Freitag, 11. April 2008

302.

Als der Sicherheitsbeauftragte wieder in seiner Wohnung bei seinen Globen angekommen war, kam ihm plötzlich alles in den Sinn, was er in den vergangenen EinSätzen und bei dem Versuch, sich für den einen oder die andere Gefangene/n einzusetzen, hatte ausblenden müssen, um durch die Tage zu kommen, und ganz besonders unangenehm drängte sich in seine Erinnerung das Gesicht eines Mannes, den er einsam hatte sitzen sehen im locker offen gestalteten Frühstücksraum eines Hotels, das sicher sogar der Kreativleitung gefallen hätte, und er hatte beim Anblick dieses Mannes gedacht, so sieht einer aus, der für einen Augenblick weiss, dass er dabei ist, ein schweres Unrecht zu begehen, und der sich plötzlich fragt, warum eigentlich tue ich das, wer eigentlich zwingt mich, was eigentlich treibt mich, hierin fortzufahren, und er fragte sich, warum für solche Menschen solche Momente sich meist so vollkommen isoliert und konsequenzenlos in jenen Lounges ereignen, und er dachte, er müsse doch einmal eine der erfahrenen Damen aus der EinSatzLeitung fragen, aber als er der Kreativleitung am Telefon das Gesicht beschrieb und ihr seine Frage vorlegte, sagte diese, wie weisst du, ob es nicht ganz anders ist, ob er nicht da sass und verdrossen war, weil eine Fliege im falschen Augenblick über das Bein seiner Freundin gekrabbelt war, oder weil er im Gegenteil sich selbst für eine gute Sache einsetzte und für einen Moment den Glauben an diese verloren hatte, und der Sicherheitsbeauftragte kratzte seinen heute mützenlosen Kopf und sagte, das weiss ich natürlich nicht, aber solange ich über seine Moral nachdachte, war für mich jedenfalls die Welt in Ordnung.

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