Donnerstag, 31. Juli 2008

413.B

Die Kreativleitung und ihre Assistentin berieten sich über ein mögliches Ende der Eloge auf Herrn X. Sie schrieben dies und das, erwogen es, verwarfen es wieder, es war kein Tag für zündende Ideen und große Visionen, und die Frist lief ab. So etwas gibt es also auch, sagte die Kreativleitung. Eigentlich finde ich den letzten Satz wie er unter 401.B steht doch ganz gut, sagte die Assistentin: "Herr X tut dieses alles zum Wohle der ländlichen Infrastruktur, aber vor allem und schwerpunktmäßig auch als Nutztierhalter, als Halter des Nutztiergedankens, als Schutzherr der von ihm aufgekauften Betriebe und ihrer Pächter, als hingebungsvoller Wärter von Milch und Kuh, von Wild und Hund." Was soll man mehr sagen? Man kann aufzählen, was er an Propagandaschlachten gewonnen und was er durch das penetrant mitleiderregende Gehabe von Herrn Y. verloren hat, aber im Grunde macht man sich die Sache damit nur schwerer. Man muß auch mal etwas fertig sein lassen können.
Die Kreativleitung sagte, das ist eigentlich wahr. Ich würde vielleicht noch einen Satz anfügen darüber, daß alle, die sich einer Übernahme nicht widersetzten, schließlich gut dabei fuhren und blühten und gedeihten, oder etwas Grundsätzliches über die Notwendigkeit, bei klarer natürlicher Überlegenheit im freien Spiel der Kräfte sich dann eben einer Patronage zu unterstellen, bei der der eine Schutz und Fürsorge, der andere unbedingtes Vertrauen zu liefern habe. Ich würde auf diese Weise nahelegen, daß man es auch mal mit Augenhöhe und dergleichen probieren könnte, aber dies nicht aussprechen, da ich ja Y. nicht erwähnen darf. Aber das wird dann wohl eher verlogen wirken, was? Wahrscheinlich ist das, summte Mo aus ihrer Ecke herüber, schwitzend heute, aber weniger ängstlich als bei der letzten Konfrontation mit dem Fall XY. Nur was ist bitte mit Ys Frau und damit, daß sie einfach in den Schnee gelaufen ist? Das können wir nicht lösen, sagte die Kreativleitung, das lassen wir mal bei Hans Erich Nossack und seinem "Unmögliche Beweisaufnahme." Es juckt mich zwar, auch dazu mal etwas zu sagen, das die unerhörte Noblesse des Angeklagten da in ein etwas anderes Licht rückt, aber das gehört nicht in diesen Fall. Schließen wir ihn ab, lassen wir vielleicht einen Kinderchor singen?
Igitt, bist du fies, sagte die Assistentin, und die Kreativleitung tat etwas, das nicht ganz Lächeln und nicht ganz Grinsen genannt werden konnte, dann lächelte sie richtig und sagte, schon gut.
Und Y., fragte Mo, was ist mit Y selbst? Ja, Y., sagte die Kreativleitung. Der wird uns erhalten bleiben. X. bekommt seine Lieferung und ist entweder zufrieden oder unzufrieden, zahlt entweder pünktlich oder später - aber Y. wird wohl einfach da sitzen bleiben, und wir werden einfach abwarten ob er nicht doch irgendwann etwas macht und mit uns redet.
Assistentin K sagte, irgendwie ist mir nicht wohl damit, immer solche Leute einzusammeln, die so nichts zustande bringen.
Aber wir brauchen sie auch irgendwie, sagte die Kreativleitung, oder was meinst du, Mo?
Ich weiß nicht, sagte Mo. Ich habe schließlich schon einiges zustande gebracht. Hat mir das jemand zugetraut, als ich gekommen bin?
Na, wir wollen jetzt aber mal nicht zu eingebildet werden, wie, sagte Assistentin K, allein gekommen ist wohl schwer übertrieben, hergeschleppt hat man dich, und sie spürte, wie sie sich wieder zu ärgern begann über die durch nichts gerechtfertigte Beförderung der Assistentin Ö und ihr degradierendes Gehabe auf der einen und das verwöhnte Mo auf der anderen Seite einer Skala, in der sie selbst keine so gute Position zu haben schien.
Wer liefert also den fertigen Text ab, fragte die nun schon sehr müde wirkende Kreativleitung, man muß ihn in die Abteilung Öffentlichkeit bringen. Ich mach schon, knurrte die Assistentin K, warf einen Blick in den Spiegel, murrte mimisch laut auf und setzte sich in Bewegung.

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