Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Donnerstag, 14. August 2008
427.
"Da haben wir den Salat," sagte die Chefin genervt zum Demokratiebeauftragten, "man kommt zurück und prompt ist ein falsch datiertes falsch numeriertes viel zu langes Stück auf dem Tisch, und wenn man nachschaut, fehlt auch noch die Referenzstelle in der Vorabpublikation der ersten Lieferung, und da soll man sich mit den Krisenherden der Welt befassen, wie finden Sie das?"
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
12 Kommentare:
Ehrlich gesagt nicht ganz so schlimm, vielleicht können wir die Referenzsstelle einfach auf der Kommentarebene nachtragen, Assistentin K ist ja schon weider da, mehr mit Redigieren usw. beschäftigt, und daß die Zahlen mal durcheinander gekommen sind, du lieber Gott (immer wenn ich das sage, denke ich immer noch, ich lästere, daran merkt man, wie die Dinge sitzen), das ist halt so, wenn der Buchhalter mal keinen Kontrollgang macht.
Wie wäre es, wenn wir uns wirklich mal den ernsten Themen widmeten, Partner- und Körpermetaphorik in der Weltpolitik, Rivalitäten innerhalb einer dieser Schachtelpuppen, die kleinste will von der nächstgrößeren fliehen und holt sich dafür Unterstützung bei einer noch größeren, die dann die mittlere so behandelt, daß wiederum die allergrößte einschreiten möchte, aber nicht weiß wie, was sagen wir dazu bitte?
Also ich liefere jetzt erstmal den fehlenden Eintrag zu Mos Gefangenenzeit, er ging uns damals unter der Nummer 94 zu als "Eine Geschichte aus Mos Nirgendwo" und lautete so:„Einer schlug mich zu Boden, stellte den Stiefel auf meinen Hals und sagte, er werde ihn erst wieder von meinem Hals nehmen, wenn ich sage, wie groß, wie schön, wie wunderbar ich ihn finde – es gelang mir mit der vorübergehenden Hilfe Vorübergehender, für einen Moment den Hals unter seinem Stiefel hervorzuziehen, aber als ich gehen wollte, fing der Quälgeist mich wieder ein, sperrte mich in einen fürchterlichen Käfig, quälte mich täglich auf die perfideste Weise und setzte sich neben den Käfig, Klavier spielend. Sobald ich sagte, er solle mich herauslassen, verlangte er, daß ich sein Klavierspiel und was nicht noch alles bewundere. Wieder kamen Vorübergehende, und diese sagten, tu ihm doch den Gefallen, spielt er nicht wirklich wunderschön? Ich ging im Käfig auf und ab. Man schob mir Futter zu. Aber ich mußte immer erst einmal sehr viele Federn und Haare aus dem Essen sammeln. Immer mehr Dreck und anderes mußte ich wegräumen, bis ich an ein bißchen Futter kam.
Der Wärter spielte Klavier und war sehr zornig, weil ich es nicht schön fand. Manchmal war er auch sehr freundlich. Er sagte allen, schaut, ich bin nett zu ihr, aber was ist der Dank?
Mir mißfiel das Geklimper. Die Klugen, die vorübergingen, fanden mich halsstarrig. Ich wollte aus dem Käfig. Die Klugen fanden, ich solle versöhnlich sein und endlich sagen, wie wunderbar mein Gefangenenwärter war, ich solle ihn von ganzem Herzen lieben und ihn anerkennen. Sie sagten das sehr fürsorglich. Sie wollten mein Bestes. Zuerst spuckte ich. Dann fing ich an, etwas mehr zu schlafen. Wenn er wieder richtig quälte – er hatte dazu wunderbare Mittel in die Hand genommen – schrie ich manchmal. Das klang nicht schön. Man fand das undiszipliniert. Als ich müde wurde vom vielen Erbsen sortieren, fand man mich faul. Man appellierte an meinen Geschmack: wenn ich Geschmack hätte, müsse ich einsehen, wie wunderbar und schön mein Herrscher sei. Es dürfe mir doch nicht schwerfallen, diese Winzigkeit, die von mir verlangt werde, zu tun. Ich sagte, ob ich sein Spiel in Freiheit gern hören wollen würde, habe ich vergessen. Wenn ich es jetzt höre, ist es Dreck. Du redest unklug, sagten sie. Ich schwieg. Du mußt weicher werden, sagten sie. Ich sagte, ich bin viel weicher als einer von euch. Du mußt klug sein, sagten sie. Ich sagte, ich bin leider nicht klug. Du mußt aufhören, dich nach einer Freiheit zu sehnen, die du nicht haben kannst. Ich schwieg. Du mußt die Gerechtigkeit aufgeben. Ich schwieg. Du mußt lieben. Ich sagte, ich liebe. Nur nicht den Quälgeist. Du mußt, sagten sie. Ich sagte, muß ich. Ich machte kein Fragezeichen. Ich versuchte ein altes Argument aus der langen Geschichte der Inquisition. Ich sagte: Niemand wird mir glauben, daß ich liebe, wenn ich sage, ich liebe, weil ihr gesagt habt, ich muß es sagen. Und selbst wenn ihr so blöd wäret – was nicht der Fall sein wird – mir und euch zu glauben, ihr hättet mich zwingen können, zu glauben und zu lieben, was und wen und wie ihr es von mir verlangt – ihr würdet nicht zufrieden sein. Denn ihr hättet es ja selbst erzwungen, also wäre es wieder nicht die authentische Liebe, die ihr erzwingen wollt, weil ihr wißt, daß ihr genau dieses nicht könnt. Aber diese Erfahrung erspare ich euch. Ich sage es gar nicht erst. Dann stirbst du, sagten sie. Ich hatte keine Antwort. Ich starb einstweilen nicht. Und ich sprach nicht. Ich hörte auch nicht. Ich war im Käfig. Sie schwatzten draußen herum und fanden, ich solle meinen Wärter lieben. Manche fanden, man müsse versuchen, es mir durch Einladungen schmackhaft zu machen, Zwang sei vielleicht wirklich nicht so gut. Einer ging so weit vorzuschlagen, daß man mich einfach befreien könne. Das erschien den anderen zu gefährlich: Nach dem, was wir ihr angetan haben, wird sie uns umbringen, sagten sie. Sie ist so stur. So haßerfüllt. Der Eine sagte, sie wird niemanden umbringen. Sie wird gehen. Sie wird traurig und allein sein, denn sie wird von nichts und niemandem mehr etwas hoffen oder erwarten. Wie schlimm, sagten sie. So eine harte Person. Der Eine schwieg nun auch.
Ich träumte einen Moment von Befreiung. Was, dachte ich, was, wenn Er sie überzeugen kann, nur für den Moment, den es braucht, bis die Käfigtür offen ist? Ich würde weglaufen, natürlich, wozu mich mit denen aufhalten. Und dann? Vielleicht, träumte ich, würde Er auch klug sein und schnell weglaufen, bevor nun einer einen Stiefel auf seinen Hals stellt. Wir würden uns irgendwo treffen. Ich würde ihm danken. Und Er würde sich freuen, nicht allein zu sein. Wir würden einander lieben, einfach so, wie wir da wären. Aber dann redeten sie wieder. Der Eine Bessere schwieg noch eine Weile. Irgendwann flehte Er mich an, endlich nachzugeben. Ich modifizierte meinen stillen Traum.
Wenn es doch zur Befreiung gekommen wäre, wenn der, der dafür war, auch gegangen wäre, wenn wir einander getroffen hätten in irgendeiner Weite – vielleicht hätten wir uns gar nicht gemocht. Auch das kann passieren. Und es hätte andere gegeben, oder nicht gegeben?
Der Eine fing wieder an, mich zum Nachgeben zu bewegen.
Da gab ich es auf.
Sie müssen sich selbst wirklich geglaubt haben, daß sie mir etwas sagten. Ich habe ihnen das nicht geglaubt. Ich bin wahrscheinlich der gläubigste Mensch von allen. Irgendwann werde ich tot sein. Sie werden ihre Köpfe wiegen und sagen, hätte sie auf uns gehört.
Sie werden immer tot gewesen sein. Das macht mich nicht lebendig. Der Gefängniswärter spielt Klavier. Das gilt als schön.“
Ich schlage vor, jedesmal aus Klavier Orgel zu machen, dann paßt es besser.
Und ich möchte bemerken, daß man wieder einmal über die wirklich wichtigen Themen nicht spricht.
Und ich darf schon einmal ankündigen, daß ab morgen gnadenlos weiter beschrieben wird, was die einzelnen EinSatzKräfte in ihren Ferien treiben, und punctum, Einmischer und Unterlagenhervorzerrer hier alle, wie ist überhaupt mein Manuskript aus der Hängemattenwelt in die EinSatzLeitung geraten?
Fragen über Fragen...
Immer wieder dieselbe Inquisition, was soll das denn, kann man nicht mal einen Schlußstrich ziehen?
Ich mag Orgel und Klavier.
Da müht man sich...
Ich verstehe noch nicht, was mit den Nummern falsch sein soll!
Alles, immer.
Er hätte mit Karomütze und dem Tätowierten ein bißchen Alfa fahren sollen.
Kommentar veröffentlichen