Mittwoch, 23. April 2008

314.

Als die Demokratiebeauftragte sah, wie sich ihre beiden Bürogenossen murmelnd grämten und in Flur und "Bistro" schon alle dort herumlaufenden EinSatzKräfte durcheinander brachten, gab sie sich einen Ruck, redete sie direkt an und sagte, man müsse sich endlich wieder um die Befreiungen kümmern und die hauseigenen Probleme eher nebenher lösen, man müsse den Blick nach Darfour richten und die vollkommen natürlichen Rückzugs- und Nachfolgeangelegenheiten des ehrenwerten Herrn Chef (dem sie noch einmal gute Genesung wünschte und eine wirklich angenehme Zeit mit der geschätzten Gattin) ebenso wie die allseits wildwuchernden Spekulationen über dieselben mit Gelassenheit ertragen, man müsse den Landesfürsten ehemals befreiter Kolonien sehr deutlich nahelegen, ihre Landeskinder aus irgendwelchen Korruptionsknechtschaften zu befreien, man müsse unter den eingewanderten Populationen mit Vehemenz und zugleich ohne großes Theater die doch vorhandenen natürlichen Verbündeten gegen die diversen multikulturellen Haustyranneien und Hassorgien suchen (Hilfe, sagte der stille Theologe, und fürchtete wegen dieser harten Worte um das mühsam aufgebaute Porzellanregal, aber wer kein Haustyrann ist, der muß sich schließlich auch nicht angesprochen fühlen, knisterte der Forschungsminister schwächlich, da war freilich der stille Theologe anderer Meinung, denn die bloße Verbindung von "Multikulturalität" und "Haustyrannei" insinuiere etwas usw.), man müsse, fuhr die Demokratiebeauftragte ungerührt fort...da öffnete sich die Tür und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse kam herein und sah etwas mitgenommen aus, weil unter den Betroffenen eines Terroranschlags an einem hohen Feiertag einer ihrer Freunde gewesen war, und sie sagte, wenn so etwas passiert, geht einem doch die ganze Politrhetorik nur auf den Geist, auch wenn ja vieles davon nicht nur richtig, sondern auch praktisch nötig ist, und die Demokratiebeauftragte unterbrach ihre Rede, die ihr selbst plötzlich hohl tönte, obwohl doch alles so richtig war, umarmte die Minderheitlerin und sagte, wir haben nur die schwache Hoffnung auf die besten Verhandler und alle einzelnen, die auf allen Seiten aktiv werden gegen jedes einzelne blöde Nein zum Lebendigen, und sie sah, daß diese Worte einstweilen nicht zu trösten schienen und auch nicht zu beruhigen, aber sie hielt sie fest wie sie nun auch die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse für den Moment festhielt, und bat die Herren, sie für einen Moment mit der Kollegin alleinzulassen, was diese gern taten, denn nach beklemmenden Szenen stand ihnen nun nicht der Sinn.

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