Sonntag, 31. August 2008

444.

An seiner neuen Küste in einem spröde aber behaglich eingerichteten Appartment hoch über der Stadt, den Palmen und dem Meere saß der Herr Y., welcher sich zur körperlichen Ertüchtigung einen Gang hinab zum Briefkasten und wieder herauf an sein Panoramafenster zugemutet hatte, als gäbe es keinen Aufzug in seinem weißen Wohnturm, und starrte fassungslos auf eine Sendung mit EinSätzen und EinSatzEntwürfen, welche ihm (dem Internetverweigerer, ja wen wundert denn da noch irgendetwas!) ein Freund unter den neuen Nachbarn als Ausdruck dort deponiert hatte, schauen Sie, sagte er zu seinem Papagei, den er täglich Siezte, damit er sich doch recht geehrt fühlen möge, schauen Sie sich dies bitte an, was kann das denn nun besagen und bedeuten wollen, man möchte sich doch direkt wieder einschweigen, wozu denn nur diese Verzögerung, und der Papagei las laut vor: "Entwurf für 444: Von der Kreativleitung ist bezeugt, daß sie sich zu erheblicher Höhe erheben konnte und solcherart aufragend gelegentlich auch als Erscheinung zu beeindrucken pflegte (das gefiel ihr selbst nicht immer, zumal es neben anderen Eigenheiten ihr den Kleiderkauf enorm erschwerte, aber es war einmal so), sie beeindruckte nicht ganz wie die Straußin, die bekanntermaßen Roß und Reiter erschreckt und auch sonst ein paar unerfreuliche Gewohnheiten hat, wenn man dem biblischen Buch Hiob glauben will, aber in diesem einen Begegnungsfalle immerhin genug, um ein klein wenig Schwung aus dem Anlauf des Herrn X. zu nehmen und auf diese Weise sicherzustellen, daß es schließlich nach all dem Geplänkel doch noch zu einer höflichen Begrüßung und zu freudigem Platznehmen vis-à-vis kam, wodurch sie die Luft gewann, sehr freundlich zu eröffnen und zu sagen, wie sehr sie bedauere, daß er nicht bereits im ersten Anlauf mit der Erledigung seines Auftrags zufrieden gewesen sei, nun habe man aber – dank der Tatsache, daß er, der Herr X., die Mühe nicht gescheut habe, sich in die kleine EinSatzLeitung aufzumachen, eine Geste, durch welche man sich hiesigenorts übrigens sehr geehrt fühle – ja endlich Gelegenheit, gemeinsam einmal genauer auf die strittigen Punkte zu schauen, und wenn sie ihn richtig verstehe, moniere er vor allem die Nichterwähnung seiner Verdienste um den Herrn Y.? -Auf der Kommentarebene dann bitte Kommentare wie 'es kommt nicht voran' etc., etwas Protest von der Assistentin, gern auch eine giftige Bemerkung zur Selbstverliebtheit der Kreativleitung von der Leitung Öffentlichkeit und ein zickiges 'schreib doch selbst' als Antwort, ferner ein kleines Gekeife irgendwelcher weiblicher Völkerschaften an irgendwelchen Seiten, dazu eine Maßregelung durch den Buchhalter und endlich mal wieder die anderen Vögel, die sich auf die Sache mit der Straußin zu stürzen haben, der klitzekleine Forschungsminister soll bitte mal herausfinden, ob es unter den Vögeln auch einen Wespenfresser gibt, der wäre heute am Platz" und der Herr Y. resümierte, es gehen ihr die Figuren durcheinander, die Kreativleitung redet wie die Chefin, die Chefin taucht nicht auf, Herr X. wird seine Beschwerde nicht los, und ich werde nicht rehabilitiert, was soll das?

15 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn hier einer nicht rehabilitiert wird, dann bin ich das!

Anonym hat gesagt…

Nicht schon wieder ornithologische Fragen, ich bin wirklich mit anderem mehr als ausgelastet!

Anonym hat gesagt…

Und ich ließe mich durchaus auch duzen, ich würde freilich zurückduzen, und ob das so genehm wäre...

Anonym hat gesagt…

Also hat der Herr Y. die Gutsherrenart, die dem Herrn X. fehlt? Und wie kommt er plötzlich zu einem Appartment weit über dem Meer, wenn ihm doch HerrX. alles weggenommen hat?

Anonym hat gesagt…

Das sage ich ja eben, die ganze Sache wird immer inkonsistenter!

Anonym hat gesagt…

Sehen Sie, und mich freut, daß er endlich wieder spricht, das war doch nicht mit anzusehen, wie er da hockte!

Anonym hat gesagt…

Bei uns frißt niemand Wespen.

Anonym hat gesagt…

Ich muß sagen, auf die Idee war ich nicht gekommen: ihn bei etwas wie Ungeduld zu packen und auf diese Weise zum Sprechen zu bringen, das ist erstaunlich, wie hat sie das denn nun wieder erfaßt.

Anonym hat gesagt…

Also bei mir würde es nicht funktionieren, aber -

Anonym hat gesagt…

Ein Projekt muß überall funktionieren, sonst taugts nichts.

Anonym hat gesagt…

Na er muß es ja wissen, er weiß ja wohl immer, wos lang geht!

Anonym hat gesagt…

Ich finde süß, wie der Herr X. auf seiner Bedeutung noch im Mißlingen insistiert, ciao!

Anonym hat gesagt…

Je gerader die Zahl, desto wüster die Kapriolen, oder was ist hier die Regel, die allenfalls noch verständlich wäre? Wo ist die Chefin, da muß doch mal einer mit...

Anonym hat gesagt…

Das Wesen des Papageis wird hier durch den Mythos von seiner Sprachfähigkeit enorm verkannt und überzogen und überspannt, aber was will man erwarten, wenn schon der Pestvogel mit dem Schnabel eines Pfefferfressers ausgestattet und komplett falsch charakterisiert wird, wie soll es da erst mit anderen Vögeln gehen.

Anonym hat gesagt…

Schnarch.

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