Samstag, 20. November 2010

1250.

Die Krise im Haushalt des ehemaligen Chefs hatte sich zugespitzt, denn das herrlich gemeinschaftsstiftende Projekt, irgendwelche seelisch vermeintlich unterentwickelten Teile des ehemaligen Paares Ö (man ist seinen Freunden doch einen Liebesdienst schuldig) durchs Feuer zu jagen a la Zauberflöte, um sie sodann in vollständiger Nachentwickeltheit wieder zusammenzuschweißen zu einem großen bruchsicheren Wir von Weib und Mann, welche an die Gottheit heranragten, Mahann uhund Weiheib uhund Weiheib uhund Mann, war zerbröselt - beim männlichen Teil der Veranstaltung hatte die Beigesellung eines Kindermädchens und die Verfrachtung in eine Behandlung sowie der "entwicklungsmäßige Aufbau" (dieses Wort liebte der ehemalige Projektentwickler) eines programmatischen Lebens relativ gut angeschlagen, der schien auf einem guten Wege zu sein, nur dass er zu glauben schien, er befinde sich in einer realen Beziehung, so dass er der Rückführung in Glauben, Tradition und Werte von Ehe und Familie nur noch mit der falschen Partnerin würde zuarbeiten können, der weibliche Teil der Veranstaltung hingegen, Dame Ö, lernte bei allen Niederschlagungen nur immer weiter, sich zu entziehen, zeigte nicht die geringste Einsicht oder Neigung zur Kooperation, riskierte eher die Stigmatisierung als totalverrückt und noch so manches, betätigte sich zusehends an obskuren kreativen Projekten, freundete sich regelrecht mit der Kreativabteilung und ihren komischen Wesen an und überzog nach einer Phase des verbittert wirkenden Rückzugs später, wo immer man nachfasste und anbohrte, die Anbohrer und Nachfasser mit wütend scharfer Rhetorik, während sie nach Überwindung der ersten Traumatisierungen bei direkter Ansprache gnadenlos konsistentes und freundliches und zivilisiertes Verhalten bot, das eigentlich auch als emotional authentisch überzeugte, nur nicht zum Theoriecorpus passte, an dem man sein Anbohr- und Nachfassverhalten orientiert hatte, eine Situation, in welcher die Gattin des ehemaligen Chefs schließlich gesagt hatte, wir müssen dieses Projekt aufgeben, Liebster, ich möchte lieber mit der real erwachsenen Dame Ö befreundet sein als weiter an irgendwelchen sozialen Kunstwerken mit zu wirken, und der ehemalige Chef schlug mit der Faust auf den Tisch, donnerte die Bilderrahmen an, predigte in die Mikrophone der Journalisten, die Wind von der Sache bekommen hatten, und überwarf sich zu allem Überfluss auch noch mit seinem Sohne, welcher von Anfang an gesagt haben wollte, dass man Leute, die auseinandergehen, auch auseinandergehen lassen solle, und Leute, die zusammenbleiben wollen, zusammenbleiben lassen müsse, und dass er die Opernwelt erst richtig zu genießen verstehe, seit er die Botschaften nicht mehr ganz so wörtlich nehme.

12 Kommentare:

Dame Ö hat gesagt…

Ich bin ganz gerührt, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, ob mit der Dankbarkeit gegen die freundschaftliche Haltung und Geste der Gattin oder mit der Wut auf die Perfidie, mit der man sich einen solchen übergriffigen und manipulativen Schwachsinn ausdenken konnte!

Sohn des ehemaligen Chefs hat gesagt…

Da seht ihr mal, an wem ihr euch vergriffen habt!

Das Kind hat gesagt…

Mama, Mama, hast du auch so einen jugendlichen Fan?

Der ehemalige Projektentwickler hat gesagt…

Erst verschweigt man mich, dann behauptet man, ich sei Teil eines wirklich perfide übergriffigen Projekts gewesen und versucht auf diese Weise Unruhe in meinem neuen Glück zu stiften (was aber nicht gelingen wird) und dann - ja, was soll noch sein!

Nachwuchs Ö hat gesagt…

Er wird doch nochmal seinen Gerechtigkeitssinn betätigen können, ohne gleich zum "Fan" meiner Mutter erklärt zu werden.

Pestvogels hat gesagt…

Jugendliche sind manchmal moralisch sehr rigoros.

brachvogel hat gesagt…

Ich gucke mir heute Rigoletto an.

Kwaliteitswart (mäkelig) hat gesagt…

Für den Kalauer so ein Aufstand, ich glaube, wir sollten mal ein bisschen besseren Stoff liefern.

kumpel von karomütze hat gesagt…

Drogen?

komplexitätswart hat gesagt…

Heilige Einfalt!

Leitung Ö hat gesagt…

Ich bin noch nicht mit der Persiflierung des Wir durch die Kreativleitung fertig.

kreativleitung hat gesagt…

Haha, das wird auch nicht passieren - es gibt wünschbare Kooperationen und Konstellationen, in denen schroffste Abgrenzung die höflichste und humanste Geste ist, wer das einseift in Projekte totaler Zusammenzwingung, wird immer als ein Verleugner der eigenen Destruktivität und ein gewalttätig herzloser Mensch erweisen, wenn einmal die Kameras umgedreht werden, und das gilt auch für Gemeinschaften, aber ich liebe die Gattin des ehemaligen Chefs für ihre mutige Geste und hoffe, dass ihr Beispiel, individuelle Verantwortung zu übernehmen und ein so schwachsinniges wie destruktives Projekt fallen zu lassen, eine Schule macht, die wir dann an die Stelle der abgewrackten Lehrhäuser schwarzer Pädagogik setzen können - mind the positive "wir" in the sentence.

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