Freitag, 30. April 2010

1053.

Während dieses bis an die Zähne bewaffneten freundlichen Dialogs zwischen Dame Ö und der Kreativleitung hatte Mo - angesichts der sehr erstaunlichen Temperaturen wieder im grauen Kittel - angelegentlich mit Papieren herumgeraschelt, die ihr wichtig erschienen für eine neue B-Ebene, und wenn ein Mo (pardon, Mo) herumraschelt mit Papieren, dann muß man ja wissen, daß ein Mo sehr klein ist, während die Papiere sehr groß sind, so daß das Geschäft überwiegend mit hüpfenden und trippelnden Fußbewegungen erledigt werden muß, ein Mo stellt sich zum Beispiel mit einem Fuß auf ein Blatt und hebt die darauf liegenden anderen Blätter mit einem Ärmchen und dem zweiten Beinchen sehr hoch, um den Kopf zwischen diese Blätter zu stecken und nachzusehen, ob hier irgendwo das Gekritzel ist, das für just diesen Abschnitt einer B-Ebene gebraucht wird, man braucht freilich nicht zu glauben, das Mo wäre mit dieser Art von Arbeit unglücklich, im Gegenteil, Mo schien sich der Tatsache, daß das alles sie geschmeidig hielt und kräftigte, sehr bewußt zu sein, und wer einen Blick auf ihr Gesicht erhaschte, konnte wohl ein frohzufriedenes Lächeln darin erblicken.

Donnerstag, 29. April 2010

1052.

Dame Ö. drückte sich in der Kreativabteilung herum - es war ihr dort angenehmer, seit der erzählene Kranich sein Winterquartier abgebrochen und sich an kommoder werdende Gewässer begeben hatte, die herumfliegenden Federn im Winter pflegten sie doch empfindlich zu stören und eher fern zu halten - und der Kreativleitung erschien ihre Nase so gefährlich spitz, daß sie dachte, dagegen müsse beizeiten etwas unternommen werden, und da sie selbst an diesem Tage nur blöde Arbeiten zu erledigen hatte, hatte sie ein bißchen Kraft drüber (wie weniger beschäftigte Leute sie alltäglich in die sozialen Schmierapparate zu investieren pflegen, üblicherweise natürlich zu dem Effekt, daß der Aufwand sich immer nur maximiert) und so fragte sie freundlichst, liebe Dame Ö, wie schön, Sie mal wieder hier zu sehen, ich wollte schon des längeren für eines meiner Teppichstücke wissen, was Ihrer Meinung nach eigentlich die genaue Definition für gehobenen Pöbel sein müßte, und die Dame Ö antwortete, nun ihrerseits freundlich lächelnd - denn auch sie war Frau genug, um zu verstehen, wie diese Dinge laufen, und wenigstens auf einem Gebiet wußte sie sich einig mit der Kreativleitung, es war also erforderlich, diese Einigkeit irgendwie "rüberzubringen" - gehobener Pöbel, das sind in meinen Augen so ziemlich alle, die Zeit auf die Sorge verschwenden, das Ego oder die Aspirationen eines anderen könnten zu groß werden, ein anderer könnte zu glücklich sein usw., also alle, die sich, anstatt sich selbst allmorgendlich vor ihrem Spiegel zu gymnastischen Zwecken zu bücken, anderen glauben ein Bücken verordnen zu müssen, die zähle ich zum gehobenen Pöbel, ich sage auch gern Pack im Anzug oder "Normalitätsprätendenten," es kommt auf dasselbe hinaus und befällt ungefähr 90% der Bevölkerung, aber sicher 300% bestimmter "Klassen."

Mittwoch, 28. April 2010

1051.

Der Demokratiebeauftragte erkundigte sich am anderen Morgen angelegentlich nach den Argumenten, welche im Streit gefallen seien, und stolperte - er war ein eher moderner Mensch - über das Wort "Sittenlosigkeit," das vom Komplexitätswart in aller Unschuld verwendet wurde, was meinen Sie denn um Himmels Willen mit "sittenlos," fragte er entsetzt, und der Komplexitätswart antwortete, nun erst im Bilde über das durch dieses Wort verursachte Mißverständnis - sehr moderne Menschen denken dabei an verbietende Haltung gegenüber insbesondere weiblicher und homoerotischer Sexualität und weiter nichts - na selbstverständlich alles, was in das persönliche Leben eines Menschen scharf wirksam eingreift auf der Grundlage von religiösen oder antireligiösen Vorurteilen, politischen Meinungsdifferenzen und jener Pest des psychologischen Halbwissens (oftmals im Expertengewand auftretend), mit deren Hilfe man mehr als Existenzen ruinieren und alle möglichen Aktionen rechtfertigen kann, die bei konsequenter Orientierung an einem Sittlichkeits- und Rechtsdenken als schlicht kriminell gelten würden.

Dienstag, 27. April 2010

1050.

Der Diskurswart und der Komplexitätswart, zwei sehr vernachlässigte Charaktere aus der Gruppe der ohnehin vernachlässigten Warte, hatten beide ein wenig überzogen und beschlossen, den relativ warmen Abend zu einem kleinen Spaziergang mit anschließendem Bierkonsum in einem behaglichen Lokal zu nutzen - aber dann gerieten sie in einen furchtbaren Streit über die Frage, wann man wem sagen dürfe, er solle sich schämen, und wann man, wenn man derartig angegangen werde, darüber weiter nachdenken dürfe, wann hingegen nicht, und über diese Frage stritten sie sich so sehr, daß sie schließlich, einander "schäm dich" sagend, auseinandergingen, und zwar obwohl sie eigentlich in dieselbe Richtung mußten.

Montag, 26. April 2010

1049.

Pestvogels, welcher sich im Frühjahrsregen seiner schweren Krise erinnerte, versuchte, sich durch Nachrichtenkonsum ein wenig aufzuheitern, als er aber vernahm, daß man in Belgien auch nicht so krisensicher sei, erwog er, das S aus seinem Namen wieder zu streichen und lieber doch kein Belgier zu sein.

Sonntag, 25. April 2010

1048.

Die Chefin hatte sich dann doch für teilnehmende Beobachtung entschieden, ordentlich mit Bluse und Blazer in der Hoffnung, auf diese Weise die Temperaturwechsel etwas balancieren zu können, und hocherstaunt gelauscht, wie die Kursteilnehmer nacheinander ihre Lösungsversuche für das Ferrariproblem vorstellten, wie die "du/er/sie/es denk/s/t nur an d/sich" Problematik vom Kwaliteitswart erläutert und zum Platzen gebracht wurde, und sie fand, der Bursche mache es insgesamt recht gut, obwohl er am Ende der Mittagspause in ein merkwürdiges Stottern geriet, als sie ihn bei einem Kaffee a deux fragte, wie er sich denn eine Welt vorstelle, in der alle Menschen seine Kurse durchlaufen hätten und nun alle Kommunikationsfallen vermieden, souverän mit ihnen umgingen etc., also ob nicht, mit anderen Worten, seine Modelle geradezu existentiell darauf angewiesen seien, daß sich eben eine Mehrheit von Menschen damit eher nicht so auskenne, da versprach der Kwaliteitswart, er werde über diese Frage nachdenken.

Samstag, 24. April 2010

1047.

Mama, warum bist du schon wieder so rot, fragte das Kind, und die Chefin lachte, es sind die blöden Wechseljahre, man bekommt in den unmöglichsten Situationen Hitzeschübe und sieht aus, als würde man den ersten großen Schwarm seines Lebens anzuflirten versuchen, während man in Wahrheit von den Geranien in Nachbars Garten spricht, was sind Wechseljahre, fragte das Kind, die sind doch bloß eine Erfindung zimperlicher frustrierter Krampfhennen, und die rotköpfige Mutter sagte, ja, es ist etwas wie eine zweite Pubertät, die bekanntlich auch nur erfunden wurde, damit Teenager sich einbilden, sie hätten dicke Nasen und Pickel, während sie sich in Wahrheit nur blöde anstellen, anstatt mal locker zu sein, wer es hinter sich hat, sagt, es soll einem dann wieder besser gehen, sagte die Chefin, nur ist man nie richtig angezogen, immer zu leicht oder zu warm, das hat man in der Pubertät so eigentlich nicht … aber da war das Kind schon in sein Zimmer gegangen und fluchte über die immer falschen Klamotten und über die Mutter, die immer nur an ihre eigenen Sorgen dachte, und es schimpfte so sehr, daß die Chefin sich fragte, ob sie wirklich zum Zwecke der teilnehmenden Beobachtung in den für dieses Wochenende angekündigten Kurs zum Thema "immer denkst du nur an dich" gehen oder sich das vielleicht einfach sparen und den Kwaliteitswart mal zum Kommentieren der Sache in ihr Heim einladen sollte.

Freitag, 23. April 2010

1046.

Der erzählende Kranich verbrachte einen Sonnentag mit dem blauen Storch, ohne nennenswerte Ergebnisse.

Donnerstag, 22. April 2010

1045.

Was macht man denn, wenn man sich eine Ferrari-Blindheit antrainiert hat, fragte ein Kursteilnehmer des Kwaliteitswarts per e-mail und schilderte des längeren und breiteren, wie er neulich mit dem Fahrrad in einen roten Ferrari gefahren sei, weil er sich in unentwegtem Nachdenken über dieses Problem so gründlich angewöhnt hatte, alles, was nach rotem Ferrari aussah, für eine Kommunikationsfalle zu halten, die man besser ignoriere, daß er - usw.

Mittwoch, 21. April 2010

1044.

Sitzung der EinSatzLeitung

Sondersitzung mit Gastredner

Ein Herr Prof. Dr. Dagobert Redlich von der Hohenstaufer-Militärakademie hält einen Vortrag über die problematischen Implikationen des Satzes: "Die Opfer sollen nicht umsonst gewesen sein." Er unterstreicht, wie wichtig in großen EinSätzen ist, daß die Beteiligten von ihrer Sache überzeugt sind, und wie sehr es keinen Grund gebe, am Sinn aller EinSätze für die Freiheit zu zweifeln und wie unbedingt nötig, die Menschen, die darin Opfer bringen, auf alle Weisen zu stützen und zu stärken. Zugleich warnt er eindringlich vor jenen Mechanismen, welche zuverlässig in Rache übergehen, wenn die Sache, um die gekämpft werde, aus den Augen verloren werde. Die demokratische Kultur selbst, die verteidigt werde, erfordere ein energisches Festhalten an den Tugenden der Selbstkorrektur. In diesem Sinne empfehle er, auch nach größten EinSätzen eine Debatte, die ein ehedem ins Auge gefasstes Ziel bei genauerer Kenntnis als falsch erweisen könne, nicht zu scheuen. Erst wenn man hier ein Tabu aufbaue, würden die Opfer wirklich sinnlos. Wo hingegen weiter debattiert werde, da könne man sicher sein, daß wirklich die Freiheit verteidigt werde.

Der Vortrag löst bei den meisten EinSatzKräften tiefe Betroffenheit aus, nur die wenigsten sind begeistert, etwas mehr sind empört, und die Chefin muß alle ihre moderierenden Kräfte aufbieten, um einen Tumult zu verhindern und wenigstens zwanzig Minuten einer geordneten Debatte zu gewährleisten. Der ebenfalls anwesende ehemalige Chef droht mit einem "Nachspiel." Der Demokratiebeauftragte gerät in Verlegenheit, da er einerseits von der Chefin in die Pflicht genommen wird, auch den ehemaligen Chef an die Debattenkultur zu erinnern, andererseits selbst die Empörung des Chefs teilt.

Der Minderheitler mit den grünen Borsten hat nach der Hälfte des Vortrages den Saal indigniert verlassen, der Diskurswart ist einer der wenigen, die den Redner Dr. Redlich energisch verteidigen, wirklich unterstützt einzig durch den Komplexitätswart. Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse knabbert unschlüssig an ihren Nägeln. Die Kreativleitung ist damit beschäftigt, Taschentücher und geflüsterten Trost an diejenigen im Saal zu verteilen, die zwar ahnen, daß der Redner recht haben könnte, dies aber mit ihren persönlichen und familiären Verlusten beim besten Willen nicht in Harmonie bringen können. Dame Ö hat sich der Empörung des Minderheitlers mit den grünen Borsten angeschlossen und kurz nach ihm ebenfalls den Saal verlassen. Mo ist sehr grau und sagt auf Befragen, sie wolle nicht, daß Leute, die anderen zur Freiheit verhelfen, dafür getadelt werden, und was der klitzekleine Forschungsminister ihr zu erklären versucht, scheint eher nicht anzukommen.

Das Nachspiel wird nicht ausbleiben, weil zu viele Positionen aneinander geraten sind, aber die Chefin dankt am Ende allen für ihre Geduld und ihre demokratische Tugend und ermuntert sie, dabei zu bleiben.

Protokollant: Kwaliteitswart.

Dienstag, 20. April 2010

1043.

Der Buchhalter wollte soeben mit der Notiz, daß morgen bitte niemand die Sitzung vergessen möge, seinen Computer herunterfahren, als das Telefon - das Diensttelefon, nicht etwa das private in der Tasche - sein wahnsinnig dezentes Flöten von sich gab und ein Herr mit völlig aufgelöster Stimme sagte, er habe alle Konstellationen des Ferrari-Problems durchdacht, und es falle ihm einfach keine Lösung ein, er wolle die Teilnahme an der Fortsetzung des Kurses bitte absagen, wenn ihm jetzt nicht sofort - SOFORT, HÖREN SIE - versprochen werde, daß es a) in der nächsten Sitzung aufgelöst werde und b) danach nicht schon wieder so ein harter Brocken kommen werde, worauf der Buchhalter in seinen Kragen murmelte, er habe noch nie viel von den Eigenaktivitäten des Kwaliteitswarts gehalten, laut in den Hörer räusperte er sich aber nur und sagte, er könne das leider nicht versprechen, da er an den Planungen des Kwaliteitswarts gar nicht beteiligt sei, wenn es dem Anrufer aber weiterhelfe, werde er sich dessen Nummer notieren und dem Kwaliteitswart trotz der späten Stunde per sms ("anders ist der jetzt nicht erreichbar und seine Handynummer darf ich auch nicht rausgeben") sagen, daß es durchaus nötig sei, diesen einen Kursteilnehmer einmal anzurufen, und zwar möglichst noch in dieser Nacht, da lachte der Kerl am anderen Ende der Leitung, sagte, April, April, und hängte ein, ein weiterer Grund für den Buchhalter, dem Mülleimer unter dem Tisch einen kräftigen Tritt zu verpassen.

Montag, 19. April 2010

1042.

Karomütze konnte in diesen Tagen nach sehr anstrengenden Monaten eine ruhige Kugel schieben, das tat er gern, besonders, seitdem er von einer neuen Zeitschrift Wind bekommen hatte, die tatsächlich "Der Globalisierungsfreund" hieß und in der sinnigerweise zum Osterheft erschienen ersten Hochglanzausgabe sich präsentierte wie eine Zeitschrift für schöne Interieurs aus aller Welt, wobei die Preisaufgabe lautete, den in einem der Bilder versteckten ältesten Globus der Welt zu finden, und das war gar nicht so leicht.

Sonntag, 18. April 2010

1041.

Das Kind, als es am Sonntagmorgen auf den Balkon trat, fragte, ob es wirklich noch Leute in der Nachbarschaft gebe, die jetzt ihre Öfen heizten, und die Chefin sagte, denkbar ist das, wenn auch unwahrscheinlich, wieso, da sagte das Kind, es riecht einfach so wie im Winter immer, wenn die heizen, aber ich sehe nirgends Rauch, vielleicht ist das die Aschewolke vom Eyjafjallajökull, sagte die Mutter und staunte noch über das feine Näschen des Kindes, da rief das Kind schon wieder vom anderen Ende der Wohnung, was ist denn ein Induktionsherd, da sagte die Mutter, das soll was ganz Tolles sein, ein Herd, der den Topf heiß macht, aber selbst kalt bleibt, aber wenn wir sowas hätten, brauchten wir bei deiner Nase dazu noch eine Deduktionsdunstabzugshaube, und sie schüttelte den Kopf, als sie fragte, woher hast du das denn schon wieder?

Samstag, 17. April 2010

1040.

In Amsterdam saßen der Kwaliteitswart, die allgemeinste Verteidigung, das Kleinchen, die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und der aus seinen Fernen gerade noch vor Sperrung der Flughäfen angereiste Herr Y. auf den Planken des Hausbootes in der Sonne, in den Oleanderkübeln schien es sich sichtbarlich zu regen, das Kleinchen steckte emsig bunte Plastikspielzeugteile zusammen, der Kwaliteitswart unterdrückte nur mit Mühe seine Nervosität wegen der immer noch nicht gelösten Ferrarifrage und der näherrückenden Fortsetzung des Kurses, die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse spielte unentwegt mit ihrer antiallergischen kleinen Sprühflasche herum und die allgemeinste Verteidigung fragte den gar nicht müde wirkenden Herrn Y., was eigentlich für ihn das Schlimmste in jener Affäre mit dem Herrn X. damals gewesen sei, worauf auf dem Gesicht des Herrn Y. in eigentümlichem Schauspiel ein charmant verlorenes Lächeln und jener so zähe wie zupackende Ausdruck, mit dem er den Menschen anscheinend immer noch so ziemlich alles unter die Jacke jubeln konnte, was er wollte, einander abwechselten, bis er schließlich antwortete: das Schlimmste ist, wenn man in die Dunkelkammern der Vorurteile der Menschen schaut und sieht, daß sie sich selbst diese Sachen wirklich zu glauben scheinen, daß sie ganze Theorien bilden, um sie zu untermauern, daß sie dir, den sie doch fast täglich sehen, nur mit einer von diesen Vorurteilen und Theorien durchtränkten Haltung begegnen können, stets ängstlich darauf bedacht, nun trotzdem alles richtig zu machen, und daß du schließlich selbst anfängst zu glauben, sie könnten vielleicht recht haben – das ist der Punkt, an dem man die Hände sinken lässt, denn man überlebt in wenigstens partieller Nichtidentität zu den Vorurteilen nur, wenn man sich gegen die Krankheiten der Leute, die sie selbst haben und die sie dir oder wem anders anhängen wollen, vollkommen immunisiert und allenfalls ganz für sich an abgewandtem Orte die Dinge abschüttelt, mit denen sie einen unüberwindlich, weil selbst überzeugt und ängstlich, belasten, und er lehnte sich zurück, streckte seine nicht unbeträchtlichen Beine von sich, sonnte sich einen Augenblick in der Anteilnahme der allgemeinsten Verteidigung und wandte sich dann, seinerseits anteilnehmend, an den Kwaliteitswart wegen des roten Ferrari oder aus einem anderen Grund.

1039.

Sie kann einem direkt leid tun, die Aschewolke, sagte der Demokratiebeauftragte, jetzt hat sich sogar Karomütze auf sie herausgeredet: er sei nicht rechtzeitig zur Spätschicht gekommen, weil die Straßen wegen des Chaos im Flugverkehr…

Donnerstag, 15. April 2010

1038.

Eigentlich hatte die Kreativleitung ein wenig an dem halbfertigen Bericht arbeiten wollen, den Mr. Precuneus nach dem Plan nun an die ghanaische Polizeihichschule schrieb, es hatte eine B-Ebene mit Biß werden sollen, aber dann hatte sie sich in ihre Teppicharbeit verbissen, und so war ihr in einer anderen Auftragssache ein Fehler unterlaufen, welcher sie nach einer angemessenen Strecke von Selbstvorwürfen in die Frage getrieben hatte, wie derartige Probleme in Zukunft auch ohne Rückgriff auf die liebenswürdig aus der Buchhaltung angebotenen Dienste zu vermeiden wären, und Mo hatte tatsächlich eine Idee.

Mittwoch, 14. April 2010

1037.

Er ist mir noch ein bißchen zu schüchtern, der Frühling, sagte die Gattin des ehemaligen Chefs, als sie vor diesem und Mr. Precuneus das kleine Silbertablett mit dem duftenden Tee absetzte, drum habe ich lieber hier eingedeckt, und mit einem nervösen kleinen Glattstreichen ihres karierten Wollrocks setzte sie sich in den Sessel, um - den Blick auf den einzigen schon blühenden Baum im Garten, eine japanische Pflaume, gerichtet - zu lauschen, wie der ehemalige Chef mit Behagen das Folgende vorlas: "Der Geist braucht ein vernünftiges Maß an Entspannung und Zerstreuung, um seine Beweglichkeit zu erhalten, wodurch man in den Stand gesetzt wird, den Gegenstand immer auf andern Seiten zu erblicken und seinen Gesichtskreis von einer mikroskopischen Beobachtung zu einer allgemeinen Aussicht zu erweitern, damit man alle erdenklichen Standpunkte einnehme, die wechselweise einer das optische Urteil des anderen verifizieren."

Dienstag, 13. April 2010

1036.

No, I am not a pic'maniac - Mr. Precuneus was barking into a shouting celphone - it is just that there is no way to deliver that damn' report about the shrinking of two persons in this weared EinSatzLeitung without any pic's!

Montag, 12. April 2010

1035.

Der Kwaliteitswart in der Vorbereitung seiner Kurse wartete immer noch auf jemanden, der das Problem des roten Ferrari in befriedigender Weise lösen würde, hatte er doch außer dem angekündigten Kommunikationsproblem des "du denkst immer nur an dich" bereits ein weiteres Thema vorbereitet, nämlich das Problem der Identifizierung von Fanatismus, und konnte nun kaum die Antworten der Teilnehmer auf die Frage "würde ein Fanatiker sagen, daß er ein Fanatiker ist" erwarten, aber während er verdrießlich über den Korridor schlenderte und seinen Ärger über die Nasen, die nicht in der Lage waren, auch nur das Ferrari-Problem zu lösen, vor sich hin murmelte, sprach ihn der Buchhalter an, der ihm an diesem Tage besonders spitznasig erschien, und sagte in seinem kauenden und zischenden schwäbischen Dialekt, wieso machen wir nicht endlich einen Vertrag mit den italienischen Autobauern, sie kommen in der EinSatzLeitung wahrhaftig nicht zu kurz, wir könnten eine Werbung schalten!

Sonntag, 11. April 2010

1034.

Den ganzen Sonntag hatte Mr. Precuneus damit verbracht, an seinem Bericht für die ghanaische Polizeihochschule zu arbeiten, von wo man ihn aufgefordert hatte, endlich Ergebnisse seiner Recherchen vorzulegen, er war in seinen Räumen ein wenig oberhalb einer stark befahrenen Straße auf und ab gegangen, hatte ganze Absätze geschrieben und wieder verworfen, und er wunderte sich, denn eigentlich war ihm alles glasklar erschienen, als er das letzte Gespräch in der Kreativabteilung geführt hatte - nun aber bemerkte er, daß er doch noch dies oder jenes wissen müsse, denn in der gesamten Kette von Mißverständnissen der schlimmsten Art hinsichtlich der für die Afrikaner einzig interessanten Figur der Mo war ihm am wenigsten deutlich, was eigentlich die eigentümliche Zwischenstellung des ehemaligen Chefs zu besagen und zu bedeuten habe, und er beschloß, auch diesen noch einmal aufzusuchen für eine ernste Unterredung.

Samstag, 10. April 2010

1033.

Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen hatte den langen Samstag (früher hieß das ja noch etwas in Deutschland, aber heutzutage ist ja jeder Samstag ein langer Samstag, dachte sie) gemeinsam mit einer nicht näher zu bezeichnenden Person mit ausgedehnten Spaziergängen durch die Stadt verbracht, es war ihr danach zumute gewesen, dem Wetter zu trotzen mit Schirm und festem Schuhwerk, und trotz ihres Namens trug sie einen mintgrünen Rollkragenpullover unter dem unerläßlichen blauben Regenmantel, das paßte gut zu den großen Flecken von Szilla Sibirica, welche unbeeindruckt von allen dramatischen Ereignissen des Tages und allen Problemen der Welt unter den hohen Bäumen des Tiergartens leuchteten wie eh und je um diese Jahreszeit - genau was sie brauchte, um den Worten, die überall zu hören und zu sprechen waren, etwas wie einen Grund zu geben.

Freitag, 9. April 2010

1032.

Als Mr. Precuneus an diesem Tage wieder einmal eine Unterredung mit der ehrenwerten Mo suchte, brachte er einen Teller mit Apfelscheibchen und Ahornsirup mit, eine Aufmerksamkeit, welche die Augen im grauen Gesichtchen hell aufleuchten ließ und bewirkte, daß Mo auch den Fragen nach ihrer Zeit, in welcher sie eine große Person gewesen war, nicht auswich, zumal sie den Eindruck hatte, daß aus irgendeinem Grunde dieser weiterhin gern eher farbenfroh gekleidete Herr von den meisten Dingen eine überraschend weise Ansicht zu hegen schien, was sich unter anderem darin zeigte, daß er nie auch nur den geringsten Versuch unternahm, ihre Kritzeleien zu deuten oder ihr das Schwitzen bei bestimmten Gelegenheiten abzugewöhnen oder die Vehemenz, mit der sie alle Gefangennahmen geradezu panisch falsch fand, irgendwie zu relativieren.

Donnerstag, 8. April 2010

1031.

Schon wieder ein roter Ferrari, sagte einer Kursteilnehmer des Kwaliteitswarts, als er beim Aufschlagen einer beliebigen Seite in seiner Zeitung einen ziemlich rötlichen Sportwagen erblickte, also wenn man erst einmal auf so etwas aufmerksam geworden ist, dann sieht man die Dinger wirklich überall.

Mittwoch, 7. April 2010

1030.

Der kleine Brachvogel hatte genug von all den neuerdings besonders lautstark richtenden und flötenden Brachvögeln in seiner Kolonie, und er dachte, es könne gut sein, einmal die Niederungen zu verlassen und zu den Seen zu fliegen, an denen womöglich Kraniche wären, aber als er aus einem Baume lautes Schrastern hörte, umflog er denselben ein paar mal um aufzuschnappen, was geredet werde: tatsächlich saß da der gute alte Pestvogel und beklagte sich bitter bei seiner Mutter über einen Brief, welchen er von der entflogenen Pestvogelin erhalten hatte, des Inhalts, daß ihr seine Irreführung durch alle seine ja als zweifelsfrei erwiesen geltenden Theorien sehr leid tue, daß sie sehr froh sei, vor Eiablage entflogen zu sein, aber durchaus ermessen könne, in welcher Verwirrung er sich soeben befinde, mit ganz herzlichen guten Wünschen, und während die Mutter ihren Herren Sohn im Festhalten an seinen Theorien tränenreich und entscheidungsfroh erbaute, flatterte der kleine Brachvogel sich schnell wieder in eine kommode Flughöhe, um ein wenig vorwärts zu kommen in Richtung Stadt, denn obschon an und für sich nicht ungern in der Wildnis, erinnerte er sich nun, wie der erzählende Kranich ihm gesagt hatte, Stadtluft mache frei.

Dienstag, 6. April 2010

1029.

Es gab Tage, an denen sah die Chefin auf dem Weg in ihr Büro es förmlich zischeln und tuscheln und qualmend aufsteigen, das Ressentiment der Vielen, die sich in ihren jeweiligen Häusern und Gemeinschaften, um sie zu ertragen, ausmalten, wie schrecklich ausbeuterisch, böse, faul und verkommen die anderen alle waren, die an der Regierung, die jenseits der Regierung, die Beamten oder die Freiberufler, die Arbeitslosen oder die Handwerker, je nachdem, welcher Gruppe man gerade nicht zu gehörte, am schlimmsten aber schienen alle zusammen diejenigen zu finden, die sich dem immer lauernden Terror der Kartenspieltische und Westkurven nicht zu oft aussetzten und in Gesprächen an den unpassendsten Stellen still freundlich darauf bestanden, daß zuweilen auch eine Sprache schön sein könne, die nicht kompatibel wäre mit den Ansprüchen der Leser ihrer wie auch immer politisch eingefärbten Boulevardzeitungen, ach je, sagte die Chefin dann, und dachte an ihren Laden, sie straffte sich und ging weiter und hörte vielleicht an der nächsten Ecke wieder dumpfbackiges Gedröhne aus den Hälsen von Menschen, die fanden, ein anderer nur ihnen bekannter Mensch, welcher auf einem Gefühl bestand, das auch durch arbeitsdienstähnliche Maßnahmen oder Sicherheitsverwahrungen nicht tot zu kriegen war, anstatt es sich abrenovieren zu lassen, müsse eben kaltgestellt und zu Diensten gezwungen werden (vermutlich, dachte die Chefin, diene dieser Mensch in Wahrheit irgendwo und irgendwem, brachte es nur ums Verrecken nicht fertig, das in den selbstzufriedenen Formeln vermeintlicher Selbstlosigkeit pathetisch anzupreisen, und vermutlich, dachte sie, imaginierten sie den Geschmähten nur als faul und böse, während sie selbst ihre Tuschelpausen in den Gängen oder zwischen den Läden und Marktständen verlängerten) und an solchen Tagen konnte sie erst wieder lächeln, wenn sie irgendwo an irgendwem eine unwillkürliche und grausamkeitsaverse Bewegung sah, an dem Mann am Honigstand ein kleines Insichgekehrtsein oder ein helles Lachen von der Frau am Fischstand - an diesem Tage sah sie so etwas ausgerechnet im Korridor der EinSatzLeitung, in welchem Karomütze, den sie nicht wirklich mochte, mit erstaunlich uninszeniert behutsam wirkender Geste das Taschentüchlein der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den um diese Jahreszeit besonders rotgeränderten Augen aufhob und ihr stillfreundlich zusteckte, bevor er der Chefin übereifrig wie immer in ihr Büro folgte, um Bericht zu erstatten über die Auswertung der Fangschaltung, welche ergeben hatte, daß der Anrufer einer vermeintlichen Verwertungsgemeinschaft mit dieser in keinerlei Verbindung gestanden, sondern nur prätendiert hatte, ein Tester zu sein, und die Chefin sah den jungen Mann aus müden Augen an, schon gut, sagte sie, ich hatte es mir fast gedacht, ich sehe, auch für Sie hätten die Feiertage ein klein wenig länger dauern können, worauf Karomütze nickte, eine Verbeugung andeutete und den Raum unauffällig wieder verließ.

Montag, 5. April 2010

1028.B

Die Prüfung des Papiers ging (oder sollen wir genre-spezifisch "erfolgte" sagen?) relativ schnell, sicherheitshalber legte die Kreativleitung das Stück auch noch einmal Mr. Precuneus vor, mit welchem sie die Feiertagsschicht teilte, und als der es abgesegnet hatte, beschlossen sie, die kleine Hausaufgabe des Kwaliteitswarts in einer B-Ebene noch an seinem Tag zugänglich zu machen. Man unterschätzt ja immer, was diese Fortbilder leisten, während andere feiern, sagte Mr. Precuneus noch, und die Kreativleitung lächelte ihr intransparentestes Grün.

Hier also die (unredigierte) Aufgabe des Kwaliteitswartes mit dem Titel: Der rote Ferrari

"Am heutigen durch Regelmaß geheiligten Montag möchte ich den Teilnehmern an meiner Fortbildung eine besondere Aufgabe stellen:


1: Sie wollen wissen, ob es gelingen kann, einen Menschen, der sich für einen roten Ferrari nicht interessiert, unter Ausschaltung seiner eigenen Wünsche und seiner Selbstbestimmung und unter Manipulation seiner Wahrnehmung auf diesen Gegenstand heiß zu machen.

2: Sie halten ihm also täglich einen roten Ferrari in der einen oder anderen Form vor die Nase.

3: Eines Tages fragen Sie ihn unverbindlich, wie es ihm so geht. Wenn alles nach Plan läuft, wird er Ihnen sagen, alles sei so weit in Ordnung, nur sehe er täglich in irgendeiner Form einen roten Ferrari und frage sich, was das solle.

4: Sie sagen, das bilde er sich nur ein, der rote Ferrari sei zufällig da oder er sei gar keiner. In Wahrheit sehe er überall den roten Ferrari, weil er ihn sich wünsche. Bestreitet er, beweisen Sie ihm, daß er ihn doch wünscht, indem Sie ihm täglich etwas, das aussieht, wie ein roter Ferrari, aber dann doch keiner ist, hinhalten. Solange er darüber spricht, können Sie fundiert behaupten, der Gegenstand werde allein durch seinen Wunsch zu einem roten Ferrari, was Sie als Beweis dafür ausgeben, daß er sich einen roten Ferrari wünscht. Sie sprechen von seiner Obsession.

5: Fürsorglich legen Sie ihm nun nahe, seine Abwehr aufzugeben und zu akzeptieren, daß er den roten Ferrari wünscht. Sie sagen, nur das werde ihn befreien.

6: Wenn er nicht zufällig wirklich den roten Ferrari mittlerweile wünscht, wird er wütend versuchen, die Belästigung abzuwehren. Sie empfehlen ihm, an der Wunscherfüllungsidee und an der Impulskontrolle zu arbeiten. Wenn er irgendwo hin sieht, halten Sie weiter stets einen roten Ferrari ins Bild. Sie sagen, Sie glauben ihm erst, daß er ihn nicht wünscht, wenn er nicht mehr darüber spricht. Manche mögen hier wie gesagt so weit sein, wirklich einen roten Ferrari zu wünschen und den Erwerb eines solchen für die Lösung aller ihrer Probleme zu halten. Wer aber eigentlich andere Wünsche hat und von Ihnen in diesen respektiert werden will, könnte weiter machen.

7: So ein Proband akzeptierte also diese Prüfung und ignorierte tapfer den roten Ferrari in allen Gesprächen mit Ihnen, selbst wenn er durch einen Park voller roter Ferraris ginge.

8: Darauf haben Sie nur gewartet, Sie gehen nun zu ihm, einen roten Ferrari in der Brusttasche Ihres Hemdes, und beklagen sich, daß etwas am Hemd Sie drücke. Er muß dann darüber nachdenken, ob er Ihnen sagt, daß es der rote Ferrari ist, den Sie da haben, oder ob er mit Ihnen verschiedene Lösungsmöglichkeiten unter Absehung vom roten Ferrari durchdiskutiert. In beiden Fällen wird er Sie in Ihrer Annahme nur bestätigen können.

9. Was raten Sie ihm?


Wer diese Aufgabe erfolgreich löst, darf an der nächsten weiterarbeiten, die unter der Überschrift: „Du denkst nur an dich“ eine weitere Kommunikationsfalle (ohne Objekt, bzw. mit lediglich einem Objekt, nämlich dem Vorwurfsempfänger selbst) aufbaut.

Viel Spaß beim Rätseln, stets der Ihre, der Kwaliteitswart"

1028.

Oostermoondaag ist mein Tag, sagte der Kwaliteitswart, und überreichte mit lang nach vorn geschlackertem Arm eine Note an die Kreativleitung mit der Bitte, diese vielleicht an einem der kommenden Tage als B-Ebene einzusetzen – eine reizende Geste, fand die Kreativleitung, denn so war sie einmal in den Stand gesetzt, ihrerseits etwas vom Kwaliteitswart zu überprüfen.

1027.

Daß der erzählende Kranich nicht rechtzeitig kam, um am hohen Feiertage einen besonders schön erzählten EinSatz abzulegen, erklärte die allgemeinste Verteidigung mit einem auch von ihm geteilten inneren Widerstand gegen die um diese Jahreszeit von der Vogelwelt stets mit besonderem Schmerz beobachteten Exzesse der Eierräuberei - diese Eierräuberei werde ja von allen Vögeln nur als umso schmerzlicher empfunden, je vehementer die Menschen ihren Kindern einzureden pflegten, daß man die Eier keineswegs den Vögeln weggenommen, sondern sie vielmehr von Eier legenden Hasen überaus großzügig geschenkt bekommen habe, o ja o ja, ergänzte ausgerechnet eine aufgeplusterte Straußin (als Großhenne der Gattung der Laufvögel nicht gerade für exzessive Brutpflege bekannt) es sei darin doch eine Verdoppelung des Schmerzes, und Beifall heischend blickte sie sich nach der hinter ihr laufenden Gruppe von Wachteln und Hühnern um, welche sie soeben auf dem Weg zu einer Solidaritätskundgebung für die Hersteller von Marzipaneiern anführte, durch die sie alle trotz ihrer tiefen Kränkung zur Feier der Feiertage ein positives Zeichen setzen und Alternativen aufzeigen wollten.

Samstag, 3. April 2010

1026.

Umso erstaunter war die Chefin am anderen Tage, als ein Herr anrief, welcher sich vorstellte als der Abgeordnete der Verwertungsgemeinschaft und vortrug, man sei sehr daran interessiert, die rationalen und analytischen Fähigkeiten der EinSatzLeitung in den Dienst zu nehmen, ob sie eventuell bereit wäre, sich zu diesem Zweck auch im persönlichen Leben und unter Ausschaltung der Sentimentalitäten der Kreativleitung reinen Herzens und reinen Geistes für große Aufgaben zur Verfügung zu stellen, man müsse ihr natürlich dann, da sie noch nicht völlig aus der Form sei, zur Neutralisierung etwelcher von ihrem ein wenig unpassenden, wenngleich zur Emanzipation vorgesehenen Geschlechte einen möglichst praktischen Gefährten beigeben, sie werde aber sicher nichts dagegen haben, daß man hier die Dinge für sie und zu ihrem Besten ein wenig in die Hand nehme … als er an dieser Stelle angekommen sei, unterbrach die Chefin seinen wohlmeinenden Schwall mit der Bemerkung, er sei sich vielleicht der Tatsache nicht bewußt, daß ihre Sicherheitsabteilung eine Fangschaltung eingerichtet habe, die alle diese widerwärtigen Zumutungen aufzeichne und auf ihre Quelle prüfe, sie stehe aber, sofern man auf angemessene Weise bereit sei, angemessene Kooperationen ohne Übergriffe, also auf eine die Privatsphäre achtende Weise (in der westlichen Welt ihrer Ansicht nach gradezu ein Proprium) und mit ehrlichen transparenten Fragen (Sie dürfen dann auch gern Ihre Bedenken als Ihre eigenen vortragen, aber sich freundlichst der immer schon alles besserwissenden Suggestionen enthalten, wie wäre das?) vorzuschlagen, mit allen verfügbaren und abkömmlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für geordnete Vereinbarungsgespräche gern zur Verfügung.

Freitag, 2. April 2010

1025.

Die haselnußfarbenen Augen der Chefin pflegen noch stets ein wenig falb zu werden, wenn wieder einmal ein Film alle Klischees bediente, die sie sich zuvor schon immer gebildet hat über die Klischees der anderen, dabei bemüht sie sich wirklich stets um ein ausgewogenes Urteil, ganz ehrlich, sagte die Kreativleitung zu einem Journalisten, welcher sie aufs äußerste angespannt befragte, wie denn die Chefin selbst auf die Darbietung eines Films reagiert habe, kurzum, sagte sie, die Augen der Chefin wurden zuweilen etwas falb, aber sie fand durchaus Lobenswertes.

Donnerstag, 1. April 2010

1024.

Als der Pestvogel von seinem Ausfluge - hier konnte man ja wirklich einmal von einem Ausflug sprechen - zurückkehrte in die Ebenen der minderen Sprachen, um sich gemeinsam mit der Pestvogelin dem klammen und breiten Nisten zu widmen, stellte er nicht schlecht entsetzt fest, daß die Erwartete sich davon gemacht und nicht einmal ein winziges Ei, geschweige denn ein Nest hinterlassen hatte, nicht einmal ein Zettelchen wie "komme gleich wieder," und der Pestvogel dachte, er müsse nun sehr schnell die Kollegen fragen, was passiert sei, aber stattdessen sackte er in sich zusammen und schrasterte für sich, Menschen haben es in solchen Fällen besser, sie wählen erst einmal die Handynummer oder wie… es schwante ihm freilich, daß so etwas in diesem Falle womöglich nichts nützen werde, und aus irgendeinem Grunde liefen seine üblicherweise allzeit bereiten Urteile über die Pestvogelin in diesem Augenblick ins Leere.

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