf. Aber dann, aber dann, ohne Fertigmachen des natürlichen Menschen kommen sie nicht klar, sie schaffen es einfach nicht. Was kann man da machen? Anstatt aus ihren Einsichten milde Freundlichkeit und wirkliche Achtung vor den Menschen zu lernen, müssen sie ihre Tadelsucht ausbreiten und ihre Wut in Seife packen, als würde man sie darin nicht mehr erkennen.
Es ist tief traurig, ihnen irgendwie verbunden zu sein, und obwohl ich gern und inbrünstig mit meinen christlichen Freunden, wenn es sie danach verlangt, das Vater Unser spreche: in diesem Schmockladen konnte ich nicht mitsprechen, zu widerlich all diese zurechtgestutzten Menschen, die den Prügel ihrer abgelegten Eitelkeiten allem, was gut und schön ist, überprügeln müssen, weil die freieren Menschen angeblich Gott sein wollen. Natürlich spielt niemand frecher Gott als diese Leute, die ihn gegen andere ins Feld führen zu dürfen und sogar zu müssen glauben, der ganze Antisemitismus Luthers 'zuversichtlich übergetragen' auf neuere Verhältnisse.
Man kann gar nicht so viel duschen und meditieren wie man müsste, um sich davon wieder zu reinigen, und zugleich ist es so unsagbar traurig, sich wirklich offenbar kämpferisch gegen diese Leute behaupten zu müssen, wenn man nicht von ihnen vernichtet werden will. Verwertet. Sie würden mir ja, wenn ich schön bitte bitte sage, einen angemessenen Platz geben, möchten sie jedenfalls denken, und ich danke, hoffärtig wie ich immer noch bin, da weiß ich doch, womit ich von dieser Front zu rechnen habe, sie werden ja weiter Gott spielen. 'Ja, mancher muss tief hinab, bis er …' ich denke, sie haben sich wieder einmal ihr eigenes Urteil als Kirche gesprochen, und 'darumb' bin ich ganz fröhlich und guter Dinge, denn man braucht sie nur sich selbst zu überlassen. Wirklich? Ich bin wieder einmal nicht sicher. Allzu lange hat doch die Selbstgerechtigkeit der Gemeinschaftsbeter die Übermacht - und man hat keinen Grund, ihnen in irgendeiner Form zu trauen, wahrhaftig nicht.
Hinsichtlich der sozialen Sicherungssysteme, die nicht genügend bedankt werden, hat die von Ihnen im übrigen ja hart kritisierte Kollegin sicher recht. Man soll sie erhalten, und man soll wissen: sie sind dem Volk geschenkt worden, weil es ohne sie brandgefährlich würde, dieses Volk hier, und leider immer für die Falschen gefährlich, und für die Falschen ein Geschenk, es ist wunderbar, dass der Sozialstaat das noch ein bisschen ausgleicht, und nicht auszudenken, was hier passiert, wenn er darin wirklich weiter nachlässt. Wir werden das erste europäische Land mit Voll-'Scharia' sein, auch wenn es jetzt noch nicht zu sehen ist. So fürchte ich jedenfalls. Oder mit irgendeinem anderen Aufruhr, man braucht doch nicht zu glauben, dass es nach so langen Friedensjahren hier so weiter geht: so zielstrebig, wie sie jetzt schon wieder die Friedfertigen fertig machen und die Kriegerischen begünstigen, sollte jedem denkenden Menschen klar sein, was passiert, wenn die Befriedungsmechanismen hier nicht mehr funktionieren - ich kenne ausreichend Idioten, die sich darauf schon freuen. 'Endlich wieder was los.' Ich möchte lieber nicht…
So, Sie wissen, ich halte mich üblicherweise zurück, aber dieses hier ging so gar nicht - seien Sie mir bitte nicht böse, dass ich es einmal ausgesprochen habe.
'Lassen Sie sich führen und treffen Sie, wo es geht, die richtigen Entscheidungen. Also wie Sie Ihre Rollen ausfüllen usw.' Von keiner Erfahrung getrübt werden noch die richtigsten Unterscheidungen falsch.
Bitte nehmen Sie Ihre Führungsaufgaben verantwortlich wahr und unterbinden Sie die selbstgerechten Gewalttaten solcher Leute, sofern sie dazu aufrufen oder die anderer verschleiern, wobei ich mit Gewalttaten eben auch Varianten sozialer Gewalt meine, die 'niedrigschwellig' verübt werden kann. Wie andere auch verlasse ich mich weiter auf Ihre Unkorruptheit und Ihre Weisheit und bin mit freundlichen Grüßen
Ihre Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse."
Was soll man dazu sagen, dachte die Chefin, und merkte, dass sie doch etwas müde wurde.
"Liebe Chefin,
manchmal sind die Gleichzeitigkeiten doch verblüffend. Just als Ihre Mail hier ankam, schrieb ich von der Kirche aus meine sms an Sie, wissend, dass ich soeben alle Regeln der Höflichkeit und Gastfreundschaft missachtete. Ich schrieb Ihnen: in meiner Tradition würde man zu dem Bekenntnis, das ich da hören musste, sagen: lies nicht: Gemeinschaft der Heiigen: lies: Gemeinschaft der selbstgerechten Gewalttäter und Lügner.
Da betete einer:
'Mache uns bereit für den Schmerz, ohne den es keine Versöhnung gibt' - man möchte eine alte Katze sein und das Junge am Nackenfell packen, um es… Aber das wäre, anders als man es über diese Leute leider sagen muss, eben nicht meine Haltung, und ich versichere Ihnen, ich wollte mich nicht über sie erheben, ich wollte es wirklich nicht. Aber wenn sie Ihnen ihre sanfte Prügel verabreichen, wehren Sie sich nicht?
Ich werde durch Ihren elektronischen Brief neugierig auf das Buch der amerikanischen Kollegin - vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, ich fand sie eigentlich immer ziemlich interessant, wenn ich mit ihr sprach. Natürlich machen Ämter selbst solche Frauen müde, aber das ist die Natur der Ämter, und sie wenigstens wird sich doch ihren Oberlippenbart nicht trimmen, sondern mit Hilfe von etwas Kaltwachs regelmäßig entfernen, andere haben da etwas Nachholbedarf.
Ich komme noch einmal auf den Gottesdienst zurück, welchen ich besucht habe, weil Heine das Lied 'Ein feste Burg' so schön zitiert und etwas daran findet. Der Pfarrer gab sich alle Mühe, und vieles war auch nicht schlecht dahin geluthert, er wusste, dass wir vieles nicht in der Hand haben, das ist schon mehr, als man erwarten darf. Aber dann, aber dann, ohne Fertigmachen des natürlichen Menschen kommen sie nicht klar, sie schaffen es einfach nicht. Was kann man da machen? Anstatt aus ihren Einsichten milde Freundlichkeit und wirkliche Achtung vor den Menschen zu lernen, müssen sie ihre Tadelsucht ausbreiten und ihre Wut in Seife packen, als würde man sie darin nicht mehr erkennen.
Es ist tief traurig, ihnen irgendwie verbunden zu sein, und obwohl ich gern und inbrünstig mit meinen christlichen Freunden, wenn es sie danach verlangt, das Vater Unser spreche: in diesem Schmockladen konnte ich nicht mitsprechen, zu widerlich all diese zurechtgestutzten Menschen, die den Prügel ihrer abgelegten Eitelkeiten allem, was gut und schön ist, überprügeln müssen, weil die freieren Menschen angeblich Gott sein wollen. Natürlich spielt niemand frecher Gott als diese Leute, die ihn gegen andere ins Feld führen zu dürfen und sogar zu müssen glauben, der ganze Antisemitismus Luthers 'zuversichtlich übergetragen' auf neuere Verhältnisse.
Man kann gar nicht so viel duschen und meditieren wie man müsste, um sich davon wieder zu reinigen, und zugleich ist es so unsagbar traurig, sich wirklich offenbar kämpferisch gegen diese Leute behaupten zu müssen, wenn man nicht von ihnen vernichtet werden will. Verwertet. Sie würden mir ja, wenn ich schön bitte bitte sage, einen angemessenen Platz geben, möchten sie jedenfalls denken, und ich danke, hoffärtig wie ich immer noch bin, da weiß ich doch, womit ich von dieser Front zu rechnen habe, sie werden ja weiter Gott spielen. 'Ja, mancher muss tief hinab, bis er …' ich denke, sie haben sich wieder einmal ihr eigenes Urteil als Kirche gesprochen, und 'darumb' bin ich ganz fröhlich und guter Dinge, denn man braucht sie nur sich selbst zu überlassen. Wirklich? Ich bin wieder einmal nicht sicher. Allzu lange hat doch die Selbstgerechtigkeit der Gemeinschaftsbeter die Übermacht - und man hat keinen Grund, ihnen in irgendeiner Form zu trauen, wahrhaftig nicht.
Hinsichtlich der sozialen Sicherungssysteme, die nicht genügend bedankt werden, hat die von Ihnen im übrigen ja hart kritisierte Kollegin sicher recht. Man soll sie erhalten, und man soll wissen: sie sind dem Volk geschenkt worden, weil es ohne sie brandgefährlich würde, dieses Volk hier, und leider immer für die Falschen gefährlich, und für die Falschen ein Geschenk, es ist wunderbar, dass der Sozialstaat das noch ein bisschen ausgleicht, und nicht auszudenken, was hier passiert, wenn er darin wirklich weiter nachlässt. Wir werden das erste europäische Land mit Voll-'Scharia' sein, auch wenn es jetzt noch nicht zu sehen ist. So fürchte ich jedenfalls. Oder mit irgendeinem anderen Aufruhr, man braucht doch nicht zu glauben, dass es nach so langen Friedensjahren hier so weiter geht: so zielstrebig, wie sie jetzt schon wieder die Friedfertigen fertig machen und die Kriegerischen begünstigen, sollte jedem denkenden Menschen klar sein, was passiert, wenn die Befriedungsmechanismen hier nicht mehr funktionieren - ich kenne ausreichend Idioten, die sich darauf schon freuen. 'Endlich wieder was los.' Ich möchte lieber nicht…
So, Sie wissen, ich halte mich üblicherweise zurück, aber dieses hier ging so gar nicht - seien Sie mir bitte nicht böse, dass ich es einmal ausgesprochen habe.
'Lassen Sie sich führen und treffen Sie, wo es geht, die richtigen Entscheidungen. Also wie Sie Ihre Rollen ausfüllen usw.' Von keiner Erfahrung getrübt werden noch die richtigsten Unterscheidungen falsch.
Bitte nehmen Sie Ihre Führungsaufgaben verantwortlich wahr und unterbinden Sie die selbstgerechten Gewalttaten solcher Leute, sofern sie dazu aufrufen oder die anderer verschleiern, wobei ich mit Gewalttaten eben auch Varianten sozialer Gewalt meine, die 'niedrigschwellig' verübt werden kann. Wie andere auch verlasse ich mich weiter auf Ihre Unkorruptheit und Ihre Weisheit und bin mit freundlichen Grüßen
Ihre Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse."
Was soll man dazu sagen, dachte die Chefin, und merkte, dass sie doch etwas müde wurde.
Samstag, 30. Oktober 2010
1230.
Es war ein herrliches Konzert, seufzte Dame Ö begeistert, und ihre Freundin, die Gattin des ehemaligen Chefs, nickte, ebenfalls entzückt - sodann entfernten sie sich Schritt für Schritt vom Konzertsaal und Satz für Satz vom Gehörten, indem sie den abflauenden Überschwang durch maßvolle Kritik und ein in ihr nur umso deutlicher hervortretendes Lob ersetzten.
Freitag, 29. Oktober 2010
1229.
Mo balancierte auf den Ohren des großen Sessels, welchen die Kreativleitung in ihrer Häuslichkeit noch hatte, mit einer honigtropfenden Apfelscheibe herum und folgte mit ihren Lemurenaugen einem ziemlich matt wirkenden Marienkäfer, der sich betont langsam von einem Blumentopf zum anderen bewegte.
Donnerstag, 28. Oktober 2010
1228.
Der Streit zwischen den beiden Minderheitlern darf hier ruhig dokumentiert werden, ja, er sollte es sogar, sagte der Demokratiebeauftragte in seinem leicht näselnden Tonfall, in dem immer ein Dozierendes war, weches anzeigte, dass es sich um eine wichtige Frage handele, und da fasste er auch schon zusammen: der Minderheitler mit den grünen Borsten hatte sich, hochangeregt durch eine Abendveranstaltung zum allfälligen Kampf der Kulturen, erstaunt über die Tabuisierung der Polygamie in unseren Breiten geäußert, erst neulich habe er wieder gehört, dass sich sogar Leute über ihre Einführung durch Migranten aufregen könnten, und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderte Augen hatte ihm recht lange zugehört, um schließlich einzuwerfen, sie sei eigentlich nicht missgünstig gestimmt, aber man möge doch bedenken, dass diese selbe so sehr tolerante und tolerable Polygamie nur für eine Hälfte der betroffenen Menschen gelte und mehr sei als Monogamie, für die andere Hälfte hingegen bleibe weniger als Monogamie, und das in Verbindung mit schärfsten Restriktionen an denselben Fakultäten, denen durch die Polygamie für die männliche Hälfte der Welt gewisse Entlastungen gewährt würden, es leuchte ihr einfach nicht ein, wie man das übersehen könne, und als er in der Miene der Chefin keine wesentlichen Reaktionen sah, gab der Demokratiebeauftragte zu, er könne sich dieser Ansicht durchaus anschließen, während der Minderheitler mit den grünen Borsten kühn behauptete, es handele sich um eine familiäre Angelegenheit der Betroffenen, die müssten es wollen, dann werde es auch, die Welt sei nun einmal wie sie sei, da müsse man das Beste draus machen.
Mittwoch, 27. Oktober 2010
1227.
Der erzählende Kranich in seinem Winterquartier sah plötzlich gelbe Ginko-Blätter an den Fensterscheiben vorbei segeln, und er sagte nervös, das kann doch nicht sein, ich wüsste doch, wenn draußen Ginkos stünden, aber sein aufgeregtes Flattern alarmierte nur die Dame Ö, und auch nur wegen der Federn.
Dienstag, 26. Oktober 2010
1226.
Warum bist du soo dunkelgrün, fragte Mo entsetzt, und die Kreativleitung, die nach dem Besuch bei ihrer Freundin erschöpft auf den Teppich fiel, sagte, der Armen ist etwas Schreckliches passiert, und ich konnte sie nicht trösten, denn das kann man dann nicht, warum durfte ich nicht mit, fragte Mo, ich weiß, wie diese Sachen sind, weil du mit geheult hättest, sagte die Kreativleitung, und das wäre bei dieser Freundin zwar nicht verboten, aber es hätte sie nur zusätzlich belastet, hat Precuneus angerufen, wieso sollte er, fragte Mo, denn sie war noch sauer, schon gut, sagte die Kreativleitung, soll ich, wenn er dann morgen anruft, trotzdem nett sein, fragte die Kreativleitung, und Mo sagte, ich würds von seinem Gesichtsausdruck abhängig machen, und natürlich von meinem Gefühl, danke für deine hilfreichen Auskünfte, Kleines, sagte die Kreativleitung, und drehte sich mürrisch um.
Montag, 25. Oktober 2010
1225.
Am anderen Tage hatte der Kwaliteitswart diesen zynischen und menschenverachtenden Song des Zeichners von Didi und Stulle gefunden und überreichte ihn Karomütze mit Komplimenten, und er sagte: bring ihn mir bloß nicht wieder zurück, die allgemeinste Verteidigung wird es womöglich zerstören, die findet es irgendwie nicht gut.
Sonntag, 24. Oktober 2010
1224.
"Alle Menschen werden Brüderle, sagte Herr Böwingloh aus Gütersloh und Herr von Hohenlohe…" kalauerte und krähfabulierte der kleine Juli, als er den Bericht über … das geht wirklich nicht, Mo, sagte der Kwaliteitswart, in dessen Wohnung die Kreativleitung mit ihrem Wesengarten zu Besuch war, das geht nicht, du musst bedenken, wenn wir auch noch die Liberalen gegen uns aufbringen, werden wir untergehen im Geschwalle über die erhabenen Werte und Tugenden und dass man es so wie du und deine Kreativleitung nun wirklich nicht machen darf, gut ist, wer… und schlecht hingegen ist wer… und die einzigen, die ein Einsehen haben, sind die Leute in den kleinen Parteien und im bürgerlichen Lager die Liberalen… aber wieso werde ich jetzt dafür verantwortlich gemacht, dass der kleine Juli sowas sagt, maulte Mo, und die Kreativleitung wollte sich ausschütten vor Lachen…
Samstag, 23. Oktober 2010
1223.
Also was will er denn nun noch hier, knurrte der Kwaliteitswart, der soeben ein paar blogs kontrollierte und in einem doch tatsächlich auf ein Photo von Mr. Precuneus stieß, er könnte doch nun allmählich mal wieder abreisen, er hat seine Aufklärung bekommen, seine Polizeihochschule braucht ihn doch, er ist so uitmuntend und staat in so hoog aanzien, der kann sich doch eher mal dem Blog "Die Stützen der Gesellschaft" andienen, hier stört er nur, und Karomütze, der neben ihm saß, staunte ein bisschen, denn eigentlich war der Kwaliteitswart meistens etwas cooler und ein netterer Kumpel für die Wochenendschicht.
Freitag, 22. Oktober 2010
1222.
Die Nachrichten sind nicht so schön heute, sagte die Dame Ö, als sie die Zeitung zuende gelesen hatte, und trat ans Fenster, denn sie meinte eigentlich nur eine Nachricht und musste darüber nachdenken, ob sie sich zu ihr verhalten könne.
Donnerstag, 21. Oktober 2010
1221.B
Das Gutachten des Mr. Precuneus:
Gutachten über den Fall Mo. Erstellt von Mr. Precuneus, Abgesandter der Polizeihochschule Accra.
Recherchezeit: Knapp zwei Jahre.
Methode: Teilnehmende Beobachtung. Nachdenken.
Die Geschichte des kleinen Wesens, welches ich zunächst für eines jener Monstren mit besonderen Fähigkeiten hielt, denen man in unseren Breiten furchtsame Verehrung entgegenbringt, weil sie über eigentümliche, mit rationalen Methoden nicht erklärbare Weisheiten verfügen, entpuppte sich als ein relativ normales weibliches Wesen, welches in einer Zeit der gesellschaftlichen Veränderungen die Möglichkeiten, die sich einer Frau dadurch eröffneten, auf tragische Weise überschätzt hatte und deswegen in Schwierigkeiten geraten war, welche zu Gefangenschaft und Schrumpfung führten, aus der es sodann in der EinSatzLeitung mit viel Mühe wieder herausgepäppelt worden war zu einer leidlich erträglichen und zuweilen sogar vergnügten Existenz.
Mo hatte in einem früheren Werke in jener weit weit zurückliegenen Zeit ihres Lebens, in der sie eine große kluge Frau gewesen war, sehr tiefsinnige Überlegungen über einige elementare und universale Institutionen der Welt angestellt, nämlich über: Religion, Familie und Prostitution. Die kommen alle zu allen Zeiten überall vor, hatte sie gedacht, und es war ihr irgendwie seltsam erschienen, wie Familien und Religionen einander unterstützten, während sie in der dritten Institution Menschen zu etwas zwischen Genussmitteln und Abfall und zu Trägern alles Bösen machten. In der Zeit ihrer Studien schien die Welt offen und frei zu sein, und auf hunderten von Buchseiten hatte sie gelesen, wie die Männerwelt die Frauenwelt spalte in Huren und Heilige und wie dabei außer in Schweden immer die Blamage bei den Frauen, die ihr Geld auf dem sogenannten Strich verdienten, blieb, während die Freier, die ihre heimlichen Gelüste auf offener Straße an, soweit Mo sehen konnte, eher armselige Frauenkinder abschoben, sich woanders noch brüsteten, wie viel besser sie selbst seien als ihre verdammten Huren, worin sie natürlich von ihren eher braven Frauen zuhause unterstützt wurden. In der Zeit, in der Mo studierte, standen nicht nur die Kirchen und die Familien zur Diskussion, sondern theoretisch war alles offen und man durfte alles und man durfte es auch neu definieren. Mo, die immer gern geschrieben hatte, dachte daran, einmal nicht im Stile der wissenschaftlichen Genderforschung darüber zu schreiben, sondern anders. Irgendwie so, dass die Spaltung zwischen der dummen Hure und der intelligenten Frau, die man heiratet, damit die Kinder gebildet aufwachsen, zwischen der vermeintlich bindungslosen Hetäre und dem verblödeten Familienweibchen, zwischen der harten Karrierefrau ohne Geschlecht und der Geschlechtsfrau ohne Verstand und Karriere mal nicht gewannen. Wo man die hässlichen systematischen Unterseiten der erhabenen Theologie bloßlegte und die vermeintlichen Mysterien offen diskutierte, wo man die Familien oder einzelne ihrer Mitglieder scharenweise zu Therapien trieb, wo man Sexualaufklärung über die Fernseher laufen ließ, um langweilige und unbefriedigende Ehen zu reparieren, und über die Legalisierung der Sexarbeiter sprach, wo Frauen bei Friseuren nicht nur über die Seitensprünge ihrer Gatten klagten, sondern sich auch zunehmend stylen ließen, als hätten auch sie mit den Accessoirs der Verruchtheit schon Verfügung über die Verführmacht jener ukrainischen Zwangsprostituierten, welche den braven Ehemännern Erholung boten von ihren anstrengenden Lebensweisen, da, hatte Mo gedacht, wäre es doch Zeit für ein kleines Büchlein, in dem man die Theorien der Großphilosophen mal bearbeitete, als ob man sie von unten und aus den Hinterzimmern ihrer heimlich aufgesuchten Welten beschreiben könnte - aber in einer Sprache, die es mit der jener hochmögenden Freier, wie sie sie sich vorstellte, aufnahm und möglichst viele Illusionen zerstörte.
Das Werk zu schreiben hatte ihr Spaß gemacht, und sie hatte es sogar mit netten kleinen Bildern versehen, in denen sie „sich“ tatsächlich einem einzigen Geliebten so anzubieten schien, wie dieser sich eine besonders aufregende Frau vorstellen mochte. Das Büchlein hatte aber die Eifersucht des Geliebten erregt, und so hatte sie zwar – da sie ihn liebte und seine Gefühle berücksichtigen wollte - nicht sich selbst verschleiert, aber immerhin das kleine opusculum nicht weiter publik gemacht. Irgendwie jedoch, und da sie vor dieser Entscheidung leichtsinnigerweise schon einmal mit einem ihr bekannten Verleger über Veröffentlichungsmöglichkeiten gesprochen hatte, da sie ferner das zurückgewiesene Geschenk noch bei sich verwahrte, ohne es besonders zu schützen, wenn sie ihre Wohnung bei längerem Auslandsaufenthalte Gästen überließ, war es in falsche Hände gelangt, ohne dass sie noch hätte sagen können, in welche. Und nun war eine Lawine von Ereignissen über sie hereingebrochen, die sie anfangs vor allem zum Lachen brachte: Immer wieder wurde sie mit dem Verdacht konfrontiert, sie sei selbst einmal Prostituierte gewesen oder betätige sich gar noch auf diesem Gebiete. Zuerst hatte sie wie gesagt gelacht und gesagt, und wenn, dann würde ich es nicht verheimlichen. Denn sündiger als der Freier im Frack, der sein Freizeitvergnügen geheim halte, könne die Frau, die ihn in diesen Fragen bediene, ja wohl kaum sein. Aber es liegt mir nicht so, verstehen Sie, ich würde aus ökonomischen Gründen nicht einmal heiraten, geschweige denn schnelle Nummern geben. Mich interessiert einfach nur die Struktur der Veranstaltung. Nun, das hatte man ihr nicht verziehen. Man brachte das Büchlein und noch viel mehr Texte an sich, man machte damit Profit und hetzte sie nach dem üblichen Mechanismus autopoietischer Systeme, in denen alle alles wissen bis auf die Person, über die gesprochen wird und die "abgezogen" wird. Man tat das, bis sie sich zu jemandem flüchtete, der sie dann prompt gefangen nahm, denn, das hatte man ja gehört, sie sei nun einmal ihrer Natur nach verworfen, bindungslos und eine Hure, er wolle sie aber für sich haben und zum Heil führen. Damit er dazu auch Gelegenheit bekomme, erzählte er, wo immer sie vorstellig wurde, um ihre nicht unterentwickelten geistigen Fähigkeiten in ein ökonomisches Rückgrat zu verwandeln, dass sie in Wahrheit eine Hure, gefährlich für jeden verheirateten Mann und von unrettbar verworfenem Charakter, im übrigen auch keineswegs teamfähig sei, er aber in seiner großen Güte und Geduld werde sie retten und wieder hinführen in ein Gehäuse, das mit guten Gründen geplatzt war, sie nannte es ein stählernes, nun saß sie in einem Käfig, in dem sie zugerichtet werden sollte für den richtigen Gebrauch durch den richtigen Besitzer, den man für den rechtmäßigen hielt. Man bewunderte den tapferen und tüchtigen Herren, welcher sich so großmütig bereit erklärt hatte zu ihrer Zurichtung und sich, ohne irgendeinen Gebrauch von ihr zu machen, vor ihrem Käfig an einen großen Flügel setzte und ihr Musik vorspielte, damit sie doch ein Gefühl bekäme für das, was wirklich gut und erhaben sei, und ein Bewusstsein ihrer Sündigkeit. Wenn den Mann – welcher nach allem, was wir darüber wissen, von sadistischen Neigungen nicht ganz frei war – ein Bedürfnis überkam, ging er zu Prostituierten, sich davon zu entlasten. Irgendwann war er so geachtet, dass er gar nicht mehr zahlen musste – jedes junge Ding wollte ihn einmal erleben, und er war dann auch durchaus großzügig. Umso wütender pflegte er zu sein, wenn er sich nach seiner Rückkehr dann wieder an seinen Flügel setzte und im Käfig nichts als ein verstocktes Mogesicht sah, und umso heftiger schimpfte er auf die Verworfenheit zügelloser Weiber, die Ungläubigkeit und mangelnde Dankbarkeit in der Welt usw. Mo hörte irgendwann auf, zu reden oder ein verstocktes Gesicht zu machen oder zu fragen. Sie saß im Käfig und schrumpfte und schrumpfte. Irgendwann wurde sie sich selbst nur noch ein Es. Die Geschichte ihrer Befreiung und ihrer schließlichen Aufnahme in die Kreativabteilung der EinSatzLeitung ist bekannt. Eher putzige Details wurden durch die anschließenden Befragungen des "rechtmäßigen Besitzers," des Flügellanten und weiterer früherer Bekannter zu einem Dessert verrührt. Mit der Mo, die ich in der EinSatzLeitung kennenlernte, hatte das alles gar nichts zu tun - und ich durfte mir einbilden, dass die Gespräche, welche ich mit dem Wesen im Laufe der zwei Jahre führte, einiges zur Verbesserung seines Befindens beitrugen, denn vieles von dem, was sie aufschrieb, schien bestenfalls von der Kreativleitung verstanden zu werden, und erstaunlicherweise muss der ehemalige Chef sie immer in Schutz genommen haben, solange in der EinSatzLeitung ihre Zugehörigkeit noch nicht anerkannt war. Ungeachtet zwischenzeitlich auftretender Querelen innerhalb der EinSatzLeitung, die sogar den ehemaligen Chef, die neue Chefin und die Kreativleitung zeitweilig in verschiedene Lager aufspaltete, blieb Mos Mitarbeit konstant, gemeinsam mit einem ebenfalls frei assoziierten Kranich leistete sie einiges, um die Vorherrschaft ehemals ziemlich penetranter Vögel erheblich einzudämmen - und mir war sie stets eine freundliche Gastgeberin. Die Geschichte, die nach und nach aus verschiedenen Quellen zutage kam, war mir unter anderem deswegen so erstaunlich, weil zunächst einfach nichts zusammen zu passen schien. Wir Ghanaer sind aber gehalten, von den Europäern zu lernen. Von unseren Studien soll immer ein Vorteil mit in die Heimat genommen werden, so wie wir auch den uns heimsuchenden Ethnologen nur empfehlen können, aus unseren Fehlern ebenso zu lernen wie von unseren oft unterschätzten Errungenschaften.
Wir dürfen, [schloss Precuneus seinen Bericht für die Polizeihochschule in Ghana], aus diesem Fall, der vielen Leuten viel Kopfzerbrechen bereitet hat und den zu seiner Klärung eingesetzten Kräften keinerlei Ansätze zur Lösung mehr geboten hatte, dreierlei lernen:
1. Es ist auch in der westlichen und nördlichen Welt nicht alles Gold, was glänzt, und die sogenannte Freiheit und die sogenannte Gleichberechtigung von Mann und Frau endet an den Frauen, die Geist und Leib selbstbewusst beieinander haben.
2. Wenn wir auf eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen aus sind, sollten wir von vornherein die Verschiedenheit der beiden im Auge behalten und dann für beide Geschlechter rigoros darauf achten, dass man niemandem aus irgendeiner vermeintlichen sexuellen Orientierung irgendeinen gesellschaftlichen Strick drehen darf – es sollte vielmehr so sein, dass jeder, der über das Privatleben der anderen richtet, obwohl nichts daran gegen die Gesetze verstößt und niemand zu Schaden kommt, selbst mehr Schaden erleidet als der, über den da geredet wird.
3. Freiheitsberaubungen und Ehrabschneidungen müssen mit schärferen Tabus umstellt werden als die freie Rede, und für Nachforschungen in bestimmten Problemfällen sollte die Methode der EinSatzLeitung vorbildlich sein: immer jemanden aus einer vollkommen fremden Kultur dazu holen, der unbefangen von allen innerhalb einer Kultur unbefragt gültigen Werturteilen einfach alles in Zweifel zieht und alles für möglich hält und sich im elementar Menschlichen nicht leicht täuschen lässt: denn diese meine Qualifikationen habe ich keiner anderen Fakultät als meiner fast hundertprozentigen Fremdheit zu verdanken.
Ich würde nun die EinSatzLeitung nach Erfüllung meines Auftrages gern wieder verlassen und in meine Heimat zurückkehren, aber es hat sich in der Zwischenzeit ein neues Problem eingestellt, das ich sehr gern noch klären möchte. Ich bitte darum die Kollegen noch um etwas mehr Zeit zum Abschluss auch dieser Arbeiten. Mo hat Interesse geäußert, auch einmal mit nach Accra zu kommen. Solange ich dachte, sie hätte übermenschliche Fähigkeiten, war ich sicher, man würde sie dort feiern und anschließend eher nicht leben lassen. Nun scheint aber ihre Entwicklung einen sehr anderen Verlauf zu nehmen, ich bin mir ihrer übernatürlichen Fähigkeiten nicht mehr so sicher, glaube aber dafür, dass sie von einer Reise sehr profitieren könnte. Weniger sicher bin ich mir, dass man von ihren Fähigkeiten bei uns Gebrauch machen könnte. Aber eine vierte Lehre aus meinem hiesigen Aufenthalt lautet: Wir wissen nie, wie eine Konstellation von Mensch und Ort oder Ort und Mensch und Mensch und Mensch ausgehen wird, bevor wir es nicht probiert haben.
Den Kolleginnen und Kollegen danke ich wie immer für die großzügige Unterstützung und große Geduld mit meiner Arbeit - und ich hoffe natürlich, mit der Aufklärung des Falles den Erwartungen zu entsprechen. Für Rückfragen stehe ich wie stets zur Verfügung. Ich sehne mich wohl nach meiner Heimat - aber inzwischen bin ich fast schon ein Berliner geworden.
Passt gut auf unser Land auf, solange ich nicht da bin, und seid herzlich gegrüßt von eurem
Mr. Precuneus
Gutachten über den Fall Mo. Erstellt von Mr. Precuneus, Abgesandter der Polizeihochschule Accra.
Recherchezeit: Knapp zwei Jahre.
Methode: Teilnehmende Beobachtung. Nachdenken.
Die Geschichte des kleinen Wesens, welches ich zunächst für eines jener Monstren mit besonderen Fähigkeiten hielt, denen man in unseren Breiten furchtsame Verehrung entgegenbringt, weil sie über eigentümliche, mit rationalen Methoden nicht erklärbare Weisheiten verfügen, entpuppte sich als ein relativ normales weibliches Wesen, welches in einer Zeit der gesellschaftlichen Veränderungen die Möglichkeiten, die sich einer Frau dadurch eröffneten, auf tragische Weise überschätzt hatte und deswegen in Schwierigkeiten geraten war, welche zu Gefangenschaft und Schrumpfung führten, aus der es sodann in der EinSatzLeitung mit viel Mühe wieder herausgepäppelt worden war zu einer leidlich erträglichen und zuweilen sogar vergnügten Existenz.
Mo hatte in einem früheren Werke in jener weit weit zurückliegenen Zeit ihres Lebens, in der sie eine große kluge Frau gewesen war, sehr tiefsinnige Überlegungen über einige elementare und universale Institutionen der Welt angestellt, nämlich über: Religion, Familie und Prostitution. Die kommen alle zu allen Zeiten überall vor, hatte sie gedacht, und es war ihr irgendwie seltsam erschienen, wie Familien und Religionen einander unterstützten, während sie in der dritten Institution Menschen zu etwas zwischen Genussmitteln und Abfall und zu Trägern alles Bösen machten. In der Zeit ihrer Studien schien die Welt offen und frei zu sein, und auf hunderten von Buchseiten hatte sie gelesen, wie die Männerwelt die Frauenwelt spalte in Huren und Heilige und wie dabei außer in Schweden immer die Blamage bei den Frauen, die ihr Geld auf dem sogenannten Strich verdienten, blieb, während die Freier, die ihre heimlichen Gelüste auf offener Straße an, soweit Mo sehen konnte, eher armselige Frauenkinder abschoben, sich woanders noch brüsteten, wie viel besser sie selbst seien als ihre verdammten Huren, worin sie natürlich von ihren eher braven Frauen zuhause unterstützt wurden. In der Zeit, in der Mo studierte, standen nicht nur die Kirchen und die Familien zur Diskussion, sondern theoretisch war alles offen und man durfte alles und man durfte es auch neu definieren. Mo, die immer gern geschrieben hatte, dachte daran, einmal nicht im Stile der wissenschaftlichen Genderforschung darüber zu schreiben, sondern anders. Irgendwie so, dass die Spaltung zwischen der dummen Hure und der intelligenten Frau, die man heiratet, damit die Kinder gebildet aufwachsen, zwischen der vermeintlich bindungslosen Hetäre und dem verblödeten Familienweibchen, zwischen der harten Karrierefrau ohne Geschlecht und der Geschlechtsfrau ohne Verstand und Karriere mal nicht gewannen. Wo man die hässlichen systematischen Unterseiten der erhabenen Theologie bloßlegte und die vermeintlichen Mysterien offen diskutierte, wo man die Familien oder einzelne ihrer Mitglieder scharenweise zu Therapien trieb, wo man Sexualaufklärung über die Fernseher laufen ließ, um langweilige und unbefriedigende Ehen zu reparieren, und über die Legalisierung der Sexarbeiter sprach, wo Frauen bei Friseuren nicht nur über die Seitensprünge ihrer Gatten klagten, sondern sich auch zunehmend stylen ließen, als hätten auch sie mit den Accessoirs der Verruchtheit schon Verfügung über die Verführmacht jener ukrainischen Zwangsprostituierten, welche den braven Ehemännern Erholung boten von ihren anstrengenden Lebensweisen, da, hatte Mo gedacht, wäre es doch Zeit für ein kleines Büchlein, in dem man die Theorien der Großphilosophen mal bearbeitete, als ob man sie von unten und aus den Hinterzimmern ihrer heimlich aufgesuchten Welten beschreiben könnte - aber in einer Sprache, die es mit der jener hochmögenden Freier, wie sie sie sich vorstellte, aufnahm und möglichst viele Illusionen zerstörte.
Das Werk zu schreiben hatte ihr Spaß gemacht, und sie hatte es sogar mit netten kleinen Bildern versehen, in denen sie „sich“ tatsächlich einem einzigen Geliebten so anzubieten schien, wie dieser sich eine besonders aufregende Frau vorstellen mochte. Das Büchlein hatte aber die Eifersucht des Geliebten erregt, und so hatte sie zwar – da sie ihn liebte und seine Gefühle berücksichtigen wollte - nicht sich selbst verschleiert, aber immerhin das kleine opusculum nicht weiter publik gemacht. Irgendwie jedoch, und da sie vor dieser Entscheidung leichtsinnigerweise schon einmal mit einem ihr bekannten Verleger über Veröffentlichungsmöglichkeiten gesprochen hatte, da sie ferner das zurückgewiesene Geschenk noch bei sich verwahrte, ohne es besonders zu schützen, wenn sie ihre Wohnung bei längerem Auslandsaufenthalte Gästen überließ, war es in falsche Hände gelangt, ohne dass sie noch hätte sagen können, in welche. Und nun war eine Lawine von Ereignissen über sie hereingebrochen, die sie anfangs vor allem zum Lachen brachte: Immer wieder wurde sie mit dem Verdacht konfrontiert, sie sei selbst einmal Prostituierte gewesen oder betätige sich gar noch auf diesem Gebiete. Zuerst hatte sie wie gesagt gelacht und gesagt, und wenn, dann würde ich es nicht verheimlichen. Denn sündiger als der Freier im Frack, der sein Freizeitvergnügen geheim halte, könne die Frau, die ihn in diesen Fragen bediene, ja wohl kaum sein. Aber es liegt mir nicht so, verstehen Sie, ich würde aus ökonomischen Gründen nicht einmal heiraten, geschweige denn schnelle Nummern geben. Mich interessiert einfach nur die Struktur der Veranstaltung. Nun, das hatte man ihr nicht verziehen. Man brachte das Büchlein und noch viel mehr Texte an sich, man machte damit Profit und hetzte sie nach dem üblichen Mechanismus autopoietischer Systeme, in denen alle alles wissen bis auf die Person, über die gesprochen wird und die "abgezogen" wird. Man tat das, bis sie sich zu jemandem flüchtete, der sie dann prompt gefangen nahm, denn, das hatte man ja gehört, sie sei nun einmal ihrer Natur nach verworfen, bindungslos und eine Hure, er wolle sie aber für sich haben und zum Heil führen. Damit er dazu auch Gelegenheit bekomme, erzählte er, wo immer sie vorstellig wurde, um ihre nicht unterentwickelten geistigen Fähigkeiten in ein ökonomisches Rückgrat zu verwandeln, dass sie in Wahrheit eine Hure, gefährlich für jeden verheirateten Mann und von unrettbar verworfenem Charakter, im übrigen auch keineswegs teamfähig sei, er aber in seiner großen Güte und Geduld werde sie retten und wieder hinführen in ein Gehäuse, das mit guten Gründen geplatzt war, sie nannte es ein stählernes, nun saß sie in einem Käfig, in dem sie zugerichtet werden sollte für den richtigen Gebrauch durch den richtigen Besitzer, den man für den rechtmäßigen hielt. Man bewunderte den tapferen und tüchtigen Herren, welcher sich so großmütig bereit erklärt hatte zu ihrer Zurichtung und sich, ohne irgendeinen Gebrauch von ihr zu machen, vor ihrem Käfig an einen großen Flügel setzte und ihr Musik vorspielte, damit sie doch ein Gefühl bekäme für das, was wirklich gut und erhaben sei, und ein Bewusstsein ihrer Sündigkeit. Wenn den Mann – welcher nach allem, was wir darüber wissen, von sadistischen Neigungen nicht ganz frei war – ein Bedürfnis überkam, ging er zu Prostituierten, sich davon zu entlasten. Irgendwann war er so geachtet, dass er gar nicht mehr zahlen musste – jedes junge Ding wollte ihn einmal erleben, und er war dann auch durchaus großzügig. Umso wütender pflegte er zu sein, wenn er sich nach seiner Rückkehr dann wieder an seinen Flügel setzte und im Käfig nichts als ein verstocktes Mogesicht sah, und umso heftiger schimpfte er auf die Verworfenheit zügelloser Weiber, die Ungläubigkeit und mangelnde Dankbarkeit in der Welt usw. Mo hörte irgendwann auf, zu reden oder ein verstocktes Gesicht zu machen oder zu fragen. Sie saß im Käfig und schrumpfte und schrumpfte. Irgendwann wurde sie sich selbst nur noch ein Es. Die Geschichte ihrer Befreiung und ihrer schließlichen Aufnahme in die Kreativabteilung der EinSatzLeitung ist bekannt. Eher putzige Details wurden durch die anschließenden Befragungen des "rechtmäßigen Besitzers," des Flügellanten und weiterer früherer Bekannter zu einem Dessert verrührt. Mit der Mo, die ich in der EinSatzLeitung kennenlernte, hatte das alles gar nichts zu tun - und ich durfte mir einbilden, dass die Gespräche, welche ich mit dem Wesen im Laufe der zwei Jahre führte, einiges zur Verbesserung seines Befindens beitrugen, denn vieles von dem, was sie aufschrieb, schien bestenfalls von der Kreativleitung verstanden zu werden, und erstaunlicherweise muss der ehemalige Chef sie immer in Schutz genommen haben, solange in der EinSatzLeitung ihre Zugehörigkeit noch nicht anerkannt war. Ungeachtet zwischenzeitlich auftretender Querelen innerhalb der EinSatzLeitung, die sogar den ehemaligen Chef, die neue Chefin und die Kreativleitung zeitweilig in verschiedene Lager aufspaltete, blieb Mos Mitarbeit konstant, gemeinsam mit einem ebenfalls frei assoziierten Kranich leistete sie einiges, um die Vorherrschaft ehemals ziemlich penetranter Vögel erheblich einzudämmen - und mir war sie stets eine freundliche Gastgeberin. Die Geschichte, die nach und nach aus verschiedenen Quellen zutage kam, war mir unter anderem deswegen so erstaunlich, weil zunächst einfach nichts zusammen zu passen schien. Wir Ghanaer sind aber gehalten, von den Europäern zu lernen. Von unseren Studien soll immer ein Vorteil mit in die Heimat genommen werden, so wie wir auch den uns heimsuchenden Ethnologen nur empfehlen können, aus unseren Fehlern ebenso zu lernen wie von unseren oft unterschätzten Errungenschaften.
Wir dürfen, [schloss Precuneus seinen Bericht für die Polizeihochschule in Ghana], aus diesem Fall, der vielen Leuten viel Kopfzerbrechen bereitet hat und den zu seiner Klärung eingesetzten Kräften keinerlei Ansätze zur Lösung mehr geboten hatte, dreierlei lernen:
1. Es ist auch in der westlichen und nördlichen Welt nicht alles Gold, was glänzt, und die sogenannte Freiheit und die sogenannte Gleichberechtigung von Mann und Frau endet an den Frauen, die Geist und Leib selbstbewusst beieinander haben.
2. Wenn wir auf eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen aus sind, sollten wir von vornherein die Verschiedenheit der beiden im Auge behalten und dann für beide Geschlechter rigoros darauf achten, dass man niemandem aus irgendeiner vermeintlichen sexuellen Orientierung irgendeinen gesellschaftlichen Strick drehen darf – es sollte vielmehr so sein, dass jeder, der über das Privatleben der anderen richtet, obwohl nichts daran gegen die Gesetze verstößt und niemand zu Schaden kommt, selbst mehr Schaden erleidet als der, über den da geredet wird.
3. Freiheitsberaubungen und Ehrabschneidungen müssen mit schärferen Tabus umstellt werden als die freie Rede, und für Nachforschungen in bestimmten Problemfällen sollte die Methode der EinSatzLeitung vorbildlich sein: immer jemanden aus einer vollkommen fremden Kultur dazu holen, der unbefangen von allen innerhalb einer Kultur unbefragt gültigen Werturteilen einfach alles in Zweifel zieht und alles für möglich hält und sich im elementar Menschlichen nicht leicht täuschen lässt: denn diese meine Qualifikationen habe ich keiner anderen Fakultät als meiner fast hundertprozentigen Fremdheit zu verdanken.
Ich würde nun die EinSatzLeitung nach Erfüllung meines Auftrages gern wieder verlassen und in meine Heimat zurückkehren, aber es hat sich in der Zwischenzeit ein neues Problem eingestellt, das ich sehr gern noch klären möchte. Ich bitte darum die Kollegen noch um etwas mehr Zeit zum Abschluss auch dieser Arbeiten. Mo hat Interesse geäußert, auch einmal mit nach Accra zu kommen. Solange ich dachte, sie hätte übermenschliche Fähigkeiten, war ich sicher, man würde sie dort feiern und anschließend eher nicht leben lassen. Nun scheint aber ihre Entwicklung einen sehr anderen Verlauf zu nehmen, ich bin mir ihrer übernatürlichen Fähigkeiten nicht mehr so sicher, glaube aber dafür, dass sie von einer Reise sehr profitieren könnte. Weniger sicher bin ich mir, dass man von ihren Fähigkeiten bei uns Gebrauch machen könnte. Aber eine vierte Lehre aus meinem hiesigen Aufenthalt lautet: Wir wissen nie, wie eine Konstellation von Mensch und Ort oder Ort und Mensch und Mensch und Mensch ausgehen wird, bevor wir es nicht probiert haben.
Den Kolleginnen und Kollegen danke ich wie immer für die großzügige Unterstützung und große Geduld mit meiner Arbeit - und ich hoffe natürlich, mit der Aufklärung des Falles den Erwartungen zu entsprechen. Für Rückfragen stehe ich wie stets zur Verfügung. Ich sehne mich wohl nach meiner Heimat - aber inzwischen bin ich fast schon ein Berliner geworden.
Passt gut auf unser Land auf, solange ich nicht da bin, und seid herzlich gegrüßt von eurem
Mr. Precuneus
1221.
In einer ordentlichen Sitzung wurde in Anwesenheit aller EinSatzKräfte darüber beraten, ob das Gutachten, welches Mr. Precuneus endlich über den Fall Mo verfasst hatte, so nun an die Polizeihochschule in Ghana verschickt werden dürfe - lediglich Mo hatte darum gebeten, gemeinsam mit dem erzählenden Kranich, der nicht ohne eine gewisse Verbitterung über seine eigene Zögerlichkeit die Nachricht von der glücklichen Ankunft seines alten Schwarmes im Winterquartier entgegengenommen und sich soeben an die Errichtung eines eigenen Winterquartiers in der Kreativabteilung der EinSatzLeitung gemacht hatte, der Sitzung fernbleiben zu dürfen: natürlich war es ihr gestattet worden, nicht nur, weil man beim Besprechen ihres Falles Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen wollte, sondern auch, weil sie doch ohnehin nicht eigentlich eine EinSatzKraft sei, sondern einfach nur eine Mo, immer gern gesehen, eine geförderte und unterhaltene und unentbehrliche Mitarbeiterin für die Produktion, aber - anders als die Kreativleitung selbst - eben keine Funktionsträgerin im engeren Sinne, als Sprecherin auch für ihre Belange versprach die Kreativleitung aufzutreten.
Mittwoch, 20. Oktober 2010
1220.
Der oberste Brachvogel in seinen Höhen sprach zum zweitobersten Brachvogel, welchem er soeben eine Audienz gewährte, zu der er ihn mit recht barschen Worten vorgeladen hatte: "ein schöner Rücken kann auch entzücken, aber um diese Jahreszeit wird es mir immer etwas viel, wenn alle meine lieben Zugvögel so unter mir dahin fliegen, fürchterlich zielstrebig sehen sie immer aus, um jedes einzelne Wesen muss man sich sorgen, dauernd starrt man ängstlich auf diese angespannt schwebenden Vogelrücken, Sie verstehen, das ist eine Bürde eigener Art," und der zweitoberste Brachvogel, welcher es so noch nie gesehen hatte, schwieg bedrückt, denn was konnte er tun, er hatte sie schließlich nicht so erschaffen, so krächzte er nur verlegen und sagte, er werde sich darum kümmern, aber es beschämte ihn sehr und von allen Seiten.
Dienstag, 19. Oktober 2010
1219.
Erst hatte Karomütze nicht gewusst, ob er lachen oder schreien sollte, als er in der Air-France-Werbung Globen sah, die sich um einen hübschen Damenhals legten als eine Art Halskette, es gab eine Sekunde, in der ihn nichts als sein Sammlerinstinkt regierte, so dass er sich sagte, diese Globen will ich haben, möglichst mit DNA-Spuren der Schönen dran, aber schließlich kopierte er einfach das Bild und nahm es zu Protokoll und ging ins Büro der Chefin, um zu sagen, können wir bitte herausfinden, welcher Werbefuzzi diese Idee hatte, und könnten Sie bitte endlich energischere Schritte unternehmen, um diese Dinge so zu gestalten, dass wir wenigstens ein bisschen profitieren von den Wegen, die unsere Erzeugnisse in der Welt machen, es muss doch irgendwo in der Welt einen Anwalt geben, der hier nicht nur eine für ihn sehr einträgliche Erforschung sieht, sondern auch über etwas mehr Mittel zur Realisierung verfügt als wir hier, und ich denke, ich habe Ihnen jetzt ausreichend Material vorgelegt, um einen solchen Auftrag zu starten - die Chefin aber sagte, Sie sollten sich dennoch um einen angemessenen Ton bemühen, junger Mann, ich will Ihre Verdienste keineswegs schmälern, aber für meine Gespräche mit den Juristen müssen die Dinge eben justiziabel sein, und Sie werden im übrigen verstehen, dass ich nicht ausgerechnet jemanden, der über Monate aktiv gegen mich gearbeitet hat, dazu legitimieren kann, jetzt den Antreiber zu spielen, nicht wahr?
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