Dienstag, 7. Juni 2011

1422.B

Die Chefin vom Dienst, welche seit Jahren ihren Dienst in der EinSatzLeitung in leitender Funktion verrichtete, veroeffentlichte als letzte Handlung auf der Textebene die folgende Ankündigung: Diejenige Person, die in den vergangenen Tagen aus der im Umbau befindlichen EinSatzLeitung folgende Gegenstände wissentlich oder in ahnungsloser Schlamperei entwendet hat, nämlich eine Personenwaage, einen Satz Bohrer sowie eine Elektroplatte für die altmodisch italienische Zubereitung von Espresso, darf sich das Verdienst anrechnen, uns hier auf vielen Ebenen zur Verschärfung der Sicherheitsmaßnamhen angeregt zu haben. Wir halten dank ihres Einsatzes hiesigenorts nunmehr auch da Verschwinden eines in sich nicht übermäßig wertvollen, uns hier aber substantiell kostbaren Ringes, nicht mehr für einen dummen Zufall oder einen internen Fehler, sondern erkennen uns als gewarnt.
Der Titel des kommenden Blogs aus unserem Hause wird in Kürze bekannt gegeben. Die Grundregel des EinSatzBuches wird erhalten bleiben, aber einige inhaltliche Änderungen stehen ins Haus. Wir freuen uns auf weiterhin rege Teilnahme.

1422.

Die Chefin und die Kreativleitung hatten lange überlegt, wie sie ihr letztes Gutachten nennen sollten: der Chefin war immer so droeges Zeug eingefallen wie: "die seelische Gesundheit unter den Bedingungen der voelligen Entrechtung" oder: "kann man bei rechtlosen und Gewalt ausgesetzten afghanischen Mädchen von 'seelischer Gesundheit'und 'seelischer Krankheit' sprechen" usw., die Kreativleitung hatte sie an Trockenheit überboten, indem sie von "Volkes Recht und Volksgesundheit" geplappert hatte, während Mo unbeteiligt vor sich hin summte, und schließlich hatte die Chefin gesagt, die EinSatzLeitung kann ja auch verdeckt und im Archiv weiter daran arbeiten, wir müssen doch bekanntgeben, dass wir einen neuen Blog machen, in dem wir, wie es die Konservativen derer Skribenten und Kritikaster schon so lange fordern, selbst nicht mehr vorkommen, wohl aber weiter unsere Arbeit tun usw., und die Kreativleitung hatte gesagt, anzuknüpfen ist freilich noch an die Marquise von B., wie es sich gehoert, auf einer allerletzten B-Ebene.

Freitag, 3. Juni 2011

1421.

Der letzte macht das Licht aus, murmelte Karomütze vor sich hin; dabei wischte er sich den Schweiß aus den Locken, denn die Juninacht war warm, und der Traum von einem brandneuen grünen Alfa Romeo, den er auf dem Dienstweg, äh, dem Weg zum Dienst, nein, dem Weg zum EinSatz, Mann, gesehen hatte, erhitzte ihn von innen, das war natürlich auch nicht ganz richtig, aber jedenfalls schwitzte er also und dachte wieder an das sensationelle Fahrzeug und fand, je näher er der spitzschnabeligen Schnauze seines alten Dienstwagens kam, das altmodische Schlüsselbund, das er mit sich herumzuschleppen hatte, immer unpraktischer.

Donnerstag, 2. Juni 2011

1420.

So, und, wird sie jetzt endlich geliefert, die großartige Idee, motzte der schon etwas angetüterte Abgesandte der Verwertungsgemeinschaft, und trat ein paar mal gegen die Tür, aber da war niemand.

Mittwoch, 1. Juni 2011

1419.

Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen war außerordentlich heiter gestimmt, als sie zur Nachtschicht eintraf, und sagte, heute wollen wir mal so richtig in die Welt gucken: http://www.zeit.de/2011/22/Ideen-Winklevoss/seite-2.

Montag, 30. Mai 2011

1418.

Wiederholungskrämpfe, du liebe Güte, sagte der Kwaliteitswart, und rief Karomütze an, denn er dachte, eine kleine Poldertour würde ihm gut tun.

Sonntag, 29. Mai 2011

1417.

Die Kreativleitung hatte sich in Absprache mit der Chefin das Schreiben verboten, führte nur ein paar Abwehrgefechte on behalf of Dame Oe, die von irgendwelchen Idioten aus der Ecke des ehemaligen Projektentwicklers immer noch angeschossen wurde, weil sie dafür zuständig sei, seine Altersversorgung zu sichern, als hätte er nicht längst alles an sich gebracht, was sie jemals aus ihrem Leben noch hätte machen koennen, als hätte er nicht längst in einer Hatz, die ihresgleichen suchte, ihr das Leben zu einer Bitternis reduziert, angesichts derer anderen mehr als die eine erhobene Braue versteinert wäre, als hätte man nicht längst einen gewaltigen Bruch mit der gesamten Mitmacherbande und einen spektakulären Abgang inszenieren müssen, um sowas angemessen zu beantworten, sagte die Kreativleitung, als sie mit Dame Oe und der Gattin des ehemaligen Chefs in der Hollywoodschaukel saß, nicht einmal von Mo begleitet, denn diese trieb sich, da keine Zettel mehr gebraucht wurden, nur noch mit dem erzählenden Kranich in der Wildnis herum, während der klitzekleine Forschungsminister vom naseweisen Sinologen das Blähen lernte.

Samstag, 28. Mai 2011

1416.

Wir sind die family, ey, sagte der Kumpel von Karomütze zu seinem Kumpel, aber es klang nicht amüsiert, und auch Karo war ziemlich bedrückt, das kannst du doch nicht schreiben, sagte er der Kreativleitung, und sie sagte, vielleicht hast du recht, aber hätte ich es denn übergehen sollen?

Freitag, 27. Mai 2011

1415.

Du fängst jetzt nicht wieder mit diesen alten Filmen an, oder, sagte die allgemeinste Verteidigung entnervten Gesichts, als sie, nachdem sie das Kleinchen zu Bett gebracht hatte, auf dem nur leicht schunkelnden Hausboot den Kwaliteitswart vor dem Schirm auf "Scarlet Pimpernelle" glotzen sah, aber es war zu spät: der hatte sich voellig eingesponnen in seine herrliche Filmwelt, der klappte erst das eine und dann das andere Bein über das je andere oder so und lullte sich richtig ein in die Phantasie des Helden, der nie sicher ist, ob seine Frau ihn auch liebt, und die praktische Verteidigung konnte solange sehen, wo sie blieb, so'n Mist, sagte die, und lachte.

Donnerstag, 26. Mai 2011

1414.

Wenn sie gar zu unverschämt schoen werden, kannst du nur hoffen, dass sie auch damit fertig werden, sagte die Chefin, als das Kind wieder gegangen war, und sie schickte einen Gruß hinterher, nicht zum Klagen, sondern mehr so als Schutz: http://www.youtube.com/watch?v=16AnGcB7MHA

Mittwoch, 25. Mai 2011

1413.

Es ist alles gesagt, sagte der Buchhalter, und schloss die Tür; dabei dachte er an seine Märklin-Eisenbahn und daran, dass morgen oder übermorgen, je nachdem, wann die Trantüte Kreativleitung mal wieder einen Satz zu setzen gedachte, unweigerlich der Tag der Lok 1414 sein würde, die, wie er sich innerlich vor sprach, auf Urlaub ging, ach Kindertage…

Montag, 23. Mai 2011

1412.

Ein vollkommen schockierendes Ereignis ereignete sich, als Karomütze am Grillplatz in Begleitung einer jungen Dame auftauchte, welche ein über und über kariertes Kleid am Leibe trug und dann nicht etwa mit eigenem Namen vorgestellt wurde, sondern als die - man hoere und erschrecke - Ex des sozialen Tugendwartes!

1411.

Da war ein Zählproblem zu beheben, es dauerte den ganzen Tag, stoehnte der Buchhalter, dem schwindelig war.

Sonntag, 22. Mai 2011

1410.

Pfffft, machte Karo, und seine Lippen bewegten sich von Schlitzmund zu Spitzmund und zurück, als er sah, wie in der NachrichtenMitHintergrundSendung die Luft aus einem Globus zischte, soll das jetzt für mich eine Steilvorlage sein oder was, dann zischte er vor Wut noch einmal nach und kniff sich in sein Ohrläppchen.

Freitag, 20. Mai 2011

1409.

Der regennasse Asphalt dünstete etwas nach - auch am Übergang von der Revaler Straße zur Modersohnbrücke, auf der Karomütze stand, weil Mr. Precuneus ihm einen Hinweis gegeben hatte.

1408.

In der Fabriciusstraße roch es nach verbranntem Gummi, als der naseweise Sinologe die klammen Stiegen zu seiner Wohnung erklomm, und er fragte sich, wie er unter solchen Umständen würde lüften koennen.

Mittwoch, 18. Mai 2011

1407.

Der soziale Tugendwart wollte bei der Entscheidung unbedingt mitsprechen.

Dienstag, 17. Mai 2011

1406.

Dann schrieben sie tatsächlich eine Stelle aus für den Verkauf - aber sie schrieben sie Dame Oe gleichsam auf den Leib und keiner wusste so genau, wieso sie das taten.

Montag, 16. Mai 2011

1405. B

Jemand hatte im Teppich geglaubt, sich selbst zu erkennen, und er zitterte gar sehr, dass etwas Unerfreuliches über ihn bekannt werden koennte, was unbedingt und durchaus zu verhindern wäre, seiner Meinung nach. An Hebeln, die er in Bewegung glaubte setzen zu dürfen, fehlte es ihm nicht, und in inniger Zusammenarbeit mit den Welten der Pest- und Brachvoegel sowie unter Herbeiziehung des Milchzaren aus Nieder- oder Obersachsen und anderen Kräften war es ihm gelungen, die Kreativabteilung der EinSatzLeitung ebenso lahmzulegen wie die nicht übermäßig entwickelte Verkaufsabteilung, für die sich eh niemand so richtig zuständig fühlte. Zwar hatten Karomütze, Mr. Precuneus und andere in unermüdlichem EinSatz vieles unternommen, um den Karren wieder flott zu kriegen, aber dann kamen ausgerechnet die Helfer auf die verrückte Idee, der ohnehin schon poroes gewordenen Kreativabteilung einmal recht gründlich auf den Zahn zu fühlen, aufs Maul zu schauen oder in die Stube zu lauschen. Zwar wurde das Gebäude gesichert, aber schließlich lebte man in guter Nachbarschaft zu seinen Nachbarn, und wer würde wohl sich weigern, ein Paket für den Nachbarn entgegenzunehmen, wer auf ein Mo hoeren, welches behauptete, es ticke in diesem Päckchen und vermutlich sitze irgendein winziger Pianist da drinnen. Zwar glaubte immerhin die Kreativleitung dem kleinen Mo sofort, aber anstatt sich nun, wie es Karomütze, wäre er nicht mal wieder in den Poldern unterwegs gewesen, ohne Zweifel geraten haben würde, mucksmäuschenstill zu verhalten und von den üblichen Selbstgesprächen zur Bewusstseinsklärung in den Schreibprozessen abzusehen, hatte sie eine ihrer unbeschreiblich unklugen Ideen. "Wenn wirklich ein kleiner Pianist in dem Päckchen sitzt und uns belauschen will," flüsterte sie Mo zu und machte dabei ein abenteuerlustiges Gesicht, "dann werden wir ihm jetzt mal erzählen, was wir von ihm und der Welt und solchen Methoden halten, meinst du nicht?" Mo fand die Idee ausgezeichnet, denn irgendwie hatte sie das immer schon mal machen wollen, nur waren die Gelegenheiten so rar so rar, und schließlich war es ihr immer lieber, die ganze Sache mal zu vergessen, nun sie sich aber an ihr Bewusstsein getickt hatte und anscheinend zum Wiedererwachen der Lebenskräfte gehoerte, war es doch nur recht, ein wenig vor sich und dem vermeintlichen Pianistenpäckchen auszupacken, was sie so empfand. Die Kreativleitung ermunterte sie - und so plapperten sie in einem Fort um das Päckchen herum, nicht bedenkend, dass sie damit bei ihren Freunden (tatsächlich steckten der erzählende Kranich und der kleine Brachvogel mit unter der Decke derjenigen, die mal ein Ohr in die Kreativabteilung hatten schmuggeln wollen, natürlich nur in der hochedlen Absicht, Argumente gegen die Denunzianten zu sammeln) mittlere Erdbeben und ein für sie nicht sehr günstiges Entsetzen ausloesen würden. Tja, und so kam es, dass die EinSatzLeitung am Wochenende geschlossen blieb, denn alle waren unterwegs, um hier und da ein Feuerchen zu loeschen, hier und da Gesicht zu zeigen und EinSätze zu sagen und freundlich lächelnd zu ertragen, wie merkwürdig sich mancher benahm, und dass es anderen tatsächlich gelang, ploetzlich gar nicht mehr so merkwürdig zu sein. "Wie mans macht, macht mans verkehrt," seufzte der kleine Brachvogel, wir haben es doch wirklich gut gemeint. "Ist ja schon gut," sagte das kleine Mo, "wir sind ja schon froh, wenn man uns nicht boeser Absichten beschuldigt, und dürften wir jetzt bitte den Teppich verkaufen, es ist doch ein wirklich schoener Teppich, und übrigens sind wir auch sonst sehr nett."

1405.

Niemand fragte, warum die EinSatzLeitung das ganze Wochenende geschwiegen hatte, denn der Vorfall war allen EinSatzKräften bekannt geworden und wird im folgenden wieder einmal auf einer B-Ebene mitgeteilt.

Freitag, 13. Mai 2011

1404.

Die Frankfurter Schule hatte auch ein Schulorchester, schnatterte das Kind, als es nach dem Konzert sein Instrument einpackte und mit der Chefin zum Auto ging, die haben dann immer Adornos Kompositionen gespielt, Mama, wusstest du das, und die Chefin sagte, ich wusste nur, dass er auch komponiert hat und wie man so sagt jede Note der abendländischen Musikliteratur kannte, aber es interessierte mich nicht so sehr, und das Kind protestierte nicht, als die Mutter im Auto Jazzradio aufdrehte: bei dem Wort "Drive-fuck-aholic" mussten sie beide lachen.

Mittwoch, 11. Mai 2011

1403.

Anstatt sich mit den Füßen aus dem Fenster auf die Fensterbank zu setzen, um irgendein Lied zu zitieren, sollte sie sich lieber an einen Tisch setzen mit… und die Dinge mal richtig ausdiskutieren, kann doch nicht so schlimm sein, sagte der Minderheitler mit den grünen Borsten, welcher sich grämte, dass neuerdings alle Leute was von städtischer Verdichtung sabbelten, während er eigentlich nur noch raus wollte, Amerika oder so, und nein, nicht das in Brandenburg, Grand Canyon, wenn ihr versteht was ich meine, nicht irgendwelche Mos, sondern Fritz the Cat, apropos Krähen.

Montag, 9. Mai 2011

1402.

Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen setzte sich auf die Fensterbank ihrer Wohnung im 80. Stock und ließ ihre Füße nach draußen bammeln, es gefiel ihr so.

Sonntag, 8. Mai 2011

1401.

Der Mann vor dem Plattenbau begrüßte mit brüchiger Stimme den Abgeordneten der Linken Friedrichshain-Kreuzberg X.X., welcher nun zum Jahrestage der Befreiung zu den wenigen Versammelten sprechen werde, und schütterer Beifall verklatschte sich an die Ohren der Vorüberfahrenden, als Mo im Koerbchen des Fahrrades einen kleinen Singsang anstimmte, in welchem sie sang: das Datum meiner Gefangenname habe ich vergessen, und nie wieder habe ich in die schändlichen Unterlagen geschaut, aber jeder, der mein Leben in der Zeit danach, in den Jahren mit Mann und in den Jahren ohne Mann, ansehen würde, als hätte ich die Gefangenschaft selbst vergessen, würde einen Wahrnehmungsfehler machen, und sie kratzte ein wenig am flatternden Hemde der Kreativleitung herum, die schweigend und lächelnd weiter in die Pedale trat und sich am Anblick der Gebäude und der Bäume und der Menschen, welchen unentwegt auszuweichen war, da sie sich in diesen Gegenden vollkommen regellos über die Straßen bewege, freute.

Samstag, 7. Mai 2011

1400.B.

Der Text, welchen die Chefin in ihrem Postfach gefunden hatte, schilderte eine Begebenheit aus ihrem Leben als Vortragende. Tatsächlich hatte eine Mediengruppe sie eingeladen, über die EinSatzLeitung zu berichten. Es waren vornehmlich Damen dort gewesen, die einmal etwas anderes über weibliche Führung hoeren wollten als das Übliche, und die Chefin hatte sich viele Gedanken gemacht. Tatsächlich hatte sie ihr geschätztes Publikum "abgeholt" mit einem kleinen "Teaser," wie diese Leute es ja zu nennen pflegten: Heidi Klum, so sagte sie, verkoerpert mit ihrer Model-Dressur im Grunde die perfekte Phallokratie. Und dies nicht, weil sie etwa die Mädels zu Objekten männlicher Lüste herrichtet, wie es eine altfeministische Lehre nicht ohne Recht und Grund zu bemerken pflegt, sondern vielmehr deswegen, weil sie in der Tiefenstruktur selbst phallisch ist und dieses auch einfordert. Zugleich ist sie freilich eine Bienenkoenigin. Wie dieses? Nun, hatte die Chefin ihre Ausführungen fortgesetzt, ich will Ihnen sagen, was ich unter Phallokratie in der Tiefenstruktur verstehe, gern ohne tiefer einzusteigen in die Lacanianische Theorie, denn für diese wird Ihnen die Zeit fehlen, Sie haben Unternehmen zu führen: Eben als Unternehmerinnen sind Sie aber phallische Frauen der neueren Art. Mit Phallisch meinen wir ungefähr: Jeder hat alle seine Handlungen am erigierten Gliede zu orientieren. Wenn Ihnen etwa der Auktionator eines Kunstwerkes sagt, wichtig ist mir nicht der Preis, wichtig ist mir, dass derjenige das Werk bekommt, der es unbedingt haben will. Dann ist für ihn die Phallizität des Käufers entscheidend. Sie ist ihm wichtiger als das Geld, das er bekommt. Er sagt, das sei so, weil er selbst das Kunstwerk besonders liebe. Und nun prüft er also die Kunden auf ihr Unbedingtwollen. So macht es auch Heidi Klum. Die Mädels oder Models sollen nicht so sehr perfekte Objekte sein, sondern sie sollen unbedingt perfekte Objekte sein wollen. Darauf geht der Drill. An dieser Stelle erhob sich Murren im Auditorium, denn die Damen hatten sich just diese Haltung selbst mit Mühe angeprügelt, und was sollte nun daran schlecht sein? Das Phallische an sich ist ja nicht unbedingt schlecht, lächelte die Chefin, nicht ohne mit winzigen Mienenspielen anzudeuten, dass im Hintergrund ihrer gusseisernen Freundlichkeit eine Kraft saß, von der sie durchaus nur gelegentlich Kenntnis zu geben wünschte. Im Gegenteil, wir müssen begrüßen, wenn die Menschen etwas sehr wollen und uns dadurch in ein Spiel ziehen, das wir genießen koennen, und auch auf der Bildebene wird eine Dame kein groeßeres Kompliment kennen, als wenn ein Herr, den sie selbst faszinierend findet, in ihrer Gegenwart die betreffende Beunruhigung zeigt, die uns hier als Symbol dient, nicht wahr. Da wurde wieder ein wenig wissend geschmunzelt oder sehnsüchtig geseufzt, und einer der wenigen Herren im Auditorium erroetete leicht (es konnte natürlich einen anderen Grund haben, den Blutdruck oder was auch immer). Warum aber ist die Heidi denn nun eine Bienenkoenigen, wollte eine der ungeduldigeren Damen wissen, nun ja, sagte die Chefin, weil sie entscheiden kann, wessen unbedingtes Wollen sie am unbedingtesten überzeugt. Das ist an sich nicht weiter ungewoehnlich bei Lehr- und Auswahlveranstaltungen. Aber was mich interessiert ist die Konsequenz für die Frage, was Heidi selbst eigentlich will. Und ich meine, sie will nicht wollen müssen. Das finde ich ziemlich interessant.
Den Damen gefiel es nicht so, denn es war irgendwie nicht operationalisierbar, und außerdem hatte es auch nicht den Schatten eines Versprechens bei sich, dass die besprochene Heidi Klum es etwa selbst so gesehen haben würde.

Also gut, sagte die Chedin schließlich lachend, das moegen Sie nicht? Dann machen wir jetzt das Übliche: ein Rollenspiel zu Team und Wertschätzung, intrinsischer Motivation usw. Da waren sie alle schnell wieder bei ihr, und als der Tag beendet war, waren sie wieder fest davon überzeugt, in der kommenden Arbeitswoche alles sehr viel richtiger zu machen und ihren Laden besser in den Griff zu kriegen. Sie äußerten sich in der feed-back-Runde entsprechend.

Nur eine drückte ihr am Ende die Hand, zog ihre feingezupften und korrekt eingefärbten Brauen zusammen und sagte strahlend: Wissen Sie, am Anfang habe ich gedacht, das ist so eine intellektuelle Schnepfe, die voellig durchdreht und nichts auf die Reihe kriegt. Aber dann haben Sie mich doch überrascht. Ja, sagte die Chefin, und dankte herzlich. Zum Glück habe ich irgendwann in meiner Laufbahn begriffen, dass die Menschen immer das als neu und überraschend und bereichernd empfinden, was sie schon ganz lange kennen und auf allen Kanälen täglich hoeren. Und sie verabschiedete sich mit einer angedeuteten yogischen Verbeugung.

Immerhin kein Wort über die EinSatzLeitung verloren, dachte sie auf dem Heimweg, ich würde es doch vermissen.

1400.

Das Kind war zum Wochenende bei der väterlichen Familie, so dass die Chefin schlafen konnte bis in die Puppen, seltsam eingehüllt in die Vorstellung, ausgerechnet von Mos Gedanken warm umhüllt zu sein, und als sie erwachte, hatten die Voegel schon sehr lange gezwitschert, die Sonne hatte abertausende von schnellen Strahlen durch das dünne Gewebe des Vorhangs geschickt, so dass sie nach Morgenübungen, Dusche und einem herrlichen Kaffee auf dem Balkon dachte: Zeit für eine B-Ebene, welche sie auch tatsächlich gleichsam tippfrisch in ihrem Postfach fand.

Freitag, 6. Mai 2011

1399.

Die Kreativleitung hatte sich ganz grün in eine Hecke gesetzt, um den Voegeln zu lauschen, Mo schnarchte im Bündel, der erzählende Kranich lauschte andächtig auf einem Beine stehend, und zu Füßen der Hecke hockte der kleine Brachvogel, welcher in unklarer Gefühlslage dem Pestvogel mit dem belgischen S dabei zuschaute, wie er ein Stück Entenflott mit energischen Kopfbewegungen trockenschwenkte, bevor er es sich einverleibte, um dann frisch gestärkt zu verkünden: ich bin ein Pestvogel, das S ist mir zugewachsen, aber ich bin ein Pestvogel wie ihr alle, und wir Pestvoegel, wir mussten damals diesen Brachvogel erledigen, er wäre nur immer wieder auf dieselben Dinge zurückgekommen, denn er konnte nicht glauben, dass alle seine Werke zerfleddert und wertlos geworden waren, seit sich herumgesprochen hatte - ja, wir mussten es tun, trompetete er, und der kleine Brachvogel sagte mit zitternder Stimme, ich glaube nicht, dass Sie ein Pestvogel sind, Verehrtester, ich moechte Sie eher für eine gemeine Elster halten, und mit einer erstaunlichen Behendigkeit flatterte er auf das erfahrungsgeblähte Tier zu und rupfte ihm eine Schwungfeder aus, na da hätten Sie mal sehen sollen, was geschah!

Donnerstag, 5. Mai 2011

1398.

In seinen Fortbildungen hatte der Kwaliteitswart sich entschlossen, dann und wann etwas über das Opfer zu sagen, denn im Grunde lief es ja immer darauf hinaus, wenn wieder mal in irgendeinem Unternehmen die Luft brannte, und Leute, die bei brennender Luft in Unternehmen eingesetzt wurden, waren schließlich diejenigen, die seine Fortbildungen besuchten, aber als er ihnen an diesem Tag erzählte, wie in den hellenistischen Kulten das zu opfernde Tier zuvor noch ins Getreide geführt worden war, um Halme zu raufen, nicht etwa als Henkersmahlzeit, sondern weil man wollte, dass es auch etwas Boeses getan habe, eine Schuld, die es einzugestehen hatte, bevor es dann zur Strafe getoetet wurde, da verzogen erst einige der resoluter wirkenden zierlichen Damen, dann einige andere Teilnehmer ihre Gesichter, und nach einer halben Stunde ereiferte sich ein schwitzender, dicklicher kleiner Kerl vorgerückten Alters sehr darüber, dass hier systematisch die Eigenverantwortung der eingebildeten Mobbing-Opfer geleugnet werde, nun auch noch unter Missbrauch rudimentärer Kenntnisse der Religionsgeschichte, er sei aber gekommen, um zu lernen, wie man bei sich anfangen koenne, die Situationen zum Guten zu wenden, und der Kwaliteitswart wechselte vom schlaksigen Standbein auf das nicht weniger schlaksige Spielbein, indem er dünnlich lächelnd sagte, dann fangen Sie doch am besten einfach mal an, es wird allemal sinnvoller sein, als wenn Sie sich weiter über mein Konzept aufregen, nej?

Mittwoch, 4. Mai 2011

1397.

Also wenn die das jetzt durchhält, dann würden wir uns vielleicht in Zukunft bereit finden, sie auch weiter ein bisschen zu unterrichten, aber so ein bisschen mehr Durchhalten usw., das soll schon sein, plapperte die Erzieherin im Gespräch mit der allgemeinsten Verteidigung, die entgeistert zuhoerte und zuschaute, wie die Erzieherin mit ihren Fingernägeln nervoes auf der Tischplatte herumkratzte, während sie sagte, die Kinder heute sind ja so unaufmerksam und zerstreut, die gucken immer nur in Bildschirme und erwarten, dass es piept, und als die Erzieherin noch drei so Sätze gesagt hatte, und als die allgemeinste Verteidigung eine minimale Kontrolle über ihre Kiefermuskulatur wieder erlangt hatte, da fragte sie, von welchen Kindern sprechen Sie überhaupt, und die Erzieherin unterbrach sich für eine halbe Minute, bevor sie weiter sprach über die allgemein anschwellende Ungeduld am Kinde.

Dienstag, 3. Mai 2011

1396.

Dem Journalisten gefiel es, einmal darauf aufmerksam zu machen, dass hier mit einem Film geworben werde, welcher gar nicht existierte, was Sie nicht sagen, sagte die allgemeinste Verteidigung, und es klang wenig apologetisch.

Montag, 2. Mai 2011

1395.

In den Ebenen der klammen und breiten Sprachen hockten die Brachvoegel und die Pestvoegel beieinander und berieten eifrigst über die Frage, wie umzugehen sei mit dem kleinen Brachvogel, welcher soeben hatte verlauten lassen, dass er mit bestimmten Sprachen ganz und gar gebrochen habe: nun, sagte der oberste Pestvogel, wer mit einer ganzen Sprachwelt bricht, erleidet sicherlich einen seelischen Zusammenbruch und wird entweder sich oder der Welt früher oder später gefährlich werden, man muss ihn einem Exorrzismus unterziehen und mit Gebeten heilen, sagte der zweitoberste Brachvogel, und dicke Wolken zeigten sich am Himmel, aus denen es wirklich Katzen und Hunde regnen würde über kurz oder lang, denn der oberste Brachvogel war entrüstet, es wäre also alles ziemlich schlimm ausgegangen für den kleinen Brachvogel, wenn nicht eine Pestvogelin hervorgetreten wäre, die allgemein anerkannt war unter Brach- und Pestvoegeln, weil sie viele schoene Werke in einer hoechst eigenwilligen Sprache verfasst hatte, und sie floetete mit eigenartiger Stimme, meine Damen und Herren Vogelkollegen, innerhalb Ihrer Fachwelten würden Sie niemals eine sinnvolle Deutung derjenigen Werke zustande bringen, mit welchen Sie doch Ihre Nester und Ihre Brutmulden zu befüllen pflegen, und ich moechte Sie herzlich bitten, im kleinen Brachvogel das Talent zu erkennen, das er schon oefter bewiesen hat, welches sich freilich nur wird durchkämpfen und zu hoeheren Leistungen verstehen koennen, wenn man ihm nicht die Fesseln derjenigen Begriffe von Ganzheit und Heilung anlegt, in welchen andere Voegel mit gutem Rechte noch passable Flugleistungen erbringen, und sie nahm das verängstigt vor sich hin piepsende Tier unter ihre Fittiche und schritt unter Zurücklassung empoert aufeinander ein debattierender Vogelschwärme neben dem nach und nach munterer austrippelnden Wesen auf den Platz zu, an welchem sie zu residieren pflegte, ignoriert von vielen, geachtet von vielen anderen, und eingerichtet in einer gewissen sproeden Gelassenheit.

Sonntag, 1. Mai 2011

1394.

Das richtige Konzept, sagte der Komplexitätswart, der sich zum 1. Mai wie jedes Jahr lieber "Reduktionswart" hätte nennen lassen, das richtige Konzept bei einem syrischen Geheimdienstmann auf 153 syrische Normalbürger, sagte er also, wäre ein Gegengeheimdienst, etwa nicht, man kann das doch heute ganz gut hinkriegen, muss sich natürlich ordentlich vernetzen und so, aber dann wird das schon, ich bin sicher, und er entzückte sich sogleich so sehr an seiner Idee, dass er sie von seinem kleinen Handgerät aus an Mr. Precuneus twitterte und in den verbleibenden Stunden des Tages nur noch auf dessen Antwort wartete - welche indes ausblieb.

Samstag, 30. April 2011

1393.

Habt ihr das mit den Kommentaren geklärt, fragte der Oberassistent den Sicherheitsbeauftragten, als er ihn endlich erreichte, aber der sagte, ist heute ganz schlecht, wir haben einen anderen EinSatz, da brennen überall Buschfeuer, jemand hat die pinkfarbene Bluse der Chefin geklaut, und das heißt, wir müssen in Zukunft allen Ernstes mit Überwachungskameras rund um ihre Wohnung arbeiten, man fasst es nicht, die Sache mit den Kommentaren haben wir dem technischen Support übergeben müssen, ebenso die mit den Werbeeinnahmen, es ist gerade überall was los, und der Oberassistent sagte, wie soll ich das bitte den andrängenden Kommentierungswilligen an den Verstand bringen, einfach sagen, sagte Karomütze, und drückte das Knoepfchen.

Donnerstag, 28. April 2011

1392.

Der Buchhalter, welcher mit seinem sportlichen Fahrrad durch den Tiergarten in seine Behausung fuhr, bemerkte erst, als ihm ein Schwarm Fliegen ins Gesicht klatschte, dass er mal wieder vergessen hatte, den Mund zu schließen beim Fahrradfahren.

Mittwoch, 27. April 2011

1391.

Mit ihren flinken Fingern wickelte Dame Oe den Fisch in feingeschnittene Schinkenscheiben und legte die Päckchen vorsichtig auf das bereits in Rapsoel dünstende Paprikagemüsebett, und während sie den gläsernen Deckel auf die Pfanne brachte, sagte sie zur Gattin des Chefs, die ihrer alten Freundin erstaunt bei der Zubereitung dieses Gerichts zuschaute und an ihrem duftenden Thee nippte, der hier wie eh und je mit einem kleinen h gereicht wurde, also in meinen Augen ist auch die Arbeitszeitdisziplin eine Sache der Hoeflichkeit gegen andere, wird sie irgendwo erfordert, hält man sich dran - interessiert es hingegen keinen, wann man arbeitet, solange das Produkt stimmt und zur rechten Zeit da ist, so kann man doch sehr gut dann arbeiten, wenn es in den eigenen Rhythmus passt, und ich meine, die jungen Leute haben es da heute besser als wir früher, denn oftmals haben sie ja sehr flexible Arbeitszeiten, mir alter Trulla gefällt das übrigens auch, und sie lächelte, während sie mit angespanntem Behagen die Vorgänge in der Pfanne im Auge behielt.

Dienstag, 26. April 2011

1390.

In one of those coffeebars downtown Accra, Mr. Precuneus just had his morning coffee when he overheard some very yellow-faced American tourists talking wildly about a project of retraining some cancer, what, thought Mr. Precuneus, they wish to retrain cancer, are they running a gym for cancers, well, where, if not here, he went on in his thougts, dropped his coins into the boy's hand and slipped out of the door.

1389.

Jetzt fehlt nur noch, dass er von der Tzene auf dem Balkon erzählt, der alte Romeo, sagte die allgemeinste Verteidigung mit leicht stammelndem Tonfall, nachdem sie im Aprilosmmer ein paar Weißweinschorle zu viel getrunken und bei einem Blick in den Spiegel festgestellt hatte, dass sie sich immer mehr dem Bild jener bedürftigen Adressen einer Romeo-Attacke näherte, das sie ungefähr drei Jahre zuvor noch jubelnd belacht haben würde, ohne jemals auch nur in die entfernteste Erwägung zu ziehen, dass sie selbst als "Julia-Agentin" eingeplant worden sein koennte von den mieseren Fraktionen, welche gelegentlich um die Dienste der EinSatzLeitung nachsuchten.

Sonntag, 24. April 2011

1388.

Jetz issa total durchedreet, sagte der Kumpel von Karomütze, als dieser sich zu den Klängen von http://www.youtube.com/watch?v=17gEwoN3Y5s&feature=watch_response auf dem Fahrersitz des dachoffenen Alfa zusehends in etwas wie Mr. Precuneus zu verwandeln begann, und um seine Tattoos herum stellte sich sein Berliner Blondhaar auf.

Samstag, 23. April 2011

1387.

Während der Kwaliteitswart und die allgemeinste Verteidigung ihre Sachen in ihr kleines Auto stopften, um für ein paar Tage nach Amsterdam zu fahren, paradierte betont langsam eine Kolonne roter Ferraris durch die Straße, dieses Mal mit Wimpeln verziert, auf denen "Neuanfang wagen," "Vertrauen entwickeln," "gemeinsam Handeln," "Kommunizieren," "den Menschen sehen" und "Bindungen eingehen" zu lesen stand, und der erzählende Kranich, welcher nach einer Party mit den soeben von ihrem Südaufenthalte zurückgekehrten Artgenossen noch etwas verkatert auf einem schwanken Beine neben dem Fahrzeug stand, um mit seinen Erzählungen das Kleinchen zu unterhalten und von gefährlicheren Aktionen abzuhalten, wollte sich schier ausschütten vor Lachen.

Freitag, 22. April 2011

1386.

Vor 5 Jahren hast du mich Ostern in eine Kirche geschleppt, weißt du noch, sagte das Kind und machte sehr große Augen … ja, sagte die Chefin, und lächelte, dieses Jahr würde es mir vorkommen wie ein strategisches Kirchegehen und wie ein strategischer Fehler zugleich, ist das nicht bescheuert … und dann suchte sie fahrig nach der Notrufnummer, die sie im letzten Sommer notiert hatte, denn vom Hof drang seit einer halben Stunde schlimmstes verzweifeltes Schreien eines kleinen Kindes, und sie konnte es nicht orten, sonst hätte sie längst bei diesen Nachbarn geklingelt und entschlossenen Gesichts den Eltern ihre Hilfe angeboten.

Donnerstag, 21. April 2011

1385.

Ist das Ihr Vorbild, schrie der Journalist ins Telefon … ich habe es noch nicht aufgekriegt, winkte die Kreativleitung ab… na, so schwer kann es doch nicht sein, brüllte der Journalist… ich habs jetzt, sagte die Kreativleitung, was daran sollte mein Vorbild sein… darin ist ein Wandteppich von einer Weberin, schrie der Journalist, und die Kreativleitung lachte, Wandteppiche gibt es viele, sagte sie dann, dieser ist schoen, aber mit meinem hat er doch nun wirklich nichts zu tun, und sie machte sich wieder an das nächste Stück Arbeit, das da in vielen Einzelmaterialien vor ihr lag, während der Journalist den folgenden Film irgendwie als Skandalnummer abzusetzen versuchte: http://www.youtube.com/watch?v=ROQZLJZ6aSs&feature=related

Mittwoch, 20. April 2011

1384.

Diese Sahnerunde war ganz okay, meinte der Kwaliteitswart, aber etwas hat mir noch gefehlt, ich weiß nicht so genau, was es war, sagte er, und er musste sehr niesen, lass uns über Ostern aufs Hausboot fahren, ja?

Dienstag, 19. April 2011

1383.

An einem Punkt schwoll allgemeines Brausen gegen Mo an, die Kreativleitung schien es nicht gleich zu bemerken, da ein fremder Gast ihre Aufmerksamkeit für den Moment gefangen genommen hatte, aber dann hoerte sie diesen typisch rätschenden Tonfall, der den Hauptstimmen aller Meuten in aller Welt gemeinsam ist und hoerte sagen, wie sehr es an allem schuld sei, das Mo, wie sehr es alles falsch gemacht habe, und mit dieser Äußerung verrate es sich nun wirklich, und als sie herzu eilte, hoerte sie schon die wärmere Stimme der allgemeinsten Verteidigung, welche soeben fragte, was hat sie denn getan, dass ihr alle so wütend seid, und voller Empoerung blähte sich eine vollbusige Süddeutsche und schnarrte, es hat behauptet, nie werde es den Stiefel respektieren, der es trete, und nie den Klang der Tastatur loben, mit der man ihm die unschuldigen Lieder vorgespielt habe, die nachzusingen wir es soeben arglos aufgefordert haben, und die Dame zeterte und rätschte und ruderte sich immer weiter in Rage über dieses eingebildete Mistvieh, während die Kreatileitung das vollkommen erstarrte Mo aufnahm und wieder in die Ecke des Raumes ging, wo sie den Kwaliteitswart bat, einen Grund zu erfinden, um diese Fraktion von Gästen schon einmal hinaus zu werfen.

Montag, 18. April 2011

1382.

Die hatten alle schon ganz schoen lange in froehlicher Runde in der engen Behausung der Kreativleitung zusammen gesessen, einen nicht nur trockenen Rotwein getrunken, gesungen und gelacht, und der Kreativleitung waren, je froehlicher sie wurde, desto mehr Figuren eingefallen, die man noch ergänzen koennte, eine blaue Hortensie nur so für die Melancholie, einen kriechenden Günsel als kleine Reminiszenz an ein altes Kinderbuch, einen hockenden Verdrießlichen und eine maulende Majorin oder Mrs. Beeheave, die einfach in der realen Welt schon etwas zu lange vergessen sei, der Buchhalter, selbst nicht mehr ganz nüchtern, hatte gleich begeistert Captain Beefheart nachgeschoben, und alles schien ganz unpassend vergnügt zu zu gehen, als das Kind ploetzlich fragte: Mama, wenn die EinSatzLeitung doch gerade abgewickelt wird, wie kann sie dann immer neue Sachen machen und immer neue Figuren dazu erfinden, erstens kann die doch kein Mensch unterbringen und zweitens geht das alles überhaupt nicht, und die Chefin sagte, du hast eigentlich recht, aber wir haben dafür ein historischen Vorbild, Leute, die sich nie entscheiden konnten, ob sie nun Vorbilder sein wollten oder nicht, und weil sie sich nicht entscheiden konnten, haben sie einfach die gesamte Diskussion über diese Frage aufgeschrieben, und immer fiel noch irgendwem irgendwas ein, das er dann auch dazu schreiben musste, ich glaube, so gehts einfach in der Welt zu, es ist vielleicht nicht logisch…aber das Kind war damit nicht so zufrieden wie man hätte erwarten koennen, und die Chefin selbst ließ es sich auch nur zur Feier des Tages mal durchgehen.

Sonntag, 17. April 2011

1381.

Als die Chefin an jenem Morgen erwachte, war ihr klar, dass sie Herrn Hebel und Frau Bewegung fortkomplimentieren und die EinSatzLeitung weiter führen würde, sie streckte sich und straffte sich, sie sagte sich, natürlich werden sie jetzt alle quaken, da liege noch ein harter Weg usw., und natürlich wird am Ende dieses Weges nur das Gefressenwerden und irgendein lumpiger Nachruf stehen, und wenn es zwischendurch mal schoen ist, werden wir es nicht versäumen zu genießen, und den ganzen Quatsch von Aspera und Astra und was es noch so an Unsinn gibt, werden wir hoeflich abfertigen, denn Astra gibt es in der Welt nun einmal nur in wenigen Momenten, es bleibt lächerlich, danach zu streben, aber den Rücken gerade zu halten, werden uns die Poebler und Hebler und Beweger und Pfleger und Teacher und Bewacher und Prüfer und Schlürfer nicht ausreden - sie machte ein paar Übungen und begab sich in die Küche, um ihrem Kind ein Frühstück zu machen, und irgendwie gelang es ihr, sich die Resignation der letzten Wochen aus dem Gesicht zu streichen und die Kreativleitung nebst Mo zum Frühstück einzuladen, denn wie schon in den Zeiten zuvor kam auf diese beiden nicht nur alles an, sie waren ihr auch die liebste Gesellschaft, wenn man mal absah von einigen schwächer werdenden Erinnerungen an Menschen, welche eine reifere Sehnsucht zu wecken und für kurze Zeit oder auch mal für länger etwas wie fast Hoffnungen erweckende Gefährten hatten sein koennen.

Samstag, 16. April 2011

1380.

Hängt die immer noch an ihrem lumpigen Leben, knurrte der naseweise Sinologe, als er im herrlichsten Frühlingswetter mal wieder den postgelben Einkaufswagen durch die Straße schob, in der ihnen seine Nachbarin aus dem wie Samstags immer überfüllten engen Supermarkt entgegen gehumpelt kam: ihr Mann hatte ihr ein paar Wochen zuvor das Jochbein zerschmettert und man hatte angenommen, dieses Mal sei sie im Krankenhaus verreckt, "erloest," hatte die Nachbarin von über ihm schon gemurmelt, als sie nach vierzehn Tagen noch nicht zurück war und der Mann hinter seiner Verstocktheit ein paar Tränen gezeigt hatte, es war ja kein Zustand mehr - aber nein, hier war sie wieder und versuchte unter der gewaltigen Narbe, von der sich der Schorf gerade eben erst geloest zu haben schien, sogar so etwas wie ein Lächeln zum Gruß, zufrieden muss man sein, schnarrte der klitzekleine Forschungsminister, dann kommt man mit so ziemlich allem klar, und er dachte an seine Mutter und ihre langjährige dankbare Witwenschaft, war doch auch gegangen, etwa nicht?

Freitag, 15. April 2011

1379.

Der ehemalige Chef jedenfalls hatte einen Schuldigen gefunden, nicht den Herrn Hebel, den kannte er ja noch von der Gorch Fock, auch nicht die Frau Bewegung, das war doch eine ganz patente Person, nein, es war ein Herr Zuckerberg mit seinem Facebook und der darauf sich tummelnden Bande, die hatten die ganze Sache verdorben, und als ihm dieses klar geworden, lächelte er seiner Gattin etwas milder zu, obwohl ihm ihre neue Brille immer noch nicht gefallen mochte und die EinSatzLeitung schon lange nicht mehr mit Wohl und Wehe von seiner Milde oder Nichtmilde abhing.

Donnerstag, 14. April 2011

1378.

Ich glaube nicht, dass das noch funktionieren wird, sagte die Chefin, als der Demokratiebeauftragte ihr vorschlug, doch noch einmal einen neuen Plan zu entwickeln, sehen Sie, man muss nur aus dem Fenster gucken, draußen geht Herr Hebel, neben ihm eine Frau Bewegung, und sie haben alle Macht der Welt, und wir haben keine außer der, eben immer selbst schuld zu sein, dass wir keine Macht haben, wir waren zu lange zu tapfer, das hat nichts besser gemacht, fürchte ich, und der Demokratiebeauftragte sagte, ja wozu hatten wir denn den Sicherheitsbeauftragten, und die Chefin sagte, der hat sich durchaus bemüht, und der Demokratiebeauftragte … aber da klingelten sie schon.

Mittwoch, 13. April 2011

1377.

In a way I miss them, said a Ms. O. Precuneus or something, who had adjusted to the internet during her brother's stay in Berlin, don't you think, a little song will get them go again?

Montag, 11. April 2011

1376.

Da denkt man, man ist durch, und dann das, sagte der Kwaliteitswart, als er auf seinem Fahrrad in einen rote…nicht schon wieder das, schrie der hinter ihm zuckelnde Buchfahrer, ich habe doch die Liste noch gar nicht wieder neu aufgemacht!

Sonntag, 10. April 2011

1375.

Why are you so utterly unwilling to speak in person with your former friend, Mr. Precuneus was asked by his caring sister on his first visit at his family home in one of the very few comparatively well-to-do- "suburbs" of Accra (he had sent money to them during all of his stay in Berlin), and his answer caused her a long eye-widening: because, Mr. Precuneus said, sipping the coffee he no longer liked, because you tried to make an "international federal affair" out of it, a matter of heart and philosophy, a matter of political import, a matter of personal fate, a matter of worldwide weight - when I was always being ready for no more and no less than fair negotiations.

Samstag, 9. April 2011

1374.

Den Kwaliteitswart hatte die ganze Sache hart erwischt, und während die allgemeinste Verteidigung mit dem Kind und den werten Schwiegereltern um die Hausboote und zu dem Spielplatz irgendwo dazwischen der Herengracht und irgendeiner anderen zog, um das allgemeine Blühen und Sprossen und Krähen und Tirilieren zu genießen, hockte er sich vor seine Anlage und spielte: http://www.youtube.com/watch?v=sAtPGXL217g&feature=related.

Freitag, 8. April 2011

1373.

Der erzählende Kranich sah sich mit einem schwarzen Storch konfrontiert, welcher ganz ploetzlich aufgetaucht war, gerade so, als wären neuerdings Schwarzstoerche die eigentlichen Kulturfolger, und hätte nicht der in all seiner Unfoermigkeit vor der Tür der EinSatzLeitung hockende Minderheitler mit den grünen Borsten vor ihrer beider Augen eine überraschend lange klebrige Zunge ausgefahren, um mit ihrer Hilfe die wirklich allerletzten Nutellareste aus einem Pfundglase zu schlecken, wären die beiden Schreitvoegel womoeglich in letzter Minute noch aneinander geraten.

Donnerstag, 7. April 2011

1372.

Der Komplexitätswart befand, man solle sich mehr mit den neuen Entdeckungen der Forscher in den Teilchenbeschleunigern befassen, die würden permanent mit so unterkomplexen Fragen herumlaborieren, wie der, ob sie nun ein neues Element gefunden hätten oder einen Rechenfehler, das sei doch lächerlich sei das doch, und es fiel ihm zum ersten Male auf, dass es keinen Physiker in der EinSatzLeitung gab, denn dieses Fach hatte nicht einmal der klitzekleine Forschungsminister auf dem Schirm.

Mittwoch, 6. April 2011

1371.

Der naseweise Sinologe und der klitzekleine Forschungsminister brachten sich auf eigene Weise in Erinnerung, indem sie die Sineser für ihre Bereitschaft, lebendes Kulturgut gefangen zu setzen und aus dem Verkehr zu ziehen, um es zu sozialisieren und umzuerziehen und an der Auswanderung zu hindern, lobten, einen von Meisterschaft faselten und sagten, das Blut muss spritzen, damit das Gemeinwesen floriert, wer das nicht einsieht, muss eben seinen Kopf verlieren, irgendwie muss doch ein Erfolg her, klar, lachte Mo, so muss es sein, mit Euch würde das EinSatzBuch total kariert aussehen, kein Mensch würde es je gelesen haben.

Dienstag, 5. April 2011

1370.

Es war, als wären alle EinSatzKräfte noch in Schockstarre, der Fuß des Kwaliteitswarts wusste nicht, was er vom Bürgersteig kicken sollte, seit die roten Ferraris alle weggeräumt worden waren, und die Dame Oe war verzweifelt, da ihr nicht klar war, wie sie ohne die EinSatzLeitung nun ihr Leben weiter gestalten sollte, der erzählende Kranich meinte, immerhin ist Sommer, und Mo hatte eine eigentümliche Fidelität entwickelt, wie Mr. Precuneus sagte, der aber längst nicht mehr da war, sondern nur noch gelegentliche Mails aus Ghana schrieb, es ist ein Desaster, sagte der ehemalige Chef, der sein Lebenswerk in Trümmern sah, und die Leitung Oe ratterte fieberhaft alle Stellenanzeigen durch, indem sie verkündete, sie werde sich in Zukunft die Institutionen, denen sie ihre Erfahrungen und ihr Standing zur Verfügung stellen würde, vorher erheblich besser anschauen, zitterte indes innerlich, da womoeglich keine einzige Institution in der großen weiten Welt Wert legen würde auf ihre Erfahrungen, und die allgemeinste Verteidigung richtete alle ihre Energien auf die Ausrichtung eines Kindergeburtstages, um sich erst einnmal abzulenken - einzig die Chefin und die Kreativleitung, sekundiert gelegentlich vom Demokratiebeauftragten und den beiden ploetzlich in neuem Glanz hervortretenden notorischen Minderheitlern, waren wohlgemut beschäftigt mit der Erarbeitung immer neuer Konzepte und Entwürfe für einen nächsten Blog, Eintagsfliege, sagte die Kreativleitung, du spinnst, sagte die Chefin, wir müssen es diesmal ernster und serioeser angehen, dann kannst du dich gleich bei irgendwelchen Headhuntern bewerben, sagte die Kreativleitung, du wirst lachen, das tue ich auch, sagte die Chefin, wer soll dich nehmen, nachdem du die EinSatzLeitung wegen mangelnder Durchsetzungsbereitschaft gegen die Wand gefahren hast, lachte die Kreativleitung, du in deinem neuen Teppichgeschäft, erwiderte die Chefin, das einzige Geschäft, in dem nur ein einziger Teppich verkauft wird, und so waren alle mit der Abwicklung der Sache noch eine ganze Weile beschäftigt.

Sonntag, 3. April 2011

1369.

Es lag aber alles daran, dass vor Karomütze vor allem die Würfel gefallen waren, und zwar schon in der letzten geheimen Sitzung: die EinSatzLeitung in der bekannten Form würde sich aufloesen, man würde noch berichten, was aus den einzelnen EinSatzKräften werden würde, es würde einen neuen Blog geben, und strittig war nur noch, ob dieser die Form des alten beerben würde, ob er auch EinSatzBuch heißen würde und wie er geführt werden sollte.

Samstag, 2. April 2011

1368.

Karomütze rutschte aus und stürzte, es gefiel ihm eher nicht so gut, aber er kam klar.

Donnerstag, 31. März 2011

1367.

Unterdessen hatten der Kwaliteitswart und die Kreativleitung in Anwesenheit der Chefin und der Dame Oe ihr Gespräch wieder aufgenommen, in dem es abwechselnd um die verschiedenen Stellen des Teppichs und um Ideen für weitere Arbeiten ging, und insbesondere der Kwaliteitswart wunderte sich, mit welcher gelegentlich ins Genervte spielenden Konsequenz die Kreativleitung kleinere Fehler - ein falsch angesetztes Stoeckchen, ein etwas zu dickes Hoelzchen, ein Ungleichgewicht zwischen Stellen, die einander eher hätten korrespondieren sollen - für entweder korribierbar, ganz furchtbar oder lässlich hielt, während sie die Gesamtanlage und andere Stellen vehement verteidigte, das hatte er ihr gar nicht zugetraut, zumal die allgemeinste Verteidigung und andere immer gesagt hatten, sie koenne nur machen, aber nicht auch noch darüber reden, wie sie was gemacht habe.

Mittwoch, 30. März 2011

1366.

Die Sitzung war mal wieder geheim, kein Protokoll nirgends, stattdessen nur ein Wortfähnlein von Mo, welches der naseweise Sinologe neben ihr Fell gelegt hatte, als er nach einem Spazierschub durch den Tiergarten das Wesen, mit dem er nun wirklich nicht viel anfangen konnte, endlich wieder hatte abgeben dürfen in der EinSatzLeitung: "Zaubernüsse habe ich heuer gar nicht blühen gesehen unter dem vielen Schnee der frühen Wochen, aber neuerdings entschädigen mich die Cornehlkirschen in ihrem schüchternen Gelb," stand darauf, und als die Kreativleitung erschoepft von der Sitzung zurückkam, zitterte das Zettelchen leicht unter dem Schnarchen des kleinen Blaumantels.

Dienstag, 29. März 2011

1365.

Das kann so nicht stehenbleiben, sagte die Chefin, die Eins-zu-Einsler heulen, und sie übertragen und übersetzen wie immer voellig bekloppt, morgen ist Sitzung.

Montag, 28. März 2011

1364.

So lange kein EinSatz, wie kommts, fragte ein Journalist den Brachvogel, welcher unschlüssig vor der Tür der EinSatzLeitung hockte und den Forsythien beim unerwarteten Aufblühen zuschaute, und der Brachvogel sagte, es ist einfach niemand hier gewesen, seltsam, oder?

Donnerstag, 24. März 2011

1363.

Es war erst der Anfang, der Kwaliteitswart kümmerte sich nicht um den Kaffeefleck auf seinem Kragen, sondern wetterte richtig los.

Mittwoch, 23. März 2011

1362.

Wir hatten schon ziemlich lange keine B-Ebene mehr, bemerkte der Kwaliteitswart, als er mal wieder mit überschwappendem Kaffeebecher in die Kreativabteilung trat, und außerdem moechte der soziale Tugendwart wissen, was eigentlich hier geschieht, seit der Teppich fertig ist.

Dienstag, 22. März 2011

1361.

Dame Oe, nachdem sie sich hoeflich wegen der Verbrühungen erkundigt und ihre Besorgnis hatte zerstreuen lassen, fühlte sich geschmeichelt, als Mr. Precuneus wissen wollte, warum sie eigentlich seinerzeit ausgerechnet "Der Widerspenstigen Zähmung" so schlimm gefunden habe, und sie sagte, wissen Sie, solche Stücke wird man erst wieder ertragen, wenn Männer aufgehoert haben, ernsthaft auf so etwas zu hoffen, und wenn die gezähmten Frauen aufgehoert haben, zum Ausgleich für die erlittenen Erniedrigungen nun alle anderen Frauen darüber zu belehren, wie gut Erniedrigung im Grunde tut, und Mr. Precuneus sagte, Sie zahlen einen ziemlich hohen Preis für Ihre Haltung, ja, sagte Dame Oe, I'd prefer not to, und es wäre - meinetwegen - auch nicht noetig; einen Augenblick sah man sie lächeln.

Montag, 21. März 2011

1360.

Als Mo behende auf die Fensterbank sprang, war der Mond, nicht mehr ganz voll, aber roetlich und nah wie in den vorangegangenen Nächten, soeben über die Dächer der anderen Hinterhäuser an den fastschwarzen Himmel gestiegen, und Mo fand ihn schoen.

Sonntag, 20. März 2011

1359.

Trotz seines Missgeschicks hielt Mr. Precuneus auch den Sonntag noch in der EinSatzLeitung aus, und es kam zu durchaus interessanten Gesprächen, denn sein Schichtkollege ab Mittag war niemand anders als Freund Karomütze, mit welchem außer dem globalen Wesen und dem Tieferlegen von Alfa Romeos auch eroertert wurde, wie die schwarze Brühe auf die Füße des freundlichen Ghanaers hatte fallen koennen, danach dann, wie es hatte geschehen koennen, dass Mo seinerzeit in so greuliche Gefangenschaft geraten war, denn Mr. Precuneus glaubte, es endlich herausgefunden zu haben, nachdem er das seltsame deutsche Wort "Aussoehnen" missverstanden und schließlich gelernt hatte: die ganze Sache beruhte auf einem Übersetzungsfehler, sagte er, Mo, vor ihrer Schrumpfung, hatte ohne es zu bemerken gleichsam in die Mikrofone der Amerikaner gesagt, dass sie sich mit bestimmten Verhaltensweisen niemals aussoehnen werde, und die Amerikaner am anderen Ende der Übersetzungsleitung hatten gedacht, sie meinte "keine Gnade mit" und sei irgendwie terroristisch gesonnen, so brachte man sie in 1000 Situationen, in denen sie leicht hätte terroristisch werden koennen, es aber nicht wurde, und nahm sie gefangen, und dann sagte dieser Klavierspieler, er werde sie retten, das erschien allen als die bequemste Loesung, selbst noch denen von der anderen Seite, die den Klavierspieler für einen Apostaten hielten und Mo zutrauten, ihn zurück zu gewinnen für ihre schmutzigen Sicherheitsjobs oder irgendein Spirituelles, jedenfalls kam das von allen Seiten, ja, genau so muss es gewesen sein, sagte Mr. Precuneus, und wechselte wieder einmal das Kühlkissen an seinem Spann.

1358.

Erst hatte die Kreativleitung "Metropolis" gesehen und darüber den richtigen Zeitpunkt für den EinSatz verpasst, dann fand sie auf ihrem Schreibtisch eine lautfloetende Beschwerde, weil die Chefin eine Abordnung von Brachvoegeln am Telefon uncool abgefertigt hatte, und schließlich hatte Mr. Precuneus sich während der Nachtschicht eine ganze Tasse von diesem fast schon dickflüssigen "Schwesternkaffee" (wie er ihn seit seiner Zeit als Sanitäter zu nennen pflegte) über die Füße gegossen, es war also kurzum nicht der ideale Tag gewesen bei der EinSatzLeitung, aber etwas sollte doch gesagt sein, das macht man so, befand Precuneus, dann musste er sich auch ablenken von dem frischen Brühschmerz am Spann.

Freitag, 18. März 2011

1357.

Die Plünderer sind in Wahrheit die Armen, schrasterte Pestvogels, als er davon flog, denn sie müssen die ungeordneten Materialien sortieren, um etwas Sinnvolles daraus zu machen, das sind doch arme gute Wesen… kläglich schrasterte er so durch die kalten Lüfte, er war davon überzeugt, im Rechte zu sein, aber davon fliegen musste er eben doch.

Donnerstag, 17. März 2011

1356.

Die Chefin hingegen wurde puterrot, als sie am anderen Tage einen Anruf erhielt, aus dem hervorging, dass der EinSatzLeitung eine feindliche Übernahme drohe, sie solle sich bitte recht freundlich darauf freuen - sie freute sich nicht, sondern bestellte umgehend den Sicherheitsbeaufrtagten ein, welcher aus irgendeinem Grunde versäumt zu haben schien, sie rechtzeitig zu warnen, und ihre Gardinenpredigt hinsichtlich der von diesem Kollegen zu erledigenden und der hingegen zu vernachlässigenden Aufgaben hatte sich sozusagen gewaschen.

1355.

Der Buchhalter hatte klammheimlich veranlasst, dass die Firmen Alfa Romeo und Ferrari - um nur mal zwei Beispiele zu nennen - angelockt werden sollten, ein wenig zu werben usw., natürlich nicht ohne Rücksprache mit der Chefin, und ploetzlich brach ein wilder Konflikt aus zwischen Chefinnenbüro, Buchhaltung und Abteilung Oeffentlichkeit auf der einen, Kreativabteilung, Forschungsministerium und Kwaliteitssicherung auf der anderen Seite, unabsehbar schwer, der Konflikt, das würde noch was geben, lachte der Oberassistent und rieb sich die Hände, denn er hatte sich schon etwas gelangweilt.

Dienstag, 15. März 2011

1354.

Bereits nach kürzester Zeit erwies sich der soziale Tugendwart als vollkommen unintegrierbar, nein, pardon, als nicht integrationswillig, es ist beim besten Willen nichts zu machen, selbst die Zeit seines Praktikums wird abgebrochen werden müssen, tut mir leid, sagte der Diskurswart, als er in betont fachmännischer Stimmlage der verehrten Dame Chefin hoeflichst seinen Bericht zur Lage der Diskurse unterbreitete.

Montag, 14. März 2011

1353.

Es war ein arbeitsamer, nachgerade aufgeregter Montag, denn immer musste man doch auch in die Nachrichten gucken, ob etwas weiter gegangen oder versäumt worden wäre, und woher der Wind wehte, es waren dramatische Tage und man suchte die Versammlungen, auch die EinSatzKräfte versammelten sich und debattierten und protokolliierten, die Mehrheitler, die Minderheitler, die Warte und von den Fenstern her sogar die Voeel, nur unter dem Stuhle der Kreativleitung hockte Mo gemeinsam mit dem Minderheitler mit den grünen Borsten, welcher sich aus irgendeinem Grunde dorthin begeben hatte und lachend sagte, schau, ich habe dir so viel Holz gehackt, aber du, aber du!

Sonntag, 13. März 2011

1352.

Es war nun auch der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse zu viel mit den Problemen der Welt, es gibt so eine Massierung, sagte sie, da wird, wenn man nicht unmittelbar zu informieren hat, jedes Wort zu viel, du kannst gerade noch eine Kerze anzünden, und der klitzekleine Forschungsminister, welcher wieder einmal zwischen den Büchern hockte, nickte mit schweruntersackten Augen melancholisch in sein faltiges Kinn.

Samstag, 12. März 2011

1351.

Im Radio haben sie heute gesagt, dass irgendwann auch die Wurfsendungen vorbei sein werden, vielleicht sollten wir uns … sagte der Demokratiebeauftragte, und die Kreativleitung, blässlich herumhüstelnd, signailisierte Zustimmung, aber die Chefin schloss genervt die Augen und sagte, nächste Woche koennen wir vielleicht mal darüber reden, jetzt ist doch, jetzt machen wir, und der Demokratiebeauftragte legte seine Stirn in besorgte Falten.

Freitag, 11. März 2011

1350.

Eine Zahl, sagte der Buchhalter, verwog und ermaß sie und sah dabei stutzig aus.

Donnerstag, 10. März 2011

1349.

In die Kreativabteilung, ich schwoere, mitten hinein, marschierten zwei 1-zu-1-ler mit ihren spitzen Hüten und sahen wenig bußfertig aus, sagte Mo, und ihre Augen glommen in empoertem Gelb, als sie das sagte, aber die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse war wenig beeindruckt.

Mittwoch, 9. März 2011

1348.

Asche auf mein Haupt, murmelte die Chefin mit leicht deliranter Stimme, ich hätte dafür sorgen müssen, dass die EinSätze regelmäßiger, witziger, interessanter, gehaltvoller und tiefsinniger kämen, ich hätte verhindern müssen, dass die … eyreichtet, unterbrach sie da Karomütze, denn er sah sich außerstande, die Sicherheit weiter zu gewehrleisten (jawohl, zu gewehrleisten), wenn die Chefin am Aschermittwoch, anstatt den anderen fuderweise Asche überzuhelfen, sich selbst damit besudelte oder beduselte, sie solle sich mal ein Beispiel an der großen Politik nehmen, sagte auch der ehemalige Chef, der es durchaus nicht lassen konnte, im Hintergrund imme wieder rührig oder laut zu werden, wenn er fand, dass es nicht so lief, wie es sollte … also gut, sagte die Chefin, aber wie komm ich denn da jetzt wieder raus, ohne alles noch schlimmer zu machen?

Montag, 7. März 2011

1347.

Der soziale Tugendwart erging sich des weiteren und breiteren in Geschäume über den oberflächlichen Glanz im Leben der einen und der anderen, über die Kurzlebigkeit des Glanzes und die Langlebigkeit der Bescheidenheit, dazu wedelte er kraftvoll mit Bestreitungen der egoistischen Strebungen, empfahl dieses oder jenes Mittelchen zur recht eigentlichen Zufriedenheit in Turnverein, Chor und Gefangenenseelsorge und stellte sehr deutlich aus, wie sehr er schon immer engagiert gewesen sei für die Wachen und die Schwachen der Welt, und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, die mit seinem Aufenthalt vor dem Hause zunächst durchaus Hoffnungen verbunden hatte, fand ihn dann doch ein bisschen penetrant, "es ist ja alles nicht wirklich falsch" sagte sie, gab dem adorationswütig vor dem sozialen Tugendwart herumhüpfenden Pestvogel einen kleinen Tritt mit ihrem weich verknautschten Schuh und zog den Minderheitler mit den grünen Borsten an einer derselben.

Sonntag, 6. März 2011

1346.

He should feel much worse, muttered Mr. Precuneus after having read NYT's quotation of the day.

Samstag, 5. März 2011

1345.

Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse hatte sich während ihrer Samstagsschicht durch einige Stapel Zeitungen geblättert und durch Massen von Internetseiten geklickt, und sie fühlte sich selbst ziemlich zerklickt und durchgeblättert, als sie hinter sich die Tür schloss.

Freitag, 4. März 2011

1344.

"Herr K. wurde gefragt, was tun Sie, wenn Sie einem Menschen die Freude an etwas verderben wollen, Ich unterweise ihn darin, sagte Herr K." stand auf dem Zettel, den Mo auf den Stapel der neuen Materialien legte, und der erzählende Kranich sagte, mit K. meinst du doch nicht etwa mich?

Donnerstag, 3. März 2011

1343.

Den ganzen Tag, wirklich den ganzen Tag haben die gebraucht, um mit ihrer Schnellumstrukturierung klar zu kommen, also wirklich, noelte Karomütze, als er seinen längst von Eis und rotem Überzieher befreiten schwarzen Alfa Romeo auf die Tankstelle lenkte, E 10, verdammt, was soll denn der Mist, schrie er sodann, während sein Handy klingelte und der Tankwart ihm mit glimmender Fluppe im Maul sagte, ey hoemma, Handys sind hier verboten, Feuergefahr!

Dienstag, 1. März 2011

1342.

Am Dienstag nach der Sitzung arbeitete die Kreativleitung ein wenig verdrießlich an irgendwelchen Papieren herum, als der Genosse Pestvogels (recht eigentlich eher verbündet mit Volksgenossen, Schwarmgenossen und anderen Konsortien, ein unsäglicher Vertreter seiner Gattung mit bloß prätendierter Belgizität, krudem Floskelsalat im Schnabel und weiteren Mäkeln behaftet wie ein räudiger Hund mit Krätzemilben) an die Fensterscheibe klirrte, sich mächtig plusterte und sagte, ich weiß doch, was mit Ihnen los ist - und die Kreativleitung ging zum Fenster, oeffnete es nicht, hielt aber ihr kein bisschen grünes Gesicht ganz nah an die Scheibe, lächelte und sagte, ich werde es nicht bestreiten, denn das wird Ihrer vollkommen immunisierten Hypothese und Ihrem durch erwiesenen Schwachsinn nicht angefochtenen Dummzweck nur ebenso in die Hände arbeiten wie Zustimmung oder jede andere Bewegung oder Nichtbewegung meinerseits, das liegt nun einmal in der Natur Ihrer perversen Lehren und toerichten Absichten und ist von mir so wenig zu beeinflussen wie das Wetter, wie die Häufung roter Ferraris, weißer Steine und dummer Suggestionen allüberall, ich mache Ihnen also nur durch die Scheibe von meiner Missbilligung Mitteilung und wünsche Ihnen allezeit schlechten Schlaf; sollten Sie ernsthaft - also auf anständige Weise - herausfinden wollen, warum man sich Ihren Ansinnen nicht beugt und nicht fügt, warum man Ihre Hypothesen hier nicht ernstnimmt und Ihre Theorien verwirft, so wenden Sie sich doch gern in aller Form an die für solche Anfragen zuständige Leitung der Abteilung Oeffentlichkeit, sprachs, wartete nicht ab, wie der Anti-Kollege Pestvogels reagieren würde, sondern setzte sich seelenruhig wieder an ihre Arbeit und schaute ab und zu nach den neuesten Wasserstands- und Hintergrundsmeldungen aus den Affären der Tagespolitik, die ihr nicht so gut gefielen.

Montag, 28. Februar 2011

1341.

Den Sonntag hatte die Chefin damit verbracht, gemeinsam mit Mr. Precuneus, dem Demokratiebeauftragten, Karomütze und der Kreativleitung herauszufinden und zu diskutieren, wie das Scherben- oder Fehmegericht genau gearbeitet hatte: als ein besonderes Problem stellte sich heraus, dass eine Seite ihr Leben durch Graphomanie dokumentiert hatte, dabei sich immer wieder in ein Entgegenkommen an die Gegenseite hineinschreibend, um überhaupt weiter zu funktionieren, und man würde, wenn man sie verteidigen wollte, argumentieren müssen, dass die Beweislage eben gerade deswegen nicht als eindeutig zu Lasten dieser Seite angesehen werden dürfe, da doch das Bei-Sich-Schreiben vor allem notwendig geworden sei wegen der Asymmetrie in den realen Kommunikation, in welcher nichts von dem zum Zuge hatte kommen dürfen, was von der in der Realauseinandersetzung notorisch in die Unterlegenheit gedonnerten Seite schriftlich entsorgt wurde; als sie aber dieses Argument so weit hatte, sagte man ihr (diesmal von berufener Seite), dass sie damit keinerlei Erfolgsaussichten haben würde, eine Nachricht, die sie wie viele andere Überlegungen dann auch in der Krisensitzung der EinSatzLeitung zur Diskussion stellte, selbstverständlich ohne oeffentliches Protokoll.

Samstag, 26. Februar 2011

1340.

Gemeinsam blickten eine auf dem Tisch hockende Mo, eine schüchtern erfreute Kreativleitung (die nicht zurückzuckte, als Mr. Precuneus ihren Fuß unter dem Tisch berührte) ein auf seine Weise schüchterner Mr. Precuneus und, diskret zwischen den Stühlen stehend, der goldschmunzelnde erzählende Kranich in die Sonne und auf das Wasser hinter den Fenstern des Frühstückslokals, wenn sie nicht gerade auf einen Zettel starrten, welchen Mo in der Nacht vollgekritzelt hatte mit der Erzählung von einem Mann "aus sehr einfachen Verhältnissen mit Gewalthintergrund," der aus Versehen ein bedeutender Gelehrter seines Faches geworden war, nicht ohne unterwegs kräftig von seinen Ellenbogen Gebrauch zu machen, und sie diskutierten heftig, denn Mo hatte geschrieben, in der Folge habe dieser Mann einen unvorstellbaren Hass auf alle Erbhoefe dieser Welt angesammelt, aber auch auf Leute, die im Verdacht standen, Ellenbogen gegen ihre Nächsten zu gebrauchen, und sie mussten doch beraten, wie sie es am besten in eine für die B-Ebene taugliche Form bringen koennten.

Freitag, 25. Februar 2011

1339.

Oelfelder besetzt - unfassbar, sagte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, und keiner widersprach oder kommentierte.

Donnerstag, 24. Februar 2011

1338.

Warum hast du den letzten Eintrag des anonymen Konskribenten geloescht, fragte der Demokratiebeauftragte mit einem Augenaufschlag, den er wohl für unwiderstehlich halten musste, die Kreativleitung, und diese sagte, weißt du, ich habe lange gebraucht, um mir nicht mehr alles gefallen zu lassen, und in seinen Versuchen, anzüglich zu sein, meinte dieser Konskribent offensichtlich nicht die EinSatzLeitung, sondern irgendeine Einzelne von uns: aber hoer dich mal um unter den Damen, wer im Ernst würde von sich aus so unverschämt sein, anonym aus dem Off ein "testing the waters" zu veranstalten, von uns keiner, und ich denke, das muss man auch nicht als ein "Mittel der Kontaktanbahnung" akzeptieren, oder, was glauben denn die Leute bitte, wer sie sind, wo sie sich hier bewegen, und um was es im EinSatzBuch geht, und der Demokratiebeauftragte sah ein, dass seine Kollegin hier einen Punkt hatte.

Mittwoch, 23. Februar 2011

1337.

Es ist ein bisschen wie im Eisaquarium, dachte Mr. Precuneus, als er über die kleine Brücke mit Blick auf das Bodemuseum ging und nicht so genau wusste, ob er noch Ohren hatte oder doch eher nicht mehr, aber niemand war da, der ihm hätte widersprechen koennen, wenn er gesagt hätte "ich habe Ohren" - und wenn er gesagt hätte "ich habe keine Ohren mehr," hätte ihm auch niemand widersprochen: ganz richtig fand er es nicht, und er fühlte sich schlecht vorbereitet auf Minus 12° oder 11 oder 13.

Dienstag, 22. Februar 2011

1336.

Wie siehst du denn aus, sagte das Kind, als die Chefin nachhause kam, ist es so kalt, ja, sagte die Chefin, sei froh, dass es deine Haut nicht so schrägt bei dem Wetter, und das Kind sagte, guck mal, ich seh viel schlimmer aus, und die Chefin sagte mit gespieltem Schrecken, ja, entsetzlich, denn das Kind sah wetterohnerachtet schoen aus wie der junge Frühling.

Montag, 21. Februar 2011

1335.

Mo saß maulend auf der Fensterbank und starrte in immer wieder herumwirbelnde Flocken.

Sonntag, 20. Februar 2011

1334.

Als die Chefin ihr Telefon gefunden und die Nummer der Kreativleitung gewählt hatte, nahm diese das Gespräch lange nicht an, als sie es aber schließlich doch tat, ging sie mit keineswegs verschlafener Stimme unmittelbar zum Angriff über und schrie in den Hoerer, du bist doch schuld, du hast dem Verehrten suggeriert, ich würde zugreifen, ihn mit Beschlag belegen, ihn vereinnahmen, ihm die Luft abwürgen, ihn herumkommandieren, ihn festhalten usw., ist doch kein Wunder, dass er sich da nie mehr meldet, und als die Chefin sagte, ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst, sagte die Kreativleitung, ja wer außer dir sollte denn…er guckt immer so komisch, alle erzählen sie, dass er sie ausfragt nach mir, erst dachte ich, okay, wie nett, das bezeugt, dass er mein Interesse erwidert, aber was ihm dann anscheinend erzählt worden ist, also kurzum, ich habe wirklich genug, diese ganze EinSatzLeitung geht mir auf die Nerven, so beruhige dich doch, sagte die Chefin, als sie verstanden zu haben glaubte, worum es ging, du hast die übliche Krise, die alle Menschen nach Abschluss langjähriger Arbeiten befällt, aber sofort sagte die Kreativleitung mit versackender Stimme, verstehe, ich dachte, du wolltest reden, wollte ich auch, sagte die Chefin, versteh bitte, dass ich schockiert war von deinem leeren Büro, da antwortete die Kreativleitung ein bisschen versoehnlicher, ja, ich war sehr sauer, und jetzt kommst du mir mit diesem Zeug, naja, ist vielleicht auch was dran, aber sag mir doch noch, wer hat denn dem Mr. Precuneus diesen ganzen geballten Unsinn erzählt, du dürftest es nicht gewesen sein, du musst doch wissen, dass es sich so nicht verhält, also wer bitte, und die Chefin, froh, wieder näher zu sein, sagte, ich weiß es nicht, wo ist er denn, ich habe ihn auch schon seit Tagen nicht mehr gesehen und nicht mehr gesprochen, ach so, sagte die Kreativleitung, lass uns vielleicht morgen weiter reden, oder, ich bin wirklich sehr müde, und die Chefin sagte, sicher, und dachte, na gut, es war wohl alles ein bisschen viel, aber so lange sie noch redet…

1333.

Wieso erst heute, wollte die Chefin fragen, denn es schien doch mehr als ein lässliches Versehen zu sein, dass seit mehreren Tagen kein EinSatz mehr erschienen war, aber als sie die Tür der Kreativabteilung oeffnete, fand sie eine so schockierende Leere vor, dass sie vergaß, was sie hatte sagen wollen: der Wandteppich war abgehängt, die Regale leer, wo Mo ihr Fell gehabt hatte, standen Handfeger und Dreckschaufel, und keine Feder schien zu bezeugen, dass einmal ein erzählender Kranich sein Winterquartier hier gehabt hatte - die Geruchlosigkeit verschlug ihr den Atem, und sie verschloss die Tür schnell wieder, nervoes in ihrer Tasche nach dem mobilen Telefon kramend.

Donnerstag, 17. Februar 2011

1332.

Der Kwaliteitswart versuchte es mit einem Video, das er auf Facebook gefunden hatte: http://www.youtube.com/watch?v=FzjzSWfZ3xM&feature=player

Mittwoch, 16. Februar 2011

1331.

Typisch, dass diese Schurken auf so einen Einschlag von Welt in unsere kleine EinSatzLeitung keinen Kommentar abzugeben wissen, maulte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse am anderen Tage, und Mr. Precuneus sagte, ja, well, es ist, you know… und dann fiel ihm zum Glück noch ein, was seine alte weise Mutter bei solchen Gelegenheiten stets gesagt hatte, nämlich: Wissen ist Macht, aber zu viel Wissen macht radikal ohnmächtig, er sagte, sie hätte recht gehabt, jedenfalls für Fälle, in denen es kein bezeugtes Wissen war, sondern nur das, was man so erschlossen hat aus den Bewegungen oder Schockstarren der anderen, und er redete und redete, aber die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse sah ihn mit ihren ewig rotgeränderten Augen nur immer ratloser an.

Dienstag, 15. Februar 2011

1330.

Das ist doch - ja, sagte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, es ist Aung San Su Kyi, und der Demokratiebeauftragte wunderte sich, dass sie so beeindruckt war.

Montag, 14. Februar 2011

1329.

Wie lange soll es noch so gehen, fragte der Oberassistent, als er seinen Bogen einreichte, und die Chefin sagte, bis alle Boegen da sind, was haben Sie denn gedacht, denn sie hatte in einem dieser Kurse gelernt, dass man immer Zuversicht ausstrahlen müsse, damit man das Ziel erreiche, man dürfe die Moeglichkeit des Nichterreichens nicht denken und was dergleichen Stuss mehr war, aber die Kreativleitung, deren Spott über solche Sachen sie immer ein bisschen fürchtete, war noch nicht zu sehen, und da sie beide einen reichlich frustrierenden einsamen arbeitsamen Valentinstag verbracht hatten, wollten sie ihn nunmehr gemeinsam am Abend begießen (irgendwo in rosenroten Lokalitäten, um etwas herumzulachen, dachte die Chefin), und bevor es so weit war, verzieh sie sich selbst diesen letzten kurzen Anfall hoffnungsloser "Regelbefolgung" vor dem Feierabend - und schenkte verabschiedend dem mauligen Oberassistenten ein wohlwollendes Lächeln, der hatte es sicher auch nicht rauschend schoen an diesem Abend.

Sonntag, 13. Februar 2011

1328.

Ein ereignisarmer Sonntag ging zuende, und der Buchhalter, welcher die Wochenendschicht gefahren hatte, schloss die Tür gerade rechtzeitig, um den Tatort nicht zu verpassen.

1327.

Look at the Schlagzeuger, said Mr. Precuneus, but the Kwaliteitswart answered "Perltränen aus Glyzerin" and still gazed at the singer, while Mo was schnurring in quite a resolved manner.

Samstag, 12. Februar 2011

1326.

Irgendwann werde ich das dann alles lesen und bearbeiten und beantworten und in einer Sitzung darüber sprechen müssen, sagte die Chefin, als das Kind, welches im bunten Pyjama noch einmal aus dem Kinderzimmer gekommen war, weil es geträumt hatte, da wären riesige Kästen aus irgendwelchen Frageboegen auf es zu galoppiert, übereinander und umeinander die Eckchen spitzend und irgendwie bedrohlich die Mutter unter sich begrabend, wieder vom Schoß der Mutter rutschte, und die Chefin war gerührt und besorgt wegen der Besorgnis des Kindes, das kannst du dann nur weglächeln und auf Fragen aufrichtig antworten, sagte sie sich, und deckte das Kind, das in sein Bett zurückgekehrt laut gähnte, sorgfältig zu.

Donnerstag, 10. Februar 2011

1325.

Der klitzekleine Forschungsminister sagte, als er die Kreuzchen gesetzt hatte, im Grunde ist klar, dass auch ein EinSatzBuch gegen das Ressentiment niemals wird aufkommen koennen, es ist ewig, man wird es nicht ändern, und Mo, die einiges auf den Zettel gekritzelt hatte, schaute ihn mit großen Augen verwundert an.

1324.

Der Kwaliteitswart hatte einen Wunsch, von dem er im Grunde sicher zu sein glaubte, dass es nicht in der Macht der EinSatzLeitung stehe, ihn zu erfüllen: einfach mal eine Straße ohne schoene rote Ferraris - und er wollte positiv denken, so schrieb er es also hin, nicht ohne noch hin zu zu fügen: Ich vertraue darauf, dass es uns gelingen wird, in gemeinsamer Anstrengung die Anzahl der roten Ferraris in unserer Straße bis 2014 um ungefähr 2,3 Prozent zu reduzieren.

Dienstag, 8. Februar 2011

1323.

Die allgemeinste Verteidigung hatte kein Problem ihre Häkchen zu setzen und schrieb außerdem munter in das Beiblatt, es gefalle ihr alles gerade so wie es sei, sie habe das Gefühl, genau das zu tun, was sie am liebsten tue, sie sei sehr dankbar, dass man ihr in ihren familiären Verpflichtungen entgegenkomme, und wenn sie die Gelegenheit ergreife anzukündigen, dass sie sich aus Gründen, die nichts mit Amsterdam oder dem Boot zu tun hätten, demnächst vom Kwaliteitswart trennen werde, so sei sie zuversichtlich, dass es eine Moeglichkeit geben werde, auch dann akzeptable Arbeitszeitarrangements zu treffen, die allen gerecht würden, und wenn irgendwer irgendwelche Fragen habe, dürfe er sich wie immer vertrauensvoll an sie wenden, den Umgang mit den Erfordernissen der Trennung von Privatem und Oeffentlichem sei die EinSatzLeitung ja seit langem gewohnt, wie es auch nicht anders sein koenne in einer Institution, die sich vorgenommen habe, das Private und Menschliche am Politischen in exemplarischer Form und nah an den Menschen, ohne ihnen zu nahe zu treten, zu anschaulich zu machen.

Montag, 7. Februar 2011

1322.

Mr. Precuneus hatte wieder mal einen Raptus und lief die halbe Nacht durch die Stadt, die finstersten Straßen waren ihm gerade recht, nie hätte er gedacht, dass ihn so ein schlapper Fragebogen, in dem er nach seinen Wünschen gefragt wurde, so fertig machen würde, aber item, so verhielt es sich, wie leergefegt der Bregen, ganz passend zu den Straßen, an deren Rändern Lastwagen mit laufenden Hilfsmotoren standen, deren Fahrer ihre Ware im nahegelegenen Industriepark abgeliefert hatten und hier die vorgeschriebenen sechs Stunden Schlafzeit nahmen, um am anderen Tage wieder nicht in den Graben zu fahren mit ihrer kostbaren Fracht, das alles kannst du schlecht in ein Kästchen malen, knurrte er, und dachte, immerhin werden sie mich nicht sehen in der Dunkelheit, die müssen doch in ihre Fernseher gucken, je dunkler die Straße, desto dringender, und er zog die Schultern in seiner Jacke etwas nach oben.

Sonntag, 6. Februar 2011

1321.

"Sie werden nicht überrascht sein, dass ich nicht überrascht bin über diese Frage," sagte Dame Oe, als man ihr aus dem Kreise der alten Bekannten beim Thee am Sonntagnachmittag wieder einmal den Vorschlag machte, irgendwelche Tabus zu überspringen und den ehemaligen Projektentwickler als Freund und Beiträger zum Guten und gern auch als letzten Freund und als jemanden, mit dem zusammenzurücken wäre, wenn es erst einmal richtig schlimm kommen würde, anzusehen, "Sie sind sich doch in vielen Dingen im Grunde so einig," sagte die Besucherin mit dem besonders schoenen Augenaufschlag, und Dame Oe wusste, was sie zu tun hatte: sie bedankte sich artig dafür, dass man ihr immerhin groeßere Ratereien und Interpretationen erspart habe und direkt zur Sache gekommen sei, denn natürlich koenne sie nur Leute ernst nehmen, die ihr Anliegen offenen Gesichts vertreten, wer das nicht koenne, habe sich ja ohnehin schon geoutet, "aber," sagte sie dann, und dabei setzte sie ihre Brille recht weit nach vorn auf die Spitze ihrer nicht unerhebliche Nase und rückte ihre Braue zurecht, "ich bleibe hier bei meiner Haltung, die eine schiedlich-friedliche Verhandlungskultur allem anderen vorzieht und jedem Menschen überlässt, wie er mit etwelchen Verletzungen aus missratenen Gemeinschaftsveranstaltungen und nachfolgenden Kriegen umzugehen wünscht - anders als andere Menschen pflege ich den Mund in Sachen Versoehnung üblicherweise nicht sehr voll zu nehmen, aber wenn Sie mir erzählen, dass Winnie und Nelson Mandela zusammenrücken, dann werde ich gerne noch einmal über Ihren Vorschlag, der mir nicht zum ersten Male gemacht wird, nachdenken, bis dahin plädiere ich erstens für Anerkennung des Scheidungsrechtes und zweitens bitte ich meine Besucher um ein bisschen Taktgefühl, das Sie mehr als die indirekt Suggerierenden aufgebracht haben - nur wundern darf ich mich vielleicht doch über das, was Sie eigentlich treibt," und bei dieser Frage blickten die Gäste einander etwas betreten an, denn sie fanden an ihr nichts Falsches.

1320.

Der Buchhalter war spät dran, als er zur Wachabloesung kam, auf dem verregneten Ku'damm war er an roehrenden Maseratis vorbeigegangen, die dann, als ihre Ampel umgesprungen war, wiederum an ihm vorbeigefahren waren, ein Lärm, der ihn vollends aus seinen Gedanken riss, aber da ihm die ganze Schose nicht passte, konnte er sowieso nicht richtig darüber nachdenken, wie er nun diesen verdammten Fragebogen ausfüllen sollte.

Freitag, 4. Februar 2011

1319.

Erst die dritte Post nach der Versendung der Frageboegen, und schon seufzte die Kreativleitung genervt auf die Handy-Mailbox ihrer Freundin, der Chefin, muss ich das wirklich jetzt für jede einzelne EinSatzKraft abarbeiten, also was die in ihre Frageboegen schreiben, ich selbst zum Beispiel, was denkst du, was ich mit sowas anfange - sie wusste natürlich, dass die Chefin bei ausgeschaltetem Handy mit eingeschalteter Weckfunktion schlief und von den Zeiten träumte, in denen sie selbst gelegentlich ihr damals noch etwas kleineres Kind versorgen musste, wenn es so etwas wie Fieber gehabt hatte, und die Kreativleitung hatte den Fragebogen immer noch nicht ausgefüllt, als sie die EinSatzLeitung verließ, ein schnarchendes Mo im Bündel.

Donnerstag, 3. Februar 2011

1318.

Es war einer dieser Tage, an denen unentwegt das Telefon klingelte, Brachvogel rief an und floetete etwas von Sorgen, die Mutter des ehemaligen Projektentwicklers verstellte ihre Stimme mühsam, um zu bemerken, wie hier die Unreife ausgebrochen sei, weil selbst eine erwachsene Frau wie Dame Oe sich betrage, als sei sie noch wie ein junges Mädchen auf der Suche nach dem idealen Ritter, die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse wollte nur schnell Bescheid sagen, dass sie in diesen Tagen angesichts der Weltereignisse und des historischen Moments nun wirklich nicht mit Fragebogen herummachen koenne, ein Herr S. machte sich Sorgen um die Rohstoffpreise und schon ging die Schleife wieder von Neuem los, denn die eitlen Sorgen waren bekanntermaßen wieder ein Thema für den Brachvogel, zwischendurch meldete sich die Babysitterin und fragte, was sie machen solle, wenn das Kleinchen über 39 Fieber bekäme, aber irgendwie gelang es der Leitung der Abteilung Oeffentlichkeit, in alledem auf ihren Fragebogen zu schreiben, dass sie bitte eine Assistenz beantragen moechte, es sei unerhoert, Jahre habe sie als Assistentin Oe gedient, kaum sei sie zur Leitung aufgestiegen, habe man die Assistenz abgeschafft, es sei im Grunde empoerend.

Mittwoch, 2. Februar 2011

1317.

Karomütze wollte die Schmähreden nicht auf sich sitzen lassen und malte sorgfältig ein paar winzige Globen in die für Kreuzchen vorgesehenen Felder des Fragebogens - dass er kein Analphabet war, musste man wissen, schließlich konnte er seinen Fahrzeugschein richtig herum aus dem Fenster reichen und auch weitere Bubenstücke bewerkstelligen, wenn es um seine Aufträge ging, die sich ohnehin niemals ändern würden, einmal Sicherheit, immer Sicherheit, und er gähnte laut bei seiner Arbeit.

Dienstag, 1. Februar 2011

1316.

Entschlossen, nach Fertigstellung des Wandteppichs eine Umstrukturierung zu betreiben, hatte die Chefin gedacht, hoeren wir doch mal ein wenig zu, da sie aber wusste, dass die EinSatzKräfte bei gemeinsamer Befragung einfach nur ihre üblichen Streitereien austragen würden, hatte sie gemeinsam mit dem Demokratiebeauftragten einen kleinen Fragebogen erarbeitet, welchen sie nun am späten Abend allen Mitarbeitern in die Postfächer legte mit der Bitte, sich für das Ausfüllen etwas Zeit zu nehmen und gern auch Gebrauch zu machen von den Extraboegen, auf welchen sie gehalten waren, frei zu formulieren, wie sie sich die Zukunft der EinSatzLeitung vorstellten, eine Fristsetzung hatte sie keineswegs vergessen.

Montag, 31. Januar 2011

1315.

Die Welt ist ein bisschen bunter geworden, antwortete die Kreativleitung, als Mo, ohne ihre Nase aus dem Bündel zu bewegen, fragte, wie es draußen abgesehen von der Kälte aussehe, man hat neuerdings neben roten Ferraris auch ein paar andere Fahrzeuge aufgestellt, und sie sagte lieber nicht, dass auf dem soeben vorbeiroehrenden Lastwagen etwas von Freunden und Freude stand, welche durch ein Klavier ins Haus kämen, denn sie wollte das eben erst wieder ein wenig lebhafter werdende Mo nicht erschrecken, aber Mo hatte alles längst vernommen und sagte, es fahren auch Klaviertransporter herum, nicht, ja, sagte die Kreativleitung, man kann ja nicht wegen eines Klaviertransporters die Stadt verlassen, es gibt hier doch auch noch andere Dinge, ja, sagte Mo, aber ihre Buchstaben sortieren sich immer so, dass am Ende M neben A neben N neben U neben S steht, und das gefällt mir nicht, und die Kreativleitung wusste, sie würde erst einmal wieder drei Tage nichts von ihr hoeren, da konnte sie nun noch so intelligent daherreden mit den etwas zu wenigen Frauen auf den Straßen Ägyptens oder ein paar amüsanten Bemerkungen über die EinSätze der anderen, es würde nichts nützen.

Sonntag, 30. Januar 2011

1314.

Der Demokratiebeauftragte fühlte sich bemüßigt, unter Hinweis auf das zum Gouvernantenlexikon vielleicht nicht ganz passende, aber auch seiner Schoenheit wegen erwägenswerte Wort "Fittiche" das folgende Zitat als den perfekten EinSatz zum Sonntag vorzuschlagen: „Fluche dem Koenig auch nicht in Gedanken und fluche dem Reichen auch nicht in deiner Schlafkammer; denn die Voegel des Himmels tragen die Stimme fort, und die Fittiche haben, sagen’s weiter.“

Samstag, 29. Januar 2011

1313.

Obwohl 1313 war, setzte Dame Oe bei ihrem samstäglichen Marktbummel ihr diszipliniertes und heiter respektgebietendes Gesicht auf, nicht sehr bekümmert um die Braue, und sagte, als sie von einer Passantin nach dem neuesten Eintrag ins Gouvernantenlexikon gefragt wurde: "ehrpusselig," ich komme immer wieder auf diesen Ausdruck zurück, sagte sie, er wäre doch etwas, oder Ehrenhändel, und sie dachte an einen alten Freund, der sie einst in seinem Lübecker Tonfall auf dieses Wort aufmerksam gemacht hatte, und sie dachte, man müsste mit irgendwem einen Ehrenhandel anfangen koennen, wenn Leute so früh und so ploetzlich sterben wie jener gestorben war.

Freitag, 28. Januar 2011

1312.

Sie wissen doch, Sie koennen unter Druck alles erpressen, nur keine schoenen Worte oder irgendeine Leichtigkeit, sagte die Chefin, als der Auftraggeber entnervt anrief und sagte, es kann doch nicht sein, dass Ihre wortgewandte und charmante Dame Kreativleitung sich so anstellt mit einem so mickerigen Text, aber sie wusste auch nicht mehr, was sie machen sollte, denn man kann sie doch nicht nur immer schreiben lassen, was ihr gerade einfällt, nicht wahr, ein bisschen Disziplin!

Mittwoch, 26. Januar 2011

1311.

Üblicherweise neigte die Leitung der Abteilung Oeffentlichkeit nicht zu unmäßigem Grübeln, und wenn sie in ihrer Zuständigkeit für die die Rechtfertigung des Wetters und das Arrangieren irgendwelcher Federn ihre Pressetexte verfasste, dann flatterten ihre Finger im Eiltempo über die Tastatur, aber als sie an jenem Tage drei geschlagene Stunden lang irgendwelchen Gerüchten von der bevorstehenden Selbstaufloesung der EinSatzLeitung entgegenzutreten hatte, ihr Kind aus der Tagesstätte abholte und unterwegs noch die Einkäufe erledigte, während sie sich beeindruckt dazwischenredend anhoerte, was das Kind von seinem aufregenden Nachmittag zu erzählen wusste, da war sie in der halben Stunde, sie irgendwann für sich alleine fand, nicht energisch oder heiter oder zerstreut wie sonst, sondern irgendwie so, ja, sie wusste nicht recht, es schien ihr ploetzlich, als hätte sie hier oder da doch etwas falsches geschrieben oder gesagt, und sie schrieb eine kleine E-Mail an die allgemeinste Verteidigung mit der Bitte um Verteidigung gegen sich selbst, hinterher fasste sie sich natürlich an den Kopf!

Dienstag, 25. Januar 2011

1310.

Sie machen sich über alles lustig, das ist das Problem, sagte der zweitoberste Brachvogel, als der oberste Brachvogel aus seinen Hoehen sich mit halber Feder herabgebeugt hatte, um einmal nachzufragen, warum man in den Ebenen neuerdings so laut schnattere und floete wegen der jüngeren Brachvoegel, als wollte man verzweifelt den üblichen Lärm der Jugend übertoenen, und als er die Antwort seines Beamten vernommen hatte, zog der oberste Brachvogel beruhigt den Schatten seiner Schwungfeder wieder ein und dachte bei sich, eines Tages werden sie einsehen, dass ich die Welt nun einmal erschaffen habe, wie ich sie erschaffen habe, und er langweilte sich sehr.

Montag, 24. Januar 2011

1309.

Als die Chefin spät noch am Computer saß und das Kind aus seinem Schlaf erwachte, kam es nochmal an den Schreibtisch der Mutter, krabbelte auf deren Schoß und las ein bisschen mit.

Sonntag, 23. Januar 2011

1308.

Mr. Precuneus hatte nachgedacht und wollte noch einmal auf die Sache mit dem Sack und mit den Tüten zurückkommen, aber die Dame Oe war nicht in der Kreativabteilung am Sonntag, und die Kreativleitung, die schnell aus ihrer üblichen Position mit den Füßen auf dem Drehstuhl usw. aufsprang, sagte, da sie sich etwas zu sehr freute, Mr. Precuneus zu sehen, bitte, tun Sie es nicht, Sie geraten in die Teufelsküche des hierzulande ekelig verbreiteten Bindungsblahblah, mit dem die Verwertungsgemeinschaft immer gern Säcke zubindet und Sachen in Tüten packt, um sie fortzuschleppen, am liebsten "Seelenschätze," davor sollten Sie sich hüten und sich davon bitte nicht anstecken lassen, und ob Sie mit Ihrem sicher etwas intelligenteren Hintergrund diesem galoppierenden Schwachsinn irgendeinen Sinn abgewinnen koennen, ob Sie sich diese Mühe wirklich machen wollen, ob das eine gute Satire werden kann, also ich weiß ja nicht, und bevor ich mich jetzt um Kopf und Kragen rede, lassen Sie uns doch vielleicht lieber ein bisschen Musik hoeren, sagte sie dann, und wischte sich fahrig die Haare aus der Stirn, obwohl sie darunter bestimmt ganz grün war, haben Sie vielleicht etwas mitgebracht, fragte sie dann, indem sie sich wieder fasste, ja, sagte Mr. Precuneus, der sich ploetzlich nicht mehr schämte, dass er sich etwas zu sehr freute, die Kreativleitung zu sehen, und legte "Ms. Jones and I" auf.

Samstag, 22. Januar 2011

1307.

Ein anderes Lemma wäre zum Beispiel "abhaken," sagte die Dame Oe, indem sie eines von den kleinen spitzigen schwarzen Steinchen aus der Sohle ihres Stiefelchens schnippte, denn sie war nun gleichsam entschlossen, sehr hartnäckig zu sein, auch wenn die anderen EinSatzKräfte nicht so richtig reagierten und niemand Kluges zu ihren Lemmata zu bemerken wusste.

Freitag, 21. Januar 2011

1306.

An diesem Freitag setzte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse sich durch, und alle beschäftigten sich mit Tunesien.

Donnerstag, 20. Januar 2011

1305.

An jenem Morgen, als die Dame Oe, nachdem sie wie üblich außer einem Croissant auch noch ein paar Seiten aus einer bürgerlichen Tageszeitung zum Frühstück verspeist hatte, in die kleine sanitäre Anlage ihrer Wohnung trat, bemerkte sie, dass ihre Braue wie versteinert in der Hoehe zu sitzen schien, und anstatt sich zu ärgern oder sich lange mit Lockerungsübungen aufzuhalten, beschloss sie, tätig zu werden und in der EinSatzLeitung auf die Wiederbelebung des Gouvernantenlexikons zu drängen, natürlich würde man sie gleich fragen, warum sie das nicht schon längst gesagt habe, darauf würde sie sich aber nicht einlassen, ebensowenig wie auf das penetrante Gekreische der Leitung Oe, welcher es immer wieder mal gelungen war, die ältere Kollegin mit irgendwelchen Bemerkungen über die Heiligkeit der Familie und dergleichen anzupoebeln, sondern sie würde vorschlagen, einmal den Ausdruck "in Sack und Tüten" recht gründlich von allen Seiten zu beleuchten, zu durchleuchten, zu penetrieren (die Braue bewegte sich immer noch nicht) und zu begutachten, denn das sei doch, also hossa, und überhaupt - durch diesen Entschluss gestärkt verließ sie die Nasszelle, half sich selbst in eines ihrer gewagteren Kleidungsstücke, nahm ihren violett-geblümten Regenschirm vom Haken, sah sich noch einmal prüfend um, zog die Tür hinter sich zu und machte sich in ihren Stiefeletten gefasst auf das Aufspritzen der kleinen schwarzen Steine, die immer noch überall herumlagen auf den abgeschmolzenen Gehwegen, obwohl doch die orangefarbenen Einsatzfahrzeuge der Winterdienste schon am frühen Morgen ungezogen zu lärmen pflegten in dem offenkundig ganz und gar sinnlosen Bestreben, irgendwann auch diese Bürgersteige klar zu kriegen.

Mittwoch, 19. Januar 2011

1304.

Da Mo also wieder sprach, und da der erzählende Kranich mit seinen Bedenken wegen der Einflugschneise in die Fehlerstraße bei den anderen nicht durchdrang, unterhielten sich eben diese beiden wieder: wenn du heute mal wieder zum Himmel fliegen koenntest, sagte Mo, um von dort auf die Stadt herunter zu schauen, was würdest du zuerst sehen, und der erzählende Kranich, der den deutlichen Eindruck hatte, dass dieses keine Frage von rein wissenschaftlichem Interesse sei, antwortete, von sich selbst mehr als gerührt, ich würde niemals in den Himmel fliegen, kleines Mo, ohne eine spezielle Brille zu tragen, mit welcher ich aus den allerluftigsten Hoehen zuerst doch immer nur dich sehen würde, und Mo wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte über diese Antwort, denn so hatte sie es doch auch wieder nicht gemeint.

Dienstag, 18. Januar 2011

1303.

Wir sind unterentwickelt, konstatierte der Diskurswart resigniert, indem er ein "device" - wie Mr. Precuneus es zu benennen beliebte - betont langsam durch die Luft bewegte, wer hat heute noch pinkfarbene Kämme mit Sternchen, Zentimetermaßen, Herzchen, Flugzeugen und Beetles oder wie diese Autos heißen zum Ausmalen, und dann keine Kamera, um sie fotografieren!

Montag, 17. Januar 2011

1302.

Der klitzekleine Forschungsminister hatte sich auf der Tastatur ausgestreckt, weil er von da aus am meisten sehen konnte von der Sonne des späten Nachmittags ebenso wie von dem zunehmenden Monde, welcher sich an einem prachtvoll nachdunkelnden Himmel ganz allmählich erhellte, und als der Demokratiebeauftragte sagte, es wäre sehr nett, wenn er sich nun vielleicht doch einmal erhoebe, war er dreist genug, erst einmal zu fragen, wieso denn, worauf der Demokratiebeauftragte in unbegreiflicher Bravheit antwortete, nun ja, der Kollege Komplexitätswart will mir einen Aufsatz übersandt haben zum Thema Geisteskrankheit, ich koennte natürlich auch Sie fragen, aber Sie haben ja immer nur dieselbe Antwort, jawohl, sagte der klitzekleine Forschungsminister, indem er sich ächzend und betont langsam erhob, ich nenne es Hirngespinste, und dabei schüttelte er sein zerknittertes Jackettchen aus und strich sich ein wenig den Kragen glatt, stapfte leicht hinkend über den Rand der Tastatur, reckte sich noch einmal auf, so gut es sein Buckel eben erlaubte, und wanderte dann unentwegt den Kopf schüttelnd zur Fensterbank hinüber, um sich dort an einen Blumentopf gelehnt wieder niederzulassen, seufzend, maulend, schnarrend und schließlich wieder in die mondhelle Nacht starrend.

Sonntag, 16. Januar 2011

1301.

Mama, der Reis ist blassgrün, murrte das Kind, und die Chefin sagte, Quatsch, nein, nicht Quatsch, sagte das Kind, und als die Chefin noch einmal hinsah, musste sie zugeben, dass der Reis auf dem Teller blassgrün aussah, dann lachte sie und sagte, es liegt am Rotkohl, ich habe ihn mit dem Loeffel umgerührt, der zuvor im Rotkohltopf gewesen war, und da ist es passiert - das Kind war groß genug, den Kopf zu schütteln.

1300.

Man hoerte immer wieder…und der Buchhalter versuchte verzweifelt, mit etwas wie Plänen zu antworten, während ihm die Bücher aus den Händen fielen.

Freitag, 14. Januar 2011

1299.

Quick, mach schnell, schrie der Buchhalter, isgleichzwoelwe, okay, sagte der Oberassistent, und dann hatten sie es vielleicht gerade noch geschafft.

Donnerstag, 13. Januar 2011

1298.

The day after that strange speech everybody seemed to look at Mr. Precuneus who definitely was in a very bad mood, for no reason, of course.

Mittwoch, 12. Januar 2011

1297.

Begonnen haben wir ja mal mit einer ziemlich donnernden Beschreibung einer Sitzung der EinSatzLeitung, eroeffnete die Chefin als alle EinSatzKräfte versammelt waren, und dann fuhr sie fort mit einem Resumeéeé (sie hatte sich aus hier nicht weiter zu klärenden Gründen angewoehnt, das E am Ende fremdsprachiger Worte besonders lang auszudehnen), in welchem sie hervorhob, welche Widrigkeiten man hatte bestehen müssen (es gelang ihr, das abgenudelte Wort "gemeistert" zu vermeiden), wie intensiv und letztlich erfolgreich die Mitarbeiter in - jawohl, Sie haben es erraten - in gemeinsamer Anstrengung, es ließ sich nicht umgehen hier, die Kreativleitung musste da durch, und sie hielt sich die Hand vor die Ohren und vor die Augen, um den Ekel nicht zu zeigen gegen diese Phrase, während sie mit dem Mund solange geräuschlos auf das immer noch matte Mo einfloetete, welches im Bündel an ihr hockte - in gemeinsamer Anstrengung also, die Phrasensammler einigermaßen in Schach zu halten durch ein wenig Abwechslung, die Räuber zu langweilen, die Inquisitoren zu bespiegeln, die Erzieher immer desgleichen, und den Pestvoegeln die Brüchigkeit der Eisflächen, auf denen sie herumrutschten, recht deutlich zu zeigen, einen internen Streit - hier hüstelte sie und ließ einen relativ ungnädigen Blick den Diskurswart treffen - beizulegen, den Brachvoegeln die falschen Hoffnungen auszutreiben und vor allem tatsächlich den Wandteppich fertig zu stellen, welches Projekt nun einmal der Sinn der EinSatzLeitung gewesen sei; da dies also alles gelungen ist, sprach sie weiter, muss ich Ihnen zu Beginn des Neuen Jahres die Frage vorlegen, ob wir ein neues Projekt in Arbeit nehmen sollen oder nach einer Moeglichkeit suchen, die EinSatzLeitung in Würde aufzuloesen.

Dienstag, 11. Januar 2011

1296.

Die EinSatzKräfte kamen allmählich wieder zusammen, aber in den Tagen des Schweigens, welche von der Kreativleitung dazu genutzt worden waren, den Wandteppich fertig zu stellen, schienen alle Leitungen wenn nicht zusammengebrochen, so doch schwer angefressen zu sein, und die Leitung der Abteilung Oeffentlichkeit brauchte Stunden, um diese Meldung abzusetzen.

Sonntag, 9. Januar 2011

1295.

Es war Sonntag, als Mr. Precuneus und der Kwaliteitswart mit der Chefin in einem Restaurant saßen, um über die kommende Woche zu sprechen: sie hatte den Kwaliteitswart angerufen, weil sie meinte, es sollte doch wieder einmal ein paar EinSätze geben, aber zu den Arbeitsvorlagen koenne sie allenfalls "fast well-done" sagen, darauf hatte der Kwaliteitswart bemerkt, just so esse er seine Steaks am liebsten, und ohnehin sei er gerade mit Mr. Precuneus verabredet, ob sie nicht einfach mitkommen wollte, eine Einladung, der sie nach kurzem Nachdenken über die Frage, ob das in der gegenwärtigen Lage und in Ansehung ihrer Position und Funktion als angemessen hingehen koenne, schließlich zugestimmt hatte, Sie müssen wenigstens in der Auszeit solche Überlegungen einmal beiseite lassen, sonst wird das doch alles nichts, hatte der Kwaliteitswart gemeint, der sich sowieso mit diesem ganzen Getue fast so wenig anfreunden konnte wie Mr. Precuneus, und so trafen sie sich alle in jenem Steakhaus, von dem sie alle ganz genau wussten, dass es da war, während die Kreativleitung der allgemeinsten Verteidigung einen Besuch abstattete und über gewisse Schwierigkeiten bei der Arbeit plauderte.

Mittwoch, 5. Januar 2011

1294.

Die EinSatzLeitung muss für ein paar Tage geschlossen werden, alle Kräfte verbraucht, las der Journalist kopfschüttelnd, denn das war ja nicht mal mehr ein Streik - er wusste nicht, wie es dahin gekommen war, und troestete sich mit der adverbialen Bestimmung der Zeit, "für ein paar Tage," das heißt, sie glauben, sie koennen wieder eroeffnen irgendwann, hmhmhmhm.

Dienstag, 4. Januar 2011

1293.

Sie reden neuerdings von systemischer Kreativität und dass man das in Schwärmen mache, was denken Sie darüber, wollte die Dame Oe mal ernsthaft fragen, als sie am Dienstagmorgen in die Kreativabteilung kam, denn sie hatte einen Film von einem Managerberater gesehen, aber es war überhaupt niemand da, den oder die sie hätte fragen koennen, nicht die kleinste Notiz, keine E-Mail, kein Arbeitsauftrag, nur ein paar Federn.

Montag, 3. Januar 2011

1292.

"So at least you'll remember when I'll leave you in December I told you so in May" hummed Mr. Precuneus, after having accompanied his cousin to the airport where everything looked normal on this first Monday in January 2011.

Sonntag, 2. Januar 2011

1291.

Es ist also tatsächlich zu einem regelmäßigen Dauerschlaf zurückerwacht, wie gut, dass wir das jetzt nicht wissenschaftlich erklären müssen, sagte Nachwuchs Oe zu seiner Mutter, indem er das letzte Stück Honigkuchen verspeiste, und Dame Oe sagte, es werde eigentlich für ihren Geschmack etwas viel Gewese um das Mo gemacht, aber wenn es dem Herren Sohn Anlass gebe, etwas von seinen Studien zu berichten, so habe sie dafür stets ein offenes Ohr…

Samstag, 1. Januar 2011

1290.

Haben Sie gute Vorsätze für das Neue Jahr, fragte die Chefin anlässlich seines Neujahrsanrufes den Herrn Y., und der Herr Y. antwortete, er erwäge ernsthaft einen Übergang vom als "indirekte Diplomatie" und "aktive Friedenspolitik" fälschlich rationalisierten Manipulations-, Suggestions-, und vor allem feigen Kommunikationsverhalten zu klaren und direkten Verhandlungen mit einer bestimmten Klientel, ein Vorsatz, in welchem die Chefin ihn nachdrücklich zu bestärken versuchte.

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