Dienstag, 12. August 2008

425.

Der klitzekleine Forschungsminister war für vieles zu klein, unter anderem auch dafür, aus eigener Kraft eine Urlaubsreise zu unternehmen, und mit dem naseweisen Sinologen (der zwar behauptete, er pflege aus Prinzip nicht zu reisen, schon gar nicht jetzt, dann aber doch oft länger unterwegs war) herumzureisen, dazu hatte er auch keine Lust, mal einen Tag im Einkaufswagen herumgeschoben zu werden war ja schön, aber gleich eine Woche oder mehr, das wäre doch etwas zu weit gegangen für die brüchigen Nerven des Klitzekleinen, und so blieb er in der EinSatzLeitung, während alle anderen verreist oder in ihren Häuslichkeiten waren, schritt zwischen Papieren auf und ab, kletterte hierhin und dahin, nahm Nachrichten zur Kenntnis, kratzte ein wenig an den Pflanztöpfen herum, wenn er den Pflanzen mal wieder ein Tröpfchen Wasser in einem winzigen Kännchen brachte, öffnete die Post, um die verschiedenen Bewegungen des Überläufertums zu der einen oder anderen Seite in der einen oder anderen Schlacht zu verfolgen und die zugrundeliegenden Bewußtseinserweiterungen oder Mißverständnisse zu verstehen (dies betraf die EinSatzLeitung selbst ebenso wie die Gebiete, in denen sie aktiv war), studierte in alten Texten herum und verbiss sich schließlich in das Studium einer Geschichte der Gleichsetzungen von Großreichen und Menschenleibern, denn anläßlich der absurden und schrecklichen neueren Kämpfe in der Welt schien es an der Zeit zu sein, einmal eine Liste anzufertigen, in der aufgestellt würde, wo sich das Wörtlichnehmen der Körpermetaphorik für politische Gebilde (erstmals angeblich erfolgreich eingesetzt durch Menenius Agrippa im Gespräch mit den Plebejern Roms) in Kriegen entladen hatte, in welchen sinnlose Gewalt gegen Menschen und ihr Freiheitsstreben gerechtfertigt wurde mit Reichseinheitsbestrebungen und -ansprüchen, und er fragte sich, ob es nicht auch umgekehrt möglich sein sollte, ob man nicht eine schöne Metapher finden könne, die es irgendwelchen Reichen erlaube, ohne Angst vor Gesichtsverlust oder gar der Amputation ganzer Leibteile damit fertig zu werden, daß sie anstelle eines "Arms" plötzlich einen neuen Freund hätten, etwa die Belgier, dachte er (sich solcherart vom Kaukasus abwendend), warum sollen nicht die Wallonen eine kleine freie Republik Frankwallonien gründen, mit eigenen Institutionen, einem hochehrenwerten und vorbildlichen Schutz der in ihren Ländern dann zur Minderheit werdenden Flamen (auch hier kann man doch zum Guten wetteifern, wenn denn wettgeeifert werden muß), mit einem eigenen Institutionenapparat, schafft doch Arbeitsplätze für Häuptlinge, die sonst nie zum Zuge kommen und deswegen lieber nur mit großen Worten und Nationalitätenkrempel herumzündeln, warum, dachte er weiter, nicht wieder jedem Dompteur aus Leidenschaft seinen eigenen Tigerkäfig anlegen, und er merkte, wie ihn seine Erwägungen davontrugen, vor allem weil er sogleich nun wieder die Perspektive der potentiell dompteurisierten und mit dieser Rolle sicher auch nicht zufriedenen Tiger erwog, und schließlich sah er wieder einmal ein, daß er die Welt, so wie sie sich ihm heute zeigte, einfach nicht verstand, und er schaute also im Kalender nach, wann endlich wieder andere EinSatzKräfte zu erwarten waren, mit denen er seine Überlegungen hätte teilen und diskutieren können.

17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es wird wirklich Zeit, daß die Ferien aufhören, es läuft ja alles aus dem Ruder!

Anonym hat gesagt…

Sie wird größenwahnsinnig!

Anonym hat gesagt…

Und mein Kollege wird kleinheitswanhnsinnig!

Anonym hat gesagt…

Hauptsache Wahnsinn!

Anonym hat gesagt…

Das ist mein Metier, wenn ich bitten darf, und diese verantwortungslosen Scherze über Belgien verbitte ich mir, am Ende tun die das noch!

Anonym hat gesagt…

Es wird wirklich Zeit, daß die EinSatzLeitung an die Arbeit zurückkehrt, ich habe da auch noch etwas anzumahnen, und ich sage ja, man ist da allgemein zu liberal mit Abspaltungen und dergleichen.

Anonym hat gesagt…

Nein, man arbeitet an den akuten Problemen nur anders als panische Einheitsverfechter.

Anonym hat gesagt…

Ohne Einheit funktioniert die Truppe nicht.

Anonym hat gesagt…

Und ohne Vielfalt ist sie eine Walze.

Anonym hat gesagt…

Es gibt schwierige Nachrichten, die K-Abteilung war mal weiderzu vorwitzig, jemand hat es auf sich bezogen und legt los.

Anonym hat gesagt…

Cool it, er wird merken, daß er falsch bezogen hat, er ist ja nicht dumm.

Anonym hat gesagt…

Der Oberassistent war bei der Chefgattin in der Lehre, ich fass es nicht!

Anonym hat gesagt…

Wieso?

Anonym hat gesagt…

Meine Großmutter pflegte zu ihrer Tochter zu sagen: was sagst du, wenn dein Mann sagt, das Wasser fließt den Berg hinauf? Dann sagst du: jale jale, es ist schon oben. Hilft aber nicht immer und langfristig vielleicht gar nicht, meint meine Mutter.

Anonym hat gesagt…

Vorsicht, es gibt Leute, die kennen wirklich keine Grenzen, wenn es um ihre Machtbefugnisse und das, was sie für ihre Ehre halten, geht, mit solchen rechnet man nicht, wenn man einen Chef hat, wie wir ihn hatten, aber es gibt sie, da helfen dann wirklich keine Späße, und natürlich auch kein "man muß beide Seiten verstehen."

Anonym hat gesagt…

Was aber dann?

Anonym hat gesagt…

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