Mittwoch, 30. Januar 2008

(2)30.

Ach Mo, seufzte die Kreativleitung, als sie mit einem Tellerchen mit Äpfeln und besonders feinem Waldhonig in ihr Büro kam, hockst du wieder da und wartest auf Schnee, und Mo, die mit großen runden Augen aus dem Fenster geschaut und nach der erstaunlich laut tirilierenden Amsel gesucht hatte, drehte sich um, ihr flüchtiges Lächeln sah nun fast listig aus, und sie sagte, manchmal wisse man doch nicht, um wen aus der EinSatzLeitung man sich am meisten sorgen solle, zum Glück sei das Sorgen ja einstweilen nicht mehr ihre Aufgabe, und dabei betrachtete sie ihre dürren Händchen, aber man muß sich ja vorbereiten auf die Zeit, in der man wieder kräftiger ist, und die Kreativleitung mußte lachen und sagte, damit es dazu kommen kann, wirst du erstmal diesen Teller hier leer essen, und Mo sagte, Schnee wäre wirklich toll, gestern glaubte ich einen Augenblick, eine Flocke gesehen oder von ihr gehört zu haben, und die Kreativleitung sagte, etwas werden wir uns noch gedulden müssen, und ich persönlich hätte auch nichts dagegen, wenn der Frühling ausbräche, ohne daß es noch einmal schneite, aber, beeilte sie sich zu sagen, als sie Mos enttäuschtes Gesicht sah, ich sehe ein, darüber läßt du mit dir nicht reden, also an mir solls nicht liegen, nur läßt sich das Wetter von mir erfahrungsgemäß ohnehin nicht dirigieren, aber ich, wenn du mich fragst, mache mir, wenn überhaupt, Sorgen um Karomütze und den Chef und die Demokratiebeauftragte, die haben mit den internationalen Heerscharen von Kolonisatoren noch einiges zu tun, und Mo gähnte und sagte, ach die Doofen, nahm einen kleinen Bissen von dem Apfel mit Waldhonig, fand ihn vorzüglich, wollte sich noch merken, wie gut das war, fiel aber plötzlich wieder in ihren Tiefschlaf, denn sie hatte auf dem Gesicht der Kreativleitung jenen Zug gesehen, den diese bekam, wenn sie versuchte, das Bewußtsein einer drohenden Gefahr vor Mo zu verbergen, um Mo zu schützen und dennoch selbst handlungsfähig zu sein - ein Ansinnen, für das die Kreativleitung oft innerhalb der EinSatzLeitung scharf kritisiert wurde, denn die Außenkräfte brauchten eine etwas vereinfachende Opferideologie, der einige von ihnen nicht nur Mo, sondern am liebsten die ganze Kreativabteilung geopfert hätten, und sie brauchte Zeit, um ihnen und ihrer Verpestung etwas entgegenzusetzen, das nicht in die Fallen tappte, von denen die eben bis in den Kopf des Chefs vorgedrungenen Opferideologen vermuteten, daß sie seit langem darin festhänge, und wenn nicht die Demokratiebeauftragte gewesen wäre, die beharrlich und ohne Rücksicht auf die Gefahr, sich immer wieder lächerlich zu machen, und im Verein mit der ganz aus ihrer Häuslichkeit lebenden Chefgattin die Verhärtungsneigungen des Chefs lockerte, und wenn nicht der klitzekleine Forschungsminister dann und wann ein wichtiges kleines Bröckchen "Erkenntnis" anschleppte und wenn nicht der stille Theologe und die Assistentin K sie dann und wann erfreut hätten, um nur einige der freundlicheren EinSatzKräfte zu nennen, sie hätte wohl längst aufgeben müssen, aber so bedankte sie sich für den Augenblick beim weiterhin nicht schneienden Himmel für Mos instinktsicheres Einschlafen, stellte das kaum angerührte Frühstück neben Mos Fell in der Annahme, daß sein Duft das kleine Wesen schon recht bald wieder wecken würde, und machte sich an ihre mühselige Arbeit.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist schon seltsam, erst war das Chefbüro immer leer, und jetzt erscheint der Chef als gewaltiger Block, wie ist das bloß passiert?

Anonym hat gesagt…

Na das kann ja wohl jeder wissen und in gewissen Büchern nachlesen, wie sowas passiert!

Anonym hat gesagt…

Aber nur die Eins-zu-Einsler glauben, daß dann jemand über sich spricht, während ich mich ärgere, daß Mo und die Kreativleitung überhaupt nicht mehr über mich sprechen.

Anonym hat gesagt…

Jaja, immer einen Schritt weiter zu sein als die anderen, die einen aber vor sich hertreiben, das ist schon lästig!

Anonym hat gesagt…

Rhabarber-Rhabarber, hört bloß auf, euch irgendwelche Sorgen einzubilden, wir sind hier an ganz heißen Sachen dran, natürlich darf uns dann keiner verstehen, seufz...

Anonym hat gesagt…

Er wieder, der eingebildete Spion!

Anonym hat gesagt…

Am meisten aber dauert mich Lottchens Herzeleid,
das arme Mädchen lauert recht auf die Blumenzeit.
Umsonst hol ich ihr Spielchen zum Zeitvertreib herbei,
sie sitzt in ihrem Stühlchen wie's Hühnchen aus dem Ei.

Anonym hat gesagt…

AUFF dem Ei!

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