Freitag, 6. März 2009

631.

Ein Elternsprechtag war sorgsamerweise auf einen Freitag gelegt worden, damit auch viel- und in Abhängigkeit von Geschäftszeiten beschäftigte Menschen ihn aufsuchen konnten, und nachdem die Chefin sich über Stunden durch die Flure des Gymnasiums gekämpft, die verschiedenen angekündigten Wartezeiten bei den Lehrern gegeneinander abgewogen, sich hier und da in eine Schlange eingereiht und mit der einen oder anderen Elternperson in ein kurzes Gespräch gefunden, nebenher über den Zustand von Wänden, Turnhallen und Waschräumen nachgedacht und schließlich auch ein paar kürzeste Lehrergespräche geführt hatte, fand sie, sie könne sich glücklich schätzen mit allem, was sie über ihr Kind erfahren hatte, welches zwar lange nicht von allen Lehrern gleichermaßen verstanden und gefördert wurde - oftmals hatte sie auch den Eindruck, die Lehrer selbst bedürften eher des Verständnisses angesichts der Klassenstärken und der diversen Dilemmata der Unterrichtssituationen - aber immerhin kamen im Falle einer Lieblingslehrerin Anziehung, Respekt und Genauigkeit in der wechselseitigen Einschätzung zusammen, so daß die Chefin endlich einmal gewürdigt fand, was ihr eigener Eindruck von diesem Kind war: es scheine, so sagte jene Lehrerin, nur winziger Hinweise zu bedürfen, um bei stockenden Lernprozessen sogleich zu wissen, an welchen Stellen weiter zu arbeiten sei, und es scheine diese extrem schnelle und flexible Lernbereitschaft zu verbinden mit einer stillen Beharrlichkeit in der Verweigerung gegenüber dem Erlernen von Dingen, die ihm als ausgemachte Dummheiten erschienen, wodurch sich auch erkläre, daß manche Lehrer gerade diesem Kind eine Art Trotz, Faulheit und Leistungsverweigerung nachsagten, die zu dem freundlichen Entgegenkommen und der Geschwindigkeit, in der das Kind Vorgänge aufnahm, die ihm wirklich interessant erschienen, gar nicht passen wollten - tatsächlich lag nur eine Etage zwischen dem Raum, in dem die Chefin hören mußte, ihr Kind scheine sich für etwas Besseres zu halten und störe permanent den Unterricht, was es sich zwar leisten könne, die gestörten Mitschüler aber nicht, und dem Raum, in dem ihr gesagt wurde, das Kind sei sozial außerordentlich umsichtig, humorvoll und flink im Erledigen aller Aufgaben, freilich sehr empfindlich gegen alle Arten von Druckausübung und gelegentlich, unter Attacke, geneigt, sich in Abwehrgefechten und Rechtfertigungen ein wenig zu verheddern oder in frustriertem Rückzug zu verharren, finde aber stets bei Freundlichkeit und Ermunterung schnell wieder heraus und sei dann eine Inspiration für alle anderen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die bildet sich vielleicht was ein auf ihre Pflanze!

Anonym hat gesagt…

Wir wollen mal sehen, wie du redest, wenn dein Prachtstück da ist.

Anonym hat gesagt…

Jammi, Zickenalarm!

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