Donnerstag, 31. Juli 2008

413.B

Die Kreativleitung und ihre Assistentin berieten sich über ein mögliches Ende der Eloge auf Herrn X. Sie schrieben dies und das, erwogen es, verwarfen es wieder, es war kein Tag für zündende Ideen und große Visionen, und die Frist lief ab. So etwas gibt es also auch, sagte die Kreativleitung. Eigentlich finde ich den letzten Satz wie er unter 401.B steht doch ganz gut, sagte die Assistentin: "Herr X tut dieses alles zum Wohle der ländlichen Infrastruktur, aber vor allem und schwerpunktmäßig auch als Nutztierhalter, als Halter des Nutztiergedankens, als Schutzherr der von ihm aufgekauften Betriebe und ihrer Pächter, als hingebungsvoller Wärter von Milch und Kuh, von Wild und Hund." Was soll man mehr sagen? Man kann aufzählen, was er an Propagandaschlachten gewonnen und was er durch das penetrant mitleiderregende Gehabe von Herrn Y. verloren hat, aber im Grunde macht man sich die Sache damit nur schwerer. Man muß auch mal etwas fertig sein lassen können.
Die Kreativleitung sagte, das ist eigentlich wahr. Ich würde vielleicht noch einen Satz anfügen darüber, daß alle, die sich einer Übernahme nicht widersetzten, schließlich gut dabei fuhren und blühten und gedeihten, oder etwas Grundsätzliches über die Notwendigkeit, bei klarer natürlicher Überlegenheit im freien Spiel der Kräfte sich dann eben einer Patronage zu unterstellen, bei der der eine Schutz und Fürsorge, der andere unbedingtes Vertrauen zu liefern habe. Ich würde auf diese Weise nahelegen, daß man es auch mal mit Augenhöhe und dergleichen probieren könnte, aber dies nicht aussprechen, da ich ja Y. nicht erwähnen darf. Aber das wird dann wohl eher verlogen wirken, was? Wahrscheinlich ist das, summte Mo aus ihrer Ecke herüber, schwitzend heute, aber weniger ängstlich als bei der letzten Konfrontation mit dem Fall XY. Nur was ist bitte mit Ys Frau und damit, daß sie einfach in den Schnee gelaufen ist? Das können wir nicht lösen, sagte die Kreativleitung, das lassen wir mal bei Hans Erich Nossack und seinem "Unmögliche Beweisaufnahme." Es juckt mich zwar, auch dazu mal etwas zu sagen, das die unerhörte Noblesse des Angeklagten da in ein etwas anderes Licht rückt, aber das gehört nicht in diesen Fall. Schließen wir ihn ab, lassen wir vielleicht einen Kinderchor singen?
Igitt, bist du fies, sagte die Assistentin, und die Kreativleitung tat etwas, das nicht ganz Lächeln und nicht ganz Grinsen genannt werden konnte, dann lächelte sie richtig und sagte, schon gut.
Und Y., fragte Mo, was ist mit Y selbst? Ja, Y., sagte die Kreativleitung. Der wird uns erhalten bleiben. X. bekommt seine Lieferung und ist entweder zufrieden oder unzufrieden, zahlt entweder pünktlich oder später - aber Y. wird wohl einfach da sitzen bleiben, und wir werden einfach abwarten ob er nicht doch irgendwann etwas macht und mit uns redet.
Assistentin K sagte, irgendwie ist mir nicht wohl damit, immer solche Leute einzusammeln, die so nichts zustande bringen.
Aber wir brauchen sie auch irgendwie, sagte die Kreativleitung, oder was meinst du, Mo?
Ich weiß nicht, sagte Mo. Ich habe schließlich schon einiges zustande gebracht. Hat mir das jemand zugetraut, als ich gekommen bin?
Na, wir wollen jetzt aber mal nicht zu eingebildet werden, wie, sagte Assistentin K, allein gekommen ist wohl schwer übertrieben, hergeschleppt hat man dich, und sie spürte, wie sie sich wieder zu ärgern begann über die durch nichts gerechtfertigte Beförderung der Assistentin Ö und ihr degradierendes Gehabe auf der einen und das verwöhnte Mo auf der anderen Seite einer Skala, in der sie selbst keine so gute Position zu haben schien.
Wer liefert also den fertigen Text ab, fragte die nun schon sehr müde wirkende Kreativleitung, man muß ihn in die Abteilung Öffentlichkeit bringen. Ich mach schon, knurrte die Assistentin K, warf einen Blick in den Spiegel, murrte mimisch laut auf und setzte sich in Bewegung.

413.

Pünktlich 50 EinSätze nach seiner Einführung durch den Kwaliteitswart und 40 EinSätze nach der Auftragsannahme durch die Kreativleitung und 30 EinSätze nach den ersten Erwägungen über positives Denken rief Herr X in der EinSatzLeitung an um zu fragen, wie es denn mit seiner Eloge stehe; der Tag war heiß, die EinSatzLeitung kurz vor ihren Betriebsferien, die Dame, die früher Assistentin Ö geheißen hatte und neuerdings Leiterin der Abteilung Ö war, erhielt durch den Oberassistenten den Anruf zugestellt und legte nun einmal (10 EinSätze nach dem ersten Ärger über die Assoziationen des Kwaliteitswarts) ganz bewußt ein wenig Sonnenöl in ihre Stimme, als sie sich nicht mehr mit "EinSatzLeitung Abteilung Öffentlichkeit, Sie sprechen mit Assistentin Ö, was kann ich für Sie tun" melden mußte, sondern das Recht hatte, in leitungsbefugter Knappheit "ja bitte" zu sagen, ja, sie legte sofort ein wenig nach und sagte, ach Herr X, wie schön, daß ich Sie einmal selbst am Apparat habe, ich habe schon SO viel von Ihnen gehört, und natürlich nur Gutes, eine Tonlage welche ein rasches Abfallen der relativ hochgestiegenen Empörungsbereitschaft des Herrn X zumindest um einige Grade bewirkte, er konnte es aber dennoch nicht lassen, erst einmal nachzufragen, wer sind Sie nochmal, ich habe doch sonst mit einer Dame mit einer so ganz reizenden Stimme gesprochen - und dies war nun wiederum ein wenig zu viel für den Ölhaushalt der neuen Leitung Öffentlichkeit, ihre Stimme wurde ein wenig höher und ein wenig sagen wir schärfer konturiert, als sie gleichwohl strahlend erwiderte, aber das macht doch nichts, Sie sind hier direkt bei der Leitung der Abteilung Öffentlichkeit gelandet, interviewt worden sind Sie selbstverständlich durch unsere Assistentin in der Kreativabteilung, und dort ist man auch fleißig bei der Arbeit, ich nehme an, Ihre Eloge wird pünktlich auf einer B-Ebene heute noch ausgeliefert werden, ich hoffe sehr, daß Sie mit unserer Arbeit zufrieden sein werden, und ich werde mich persönlich darum kümmern, daß alles seine Richtigkeit haben wird, aber als sie das hinter sich gebracht hatte, war sie trotz aller guten Vorsätze nun also wieder in ihrer gewöhnlichen genervten Verfassung, bis sie sich - 20 EinSätze nach seiner ersten Erwähnung - daran erinnerte, daß Gattin Ö in solchen Augenblicken gern mal etwas Dodo Mamarosa gehört hatte, und damit versuchte sie es nun also auch.

Mittwoch, 30. Juli 2008

412.

Der Vorschlag der Assistentin war wegen seiner Einfachheit durchaus reizvoll für die Kreativleitung, aber natürlich entsprach er nicht den selbstgesetzten Anforderungen, welche ein wenig strenger waren als sie nun "kommunizieren" wollte, tatsächlich hatte Herr Y. sich am Sonntag im Hause des ehemaligen Chefs nicht gezeigt, sondern war einfach auf seinem Platz im Oberstübchen sitzen geblieben, tatsächlich war das alte Ehepaar froh gewesen über die Ablenkung durch die Wochenendbesuche, aber Herr Y. war noch da, und erstaunlicherweise hatte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, die eigentlich eher den "tatkräftigen" Menschentypus bevorzugte, sich besonders deutlich mit ihm solidarisiert, sie war sogar der Ansicht, daß man den Auftrag des Herrn X. niemals hätte annehmen sollen, und wenn es nicht ohnehin ihrem eigenen Willen entsprochen hätte, hätte die Kreativleitung allein wegen dieser sympathischen Minderheitlerin nicht dem entlastenden Vorschlag ihrer Assistentin folgen können; so machte sie sich also wieder einmal an die Arbeit und verwendete einen ihrer Lieblingstricks, über dessen Schattenbilder an der Höhlenwand man vieles sehr Schlechtes in allgemeinen Ratgebern zu positivem Denken usw. finden konnte, von dem man aber immerhin - und zähneknirschend - zugestehen mußte, daß die Weisheiten der Ratgeberskribenten angesichts ihres vordringlichen Projekts, die Schatten an der Wand nicht nur zu beschreiben, sondern auch gleich wirksam und für jedermann zu "operationalisieren," ein kleines Körnchen Wahrheit und sogar ein bißchen was Brauchbares und Nützliches und selbst Menschenfreundliches enthielten, sobald man sie ihrer häßlichen Pseudowissenschaftlichkeit, ihrer in höchstem Maße abstoßenden begriffsrealistischen Verkorkstheit sowie ihrer immer ins Gewalttätige spielenden Abtadelung eines jeden Menschen, der sich gestattet, ein Leid auf eigensinnige Weise zum Ausdruck zu bringen (wovon, wie man in den Kreisen der Konsumenten solcher Ratgeberlein zugleich doch auch kolportiert, die gesamte höhere Kulturproduktion immer schon gelebt hat) recht gründlich entkleidete.

Dienstag, 29. Juli 2008

411.

Unterdessen sah die Assistentin K der Kreativleitung dabei zu, wie diese sich abplagte, die Eloge X zuende zu bringen, und schließlich hatte sie einen Vorschlag: schreib doch einfach, das größte Verdienst des weisen Herrn X besteht freilich darin, Herrn Y endgültig mundtot gemacht zu haben, und fertig ist die Sache, immerhin haben alle irgendein Unbehagen an seinem NochDaSein gehabt, jetzt war nicht einmal im cheflichen Haushalt auch nur das Mindeste davon zu spüren, und es ist gut möglich, daß Herr X mit diesem Abschluß der Sache ebenso zufrieden sein wird wie das geschätzte Publikum, für welches er eine Eloge wünscht, und vielleicht haben einfach alle recht.

Montag, 28. Juli 2008

410.

Der Sonntag im Hause des ehemaligen Chefs wurde dann noch recht unterhaltend, denn der naseweise Sinologe und der klitzekleine Forschungsminister fanden mit dem Hausherrn (nachdem sie sein übliches "der Gast, und wenn er noch so stört, es hilft ihm nichts, er wird geehrt" hinter sich gebracht hatten) erhebliche Mengen von Gesprächsstoff, und als die Damen sich, ihrer doch etwas albernen Sorgen müde, zu ihnen gesellten, debattierten sie gerade über die merkwürdigen bis schwer brutalen Methoden, mit denen im Fernen Osten manche Kinder für die Olympiakader trainiert werden, von ihren Familien in den Kampf geschickt, um deren Leben zu verbessern, und dann Lehrern überantwortet, deren Trainingsmethoden - von diesen jedenfalls mit Stolz vertreten werden (man hatte darüber manchen Bericht gesehen und gelesen), und der naseweise Sinologe meinte, man solle anstatt sich aufzuregen sich hier lieber ein wenig daran orientieren, diese ganze Verweichlichungspädagogik des Westens, das sei doch nichts, worauf der ehemalige Chef (wohl nicht nur aus unterstützender Höflichkeit) zu bemerken wußte, daß jedenfalls in manchen Fächern und bei manchen Leuten nur etwas wie eine Daumenschraubenmethode helfe, gerade wer Großes leisten solle, müsse zuerst recht ordentlich unter Druck gebracht werden, und wenn er dann Großes bringe, sei dies jedes Opfer wert, wenn aber nicht, dann sei eben seine Untauglichkeit auf diese Weise auch klar geworden, das sei "im Einzelfall manchmal traurig," aber nicht zu ändern, und es war nun wieder ausgerechnet die (sonst doch so gestrenge) Dame Ö, die sich hierüber am meisten empörte, ein wenig unterstützt vom klitzekleinen Forschungsminister, der einige Fakten über die Entfaltung intellektueller und sportlicher Leistungsfähigkeit unter diesen oder jenen Bedingungen beisteuerte, damit aber gegen die Entschlossenheit der beiden anderen Herren kaum anzukommen schien, und die Gattin des Chefs schien sich zu sagen, solange es die gemeinsamen Kinder nicht mehr betreffe, sei dergleichen eigentlich keinen Streit wert, man sitze schließlich nur am Teetisch und habe glücklicherweise niemanden, an dem man die herrlichen Lehren der harten Pädagogik erproben könne.

Sonntag, 27. Juli 2008

409.B

Derweil sah es im Büro der Kreativleitung wie folgt aus:Mo erholte sich rasch wieder. Als sie eine Weile bewässert worden war, hob sie ihr Köpfchen, schaute in das besorgte Gesicht der Kreativleitung und fragte, warum sie denn so besorgt drein schaue. Ja, sagte die Kreativleitung, das weiß ich eigentlich auch nicht so genau. Es ging Dir nicht so gut, was war denn? Das weiß ich auch nicht so genau, sagte Mo, mir war einfach schlecht und ich mußte mich erbrechen, und dann war ich erschöpft. Na, das gibt’s ja manchmal, sagte die Kreativleitung. Darfs schon mal etwas Apfel sein, gut geschält, mit ein ganz klein wenig Honig? Ach nein danke, sagte Mo, ich will erstmal schlafen, hinterher vielleicht, und sie kletterte vom Schoß der Kreativleitung zu Boden, suchte sich ein etwas abgedunkeltes Plätzchen in einer hinteren Ecke des Büros, rollte sich zusammen und schlief wieder ein. Okay, dachte die Kreativleitung, nun also wieder der Wandteppich und ich. Wo stehen wir denn. Und sie dachte, es sei wirklich fällig, mal etwas länger über das Ehepaar Ö zu rapportieren. Was aber war dazu zu sagen? Sie dachte, wenn der Kwaliteitswart jetzt hier wäre, wäre es leichter, ich könnte es ihm erklären, und dabei würde es sehr viel deutlicher werden (und jawohl, hier wird der Bildunsgauftrag mal wieder erledigt, es denken jetzt bitte alle an Heinrich von Kleists „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Sprechen“ und an das Marionettentheater).
Der Kwaliteitswart war aber nicht da. Immerhin war sein Bild eine gute Erinnerungsbrücke zum EinSatz 309, in welchem zuletzt konzeptionell über die Paarungen gesprochen worden war.
Und hundert EinSätze weiter hatte nun also die neue Zeit eines der beiden Paare – das schwächere von beiden - auseinandergebracht und die Dame dieser Partei in die Hollywoodschaukel im Garten des ehemaligen Chefs. Natürlich würde beim gegenwärtigen Stand der Dinge der eine oder andere Angehörige geraten haben: na geht doch mal für drei Jahre oder für mehr oder weniger, auf Abstand, danach wird es schon wieder. Jeder entwickelt sich für sich ein wenig weiter, und danach kommt man in neuer Ordnung zusammen. Sie müsse realistisch sein, einen besseren als diesen Partner werde sie nicht finden. Und was dergleichen schöne Mechanismen mehr sind.
Aber das wäre alles mit der Gattin Ö, so wie sie hier konzipiert ist und uns wöchentlich unter die Augen tritt, keineswegs zu machen, denn diese hat ja viel zu viel Sinn für reale Zeit. Für jeden Atemzug. Das hat sie irgendwie so bei sich. Und so wird es eher – überlegte die Kreativleitung, die ein wenig vom Leben verstand – zu recht paradoxen Situationen in ihrem Leben kommen: aus Zorn über die Achtlosigkeit ihres Gatten, mit der er den Augenblick versäumte, hat sie ihn glatt in die Wüste geschickt (und übrigens ohne jede Mühe damit, seinen Standpunkt zu verstehen, es ist nur so, daß die beiden nicht zusammenpassen und daß sie nicht die Absicht und nicht einmal die Möglichkeit hat, daran etwas zu ändern), und die Tatsache, daß sie nun erst recht allein ist, beeindruckt sie nicht im allergeringsten, man kann ihr auf öffentlichen Plätzen küssende Paar noch und nöcher vorführen, man kann sie verlocken und treten, um endlich wieder versöhnlich zu sein und dem Gatten ein Plätzchen in ihrem Heim anzubieten und auf Familie zu machen: es wird mit ihr nicht zu machen sein. Jetzt hat sich dieses ereignet, und so muß sie jetzt tun, was sie zu tun hat. Und überhaupt: Für sie ist ein Mann stets dieser bestimmte. Ist einer zu diesem Bestimmten geworden (mit jenem Element von Nichtmachbarkeit und als Geschenktem, das einmal dabei ist), hat er sehr viel Spielraum und muß sich ziemlich viel Mühe geben, den Platz wieder loszuwerden. Ist dieser bestimmte aber einmal gründlich erledigt, verwandelt er sich nicht zurück in irgendeinen, den man, weil man gerade mal einen Mann brauche, zu einem bestimmten sich erwählen könne. Dieser bestimmte Mann hat sie nun aber – ohne daß wir darüber auch nur das winzigste Detail zu berichten hätten, dergleichen überlassen wir gern anderen Skribenten – gekränkt, sehr schwer, sehr öffentlich, von schlimmeren als kränkenden Dingen zu schweigen, damit ist er für sie erledigt. Sie wird, wie sie gebaut ist, finden, es solle ihm gut gehen. Das schon. Warum sollte sie seinen Schaden wünschen. Nein, sie wird anstreben, alle möglichen Aufteilungen verträglich und vertraglich zu regeln und ihm stets mit Höflichkeit zu begegnen, solange es nur ganz klar ist, daß sie mit ihm nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr persönlich zu tun zu haben wünscht und ein Recht auf ihre Sicht der Dinge behaupten und in gleicher Würde durch dieselbe Gesellschaft gehen kann wie er. Nur darum geht es ihr, und verweigert man es ihr, wird ihr außer dem ehemaligen Gemahl gleich auch noch jeder egal, der sich für berechtigt hält, hier strafend und treibend in eine andere Richtung zu wirken.
Wir stellen hier fest, dachte die Kreativleitung: Sobald sie aus der Ehe heraus ist, gewinnt diese Dame an Format, ja, man staunt geradezu, was sie plötzlich alles kann. Das passt zum Sittengewebe der Zeiten, ja, das müßte gehen. Es ist zugleich der Probefall darauf, wie ernst es die Leute mit der Freiheit meinen.
Denn natürlich kommen dann sofort die konservativen Kräfte, welche in solchen Fällen noch immer nach der Devise „Versöhne und herrsche“ gehandelt haben – und nur in solchen Fällen, in anderen reden sie viel von Versöhnung, aber machen Ernst eher mit weiteren Spaltungen, gegenüber welchen sie notfalls auch mehr als zwei Augen zudrücken, in solchen Fällen aber, in denen eine Gattin richtig abspenstig wird, da wollen sie lieber mit aller Gewalt ihr ganzes Herz untersuchen und umkrempeln, als sich damit abzufinden und sie in ihrer Distanzierung anzuerkennen. Und diese konservativen Kräfte, wenn sie nur recht ausgebufft sind, können so eine Dame wie Gattin Ö ganz schön unter Druck setzen. Da dergleichen in unseren modernen Breiten und in unseren Zeiten aber als unsittlich und nicht zeitgemäß gilt, tun sie das – so erwog die Kreativleitung das weitere Vorgehen – aus einer Art Off. Mit dem Ergebnis, daß die Gattin Ö sich etwas einfallen lassen muß, wie sie dennoch und nun erst recht wieder Herrin der Lage mindestens hinsichtlich ihres eigenen kleinen Lebens werden könnte, die sie doch auch irgendwie zu sein wünscht, ob das nun bis ins Letzte philosophisch und ethisch ud glückstheoretisch zu rechtfertigen ist oder nicht. Und es wird ihr gar nichts anderes übrigbleiben, als nun also ihrerseits in jenes Off hinein zu sprechen und sich Verbündete zu suchen. Das gemeine Volk wird über Rosenkriege reden wollen, sogar das ehemals chefliche Paar wird sich möglicherweise zu solchen Reden hinreißen lassen, aber wenigstens dieses Paar wird doch, da es eine reale Liebe pflegt, keine unrealistischen Phantasien von machinierter Liebe aufziehen: so ist (im Gegenparadox zum Einsamkeitsparadox der nach eigenem Wunsch und aus Ernst gegenüber der Liebe Geschiedenen) gerade das heilste Paar der sicherste Schutz vor Zwangsverpaarungen, dachte die Kreativleitung. Und wie wird der Gatte sich verhalten, wird er einen Krieg führen wie wir dergleichen täglich hören müssen, sollen wir ihm das erlauben, oder wollen wir gnädig sein und eine Mediation gelingen lassen? Wie sollte die aussehen? Wie soll es dazu kommen? Soll der Demokratiebeauftragte helfen? Soll die Gattin Ö eher hölzerner werden oder eher eleganter und lebendiger?
Wenn das Letztere (und dies wollte sie entschieden so, und auch den abgelehnten Gatten wollte sie nicht völlig schlecht dastehen lassen, aber das kriegen wir später), dann müssen wir von der anderen Seite anfangen, dachte die Kreativleitung. Dann müssen wir so, wie wir einmal dabei sind, sagen: erst braucht sie mal eine eigene Funktion. Denn sonst scheitert alles schon am Namensstreit. Sie galt immer als Gouvernante. Lassen wir sie doch in der Öffentlichkeitsabteilung eine kleine Funktion übernehmen – nein, das wird nicht gut sein, so auf dem ehemaligen Feld ihres Gatten, aus dem er halb herausgekegelt wurde, halb sich selbst gekegelt hat, nein, sie wird vielleicht eher die neue Vorzimmerdame der Chefin, oder, noch besser, sie wird eine Expertise für Pest- und Brachvögel entwickeln und sich in der teilnehmend beobachtenden Kooperation mit der Vogelwelt ein wenig lockern und zu neuer Aktivität aufschwingen, da hat sie den ihr angemessenen Job, das ist es überhaupt. Aber wie wird es dann mit den Begegnungen mit dem ehemaligen Gatten? Nun, wenn die Offler mit ihren verrückten Versöhnungsallüren aufhören, wird das kein Problem sein. Er wird dann und wann herumranzen, aber das wird sich legen, und sie wird eisig höflich an ihm vorbeigucken, bis es zur Unterzeichnung eines Abkommens gekommen sein wird, mit dem beide leben können und durch das sie von dem Druck der Offler befreit und in ihrer Distanzierung anerkannt ist. Aber die Offler werden nicht aufhören. Brachvogel allen voran wird die gesamte Vogelschar mit Ausnahme des erzählenden Kranich mobilisieren, und das kann sehr unangenehm werden, wenn man nur einen Sicherheitsbeauftragten und ein kränkliches Mo hat. Was macht man also mit ihnen? Man läßt sie ausführlich zu Worte kommen, natürlich. So ausführlich, daß die Dame, die bereits zu Beginn unserer Weberei das Käthchen aus Shakespeares Widerspenstigenzähmung nicht mochte, gar nicht mehr weiß, was sie tun soll? Und dann?
Dann wird sie vielleicht etwas scheinbar vollkommen Verrücktes tun. Aber was? Vielleicht selbst verreisen, vielleicht eine andere Wohnung beziehen, vielleicht merkwürdige Anzeigen aufgeben? Oder ganz gleichmütig in grauen Kostümen die letzten Jahre, in denen sie noch eine Chance hätte auf eine neue Verbindung, dahingehen lassen in stumm-beharrlichem Widerstand gegen unzumutbare Zumutungen? Sich dann einreihen in die Riege der einsamen älteren Damen, die in früheren EinSätzen schon beschworen worden waren, und sich abfinden damit, daß es das gewesen sein wird?
Die Kreativleitung kam einstweilen nicht weiter. Es mußte aber etwas geschehen auf diesem Felde, so viel war klar, und es mußte ein Mittel geben, den Kwaliteitswart anzulocken, um mit ihm zu sprechen, etwas an diesem Mann stimulierte sie, da war nun einmal nichts zu machen. Dies war wie es war, Nebenwirkungen – wie etwa Einsamkeit und Ergebenheit in die Aussicht, selbst den Anforderungen eines solchen Menschen nicht zu genügen – mußten in Kauf genommen werden. Nur so ließen sich derartige Attacken in Würde ertragen. Sie seufzte vor sich hin, schaute aufs schlafende Mo und dann aus dem Fenster, lauschte auf die fremdartigen Musikklänge, die an diesem Tage vom Hof kamen, betrachtete an der offenen Seite ihres Büros das neben vielen prächtigen Pflanzen etwas kümmerliche Gewächs, welches als einziges noch keinen Terrakotta-Topf abbekommen hatte, und ging erst einmal ins „Bistro.“
Mo, da war sie ganz zuversichtlich, würde in Ruhe schlafen. Sie würde dem kleinen Wesen etwas Apfelmus mitbringen, so zum Anfang, und ein winziges Tröpfchen Honig druntermischen.

409.

Als das Einkaufswägelchen mit klitzekleinem Forschungsminister und naseweisem Sinologen im Hause des ehemaligen Chefs eintraf, saßen im dasigen Garten die Gattin des ehemaligen Chefs und ihre Freundin, welche sich noch immer Gattin Ö nannte (und dies neuerdings mit der französischen Aussprache der ersten Silbe des Wortes Europa zu begründen und zu einem ernsthaften persönlichen Namen von zugleich allgemeinster Bedeutung aufzumöbeln wünschte) in der Hollywoodschaukel und unterhielten sich über Freud und Leid des klassischen Ehewesens, tatsächlich hatte Gattin Ö, welcher einige ihrer Angehörigen in den Ohren lagen, sie möchte sich doch bitte mit dem Gemahl aussöhnen und bittschön wieder das Bild einer heilen Familie vortragen, vor derartigen Zumutungen sehr gezielt im Vorortparadies der Freundin Zuflucht gesucht, durfte sie doch annehmen, daß wenigstens dieses Paar in seiner Zweisamkeit glücklich genug war, um es nicht nötig zu haben, andere mit aller Gewalt in ein Bild zu pressen, dem nicht zu entsprechen sie heimlich zu fürchten guten Grund hatten, oder so ähnlich, die Gattin Ö überschlug sich syntaktisch ein wenig in ihrer Empörung, und es war nur gut, daß die heftigen Bewegungen, welche sie auf der Schaukel vollführte, ausgeglichen wurden durch den ruhigen Sitz der Gattin des ehemaligen Chefs.

Samstag, 26. Juli 2008

408.

Der klitzekleine Forschungsminister schaffte es zwar nicht, jenen prominenten Gast zu einem Ausflug in die Häuslichkeit des ehemaligen Chefs zu überreden, sehr wohl aber gelang es ihm, den naseweisen Sinologen, welchen er schon des längeren vermißt hatte, durch kurzen Anruf zu einer solchen kleinen Sause zu bewegen, und wie der zum Sichblähen neigende Sinologe und der klitzekleine Forschungsminister durch die Straßen vorankamen, das verdient schon eine genaue Beschreibung, denn seit er sich mit seiner endgültigen Schrumpfung abgefunden hatte, besaß der klitzekleine Forschungsminister einen hübsch dekorierten, neu in rot und gelb lackierten, mit allerlei Schnickschnack behängten Einkaufswagen, in dessen Kindersitz der naseweise Sinologe (er war der einzige, der den Mut hatte, sich in den engen Straßen und vor den Augen der Leute mit so einem Gefährt in aller Gelassenheit zu zeigen) den Forschungsminister zu heben pflegte, um ihn dann über recht weite Strecken durch die Stadt zu schieben bis in jene Vorstadt, in welcher der ehemalige Chef sein Häuschen im Grünen besaß und bewohnte und weiterhin außer mit seiner Gattin auch noch mit dem schweigsamen Herrn Y teilte - am Einkaufswägelchen war etwas wie ein steiler Draht mit einem kleinen, grell bunt bemalten blechernen Papagei, der so über allem schwankte, befestigt, und sowohl der klitzekleine Forschungsminister als auch der naseweise Sinologe trugen zum Schutze vor zu heftiger Sonneneinstrahlung Panama-Hüte, der klitzekleine Forschungsminister in blaßgrün, der naseweise Sinologe in dunkelblau.

Freitag, 25. Juli 2008

407.

Der klitzekleine Forschungsminister fand sich anderntags in der Rolle eines Gastgebers, denn ein einzelner ehemaliger Kollege war zu ihm hereingeschneit, welcher eine gewisse Prominenz und eine durch diese aufgewertete Meinung zur Rede des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten hatte, so daß die EinSatzKräfte gern hören wollten, was da im Büro des Demokratiebeauftragten (der sich charmant zurückhaltend als Moderator gerierte) gesprochen werde, und als der prominente Gast recht großzügig war und die Besonderheit der Beziehung zwischen Berlin und Amerika betonte, als er das schwarze Element der Rednerbegabung hervorhob und für die deutsche Seite, die als einzige Sorge die Forderung nach mehr Einsatz in Afghanistan übrig zu behalten scheine, auf jene eher häßliche Besonderheit aufmerksam machte, welche darin bestehe, daß Deutschland sich angewöhnt habe, aus seiner Schlächtervergangenheit nunmehr das Recht auf ein einsatzscheues Engelsgebaren abzuleiten, da waren fast alle dabei, und das Moment von Begeisterung, das für eine Stunde den Tiergarten erfüllt hatte, wich keineswegs, nicht einmal vom Minderheitler mit den grünen Borsten, im Gegenteil, es schien sich durch einen gewissen Realismus, wie er aus den Worten des Gastes sprach, nurmehr zu befestigen, und selbst Gattin Ö, die sich auch unter die 200000 gemischt hatte, bemerkte, sie habe eigentlich insgesamt einen erstaunlich guten Eindruck gewonnen, von dem Redner sowieso, aber auch von den Menschen, denn diese hätten zwar dicht gepackt gestanden, aber sich doch wenigstens nicht aneinander gerieben und zwischendurch durchaus intelligente und witzige Kommentare abgegeben, und selbst die Appelle ans Gemeinschaftsgefühl seien so halbwegs akzeptabel und maßvoll beantwortet geblieben; bei der nachbereitenden Veranstaltung, über die sicher noch viel mehr zu sagen wäre, fehlten freilich die Kreativleitung und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, denn diese saßen (mit einem stark erkrankten Mo, das leise röchelnd im Bündel auf dem Schoß der Kreativleitung lag und diese die Nacht über wachgehalten hatte) gemeinsam im Kreativbüro und dachten über ganz etwas anderes nach, sie hatten einige wenige Sätze gehört, gegen die kein allgemeiner Einwand zu erheben war, und durch die sie sich doch jeweils empfindlich gestört fühlten, und sie wußten nun nicht, was sie damit machen sollten, ob sie dies publik machen sollten, trotz der Sympathie für den Kandidaten, seine Partei und die schöne Aufbruchstimmung, oder ob sie es für sich behalten sollten, und so saßen sie eben da, bewässerten ein wenig das kleine Mo, das Honig heute nicht vertragen haben würde, sprachen dies und das, waren froh, immerhin untereinander ihre Bedenken besprechen zu können, und gingen schließlich auseinander, um ihre jeweiligen Arbeiten zu tun (die Minderheitlerin hatte ihren ersten Simpeleinsatz als Türwache, die Kreativleitung arbeitete an neuen Plänen, und alles dieses mußte schließlich auch gemacht werden).

Donnerstag, 24. Juli 2008

406.

Sitzung der EinSatzLeitung

Leitung: Die Chefin
Protokoll: Der Demokratiebeauftragte

Tagesordnung:
1. Mitteilung der Ergebnisse der Umstrukturierung
2. Verschiedenes

Vor dem eigentlichen Protokoll sei bemerkt:

Die Sitzung fällt extrem kurz aus. Es sieht aus, als wäre allen alles unangenehm. Wir, die Beauftragten für Ruhe, Ordnung und innere Harmonie in der EinSatzLeitung, haben alle Hände voll zu tun, segensreich und still nach innen zu wirken. Denn die EinSatzKräfte wollen wissen, was an diesem Tage draußen in der Welt los ist, da ein messianisches Fieber die Menschen in Berlin ergriffen zu haben scheint. Ein Präsidentschaftskandidat scheint sich eine Menge zuzutrauen und allen Erwartungsdruck der Welt einfach auszuhalten. Zum Dank macht man häßliche Witze, mit denen man ihn selbst im biederen zweiten deutschen Fernsehen schon mal als Zielgesicht in einem Fadenkreuz abbildet. Wie ernst soll man so etwas nehmen? Die EinSatzKräfte finden es überwiegend bedenklich, manche schlimmer, andere nicht ganz so schlimm. Aber noch ist in der großen Öffentlichkeit die Zeit des begeisterten Furors, und an solchen kleinen Spots kann man sehen, worauf der Furor jedenfalls selbst zielt – oder was doch auch in ihm enthalten zu sein scheint, wenn das schon als Witz in so einem Massensender nach vorne gebracht werden kann, als Schlußpunkt und Telos gleichsam des großen Ereignisses, das heute abend erwartet wird. Die EinSatzKräfte schütteln sämtlich ihre ideologiekritischen Köpfe und denken an die verschiedenen Richtungen, die das nehmen kann, was Sigmund Freud in Massenpsychologie und Ich-Analyse so schön beschrieben hat. Sie wünschen nun vor allem, daß aus der Begeisterung recht bald und ohne Zwischenfälle eine möglichst gute Politik wird, und daß die Dame, der wir hier alle Kandidatur und Präsidentshcaft gewünscht hatten, auch weiter große Gelegenheiten haben und große Dinge tun kann. Aber heute ist die Stunde des deutschen Massenauflaufs um die Siegessäule herum, und doch müssen wir hier unsere ganz gewöhnliche Sitzung abhalten. Vor Sitzungsbeginn aber schwatzen alle durcheinander, der Sicherheitsbeauftragte mit seiner Expertise ist gefragt, visionär gibt sich der klitzekleine Forschungsminister, und der ehemalige Chef läßt ausrichten, daß alles halb so aufregend sei. Mürrisch und tief skeptisch abseits hält sich die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, während der Minderheitler mit den grünen Borsten außer Rand und Band ist vor Begeisterung, was man von ihm so doch nicht erwartet hätte.
Unbeirrt von allem diesem betritt die Chefin gelassenen Gesichts den Raum und beendet das Spektakel.
Frisch sagt sie: Ich werde Sie heute nicht groß strapazieren, wir haben in den vergangenen Wochen hart gearbeitet an unserer Umstrukturierung, die nicht nur durch den Wechsel in der Führungsspitze, sondern auch durch die Krise in der Abteilung Öffentlichkeit notwendig wurden.

Kommen wir also zu TOP 1:

Die Stellen sind einstweilen wie folgt besetzt:
1.1. Der stille Theologe, der uns lange Zeit nur lose assoziiert war, hat es relativ schnell zum Demokratiebeauftragten gebracht. Er hat sich dafür einfach durch beharrlich ausgleichendes Naturell und große Fortbildungsbereitschft qualifiziert. Allgemeine Akklamation. Der Protokollant muß es zu Protokoll nehmen, obwohl selbst betroffen und bedankt sich in der Sitzung, nun aber auch noch einmal in dieser Form für die Ehre und verspricht, stets sein Bestes zu tun.
1.2. In der Abteilung Öffentlichkeit arbeitet zukünftig die bisherige Assistentin Ö in Leitungsfunktion. Ihr zur Hand geht in der Hälfte seiner Arbeitszeit der bisherige Praktikant. Aufgrund einer Doppelfunktion wird er zukünftig „Oberassistent“ heißen. Allgemeine Akklamation, standing ovations für die neue Leiterin der Abteilung Öffentlichkeit. Diese verspricht errötend, sich auch weiterhin voll einzusetzen für das öffentliche Standing der Institution. Auch der Oberassistent bedankt sich für das Vertrauen und für die lang ersehnte Festanstellung mit offiziellem Titel.
1.3. Der bisherige Leiter der Abteilung Öffentlichkeit ist nunmehr Projektentwickler und arbeitet als solcher eng mit der Buchhaltung zusammen. Diese ungewöhnliche Konstruktion bedarf der Erläuterung, da man Projektentwicklung üblicherweise im Kreativbereich ansiedeln würde. Da die Kreativabteilung aber vollkommen autark zu bleiben hat, müssen Entwicklung und Buchhaltung eben kombiniert werden. Das wird der Effizienzsteigerung zugute kommen, die nicht wirklich eine Stärke der Kreativabteilung sei und einfach auch nicht in ihre Zuständigkeit falle. Die andere Hälfte seiner Kapazitäten wird der Oberassistent für Zuarbeiten zu diesem Bereich zur Verfügung stellen. Der Beifall ist erst ein wenig zögerlich, schwingt sich aber noch zu akzeptablem Maße auf.
1.4. Unverändert bleiben also Kreativabteilung und Sicherheitsbereich. Für das Vorzimmer der Chefin soll eine neue Kraft engagiert werden, sobald Mittel hierfür erwirtschaftet werden können. Dies ist nach Auskunft des Buchhalters einstweilen nicht der Fall. Die Chefin bittet solange den Minderheitler mit den grünen Borsten und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, in Zeiten der AußenEinSätze von Karomütze abwechselnd Dienst im Eingangsbereich zu tun, so daß unerwünschte Besuche wie der des Herrn Pestvogel künftig nur noch angemeldet und in Absprache empfangen werden können. Ebenfalls unangefochten in seiner Freiheit, zwischen allen Abteilungen beratend und korrigierend hin und her zu gehen, bleibt der klitzekleine Forschungsminister. Daß die Warte ihre jeweiligen Aufgaben extern weiter wahrnehmen, ist ohnehin klar.
Abschließend wünscht die Chefin allen eine gute Zeit der Erprobung dieses neuen Modells.

TOP 2
Niemand möchte sich mit irgendeiner Verschiedenheit aufhalten. Man geht lustlos noch ein wenig an die Arbeit und erwartet weiter mit Spannung die Ereignisse des Abends in der Hauptstadt.

Mittwoch, 23. Juli 2008

405.

Die Eloge auf den Milchzaren X war ja nun ein gutes Stück vorangekommen, aber als abgeschlossen konnte sie noch nicht bezeichnet werden, zumal neues, von Karomütze mitgebrachtes Material die Lage einer neuerlichen Komplikation aussetzte (Karomütze stellte es im K-Büro vor, während Pestvogels im Chefinnenbüro versuchte, die Chefin in einen Fall Karomütze zu verwickeln), denn mittlerweile hatte also ein Student, welcher an der Filmhochschule eines Provinzstädtchen im Kurzfilmbereich studierte und durch besonders elegante Beiträge auffiel, herausgefunden, daß das Themen- und Ideenmaterial seiner Arbeitsgruppe aus erhackten E-Mails und anderen ergaunerten Texten bestand, die offenbar im Zusammenhang mit dem Fall XY standen, tatsächlich hatte er sich an Karomütze, der wegen völlig anderer Recherchen diese Filmhochschule aufgesucht und sich ein wenig unter die Studierenden gemischt hatte (obwohl er dazu allmählich auch zu alt wurde, es gibt ja noch den zweiten Bildungsweg), gewandt, weil ihm das Ganze gar zu boshaft erschienen war, er selbst war einfach kein Typ für Häme, und durch systematischen Verfolg der diveresen elektronischen Pfade stellte Karomütze daraufhin fest, daß eine Zeit lang Dateien von Ys Computer abgesaugt worden waren, aus deren Inhalt innerhalb der Arbeitsgruppen mehr oder weniger hämische Filmchen gebaut worden waren (es waren echte kleine Kunststücke dabei, und der Student hatte lange wie die anderen viel Spaß an der Sache gehabt), die Y dann wieder über die von ihm bevorzugten Internetseiten zugespielt wurden, um ihm auf alle Weisen die Botschaft "gibs auf!" zu übermitteln, und erst, als er wirklich aufgegeben hatte und von seinem Computer wirklich gar kein Material mehr zu entwenden war, hatte man sich das nächste Opfer gesucht, es war aber, so glaubte der Student, immer noch einiges Material von Y in den Händen eines Dozenten, dem man das so gar nicht zugetraut haben würde, denn der machte eigentlich immer einen ganz jovialen Eindruck, und es war nun völlig unklar, ob dieser Teil des Falles Y in irgendeinem Zusammenhang mit der X-Seite der Sache stehe oder nicht.

Dienstag, 22. Juli 2008

404.

Die Chefin, die sich immer noch eher als "Demokratiebeauftragte" bezeichnete und seltsamerweise nie darüber nachdachte, warum eigentlich niemand hier einen wirklichen Namen trug außer Mo, hatte sehr wohl gehört, daß man von ihr ein Wort zur Lage erwarte, hielt es aber doch nicht für richtig, sofort auf- und anzuspringen, sobald das erste Gequengel laut wurde, ein wenig Geduld müsse man den EinSatzKräften schon zumuten, meinte sie, während sie vor sich die diversen visualisierenden Hilfsmittel der Personalentwicklung liegen sah, die ihrerseits nicht recht zu ihr sprechen wollten - denn daß etwa Assistentin K möglicherweise (so behauptete jedenfalls wenngleich etwas unsicher die Kreativleitung) "etwas Besonderes" war, während Assistentin Ö eher in dem Lager klebte, in dem man gern mal anderen vorhält, daß sie "sich wohl für was Besonderes" halten, das konnte man zwar trefflich visualisieren, aber dadurch machte man überhaupt nichts besser, und zwar für beide nicht, im Gegenteil - ach je, seufzte sie und schob alle diese merkwürdigen Unterlagen wieder zur Seite, zu faul sie gleich wegzuräumen heute, aber das, natürlich, rächte sich sofort: es klopfte (merkwürdig hart und scharf) an der immer noch vorzimmerlosen Chefbürotür und niemand anders als der alte Pestvogel kam herein, wie immer er es durch die Korridore geschafft haben mochte, üblicherweise hatte er doch wohl den Weg durchs Fenster gewählt, nun, heute mochte ihn das seltsam über die Flügel gepfrühnte Sakko im Fluge behindert haben, und kümmerlich wie sie sein mochten, so hatte er doch auch Beine, auf welchen er nun also vor ihr stand und ganz besonders wichtig aussah, denn er hielt die Stunde für gekommen, sich für eine Schmach, welche er insbesondere in der Erzählung Nr. 143 B aus der ersten Ladung des EinSatzBuches erlitten zu haben glaubte, nun einmal zu rächen, und das nachhaltig, und zu diesem Zweck hatte er das Kunststück fertig gebracht, mit einem großen Stapel Zettel im Schnabel doch noch richtig anzuklopfen, wiederum mithilfe desselben Schnabels (etwas anderes, Hände etwa, haben diese Vögel ja nicht zur Verfügung), und erst jetzt, da er wiederum mit demselben Schnabel auch noch zu sprechen wünschte, wurde es sichtbarlich schwierig für ihn, so daß die Chefin ihrerseits ein Kunststück aufführte, indem sie ihm für den Augenblick, den er benötigte, um seinen Papierstapel abzulegen, die Wohltat einiger belangloser Sätze erwies und gleichzeitig dem Buchhalter eine sms schickte, in der dieser von höchster Stelle ausdrücklich aufgefordert wurde, für die nächsten Kommentare einmal mit seiner Zählung auszusetzen.

Montag, 21. Juli 2008

403.

Der klitzekleine Forschungsminister hockte zwischen den Blumentöpfen (links Hibiskus, rechts Passionsblume, und beide blühten, aber passt das überhaupt zusammen?) auf der Fensterbank des Büros der Abteilung Öffentlichkeit, denn er hatte dort einen Brief zu untersuchen, in welchem jemand wie ihm schien ohne es zu wollen sich als ein kurz vor dem echten Geständnis stehendes Mitglied der Manipulationgemeinschaft outete, und er schrak ein wenig zusammen, als die Assistentin Ö hereingestürmt kam, das Radio (in dem gerade ein männlicher Sänger "if you want to get love you have to come down" sang, zugegeben eine wenig erfreuliche alte Leier) ausschaltete, vor sich hin schimpfte, wer hat um Himmels willen die Idee gehabt, sich mit dem Sonnenölproblem ernsthaft abzugeben, ist die Kreativleitung jetzt von alllen guten Geistern verlassen oder war es Assistentin K, wie soll ich jetzt bloß darauf reagieren, und sie machte - sich allein wähnend - drei zornige Luftsprünge, ging dann mit eher wieder gelassenen Bewegungen an das andere Fenster (Gott sei Dank, dachte der klitzekleine Forschungsminister) und spuckte in großem Bogen ihren Kaugummi auf die Straße (sie wird hoffentlich geguckt haben, wo sie ihn hinspuckt, dachte der klitzekleine Forschungsminister, und reckte unversehens sein winziges Hälschen ein wenig aus dem schon etwas abgestoßenen Hemdkragen); als sie sich schließlich an ihren Schreibtisch setzte, sah sie aus wie immer, legte sich alles zurecht und murmelte: es wird die Kreativleitung selbst gewesen sein, nur die kann auf die Idee kommen, die Assoziationen dieses verrückten Niederländers, der uns alle mit seinem Gemäkel belästigt, ernstzunehmen, und sie wird sich noch eingebildet haben, mich damit zu verteidigen!

Sonntag, 20. Juli 2008

402.

Wäre die Assistentin Ö so wie der Kwaliteitswart mit seiner Sonnenölassoziation sie sich dachte, dann hätte sie in diesen Tagen wenig Substanz, denn für Sonnenöl besteht wahrhaftig kein Anlaß, und so bleibt nur zu hoffen, daß sie nicht so ist wie der Kwaliteitswart sie sich denkt, denn sie sollte doch auch anderes zu tun haben, als sich recht gründlich zu ölen - im übrigen müssen ja nicht die Inhalte und Umstände sämtlicher minorer Unterredungen zu Protokoll gegeben werden, zumal der seinerzeit bedachte Plan an sich und im Ergebnis ja recht bald in einer Sitzung bekannt gemacht werden wird.

Samstag, 19. Juli 2008

401.B

Es gäbe soviel, das auf der B-Ebene zu behandeln wäre, seufzte die Kreativleitung ihr Mo an, was ist zum Besipiel aus dem Treffen des Kwaliteitswarts mit der Assistentin Ö geworden, wie um Himmels Willen gestalten sich die Dinge im Hause Ö, was ist in den stillen Theologen gefahren, und wie wird es mit Herrn Y weitergehen? Und Mo, anstatt in ihrem schnaufenden Schläfchen weiter zu verbleiben, streckte sich unter dem karierten Schal, antwortete und sagte, ja, der Herr Y! Was ist überhaupt mit ihm? Hat er eigentlich etwas über den Schnee gesagt? Hast du ihn dazu befragt? Und die Kreativleitung sagte, auch dazu habe ich ihn befragt, aber er hat mir nur gesagt, daß Schnee vor allem eine sehr leise Substanz sei, was will man dazu sagen? Kannst du damit etwas anfangen? Ach nein, sagte Mo, und muffelte sichtlich enttäuscht vor sich hin, oder, naja, vielleicht. Sie setzte sich auf und schaute sich im Büro um, mit Augen, dachte die Kreativleitung, mit was für Augen dieses Wesen guckt. Es war dunkel. Am Himmel erschienen Blitze. Von der Straße rauschte es. Dann ein Donnern, weit weg. Die Tiere im Hof waren still. Uhren tickten. Mo, obgleich aufrecht auf ihrem Fell sitzend, schien allmählich wirklich eingeschneit zu werden, langsam und leise. Wie macht sie das nur, daß man für mehr als einen Augenblick meinen möchte, es schneie ein Schnee auf sie herab, fragte sich die Kreativleitung. Gedankenverloren starrte sie in den auf Mo herabrieselnden Schnee. Nun ja, sie macht es irgendwie. Die Kreativleitung fand diesen Anblick seltsam wohltuend. Nur mühsam wandte sie ihren Blick davon ab und wieder auf ihren Bildschirm, auf dem sich nunmehr die folgende Eloge fein gegliedert niederschrieb:

0. Vorbemerkung für etwelche Gutachter:
Herr X hat sich aufgrund eines alten Eintrages in einem alten Branchenbuch an mich gewandt, in welchem ich verzeichnet bin als K. W., Inhaberin eines "Büro für besondere Texte und allgemeinsten Beistand." Hier hat er gehofft, eine Verteidigung zu finden, die ihm, einem Mann, über den in jüngster Zeit öfter gesagt wurde "X? und weiter nichts," das soziale Leben, in dem er im übrigen durchaus reüssierte, doch noch ein wenig zu optimieren, wenngleich er seit jener Sache mit Herrn Y ganz allgemein als ein Bösewicht gilt. Ich, die Autorin seiner Eloge, habe mir im Vorfeld alles angesehen, was allgemein als Umfeld bezeichnet werden dürfte, und selbstverständlich auch Gespräche mit der Person geführt, die als die geschädigte gilt. Wie es meine Pflicht in diesem Kontext ist, werde ich mit meinen persönlichen Sympathien zurückhalten und die Sachlage so treulich ich kann schildern. Ich will aber nicht verhehlen, daß es mir persönlich dringlich geboten erscheint, in der Folge dieser Eloge alles zu tun, um Herrn Y aus der Agonie zu holen, in die ihn jene Schädigung gebracht hat, und ich möchte dazu bemerken, daß robuste Methoden und Versuche, ihn gewaltsam zu einer kämpferischen Frohnatur umzubauen, dazu sicher nicht dienlich sein werden, ebenso wenig wie überflüssige Konfrontationen mit Herrn X. Kommen wir aber zu Herrn X:

1.Persönlichkeit: Herr X ist ein stattlicher Herr mittleren Alters von beeindruckender persönlicher, physischer und gesellschaftlicher Statur. Er ist einer der größten Nutztierhalter des Bundeslandes. Ursprünglich Erbe einer kleinen Viehzucht im grenznah gelegenen niedersächsischen Evessen hat er sich während des gewaltigen und anscheinend unaufhaltsamen Prozesses des Bauernsterbens einen Betrieb nach dem anderen erworben und unter geschickter Nutzung der europäischen Agrarpolitik es zu einer Art Milchzaren erst des alten, nach Öffnung der Grenze vor allem aber recht bald auch des angrenzenden neuen Bundeslandes Obersachsen gebracht. Herr X bediente sich bei der Umstrukturierung der neu erworbenen Höfe jeweils der neuesten Erkenntnisse, er war einer der ersten Deutschen, die sich beim Bau ihrer Anlagen systematisch auf die Beratungen der international angesehenen amerikanischen Professorin T. Grandin verließ und auf diese Weise optimale Ergebnisse erzielte. Neben seiner besonderen Expertise in der Nutztierhaltung zeichnet er sich durch Menschenkenntnis und Wohltätigkeit aus. Er betätigt sich in den Kuratorien und Beratungsgremien mehrerer landwirtschaftlicher Stiftungen und hat sich stets für die Ausbildung des landwirtschaftlichen Nachwuchses auf dem Nutztiersektor eingesetzt. Wegen seiner Verdienste um die landwirtschaftliche Ausbildung ist Herr X seit 1997 Träger der Bundesverdienstmedaille am Bande. Die besondere Sorge des Herrn X. war stets die Landflucht des Weibes. Hier Abhilfe zu schaffen tut not, denn viele Landwirte, die die ererbten Höfe durchaus noch weiter bewirtschaften wollen, finden einfach keine Frau, welche bereit und dann auch noch dazu qualifiziert wäre, mit ihnen einen Betrieb zu führen. Herr X hat darum zu einem Ideenwettberwerb "wie gestalte ich das Landleben attraktiver für die Damen" aufgerufen. Die besten Ideen sollen in einer mit lustigen Filmen und Life-Musik ausgestalteten Fernsehshow der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Parallel zu dieser Show soll eine Verbindungsanbahnung stattfinden, bei der landlustige Zuschauerinnen in direkten Kontakt zu einsamen Landwirten treten können.

Die Kreativleitung mußte ein wenig kichern. Dabei gelten diese Dinge als vollkommen ernste Sache, und sie sind es in gewisser die Betroffenen sehr stark betreffender Weise auch. Der Ernst, mit dem eine Fernsehshow gemacht wird, das ist aber eine drollige Sache, dachte sie, wenn man es mal ins Verhältnis setzt zu dem Thema. Diesen Menschen in den Kuhställen. Weiter!

2. Das Hauptanliegen des Herrn X: Dieses ist ohne Zweifel der Zusammenhalt der Familien im ländlichen Raume. Tatsächlich, so sagte er in einem der Interviews, nehme die Schollenbindung stark ab. Viele Ehen insbesondere in landwirtschaftlichen Betrieben würden geschieden, meist auf Betreiben der Frauen. Man muß erlebt haben, wie Herr X sich hier mit Leib und Seele einsetzt. Er scheut keine Mühe, die betreffenden Damen zu bewegen, ihre Schritte noch einmal zu überdenken. Im Sinne des Volkswohles wird Herr X sogar zum Abenteurer, indem er Kontakte zu Scheidungsanwälten der gleichsam in seiner Patronage stehenden Gebiete unterhält, Ärzte aufsucht, um fluchtbereite Damen durch elegante Suggestionen und wohlerwogene Medikationen aufzuhalten, sich selbst vermittelnd zwischen die Streitenden und wärmend auf die Frigiden wirft, begütigend die wütenden Bauern zu maßvollem Umgang mit der Eheliebsten anhält und durch geschickte Terminierung von Pacht- und Kooperationsgesprächen sowie Skatabenden, wie sie auf dem Lande unerlässlich sind, dafür sorgt, daß jedes auch mal Ruhe vom anderen hat und sich bei der Freundin oder dem Freund ausweinen kann. Auf solcherart geschickte Weise hat Herr X schon die eine oder andere Ehe gekittet, wofür ihm alle danken, nur freilich die Scheidungsanwälte nicht. Es soll auch schon Klagen von Kindern gegeben haben, welche von ihren zänkischen Eltern eigentlich genug hatten und gern mit der Mami in die Stadt gezogen wären, aber hier hat in der Regel eine zünftige Pfadfinderaktion noch stets Wunder gewirkt. Herr X tut dieses alles zum Wohle der ländlichen Infrastruktur, aber vor allem und schwerpunktmäßig auch als Nutztierhalter, als Halter des Nutztiergedankens, als Schutzherr der von ihm aufgekauften Betriebe und ihrer Pächter, als hingebungsvoller Wärter von Milch und Kuh, von Wild und Hund.

Mo, die stets ruhig mit anhörte, wie die Kreativleitung an manchen Stellen ihre Sätze vor sich hin murmelte, erschrak heftig, als das Wort "Wärter" fiel. So kam die Eloge nicht weiter. Die Kreativleitung hatte alle Mühe damit, das kleine Wesen wachzuhalten, warmzuhalten und ruhigzusprechen. Während sie mit dem zitternden kleinen Mo auf dem Arm durch das Büro schritt, am Fenster vorbei, aus dem Büro heraus ging, an ein anderes Fenster, das am Ende des Korridors war, ins "Bistro" und überall hin, schließlich am Wandteppich stehen blieb, damit die weit aufgerissenen Augen doch etwas Tröstliches und Vertrautes sehen sollten, fragte sie sich, wie sie denn nun die Sache mit der Frau Y, die einfach in den Schnee gelaufen und dann überfahren worden war, erklären sollte, und ob es eine Möglichkeit gäbe, dies alles so zu erläutern, daß nicht am Ende der Herr X übel dastehen würde, und seltsam, je mehr sie sich selbst ablenkte, desto mehr schien sich auch Mo zu beruhigen, sie war nun warm genug, um wieder auf ihr Fell gelegt und zugedeckt und ihrem gewöhnlichen schnaufenden Schlaf überlassen werden zu können.

Vom Schnee fand sich nichts in der Eloge.

401.

Die Feier nahm einen belanglosen und ordentlichen Verlauf, es wurde angestoßen, es wurden Blicke und Worte gewechselt, man bewegte sich hin und her, es wurde gescherzt und gelacht und nebenher in der einen oder anderen Ecke über Wichtiges gewispert, der Buchhalter strahlte alle an, Mo schaute munter aus dem Bündel und bekam auch einen Schluck von dem netten Getränk, Gattin Ö war mit gehobener Braue zugegen, unterhielt sich aber ausschließlich mit Karomütze (welcher seinen heutigen Globus in vielfacher Ausführung auf der hellbeige grundierten Krawatte trug) und Buchhalter sowie mit der in sanften Bordeuax-Tönen leuchtenden Gattin des ehemaligen Chefs, der Demokratiebeauftragte gerierte sich erstaunlich wichtig, indem er den ehemaligen Leiter der Abteilung Öffentlichkeit und neu ernannten Projektentwickler gemeinsam mit dem Minderheitler mit den grünen Borsten über neue Ausdrucksweisen belehrte, die Assistentinnen gruppierten sich lose um den Kwaliteitswart und den Diskurswart nebst ehemaligem Chef, die Kreativleitung wechselte zwischen dieser Gruppe und einer kleinen am Chef-Schreibtisch, auf welchem der klitzekleine Forschungsminister Platz genommen hatte, um die Minderheitlerin mit der ewigen Bluse über den Sinn und den Wert von Trichterinterviews auszufragen und zugleich aufzuklären, hin und her, und nach einer Dreiviertelstunde gingen alle wieder auseinander und an ihre jeweiligen Arbeitsplätze.

Freitag, 18. Juli 2008

400.

Die Chefin, welche im Umgang mit ihren eigenen Jubiläen eine Art umsichtiger Nonchalance entwickelt hatte (eine höchst wirksame Methode, Privatheit und Menschennähe zugleich zu schützen), hatte doch ein Herz für die Zahlenverliebtheit und das Jubelbedürfnis der EinSatzKräfte, und so lud sie sie an diesem Tag sämtlich (natürlich ohne den ehemaligen Chef und seine Gattin zu vergessen, und selbstverständlich waren überhaupt alle die, die so etwas hatten, mit ihrer jeweiligen Gattin, ihren Kindern, ihren Lemuren oder Mos gemeinsam eingeladen, sie selbst war heute besonders gespannt, in welcher Weise der Kollege Karomütze an diesem Tag seine Globalisierungsbegeisterung versinnbildlichen würde, denn ohne irgendetwas aus seiner Globensammlung kam der eigentlich nie, ein stets possierlicher Anblick, der vielleicht für seinen gestrigen Aussetzer auch die Strengeren und Humorfernen würde entschädigen können) zu einer kleinen mittäglichen Feierstunde mit Cremant in ihr Büro, was wiederum den höchst erwünschten Nebeneffekt hatte, daß der in jüngster Zeit wieder etwas nachlässig gewordene Buchhalter sich seiner in der Renovierungsphase neu erworbenen Bekleidungskünste entsann und das tat, was man in früheren Zeiten "Haltung annehmen" genannt haben würde, und sogar die in den letzten Tagen durch die Arbeit an ihrem kniffligen Auftrag besonders haarzerraufte Kreativleitung erschien in einem ihrer besseren Kleider, weniger zu Ehren der 400 und mehr, weil sie wohl nicht ganz zu unrecht hoffte, den charmanten Kwaliteitswart anzutreffen, dem sie ja möglicherweise, so fürchtete sie, mißfallen oder jedenfalls nicht besonders gefallen mochte, wogegen dann sicher kein Kraut gewachsen sein würde, aber sie wollte mindestens ihrerseits alles ausschließen, was sie in den Augen des von ihr Verehrten vermeidbarerweise hätte unmöglich machen können, und solcherart auf je eigene Weise und aus je eigenen Motiven mit Mehr-als-Höflichkeit gerüstet erschienen nun also die EinSatzKräfte einzeln oder in Gruppen im Büro der Chefin, um auf das Wohl der 400 ihre Gläser zu erheben, und einzig der klitzekleine Forschungsminister machte sich wenigstens einen verdrießlichen Gedanken über die Frage, warum um Himmels willen man etwas so Nichtiges und Bedeutungsloses wie eine derartige Zahl befeiern sollte.

Donnerstag, 17. Juli 2008

399.

Im "Bistro" traf an diesem Morgen übernächtigt, verschlafen und zerknautschten Gesichts der Kollege Sicherheitsbeauftragter mit der Karomütze ein, er wirkte auf die Anwesenden (es befanden sich dort der Buchhalter und der Demokratiebeauftragte zusammen mit der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, natürlich nur, um sich nach der ersten Arbeitsstunde ihren Kaffee zum zweiten Frühstück zu holen, nun, sie hatten ja auch keine Nachtschichten) einerseits etwas mitgenommen, andererseits etwas gereizt, und dann begann er doch tatsächlich, als er, den Kollegen seinen Rücken zuwendend, seinem doppelten Espresso den Milchschaum hinzu gab, die Hymne der ehemaligen DDR zu singen, laut und heiser wie ein nicht mehr ganz junger Hahn krähte er plötzlich "Auferstanden aus Ruinen und der..." und der alle erstaunende Ausbruch (ja ist der denn aus dem Osten?) war keineswegs nach dem Absingen der ersten Strophe zuende, sondern wurde konsequent durchgeführt bis zum letzten Vers der letzten Strophe, und da schien die Sonne tatsächlich wenigstens über diesen Abschnitt des deutschen Vaterlandes, und als er hernach verstummte und seine Kaffeetasse an die Lippen setzte, fragten sie ihn, was das denn bitte solle, und er sagte, ach, ich feiere nur die Auferstehung des Stasi- und IM-Wesens, mir kommt in meinen Nachtschichten manche seltsame Sache unter, und da möchte ich dann manchmal wie die Pathetiker auf manchen Demonstrationen die Redefreiheit zu Grabe tragen und die Auferstehung des Ausspähungswesens feiern, und der Demokratiebeauftragte lachte und sagte, aber du machst doch selbst den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts anderes, oder wie ist genau deine Job-Description?

Mittwoch, 16. Juli 2008

398.

Herr Y saß vor wie nach dem Besuch der Kreativleitung an jenem nun schon wieder etwas zurückliegenden Wochenende täglich im Oberstübchen des ehemals cheflichen Hauses, er ging gelegentlich zu den Mahlzeiten nach unten, wo er seine von Tag zu Tag mürber werdenden Gastgeber stets freundlich anlächelte, er machte dann und wann auch wohl einen Spaziergang, aber meistens saß er einfach nur so da, betrachtete die Rotkehlchen und die Libellen vor "seinem" Fenster, wünschte gelegentlich, daß der Eichelhäher, der zuweilen den Walnussbaum anflog, ein Wiedehopf wäre, bestaunte die Laufleistungen der Kleiber, überhörte geflissentlich das Gekecker der Elstern und das Schreien der Katzen, und wenn es dunkel wurde, er aber noch nicht schlafen konnte und ausreichend lange dagesessen hatte, griff er zu einem dicken, über die Tierwelt Madagaskars informierenden Buch, welches der Sohn des ehemaligen Chefs in seinem Zimmer zurückgelassen hatte, und er schlug die Seite auf, die über diverse Unterarten der Lemuren berichtete, vertiefte sich für lange Minuten in den Anblick eines schwarzweiß gezeichneten Lemuren im Fluge, legte das Buch wieder auf den Tisch und legte sich dann selbst zu durchseufztem Schlafe nieder.

Dienstag, 15. Juli 2008

397.

Die Chefin saß mit der Kreativleitung im "Bistro" - heute vor allen anderen - denn sie wollte mit dem Rat der Freundin klären, wie genau nun die Umstrukturierungen mitgeteilt werden sollten, sie einigten sich darauf, dies alles gleichsam auf Probe einmal laufen zu lassen wie in der Krisensitzung besprochen, um dann in der nächsten offiziellen Sitzung Veränderungen zu Protokoll zu geben und zu befestigen, und bevor sie sich auf den Weg ins je eigene Büro machten, seufzte die Kreativleitung noch, wie schwer es ihr falle, diesen so kühn übernommenen Auftrag abzuschließen, sie habe nun alle Information zusammen, aber wann immer sie sich hinsetze, um zu schreiben, kämen nur Sätze heraus wie: "Herr X ist ein guter und energischer Mann, der sich insbesondere auf die Kunst, jemanden zu brechen und diesem dann vorzuhalten, daß er sich so gebrochen verhalte, hervorragend versteht," und so etwas, so wahr es vermutlich sei, könne man doch unmöglich schreiben, und sie raufe sich die Haare, schimpfe manchmal ein wenig mit ihrer Assistentin, vernachlässige Mo (apropos, haben wir noch Äpfel, ich wollte ihr doch welche mitbringen) und denke, ach wie gern würde ich doch viel lieber jemanden loben, den ich gern lobe, weil mir das Herz voll ist, stattdessen nun also diesen, und die Chefin sagte, ich kenn dich, das wird schon, wenn es gar nicht mehr geht, maul dich bei mir aus, ärger den Buchhalter und mach dich dann über ihn lustig, am Ende wird ein Text dastehen, der den Anforderungen entspricht und trotzdem wahrhaftig ist und etwas Gutes für Y bewirkt, ich bin sicher, und die Kreativleitung schaute sie dankbar an und dachte, ja, es ist doch gut, daß sie jetzt Chefin ist, so könnte einen doch sonst niemand aufbauen, und sie goß noch etwas Ahornsirup über Mos Apfelscheibchen und konnte schon wieder pfeifen, als sie in ihr Büro ging.

Montag, 14. Juli 2008

396.

Es ist eine hübsche Zahl, dachte der Buchhalter, als er an seinen trotz aller Umstrukturierungen unverändert aussehenden Schreibtisch trat, 396, regelmäßig und doch rundlich, alles geht glatt ineinander auf, aber der Kern ist nicht teilbar und steht am Anfang, ach, man könnte stundenlang meditieren über diese schöne Zahl, aber wir müssen ja darüber nachdenken, wie man den beleidigten ehemaligen Leiter der Abteilung Öffentlichkeit und neu-ernannten Projektentwickler in unserem Büro unterbringt, o, ich glaube, der Praktikant, der ab jetzt der Oberassistent ist, hat hier die schwerste Aufgabe, aber was für eine schöne Zahl, und er genoß die fünf Minuten, die ihm allein mit seiner Zahl blieben, bevor zuverlässig das ganze Gerappel wieder auf ihn einstürmen würde, er fragte sich, ob er den Job bei dieser EinSatzLeitung unter den veränderten Bedingungen noch lange werde machen können, denn man verliere ja schier den Überblick, er hatte übrigens schwere Zweifel, daß der Projektentwickler, der ihm da so energisch an die Seite gelobt worden war, ihm bei der Erneuerung eines neuen Überblicks wirklich werde behilflich sein können, er zweifelte sehr, und so ging er noch einmal an den Rollschrank, schob das ächzende Getür ein wenig nach oben und griff die Unterlagen heraus, an denen er zuletzt gearbeitet hatte, eine Schande, sagte er sich, im Grunde machen wir hier immer das Gleiche, aber anstatt uns das stille Behagen an diesem Gleichmaß zu lassen, behelligt man uns mit "Umstrukturierungen" und "Innovationen," man müsse, dachte er, einmal über "Innovationshemmer" nachdenken, diese könnten doch eine überaus nützliche Einrichtung sein, und seufzend legte er mit einer in Jahren geübten Bewegung den Stapel mit den Unterlagen auf seinen Tisch, er trug übrigens auch wieder karierte Hemden.

Sonntag, 13. Juli 2008

395.

Der Sonntag war schon gut vorangekommen, als der Kwaliteitswart noch in seinem Bette lag und träumte, er werde auf einer der Grachten seiner Heimatstadt in einem farbig glänzenden Schiffchen geschaukelt, umgeben von seltsamen Gesängen und dem Geschrei von Papageien, umarmt von und selbststürmisch beschäftigt mit einem Wesen, das ihm so auch nur im Traum einfallen konnte, war es doch zu seinem nicht geringen Befremden mit etwas wie einem goldgrünen Fell ausgestattet, solcherart nun also ein Befremden auslösend, welches freilich nur eine winzige Sekunde Zeit hatte, an der Oberfläche seines Bewußtseins aufzutauchen, denn sein Bewußtsein wurde unfroh geweckt durch den abscheulichen und elend dringlichen Klang seines Telefons (muß auch mal geändert werden, dachte er bei sich, die Dinger lassen sich doch wohl umprogrammieren, man zuckt ja regelrecht zusammen), und als er sich meldete, war es die Stimme der Assistentin Ö (noch etwas benommen fragte er sich, warum er immer, wenn er diese Stimme hörte, an den Geruch von Sonnenöl denken mußte), die kaum zögerlich (obwohl doch auch sie wissen mußte, daß man Sonntags keine Kollegen stört und schon gar nicht Menschen, die mit einer externen Aufsichtsfunktion gegenüber dem eigenen Bertrieb betraut sind) vielmehr eher zupackend und zielstrebig wie immer fragte, ob sie ihn störe oder ob es ihm recht sei, daß sie ihm kurz ein Problem vorstelle, dessen Lösung sie bereits würde haben müssen, wenn sie am Montag wieder ins Büro gehen würde, und der Kwaliteitswart unterdrückte routiniert das herzhafte Gähnen, das einem am Sonntag doch wirklich mal erlaubt sein sollte, und sagte, bitte, legen Sie los (o Gott, dachte er, was man immer so sagt, Leinen los, das Schiff, ach ja, immerhin hatte er nicht vom Schießen gesprochen wie manche, und ans Eierlegen wollen wir...da spricht sie schon weiter, knatternd, würde ich sagen) und die Assistentin Ö berichtete, es sei ihr von Karomützens Leuten zugetragen worden, daß die ach so sanftmütige Kreativleitung sich beim Biere über irgendwelche alten Lieblingsfeinde, die eben auch sie habe, samt Nebenfiguren, gegenüber einer Freundin furchtbar das Maul zerrissen habe, es werde kolportiert, daß in ihrer Suada sogar rachsüchtige Töne vorgekommen seien und ein regelrechtes verbales Gemetzel veranstaltet worden sei (naja, Gemetzel, wie die eben ist, die absurdesten Beschimpfungen und verdrehten Darstellungen werden es gewesen sein, aus purer Lust an zwar unfreundlicher und zynischer, aber in sich stimmiger und grotesker Darstellung, wie ich sie kenne, dachte der Kwaliteitswart), und man müsse mit einem ausgearbeiteten Plan (gerade jetzt, dachte der Kwaliteitswart, wo sie sich bewähren will, um Leitung Ö zu werden, muß die Assistentin das natürlich geschickt anstellen, aber wie blöd muß sie sein, daß sie sich mit ihrer Beschwerde jetzt an mich wendet?) jetzt einmal nach vorne gehen und so etwas wie Leitsätze einer Ethik der Außenkommunikation für die Mitglieder der EinSatzLeitung insgesamt erarbeiten, ob er da dabei wäre, und der Kwaliteitswart sagte, deswegen rufen Sie mich am Sonntag an (und dann stellte er in Gedanken an das notorische Standing der Assistentin einmal sehr lärmend den Milchtopf für den Kakao auf den Herd, und da er der Kwaliteitswart war, sagte sie nicht gereizt, was machen Sie denn da, sondern räusperte sich nur ein wenig), ich verstehe noch nicht so ganz, was meine Funktion jetzt dabei sein soll, und die Assistentin sagte dann das, was man von diesen Leuten eben so zu hören bekommt, also, Qualitätsmanagement heiße für sie Controlling, das seine Aufgabe sei, Backing, das sie von ihm brauche, Standing der Gesamteinrichtung, das untergraben werde durch solche Begebenheiten, man wisse doch nie, wer jetzt in öffentlichen Lokalen neben einer wie der K-Leitung sitze, sie habe auch eine gewisse Verantwortung, an die sie erinnert und an der sie gemessen werden müsse, und der Kwaliteitswart sagte, in seinen Augen müsse wirklich der Chefin überlassen bleiben zu klären, wen sie wofür einsetzen wolle, natürlich stets im Gespräch mit den anderen EinSatzKräften, und er selbst sei nicht prinzipiell gegen eine solche allgemeine Vorlage zur Außendarstellung, das sei ja ganz üblich, er meine aber doch, daß auch nach außen die Kreativabteilung, wenn ihre Qualität erhalten und verbessert werden solle, eine gewisse Freiheit des Ausdrucks haben sollte, die man selbstverständlich in offiziellen, zweckgebundenen Verlautbarungen der Abteilung Öffentlichkeit sich so nicht nehmen dürfe, ohne die aber die EinSatzLeitung gleichsam ihr Proprium (Latein ist doch schöner als Englisch, dachte er, jedenfalls für Institutionssprachen) zu verlieren drohe, denn wer nicht bitter sprechen dürfe, könne auch nicht süß reden, und ob sie mal gehört habe, wie dieser oder jener Regisseur herumbrülle, wer Neues mache, produziere nun einmal nebenher auch etwas Irrsinn, das müsse so sein, die Logik solle sie mal beim klitzekleinen Forschungsminister erfragen, der habe dazu ganze Theorien im Kopfe, und als er merkte, daß er die Aufmerksamkeit und die Hoffnung der Assistentin Ö mit diesen Äußerungen zu verlieren drohte, kam ihm die Idee, daß sie möglicherweise zu besänftigen wäre, wenn er mit ihr sich auf einen Kaffee verabredete, um sich anzuhören, wieso sie sich dauernd so gekränkt fühle durch die Kreativleitung, deren Leben doch im Grunde nicht soo beneidenswert sei, und er würde sich das anhören und nebenbei an Sonnenöl denken und sogar noch herausbekommen, ob die Assistentin vielleicht wieder einmal sich nur profilieren wolle und dies auf die kleineren Geistern stets am nächsten liegende Weise des Wadenbeißens, oder ob es ein nach vorn führendes Potential in ihrem Ansinnen geben könnte, und indem er dies alles bedachte, hatte er doch keine Lust für heute, nahm es sich aber mal vor, so allgemein, vielleicht am Montag oder später, aber dann war die Assistentin so genervt, daß er das für gefährlich hielt und schließlich sagte, wissen Sie, ich bin heute nachmittag im Café gegenüber von Ihrem Büro mit einem Freund verabredet, vielleicht möchten Sie gegen 17.30 dorthin kommen, bringen Sie doch Ihren Entwurf mit, dann schauen wir uns die Sache einmal in Ruhe an, und er dachte, na, mal sehen, was sie daraus dann wieder macht, geschmeichelt wird sie sich fühlen, er aber konnte das Gespräch so erst einmal beenden und kümmerte sich um Kakao, Musik, Sonne und Wolken und was man noch so braucht, wenn man wirklich einmal einen ganz ruhigen Tag haben will, und er dachte: gründgoldenes Fell, sehr seltsam, was will mir der Dichter Ubw damit bloß sagen...

Samstag, 12. Juli 2008

394.

Die Unordnung wollte nicht aufhören, so schien es, aber nun gut, sagte die Kreativleitung zu einem schwitzenden und wortlos vor sich hin lamentierenden Mo, wenn es eben Krisensitzungen hinter verschlossenen Türen gibt, wenn die Elogen auf einen unsympathischen Herren fertig werden müssen, wenn die Sonne sich zwischen Stechen und Verdumpfen nicht entscheiden kann, weil die Luftschichten zwischen Menschen und Sonne irgendwie watteweich miteinander zu kollidieren scheinen, was will man an einem langen Samstag schließlich machen, und Mo, die irgendwie erreicht hatte, daß die Kreativleitung sie auf die Fensterbank hob, so daß sie doch einen kleinen Luftzug um die feuchte Stirn bekam, seufzte und starrte und lamentierte auch weiter wortlos vor sich hin; erst als die Kreativleitung, ihrerseits fast in völlig andere Träumereien versinkend, sie plötzlich fragte, Mo, warst du eigentlich mal verliebt, und Mo sagte, vielleicht, irgendwann mal, vor meiner Käfigzeit, aber danach, was soll ich sagen, homo sacer kann nicht küssen, würde ich sagen, und die Kreativleitung fragte, wirklich nicht, und Mo sagte, ich weiß nicht, ich glaube eigentlich nicht.

Freitag, 11. Juli 2008

393.

Bevor es am Morgen zur Schule ging, bevor die Mutter ins Büro eilen konnte, fragte das Kind, Mama, was muß man tun, um ein guter Psychologe zu sein, und die Chefin sagte lachend, Pestvogels würde sagen, seine Schriften und noch ein paar Schriften lesen, seinen Flug studieren und bei ihm in die Lehre gehen, und das Kind sagte, daß du Pestvogels nicht magst, weiß ich doch, und daß du mich nicht als Psychologen sehen willst, ahne ich, ich will aber wissen, was du zu meiner Frage sagst, und die Mutter überlegte einen Augenblick und sagte dann, vielleicht Dostojewski sein, und wenn man dann genug hat und ein bißchen lachen will, vielleicht Doderer sein, und wenn einem das immer noch nicht lustig genug ist, dann kann man es ja mal mit Dodo Mamarosa versuchen, und das Kind boxte sie ein wenig und sagte, das kann man doch nicht lernen, und die Mutter sagte, dann lern doch erstmal, was man lernen kann, stopfte ihm noch das Schulbrot in die Tasche und eilte selbst ins Bad, um sich für den Bürotag herzurichten.

Donnerstag, 10. Juli 2008

392.

Der erzählende Kranich fand, der Schattenriß werde neuerdings unterschätzt, und um dem gegenzusteuern, beschloss er, sich einmal zwischen alle Belange der EinSatzLeitung zu drängen und folgende Adresse zur gefälligen Ansehung zu empfehlen: http://www.youtube.com/watch?v=rAi2CbVQIqw&feature=related.

Mittwoch, 9. Juli 2008

391.

Es haben sich also unversehens und sozusagen stillschweigend die Türen der EinSatzLeitung wieder geöffnet, bemerkte die Kreativleitung zum gebündelten Mo, als sie die Räumlichkeiten betrat, und sie ging über den Flur an den offenen Türen des "Bistro" und mancher Büros vorbei, erhielt zwischendurch vom Praktikantenschreibtisch den Zuruf, daß alle, wie er sich ausdrückte, wichtigen Leute zur Krisensitzung wegen der Abteilung Öffentlichkeit im Chefinnenbüro seien, daß die Luft rauche und man sich auf was gefaßt machen könne, und die Kreativleitung sagte, ach ja, und ging in ihr Büro, bettete Mo auf ihr Fell und legte sich selbst kurz auf den Teppich, um sich setzen zu lassen und in irgendeine Ordnung zu bringen, was sie bei ihrem Besuch im Hause des ehemaligen Chefs über den Herrn Y und durch den Herrn Y und von dem Herrn Y in Erfahrung gebracht hatte, und sie hoffte, jenes Unheimliche, das im ehemals cheflichen Haushalt durch die Anwesenheit des schweigsamen und untätigen Herrn Y sich schon ausgebreitet hatte, hier in der EinSatzLeitung wieder abzulegen, aber unterwegs hatte sie vor allem das Gefühl beklommen, daß du nichts, aber auch gar nichts verstehst, wenn du nicht sehr genau hinschaust (und auch dann noch viel zu wenig), und daß Herr Y vielleicht recht hatte mit seinem furchtbaren Schweigen als letzter Zuflucht, weil was immer du sagst doch so falsch sein oder ankommen kann, immer sucht sich etwas, das du glaubst nicht verraten zu dürfen, einen Ausweg, der dann in falsche Hände geraten und dort Falsches anrichten kann, du verletzt so, wem du nur Freundliches sagen willst, und schmeichelst, wem du nicht schmeicheln willst, und je mehr du gezwungen wirst, deine Worte zu kontrollieren, desto schlimmer wirds, so daß man doch verstehen müsse, wie ein Mann, der hinter sich hatte, was Y hinter sich hatte und offenkundig zur Floskelproduktion keine Begabung, sich eben weitestgehend einschwieg; was sie dann aber nicht verstand, war, wieso er so gelächelt hatte, als sie sein Zimmer betreten hatte, gelächelt, als wäre er trotz allem völlig frei.

Dienstag, 8. Juli 2008

390.

Hocherfreut war die Chefin, als der erste, der der Einbestellung folgte und an der immer noch vorzimmerlosen Bürotür erschien, der ehemalige stille Theologe und neuernannte und prachtvoll fortgebildete Demokratiebeauftragte war, sie lief ihm entgegen, zog ihn geradezu herein und sagte ohne weitere Umschweife (daß sie sich freute, sah man doch wohl, und wie es ihm gehe, sollte er lieber ausführlicher nach der kleinen Krisensitzung erzählen), setzen Sie sich und beantworten Sie mir ganz schnell bevor die anderen kommen eine Frage, ich denke gerade so viel über Gerechtigkeit nach wegen der anstehenden Veränderungen, und Sie haben doch mal viel studiert, ich erinnere mich, daß Sie sich mal mit dem klitzekleinen Forschungsminister über verschiedene Stufen der Gerechtigkeit unterhalten haben, irgendwas mit Z - Zedaka meinen Sie, sagte der Demokratiebeauftragte, verwundert, daß sie sich so verhaspelte, das hebräische Wort für Gerechtigkeit, das heißt aber mehr als Gerech... - schon gut, ja genau, das meine ich, das hatte doch so eine Hierarchie mit höchster Stufe, und nun strahlte der Demokratiebeauftragte über das ganze Gesicht, denn es freute ihn, daß die Chefin sich an eines seiner Lieblingstheoreme erinnerte, und er sagte: die höchste Stufe der Gerechtigkeit ist nach dieser Lehre, wenn man einem Menschen dazu verhilft, sich selbst zu helfen, ohne daß dieser Mensch auch nur bemerkt, daß man ihm geholfen hat.

Montag, 7. Juli 2008

389.

Am Montagmorgen war es für die Chefin wie üblich vorbei mit Besinnlichem und Unterhaltsamem (wenigstens diese Sorte Rhythmus hatte man doch aus alten Zeiten übernommen) und sie machte sich also daran, die Angelegenheiten der Abteilung Öffentlichkeit neu zu ordnen, dies schien einstweilen das Dringlichste zu sein, denn es stapelten sich schon die Anfragen, ob man nun die Sache mit dem Chef eher religionsphilosophisch oder eher persönlich verstehen solle, wofür eigentlich der erzählende Kranich stehe und ob er etwas mit einem deutschen Luftfahrtunternehmen zu tun habe, nebenher kamen Klagen von der russischen Gesandtschaft wegen der Chodorkowsky-Proklamation, und die Assistentin Ö, die sich seit Wochen nach Kräften bemühte, mit allem möglichst elegant fertig zu werden, sagte der Chefin in einer ernsten Unterredung, sie könne irgendwie nicht richtig arbeiten, solange sie jede Minute damit rechnen müsse, daß ihr ehemaliger Vorgesetzter hereingestürmt kommen und sich auf irgendeine seiner neuerdings immer unberechenbarer werdenden Weisen für "wiedereingesetzt" erklären könnte, die Chefin möge jetzt mal, bei allem Respekt für ihren moderaten Kurs, mit dem sie immer allen so gerecht wie möglich zu werden versuche, ein Machtwort sprechen und klare Verhältnisse schaffen, und die Chefin, die das einsah, nahm, als die Assistentin Ö ihr Büro verlassen hatte, also das Telefon und bestellte außer dem ehemaligen Leiter der Abteilung Ö auch noch den Buchhalter, den von der Fortbildung endlich zurückgekehrten Demokratiebeauftragten, den Sicherheitsbeauftragten und den Praktikanten ein.

Sonntag, 6. Juli 2008

388.

Soso, die Sonntagsunterhaltung ist also schon wieder davongeflogen wie, wisperte der klitzekleine Forschungsminister ins Telefon, als die Chefin ihn anrief, um sich mit ihm kurz darüber zu beraten, wie man denn mit der Erkenntnis umgehen solle, daß auch Kwaliteitswarte und andere Experten die eine oder andere menschliche Schwäche erkennen ließen, während andererseits ausgerechnet der Inbegriff des Selbständigkeitsstrebens, die Kreativleitung, merkwürdige Anwandlungen von Anlehnungsbedürfnis zeigte, und der klitzekleine Forschungsminister sagte, ich weiß es doch auch nicht, Verehrteste, ich weiß es doch auch nicht, wir werden es alles irgendwie so hinnehmen und so lassen müssen und weiterarbeiten und hoffen müssen, jeweils die kraftvollsten und besten Bestrebungen zu den unseren zu machen und - ja, wer wenn nicht Sie soll uns denn zeigen, wie es geht, und die Chefin wurde für einen Moment ungeduldig und fand, einer müsse aber doch sagen können, wie es gehen solle, und der klitzekleine Forschungsminister sagte schließlich leise, erinnern Sie sich nicht daran, erinnern Sie sich wirklich nicht daran, wie es war, wenn Sie zum Chef zitiert wurden und vor ihm sitzen mußten und er Weisungen gab und sie glaubten, es besser zu wissen, aber nicht durchzudringen, und die Chefin sagte, doch, gewiss, ich erinnere mich, und bitte, wenn Sie es besser zu wissen glauben, zögern Sie nicht, es mir zu sagen, und befolgen Sie dann bitte trotzdem meine Weisungen, können wir uns darauf einigen, und der Klitzekleine sagte, das brauchen wir doch gar nicht mehr, wollen Sie mich jetzt beleidigen, und die Chefin sagte, ganz gewiss nicht, mein Lieber verzeihen Sie, Sie sind aber auch manchmal empfindlich, ich wünsche Ihnen gleichwohl einen schönen Sonntag, und sie suchte nach einer kleinen Schlußformel, die irgendwie den Druck aus der Sache genommen haben würde, starrte, als das getan war, in ihre Pflanzen und sagte, so kanns gehen, ihr Seltsamen, so kanns gehen...

387.B

Der erzählende Kranich war nicht nur ein gutmütiger Vogel, er war auch hellhörig und übrigens sowieso stets ungeduldig darauf bedacht, von seinen Überflügen zu erzählen (so wird es wohl zu seinem Namen gekommen sein). Und schon rauschte er herbei, um durch eine Erzählung nicht nur die Demokratiebeauftragte zu trösten, welche, mochte sie auch souverän wie immer reagiert haben, doch in gelinde Selbstzweifel geraten war angesichts der Überlegungen der Kreativleitung in 385.B und der Bestätigung derselben durch den stets hilfsbereiten Kwaliteitswart in 387. Nein, es war noch ganz jemand anders zu trösten, einer, der nahezu untröstlich traurig geworden war, als er lesen mußte, daß die Kreativleitung, welche er heimlich verehrte, ihrerseits weiterhin den ehemaligen Chef zu verehren schien, und das ausgerechnet wegen seines Körpergewichts! Ach, da hatte nun der Kwaliteitswart selbst, ein überaus schlanker Herr, welcher üblicherweise sich auf diese seine Schlankheit gerade einiges zugute hielt, sich so gefreut, endlich die Aufmerksamkeit der Dame auf sich und vom Chef abgezogen zu haben, und dann das! Ist ja kein Wunder, daß er dann, um seinen Zorn loszuwerden und doch die Verehrte ungeschoren zu lassen, erst einmal an der angeblichen Fadheit der Demokratiebeauftragten herumnörgeln mußte! Nun war nicht eigentlich sein Zorn seine Schwäche (solche Menschen gibt es auch, aber der Kwaliteitswart war eben gerade nicht von dieser Art, nie gewesen, nein, er war vielmehr ein Mensch von sonnig-kühler Wesensart, überwiegend unangefochten, so schiens), und auch nicht, daß er diesen, um sein ihm selbst so wohltuendes Verehrungsgefühl und die damit Verbundene zu schonen, dann eben auf eine andere, von der er nicht völlig zu unrecht meinte, daß sie es wohl eher vertragen würde, in aller Höflichkeit umleitete, nein, wir müssen es leider aus unserer überfliegenden Perspektive sagen: seine wahre Schwäche bestand darin, daß er seinem zugegeben grandiosen und unübertroffenen Verständnis von der Welt und ihren Bewohnern, selbstredend unter besonderer Berücksichtigung gerade auch derer Bewohnerinnen, manchmal doch ein ganz klein wenig zu viel und der geschickten oder mutwilligen Umwegigkeit mancher Damen ein bißchen zu wenig zuzutrauen schien, wodurch er sich dann im für ihn unangenehmsten Falle mancher Mißempfindung aussetzte, die ihm bei voller Kenntnis der Lage rein erspart geblieben wäre. Wie nun aber sollte der überfliegende Kranich hier Abhilfe schaffen? Ach, dachte dieser, nichts leichter als das, stelzen wir doch ein wenig auf den zentralen Plätzen der Hauptstädte herum und halten Ausschau nach Personen, deren Gesichter zu sagen scheinen „I’m walking on sunshine,“ und dann wird das schon. … … … Was, so eine kurze Erzählung, und das soll irgendwen trösten oder Druck aus deinen Erzähl-Vorräten ablassen, fragte Mo entgeistert, und ihre Augen wurden für einen Moment größer als ihre schon etwas knittrig gewordenen Flügelchen (Flügel? Ach ja) und der erzählende Kranich sagte, ich glaube wohl. Dann freilich schien ihm doch, er müsse noch ein wenig weiter ausholen, er zeigte also dem staunenden kleinen Mo, was wirkliche Flügel waren, nicht solche wie ihre, die man nur in großen Augenblicken der Befreiung empfängt, sondern echte, angewachsene, ein Leben lang tragende wirkliche Flügel, mit Schwungfedern und allem, was noch dazu gehört, er lüpfte den einen Flügel, dann den anderen, bewegte in irgendeinem Takt dazu seine Beine, säuberte die Unterseite des rechten Flügels mit der Spitze seines zierlichen Schnabels, strich danach mit dem linken Fuße seine rückwärtigen Federn glatt, verbeugte sich anschließend artig vor Mo und allen anderen Mitgliedern der EinSatzLeitung, räusperte sich erwartungsfroh - und stellte keine nennenswete Reaktion fest. Er sah sich noch einmal um, ratlos, und sagte dann, ja, äh, außer diesem, ähäm, Selbstdarstellungsspektakel hätte ich ansonsten nur noch, äh, eine kleine Ballade zu bieten, die man im virtuellen Raum unter folgender Adresse finden kann: http://de.youtube.com/watch?v=rpwVPXiSvwU. Sprachs, nahm mit wenigen sehr langen Schritten einen kleinen Anlauf und erhob sich mit schon fast wieder träge wirkenden Flügelschwüngen wie unwiderruflich in die Lüfte.
Schade, sagte Mo, ich hätte ihn wirklich lieber hier behalten. Er hat doch noch gar nicht angefangen zu erzählen! Ich auch, sagte die Chefin, glaub mir Mo, ich hätte ihn auch lieber hier behalten.

Samstag, 5. Juli 2008

387.

Dem Kwaliteitswart kam allerhand zu Ohren und vor die Augen, über das er sich zu wundern hatte, und da er jemand war, der stets sehr gut wußte, was er zu tun hatte, so wunderte er sich sehr: über das Fortbildungsverhalten des neuernannten Demokratiebeauftragten, über das Verblassen des Buchhalters, über die schlafwandlerische Unsicherheit der Kreativleitung in Angelegenheiten von X und Y, über das Versickern der Augen der Chefgattin und den Charisma-Einbruch der neuen Chefin, über das Gezicke der Assistentinnen und über das Schwächeln der Karomütze, über die desolate Situation in der Abteilung Öffentlichkeit und in der Ehe der ehemaligen Leitung, und einzig Mos Verhalten leuchtete ihm so vollkommen ein, daß es keiner Verwunderung bedurfte, eine seltsame Sache, sagte er sich, und nahm sich vor, in der kommenden Woche ein besonders waches Auge auf die Entwicklung der Abteilung Ö zu werfen, denn, so meinte er, mit einem derart verläßlichen Mo würde in der Kreativabteilung auch bei noch so seltsamem Auftrag nicht viel schief gehen, während die Öffentlichkeitsabteilung und das Chefinnenbüro offenkundig Beratungsbedarf hatten.

Freitag, 4. Juli 2008

386.

Die Chefin, die fand, es sei an der Zeit, daß der neuernannte Demokratiebauftragte zurückkehre, steckte einen Zettel in eine Klarsichtfolie, denn es regnete sehr, nahm den größten Schirm, den sie finden konnte, und eilte zur EinSatzLeitung, wo sie vor der Tür die Folie mit dem Zettel und einen Klebestreifen aus ihrer Tasche zog (dabei dann immer der Schirm, wie machen das andere Leute nur), sie zögerte nur einen winzigen Moment angesichts der Größe der neuen Herausforderung an die Welt, aber dann klebte sie beherzt an die Tür einen Zettel mit der Aufschrift: Befreit Michail Chodorkowsky!

Donnerstag, 3. Juli 2008

385.B

Die Kreativleitung freute sich natürlich sehr über die gelungene Befreiung der freiheitsliebenden Frau. Auch ihr war am Morgen danach zumute gewesen, mit den anderen herumzutanzen, vielleicht hatte sie es sogar getan, sie erinnerte sich nur nicht mehr daran, schon am Nachmittag: nicht. Der Tag verging ihr wie im Taumel, wie unter einer Knute, sie kannte das schon, das waren Tage, an denen sich schwere Textgewitter zusammenbrauten, und es wurde dann an den Abenden unmöglich, nicht zu schreiben. Nur wußte sie nie, wie sie diese Textgewitter und was sich in ihnen entlud zusammenbringen sollte mit dem, was doch von ihr verlangt wurde. Während niemand bemerkt hatte, wie schwer sie arbeitete, hatte sie ja Stunde um Stunde an die Nutztierhaltung gedacht und an alles, was ihr Herr X. noch darüber erzählt hatte. Denn tatsächlich hatte sie schließlich übernehmen und selbst mit ihm sprechen müssen. Was die Assistentin einfuhr, war lustig gewesen, aber wenig hilfreich für ihre Eloge. Sie hatte selbst ein bißchen mehr in Erfahrung bringen können. Im Sprechen, und durch dieses Hören auf alles, das auch etwas anderes sein könnte. Die Ohren, meine Damen und Herren, die Ohren, die hören nun einmal, manche mehr, manche weniger.
Nun war sie, bevor sie sich daran machte, alles niederzuschreiben (komisch, dachte sie unterwegs, wir schreiben auf und nieder, was machen wir nur für Sachen), noch einmal ins Haus des ehemaligen Chefs und seiner Gattin gegangen, um sich dort nicht nur nach Herrn Y. zu erkundigen, sondern ihn auch leibhaftig zu sehen. Sie fürchtete sich etwas vor seinem Anblick. So ein trauriger Mensch, dem es die Sprache verschlagen hat. Aber er hatte einmal einen Satz gesagt, soviel war gewiß. Er hatte gesagt, wie gut, wenn Menschen noch schreien. Ach je. So ein trauriger Satz. Und es war ein Augenblick da gewesen, in dem sie glaubte sehen zu können, daß er mit ihr etwas wie eine schwache Hoffnung verband. Vielleicht weil sie den Raum verlassen hatte (damals noch das Büro der Demokratiebeauftragten, oder war die da schon Chefin gewesen? Warum war das wichtig?) und dann wieder gekommen war. Weil sie vielleicht ausgesehen hatte, als wollte sie ihn nicht nur unterstützen, sondern könnte es auch? Aber dank welcher rätselhafter Fähigkeit hätte sie es können sollen? Sie hatte das einzige, was sie konnte, vorgeschlagen: Den Auftrag jenes Herrn X anzunehmen. Und nun, nachdem sie sich gründlich vertieft hatte in die Gemütsart des Nutztierhalters, der sein Frauenkennertum nebenher auch an ihr hatte exerzieren müssen, wollte sie noch einmal der merkwürdigen Verstrickung dieses X mit jenem armen Y nachspüren. Sie war zu der Überzeugung gekommen, daß Y wirklich nichts von X wollte. Während X sich unendlich in ihn verbissen hatte. Sie wollte diese Überzeugung noch einmal überprüfen, bevor sie sich endlich ans Schreiben setzte. Darum war sie hier und tauschte Höflichkeiten mit der Gattin des ehemaligen Chefs aus. Dieser Dame, welche sie so sehr mochte, daß sie sie gern als Mutter akzeptiert hätte, oder als Freundin, aber etwas wie eine Ferne blieb ihnen immer, ebenso wie eine ebenfalls immer bleibende Nähe.
Wo ist er denn? Oben, sagte die Gattin des Chefs. Oben. Das hieß: Im Zimmer des Sohnes, der an einer ausländischen Universität studierte. Von da konnte er in den Garten schauen, in dem Rosen und Malven und Georginen blühten, in ihren jeweils rein malvigen, rosigen oder georginischen Beeten fein umschlossen von überaus gepflegtem Rasen.
Er wird still dasitzen, dachte die Kreativleitung. Und gerade so, als wäre nichts geschehen. Er wird dankbar sein, daß er so still dasitzen kann. Er wird das für Glück halten. Für ganz großes Glück. Er wird nichts sagen, nichts denken, nichts hören. Schon gar nicht etwas, das seine sogenannten Angelegenheiten betraf.
Und sie fragte sich, was mit diesem Haus geschehen würde, wenn der Herr Y. länger dort oben sitzen würde. Denn so ein Haus verändert sich doch durch einen Menschen. Vielleicht ist nichts einem Haus gewaltiger, als wenn in ihm ein Mensch sitzt. Einfach nur so da sitzt.
Und was macht überhaupt der ehemalige Chef?
Der betrat, als hätte er bemerkt, daß sie just in dem Augenblick an ihn gedacht hatte, den Salon, in welchem seine Gattin und die Kreativleitung beieinander saßen. Vielleicht hatte in Wahrheit sie an ihn gedacht, weil er sich gerade wirklich auf den Raum zubewegte. Hatte vielleicht ein winziges Geräusch gehört. Von manchen Menschen lernst du den Schritt in alle Ewigkeit, hörst ihn dann immer schon durch ein paar Wände. So einer war er eigentlich nicht für sie. So einer würde er ja wohl wenn dann für seine Frau sein müssen – aber die war sicher nicht so. Nicht so ohrig, nicht so wie die Kreativleitung selbst, die sich stets auf allzu vielfibrige Weise mit einem Menschen in eine Verbindung brachte, wenn sie das einmal anfing, und die deswegen glaubte, nur allein leben zu können, weil es sicher nirgendwo auf der Welt einen Menschen geben konnte, der damit fertig werden könnte auf eine Weise, mit der dann auch sie nicht überfordert wäre (was hat man nicht schon alles gelesen über Menschen, die falsch wählten und an allem in Ehen zugrunde gingen, das andere für durchaus verkraftbar zu halten schienen, aber halt, dachte sie, was tue ich hier, ich rechtfertige am Ende noch das mir so verhasste Zölibat). Und doch betrachtete sie stets liebevoll die Menschen, die so glücklich zusammenleben durften, viele waren es ja nicht, aber diese schienen dazu zu gehören, und sie dachte, es müsse an der Gattin liegen.
Wie war aber die Gattin des Chefs überhaupt? Saß da und tunkte ein Shortbread in ihren Tee. Das machten die hier so, immer. Und pflegte ihre Rosen. Hatte Kunstbücher, schöne Kleider, elegantes Porzellan und einen feinen Humor für ihren Mann wie auch für die Welt. Die ideale Gattin. So etwas gibt’s, dachte die Kreativleitung, und studierte mit Wohlgefallen das feine Gesichtsoval der Dame, den winzigen Flaum auf der mild und weich alternden Haut, dieses Übergepflegte, durch das die höfliche und begüterte Dame sich der Welt angenehm zu machen versteht, auch wenn das Alter ihr schon zugesetzt hat. Über wieviel diese Frau zum Schein hinweggeguckt haben muß, um immer alles so zu richten, daß der geschulten Beobachterin klar war: sie hat alles gesehen. Welche Pein sie auf sich genommen haben muß in zerstrittenen oder den Streit wegbügelnden Nächten, welche Vornehmheit in jeder Bewegung bei ihr die gewisse Grobschlächtigkeit des Gatten auffing. Wie schnell das Gesicht sanft wurde, wenn wieder einmal ein eigener Wunsch begraben werden mußte. Wie glücklich sie dabei dennoch wirkte, und wie abgründig auch.
Vermutlich war ihr Glück, des Morgens zu fragen, wie der Herr Gatte genächtigt habe. Es muß ihr Freude machen, seinen Mantel zu bürsten im Winter und seine verschwitzten Hemden zu waschen im Sommer, dachte die Kreativleitung. Konnte das sein? Gewiß. Über etwas würden sie auch reden. Zum Beispiel über das, was in den Zeitungen stand. Auch hier, so erfuhr sie soeben, hatte man sich über die Befreiung von Ingrid Betancourt gefreut. Und in der Tat, was für ein Gesicht, was für ein Lachen, was für ein Jubel in diesem Gesicht, wenn man es nur als Bild bekam!
Das sagte die Kreativleitung lächelnd zur Gattin des Chefs, ganz da. Schob gleich noch die Frage nach, ob sich denn auch der Herr Y. über diesen Coup gefreut habe. Und stellte sich nebenher vor, wie hier das Seufzen des Alltags mit seinem Rüffeln sich nun verändert haben mußte, da der ehemalige Chef viel zuhause war. Die Gattin sah, je länger sie sie betrachtete, desto müder aus. War das schon die Wirkung von Y? War es etwas anderes?
Sie ließ es auf sich beruhen und schaute in das Gesicht des ehemaligen Chefs, der nun jovial lächelnd vor ihr stand und ihr seine dicke weiche Hand entgegenstreckte.
Warum war sie selbst von diesem Mann immer so fasziniert gewesen? Er war schließlich einer, nun ja, was willst du sagen. Schwer eben, das gefiel ihr, immer. Ein Mann, fand sie, solle schwer sein. Warum? Das wußte sie nicht, sie fand einfach, das gehöre sich so.
Dann hatte er eben diese Aura. Und in all seiner Tatkraft und Entschlossenheit etwas wie ein Zaudern. Das mochte sie auch. Er hatte furchtbar genervt manchmal. Und er hatte doch etwas zustandegebracht. Er hatte gesehen, daß Mo wichtig war (überhaupt, Mo, was die machte! Als die Kreativleitung die EinSatzLeitung verließ, da schlief Mo schon wieder, sie hatte sie wie üblich im Bündel bei sich, nichts weiter als das leise Schnaufen, das Mo seit eh und je hören ließ, wenn sie in diese Arten von Schlaf verfiel, war aus dem Bündel zu vernehmen). Und er hatte in den Augen der Kreativleitung die richtigen Leute verteidigt. Meistens. Manchmal auch nicht. Aber da gab es ja dann noch andere. Vor allem hatte er dann auch zum richtigen Zeitpunkt und auf die richtige Weise sein Amt aufgegeben. Sie mußte auch zugeben: er fehlte ihr irgendwie. Es ist angenehm, wenn irgendwo ein schwerer rotgesichtiger Mann ist und das Sagen hat. Vor allem gegen jene bissigeren EinSatzKräfte, an die sie gerade jetzt gar nicht denken mochte. Warum das so ist, hätte sie nicht zu sagen gewußt, aber es schien ihr so. De facto war er ja gar nicht viel da gewesen. Aber er war eben der Chef gewesen, und es war nun einmal gut, einen Chef zu haben. Nun hatte man die Chefin, die doch zugleich Demokratiebeauftragte sein wollte und das möglicherweise sogar über längere Strecken würde schaffen können. Auch nett, besonders, wenn sie an Tagen wie heute hereinschneite mit guten Nachrichten und sich mit ihr freute wie früher, als sie noch Freundinnen gewesen waren und gemeinsam ein Problem mit gewissen Kollegen und dem Chef gehabt hatten. Aber – etwas schien zu fehlen, und sie wußte nicht genau was, sie wußte nur, daß das ein irgendwie gefährliches Gefühl zu sein schien.
Was haben Sie herausgefunden über den Herrn X., fragte nun der Chef, und die Kreativleitung lächelte, ganz der Alte, dachte sie, will, daß man ihm Bericht erstattet.
Er war dann aber auch gleich wieder so ermunternd, wie sie ihn furchtbar gern hatte, sagte: Fabelhaft, die Idee, in einer Eloge auf X doch etwas für Y zu tun. Der hat es auch wirklich nötig, ergänzte er, mehr denn je. Ja, der Y., der macht uns Sorgen. Und da war schon das Unheimliche, das einem Hause widerfährt, wenn ein gebrochener Mensch darin wohnt, es knisterte sich einmal durch das chefliche Gesicht hindurch, eine winzige Sekunde lang. Eine lange Sekunde.
O je, dachte die Kreativleitung, das wird noch eine gewaltige Arbeit. Sie fragte: darf ich ihn sehen? Sie erwartete, daß man erleichtert sein würde. Immerhin wäre sie doch eine, die versuchen würde, die sogenannte Kommunikation mit diesem Verschwiegenen aufzunehmen. Eine, die hingehen würde, dachte sie, das kann den beiden Alten hier doch nur recht sein.
Aber der Chef, der ehemalige, sah wirklich verängstigt aus. Er sagte, ich glaube nicht, daß er gestört sein möchte. Und das Gesicht der Gattin hatte alle kunstvolle Selbstverständlichkeit der Konvention verloren: Ihre Augen versickerten im Tee.

385.

Als die Chefin an diesem Morgen in ihr Büro kam, stürmte sie wie früher manchmal sofort ins Büro der Kreativleitung, welche anscheinend die Nacht dort verbracht und an irgendetwas gearbeitet hatte, so grün sah die aus, und die Chefin fragte sie in ungewohnter Stürmischkeit, hast du es schon gehört, hast du es schon gelesen, sie haben wirklich Ingrid Betancourt freibekommen, und als sie das gesagt hatte, war das Rekolorierungsspektakel im Gesicht der Kreativleitung bestenfalls ein passender Hintergrund zu dem, was mit Mo passierte: als hätte sie nie in ihrem Leben geschlafen und in Wahrheit immer schon Flügel gehabt, sprang sie von ihrem Fell auf und tanzte und hüpfte in riesigen Sprüngen durch das Büro und den beiden Damen abwechselnd auf die Schultern, so daß nur die Assistentin K noch den bei ihr üblichen Grundton einer leicht genervten Blasiertheit auch an diesem Tage zustandebrachte, indem sie an den Computer ging, die Nachrichten zum Thema einholte und sagte, jetzt muß sie sich nur noch diesen dämlichen Jeanne d'Arc Titel aus dem Gefieder schütteln, bevor man sich dadurch berechtigt glaubt, sie irgendwann nach allem auch noch zu verbrennen, und als sie das gesagt hatte, sprang Mo ihr ins Gesicht und sagte, bäh, bist du doof!

Mittwoch, 2. Juli 2008

384.

Die Unterredung zwischen der ehemaligen Demokratiebeauftragten und jetzigen Chefin einerseits und dem ehemaligen Leiter der Abteilung Öffentlichkeit auf der anderen Seite des Schreibtisches hatte bereits am Montag stattgefunden und war diesseits und jenseits desselben Tisches sehr unterschiedlich zu Protokoll genommen worden, zumal die Positionen völlig verändert waren, denn hatte früher der Leiter der Abteilung Öffentlichkeit gern einmal die Demokratiebeauftragte, welche ihre Aufgabe unter erheblich schlechteren Bedingungen auszuführen pflegte als er die seine, öffentlich vorgeführt und sich hämisch über dies und das beeifert, so saß diese selbe ehemalige Demokratiebeauftragte nun im Chefsessel und hatte ihn, der auf verschiedenen Ebenen völlig ausgefallen war, zu "maßregeln" - was ihr nicht so lag, so daß sie eben einfach nur etwas dröge, immer mal wieder ihre Haare hinters Ohr schiebend, ihn im übrigen aber unverwandt und knapp lächelnd ansehend, seinen einfallslosen Vorschlag zur Wiedereinsetzung in seine alte Position zur Kenntnis nahm und nach einigem Zögern dazu bemerkte, das sei ihr so nicht recht, sie wünsche vielmehr, die Verdienste der Assistentin Ö, welche während seiner Abwesenheit hervorragend gearbeitet habe, sichtbarlich zu honorieren, er solle bitte noch einmal mit dieser gemeinsam nachdenken, vielleicht lasse sich ein Arrangement denken, bei dem die Abteilung Ö und die Abteilung Sicherheit enger zusammenarbeiteten, in einer Art Dreier-Team, der Praktikant könne dann definitiv zu einem Assistenten werden und die Koordination übernehmen, oder vielleicht könne man einerseits die Abteilung Öffentlichkeit unter Leitung der bisherigen Assistentin mit der Sicherheit zusammenschließen, andererseits ihn, den ehemaligen Öffentlichkeitsleiter, mit dem neuen Demokratiebeauftragten gemeinsam in einer neu zu definierenden Aufgabe zum EinSatz bringen, es seien seiner Phantasie und seinen Kooperationswünschen keine Grenzen gesetzt, nur werde er einstweilen auf den Abteilungsleiterposten verzichten müssen, woraufhin der ehemalige Leiter der Abteilung Öffentlichkeit heftig errötete, schwer schluckte, sich mühsam beherrschte und sich erhob mit der Ankündigung, er werde über alles nachdenken, es könne freilich sein, daß er seine Kündigung einreichen werde, eine Idee, die die Chefin nicht unmäßig zu schrecken schien, sie schien so oder so vor allem froh zu sein, dieses etwas quälende Gespräch hinter sich gebracht zu haben.

Dienstag, 1. Juli 2008

383.

Der Demokratiebeauftragte in seiner Fortbildungsstätte lernte viele Dinge, die er, obschon sie unter dem anscheinend immer noch alle beeindruckenden Namen "Kommunikation" daherkamen (wenn sie nicht schlimmere sprachliche "Bade-Suits" tragen mußten) im Grunde für "Kinkerlitzchen" hielt - ihm erschienen sie irgendwie (mit etwas Wohlwollen) wie nacheinander auftretende Zille-Figuren, und sie wurden nur immer noch putziger, wenn er sich der großen Fragen erinnerte, mit welchen in aller Stille sich zu beschäftigen er seit langem gewohnt war; aber weil er ein freundlicher Mensch und sich seiner schweren kommenden Verantwortung bewußt war, sah er ein, daß er schließlich mindestens imstande sein müsse, so zu sprechen, als sagte ihm alles dieses etwas, vor allem aber, so dachte er, müsse er schließlich imstande sein zu verstehen, was Menschen wollten, die so sprachen, und so studierte er fleißig, hatte aber gar nichts einzuwenden gegen die eine oder andere ablenkende Plauderei mit der einen oder anderen der anwesenden Personen, hinter denen doch bestenfalls so ein Spinner wie Karomütze vermutet haben würde, daß es sich um Abgesandte eines Herrn X handeln könnte, welche womöglich eine Stelle suchten, an der sie "andocken" könnten, um die Informationen zu bekommen, die Herr X haben wollte, oder um etwas zu durchbrechen, das ihnen als die undurchdringliche "Abwehr" eines nach Abwehr doch nun gar nicht aussehenden jungen Mannes geschildert und vorgestellt worden war, und so kam es zu der Situation, daß er des öfteren in unbefangenster Plauderei mit einer Dame Z gesehen wurde, die ihm nicht übel zu gefallen schien, ohne daß irgendjemand, der irgendein Ziel verfolgt haben mochte, auch nur einen Millimeter weiter gekommen wäre, während eine andere Dame, nennen wir sie E, ihrerseits alles versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, ihm aber anscheinend langweilig erschien, weshalb er sie eher mied.

Über mich