Als Mo wieder erwachte und sich wie von der Kreativleitung erwartet über ihre Waldhonigäpfel hermachte, gedachte die Kreativleitung, sie ein wenig zu ermuntern, indem sie wenigstens einen Teil der vor zehn Tagen zensierten Erzählung auf die B-Ebene schmuggelte. Man wird sich vielleicht noch daran erinnern, daß unter 220 eine Debatte über ein Stück namens 220 B begann. Mo wollte etwas erzählen, und die Damen Gattinnen wollten zuhören. Dies alles fand auch statt. Selbst der klitzekleine Forschungsminister hatte sich ins Büro der Kreativleitung gestohlen, und zum Zwecke der Erzählung hatte Mo auf einer Armlehne des Sessels am Fenster gesessen und der klitzekleine Forschungsminister auf der anderen Seite. Gattin Ö war noch etwas bedrückt gewesen, aber Mos Bericht aus ihrer Gefangenschaft hatte sie zunächst auf andere Gedanken gebracht. Dann freilich war Mo auch noch einmal sehr energisch aufs Ehewesen zu sprechen gekommen, tatsächlich so energisch, daß das Folgende sich zutrug, das hier nun also berichtet sei, während der große Rest weiterhin unter Zensur der Abteilungen Ö steht (und auch der Kwaliteitswart, der dieses Stück besser findet als manches, was wir hier schon haben durchgehen lassen, kann diese Abteilung einstweilen nicht überzeugen, welche sich ihrerseits trotz aller Einreden der Demokratiebeauftragten des vollen Rückhalts beim Chef erfreut):
>Mo mußte nach ihrer Erzählung ein wenig Luft holen, dann lächelte sie fast verschmitzt und fand, sie spreche ja schon fast wie seinerzeit vor den dummen Richtern und Henkern. So „argumentativ,“ und sie fragte irritiert den klitzekleinen Forschungsminister, ob sie etwa schon gewachsen sei? Und dieser, dem irgendwie daran lag, daß sie nicht wüchse, beugte sich vor, schaute sehr besorgt auf die Händchen, mit denen sie schon wieder ihren Schal um die Schultern zog und an den Fransen herumnestelte, dann auf das linke Füßchen, das für ihn sichtbar von der Armlehne des großen Sessels baumelte, dann auf das Hälschen, das dünn und bläßlich aus dem unordentlichen Karostoff herausragte, und dann befand er, das Mo sei seiner Meinung nach nicht gewachsen, aber mache insgesamt einen überraschend gefestigten und vitalen Eindruck. Da lachte die Winzige und hoffte, es möchte so aussehen wie beim Minderheitler mit den grünen Borsten, wenn der von einem seiner großen Ohren zum anderen lache, denn das gefiel ihr gut. Der Forschungsminister hatte aber noch weitere Anmerkungen. Diese betrafen den Begriff der Krankheit (welcher im zensierten Teil der Erzählung gefallen war, der Kwaliteitswart). Wie sie dazu komme und auf welcher Basis sie bitte nicht nur eine Person, sondern gar eine ganze Gesellschaft krank nenne, und hier griff die Kreativleitung, der jene fremdsprachigen Sätze, an denen sie doch zu arbeiten hatte, auf den Nägeln brannten, ein und sagte, bitte, können wir diese Diskussion nicht auf die Zeit nach der Geschichte verlegen! Die Damen Gattinnen nickten eilig mit ihren Häuptern, hatten sie doch gerade an dieser Stelle den Kitzel einer Anregung zur selbstkritischen Überprüfung ihres je eigenen Gattinnenverhaltens verspürt, der aber bei beiden, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen, sich schließlich wohltuend in warmer Zufriedenheit auflöste, denn beide waren sicher, daß sie ihren Gattinnenjob sehr gut machten, die eine, Gattin Ö, aus erhaben dünkelhafter Resolutheit, mit der sie Kritik überhaupt von sich zu weisen und lieber an anderen zu üben pflegte, die andere, die Gattin des Chefs, aus innerster Milde und Vornehmheit, welche sie, wenn es schwierig wurde, schon auch einmal gegen sich selbst walten lassen konnte.<
Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
11 Kommentare:
So ist das doch nix!
In der Tat, ich bin auch empört.
Das kennen wir ja nun schon!
Mir gefällts, aber ich kenne ja auch den Rest der Geschichte.
Ich steige schon seit längerem nicht mehr durch.
Dazu ist die Sache auch nicht gedacht.
Ich fühle mich verkannt.
Es ist schon geordnet, es hat schon Struktur, jaja, aber: es nervt.
Ich fnde es gut, und ich bin auch für die Zensur, denn was in der Erzählung über den Wärter gesagt wurde, wäre doch wirklich gar zu häßlich und würde am Ende nur uns selbst besudeln, dieses hingegen...
Na du kommst ja auch gut weg, aber ich, was soll ich denn sagen?
Einfach mal nix?
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