Sitzung der EinSatzLeitung
Anwesend: Chefin, Buchhalter, Kreativleitung, Dame Ö, Oberassistent, die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, der Minderheitler mit den grünen Borsten, Karomütze, Mr. Precuneus
Entschuldigt: Leitung Öffentlichkeit, Allgemeinste Verteidigung, der klitzekleine Forschungsminister, der Demokratiebeauftragte
Sitzung ohne Warte
Sitzungeleitung: Chefin
Protokoll: Dame Ö
Tagesordnung:
TOP 1: Bericht zur Lage der EinSatzLeitung (Chefin)
TOP 2: Sonstiges
Wieder einmal ist es eine eher tumultarische Sitzung, das muß etwas mit dem Herbstwetter zu tun haben. Die Chefin eröffnet mit einem kleinen Vortrag, in dem sie eher allgemein über die Weltlage spricht, von den Nobelpreisen und dem erstaunlichen Mißverhältnis zwischen voller Akzeptanz der naturwissenschaftlichen Entscheidungen und der ungewöhnlichen Kritiklust, die in diesem Jahre vorzüglich die Nobelpreisvergabe für Frieden und Literatur betroffen zu haben scheinen, und anstatt sich in einer der laufenden Debatten zu positionieren, hebt sie an, des längeren und breiteren zu thematisieren, inwiefern die Menschen wohl die im engeren Sinne naturwissenschaftlichen Entwicklungen a großzügig überfinanzieren und b engherzigst unterfinanzieren, eine außerordentlich steile These, die man von ihr so nicht erwartet hat und mit heftigen Zwischenrufen bedenkt. Die Chefin erwidert, wie man es von ihr sehr wohl gewohnt ist, man werde selbstverständlich im Anschluß an ihre Ausführungen Gelegenheit zu gründlicher Debatte haben es sei aber außerordentlich stö … und so weiter. Das Benehmen in der EinSatzLeitung läßt zu wünschen übrig, obwohl die Kreativleitung das unentwegt weiter kichernde Mo rücksichtsvollerweise auf seinem Fell gelassen hat. Die weiteren Thesen der Chefin sind weniger auffallend und provokativ, Rettungsaufrufe für politische Gefangene aller Farben außer der braunen, nochmalige Ermahnungen, bei den EinSätzen den Grundauftrag der Schaffung stabiler Strukturen nicht zu vergessen, und ein Plädoyer für die Freiheit der Kunst von der Größe eines mittleren Teelichts.
Die Protokollantin hat sich die Freiheit genommen, diesen Kommentar auch in der Sitzung auszusprechen, sogleich stürzte sich der Buchhalter auf sie, als wäre er der weiße Ritter der Chefin und sagte, es sei unerträglich, wie hier eine Person mit altmodischen Manieren, unmöglichen Kleidern und einer autonomen Augenbraue sich erlaube, ihr Protokollantenamt zu mißbrauchen (ich habe wörtlich zitiert, der Buchhalter ist für seine verbalen Ausfälle ja bereits einschlägig und über die engen Grenzen der Republik hinaus bekannt). Die Chefin ihrerseits sorgt an dieser Stelle dankenswerterweise wieder für Ordnung, ohne indes verhindern zu können, daß dieser Praktikant, dieser Precuneus, die ganze Zeit in der Ecke sitzt und mit der Kreativleitung herumkichert. Die Chefin hat mir und dem Buchhalter dann aber bedeutet, dazu zu schweigen, man müsse die Dinge sich ein wenig entwickeln lassen.
TOP 2:
Der Minderheitler mit grünen Borsten erklärt, bei ihm hätten sich alle, die nicht wegen Erziehungsurlaub entschuldigt seien, mit grippalen Infekten abgemeldet, und er sagt, wer regelmäßig Sport treibt, nur gesunde Nahrung zu sich nimmt und täglich kalt duscht, der bekommt so etwas nicht. Auch hier entsteht wieder ein völlig irrationaler Tumult, die Leute zanken sich eine geschlagene Viertelstunde lang darüber, ob man eine Grippeschutzimpfung vornehmen lassen solle oder nicht, und ob nur gegen die Schweinegrippe oder auch gegen anderes.
Die Chefin plaudert am Ende noch ein chinesisches Geheimrezept aus, und dann gehen alle schnell in ihr Wochenende. Im Radio reden sie unentwegt vom Kuscheln, weil es so "gemütlich kalt" sei draußen.
Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
13 Kommentare:
Wie oft muß ich eigentlich noch sagen, daß ein Protokoll keine persönliche Kommentierung der humanen Abläufe im Sitzungesgeschehen ist, sondern Ergebnisse zusammenzufassen hat?
Ich darf daran erinnern, daß wir im Grunde genommen keine Ergebnisse haben.
Das "im Grunde genommen" verstehe ich als Solidaritätsadresse, man hat mir hier schon sehr zugesetzt heute, ich glaube nicht, daß ich für weitere Protokolle zur Verfügung stehe.
Hahaha.
Worüber lachen die eigentlich die ganze Zeit?
Über nix, das ist ja gerade das Schlimme daran, über gar nichts!
Ich komme mir ein bißchen überflüssig vor.
Komm zu uns, wir sind gerade am Absprung.
Die verkommen hier doch!
Es ist zu befürchten.
Sie könnten mir lieber dazu gratulieren, daß ich der Vogel des Jahres bin, ich und sonst keiner, jawohl!
Was bildet der sich denn ein?
Es heißt Wiedehopf.
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