Freitag, 15. August 2008

428.

Der Urlaub der Assistentin K, eine Gruppenreise mit Fahrrädern durch eine der schöneren Provinzen des Pariser Reiches, hätte durchaus noch länger dauern sollen, daß sie schon wieder am Platze saß, war nur einem empörenden Mißgeschick geschuldet, einem Fahrradsturz, bei dem ihr das Fahrrad zerstört und ein Arm gebrochen war, vom Riß im Rucksack zu schweigen (dies freilich hatte sie besonders getroffen, denn ein Lieblingsflacon, auf dessen Begleitung sie nicht hatte verzichten wollen, war dabei auch noch kaputtgegangen), und so war sie verdrossen schon nach drei Tagen nachhause zurückgekehrt, hatte ein wenig geübt, den Gipsarm im Alltag zu schonen und trotzdem durch die Tage zu kommen, und sich schließlich für wieder arbeitsfähig befunden - freilich kamen ihr, als sie so allein im K Büro saß und alle möglichen Manuskripte mit zweifelhaften Annotationen versah (Orgel statt Klavier, das konnte sie doch selbst nicht glauben!), merkwürdige Gedanken über dies und das, was schief gegangen war in jüngster Zeit, sie mußte sich einen kleinen Groll eingestehen, welchen sie gegen die ehemalige Assistentin Ö hegte, da diese befördert worden war, während ihre Aussichten auf eine Beförderung ausgesprochen gering zu sein schienen, es war ja nur ein Kreativleitungssessel da, und der war gut besetzt, im Grunde war sie auch hochzufrieden mit ihrer Arbeit, kam gut mit ihrer Vorgesetzten aus, wohin hätte es also gehen sollen, und dennoch dachte sie, auch ihr stünde mal etwas wie eine leitende Funktion zu, man müsse doch wohl nicht unbedingt in ewiger Assistenz stehenbleiben oder gar schrumpfen wie der Klitzekleine, und sie erwog, woanders nach einer solchen Position Ausschau zu halten - dann allerdings fiel ihr Blick wieder auf den Wandteppich, blieb im Ö-Gebiet hängen und sie fragte sich, ob man nicht mit der Dame Ö gemeinsam etwas erdenken könne, das den Teppich insgesamt noch ein wenig schöner machen könne, oder etwas, das ihn ergänzen würde um einen neuen, eigenen Bodenteppich, oder ob man vielleicht einen Garderobenständer daneben aufbauen könne, mit Platz für die neuesten Kreationen der Dame Ö (und sie kicherte bei der Erinnerung an ein erstaunliches Kleid von etwas plumper Eleganz, das an der Dame Ö ausgesehen hatte wie eine um sie gewickelte Autokarosserie aus kostbarster Seide, dabei die Würde der Dame dennoch seltsam unterstreichend), aber sehr viel weiter kam sie einstweilen nicht, und so wandte sie sich für diesmal seufzend und ein wenig ermüdet wieder ihren Redaktionsarbeiten zu, die schließlich auch gemacht werden mußten.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es wird Zeit, daß von den großen und kleinen Weiberproblemen mal umgelenkt wird auf das, was die Welt wirklich beschäftigt: die Krise der Männlichkeit!

Anonym hat gesagt…

Hört hört!

Anonym hat gesagt…

Wir wollen gern über Sie schreiben, Kollege, aber nennen Sie mir doch mal einen Mann in einer solchen Krise.

Anonym hat gesagt…

Wir kommen auf eine ziemlich hohe Zahl, würde ich sagen, pi hoch irgendwas.

Anonym hat gesagt…

Was ist denn mit dem los, er bricht die Regeln und bringt die wischiwaschigste Zahl, die ich je in meinem Leben gehört habe, wo nach EINEM gefragt worden war.

Anonym hat gesagt…

Man vernachlässigt uns.

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