Sonntag, 13. Juli 2008

395.

Der Sonntag war schon gut vorangekommen, als der Kwaliteitswart noch in seinem Bette lag und träumte, er werde auf einer der Grachten seiner Heimatstadt in einem farbig glänzenden Schiffchen geschaukelt, umgeben von seltsamen Gesängen und dem Geschrei von Papageien, umarmt von und selbststürmisch beschäftigt mit einem Wesen, das ihm so auch nur im Traum einfallen konnte, war es doch zu seinem nicht geringen Befremden mit etwas wie einem goldgrünen Fell ausgestattet, solcherart nun also ein Befremden auslösend, welches freilich nur eine winzige Sekunde Zeit hatte, an der Oberfläche seines Bewußtseins aufzutauchen, denn sein Bewußtsein wurde unfroh geweckt durch den abscheulichen und elend dringlichen Klang seines Telefons (muß auch mal geändert werden, dachte er bei sich, die Dinger lassen sich doch wohl umprogrammieren, man zuckt ja regelrecht zusammen), und als er sich meldete, war es die Stimme der Assistentin Ö (noch etwas benommen fragte er sich, warum er immer, wenn er diese Stimme hörte, an den Geruch von Sonnenöl denken mußte), die kaum zögerlich (obwohl doch auch sie wissen mußte, daß man Sonntags keine Kollegen stört und schon gar nicht Menschen, die mit einer externen Aufsichtsfunktion gegenüber dem eigenen Bertrieb betraut sind) vielmehr eher zupackend und zielstrebig wie immer fragte, ob sie ihn störe oder ob es ihm recht sei, daß sie ihm kurz ein Problem vorstelle, dessen Lösung sie bereits würde haben müssen, wenn sie am Montag wieder ins Büro gehen würde, und der Kwaliteitswart unterdrückte routiniert das herzhafte Gähnen, das einem am Sonntag doch wirklich mal erlaubt sein sollte, und sagte, bitte, legen Sie los (o Gott, dachte er, was man immer so sagt, Leinen los, das Schiff, ach ja, immerhin hatte er nicht vom Schießen gesprochen wie manche, und ans Eierlegen wollen wir...da spricht sie schon weiter, knatternd, würde ich sagen) und die Assistentin Ö berichtete, es sei ihr von Karomützens Leuten zugetragen worden, daß die ach so sanftmütige Kreativleitung sich beim Biere über irgendwelche alten Lieblingsfeinde, die eben auch sie habe, samt Nebenfiguren, gegenüber einer Freundin furchtbar das Maul zerrissen habe, es werde kolportiert, daß in ihrer Suada sogar rachsüchtige Töne vorgekommen seien und ein regelrechtes verbales Gemetzel veranstaltet worden sei (naja, Gemetzel, wie die eben ist, die absurdesten Beschimpfungen und verdrehten Darstellungen werden es gewesen sein, aus purer Lust an zwar unfreundlicher und zynischer, aber in sich stimmiger und grotesker Darstellung, wie ich sie kenne, dachte der Kwaliteitswart), und man müsse mit einem ausgearbeiteten Plan (gerade jetzt, dachte der Kwaliteitswart, wo sie sich bewähren will, um Leitung Ö zu werden, muß die Assistentin das natürlich geschickt anstellen, aber wie blöd muß sie sein, daß sie sich mit ihrer Beschwerde jetzt an mich wendet?) jetzt einmal nach vorne gehen und so etwas wie Leitsätze einer Ethik der Außenkommunikation für die Mitglieder der EinSatzLeitung insgesamt erarbeiten, ob er da dabei wäre, und der Kwaliteitswart sagte, deswegen rufen Sie mich am Sonntag an (und dann stellte er in Gedanken an das notorische Standing der Assistentin einmal sehr lärmend den Milchtopf für den Kakao auf den Herd, und da er der Kwaliteitswart war, sagte sie nicht gereizt, was machen Sie denn da, sondern räusperte sich nur ein wenig), ich verstehe noch nicht so ganz, was meine Funktion jetzt dabei sein soll, und die Assistentin sagte dann das, was man von diesen Leuten eben so zu hören bekommt, also, Qualitätsmanagement heiße für sie Controlling, das seine Aufgabe sei, Backing, das sie von ihm brauche, Standing der Gesamteinrichtung, das untergraben werde durch solche Begebenheiten, man wisse doch nie, wer jetzt in öffentlichen Lokalen neben einer wie der K-Leitung sitze, sie habe auch eine gewisse Verantwortung, an die sie erinnert und an der sie gemessen werden müsse, und der Kwaliteitswart sagte, in seinen Augen müsse wirklich der Chefin überlassen bleiben zu klären, wen sie wofür einsetzen wolle, natürlich stets im Gespräch mit den anderen EinSatzKräften, und er selbst sei nicht prinzipiell gegen eine solche allgemeine Vorlage zur Außendarstellung, das sei ja ganz üblich, er meine aber doch, daß auch nach außen die Kreativabteilung, wenn ihre Qualität erhalten und verbessert werden solle, eine gewisse Freiheit des Ausdrucks haben sollte, die man selbstverständlich in offiziellen, zweckgebundenen Verlautbarungen der Abteilung Öffentlichkeit sich so nicht nehmen dürfe, ohne die aber die EinSatzLeitung gleichsam ihr Proprium (Latein ist doch schöner als Englisch, dachte er, jedenfalls für Institutionssprachen) zu verlieren drohe, denn wer nicht bitter sprechen dürfe, könne auch nicht süß reden, und ob sie mal gehört habe, wie dieser oder jener Regisseur herumbrülle, wer Neues mache, produziere nun einmal nebenher auch etwas Irrsinn, das müsse so sein, die Logik solle sie mal beim klitzekleinen Forschungsminister erfragen, der habe dazu ganze Theorien im Kopfe, und als er merkte, daß er die Aufmerksamkeit und die Hoffnung der Assistentin Ö mit diesen Äußerungen zu verlieren drohte, kam ihm die Idee, daß sie möglicherweise zu besänftigen wäre, wenn er mit ihr sich auf einen Kaffee verabredete, um sich anzuhören, wieso sie sich dauernd so gekränkt fühle durch die Kreativleitung, deren Leben doch im Grunde nicht soo beneidenswert sei, und er würde sich das anhören und nebenbei an Sonnenöl denken und sogar noch herausbekommen, ob die Assistentin vielleicht wieder einmal sich nur profilieren wolle und dies auf die kleineren Geistern stets am nächsten liegende Weise des Wadenbeißens, oder ob es ein nach vorn führendes Potential in ihrem Ansinnen geben könnte, und indem er dies alles bedachte, hatte er doch keine Lust für heute, nahm es sich aber mal vor, so allgemein, vielleicht am Montag oder später, aber dann war die Assistentin so genervt, daß er das für gefährlich hielt und schließlich sagte, wissen Sie, ich bin heute nachmittag im Café gegenüber von Ihrem Büro mit einem Freund verabredet, vielleicht möchten Sie gegen 17.30 dorthin kommen, bringen Sie doch Ihren Entwurf mit, dann schauen wir uns die Sache einmal in Ruhe an, und er dachte, na, mal sehen, was sie daraus dann wieder macht, geschmeichelt wird sie sich fühlen, er aber konnte das Gespräch so erst einmal beenden und kümmerte sich um Kakao, Musik, Sonne und Wolken und was man noch so braucht, wenn man wirklich einmal einen ganz ruhigen Tag haben will, und er dachte: gründgoldenes Fell, sehr seltsam, was will mir der Dichter Ubw damit bloß sagen...

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich fühle mich schlecht dargestellt.

Anonym hat gesagt…

Nächstes Wochenende kannst du ja mal eine eigene B-Ebene bekommen.

Anonym hat gesagt…

Ich bin wohl mittlerweile völlig abgemeldet, oder wie ist das hier!

Anonym hat gesagt…

Der Kwaliteitswart hat vermutlich Gerstenfelder im Frühsommer gesehen und sich mit der Erde vermählt!

Anonym hat gesagt…

Bitte nicht, bitte nicht, das geht wirklich zu weit, am Ende bin ich auch noch für Zensur!

Anonym hat gesagt…

Die kann doch keiner durchsetzen, so wie man mich hier zu Zuträgerdiensten degradiert!

Anonym hat gesagt…

Niemand beschäftigt sich mit den wirklichen Problemen, typisch.

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