Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Montag, 31. März 2008
(2)91.
„Herrlich, diese Eins-zu-Einsler, was die so für Stroh im Kopf haben,“ sagte der Leiter der Abteilung Öffentlichkeit, als er am Montagmorgen mit einem ganzen Stapel von E-Mail-Ausdrucken in das Büro der Kreativleitung kam, „aber ich finde, ihr seid wirklich ziemlich leichtsinnig geworden mit euren Kundgebungen, guck mal, was wird dein Mann dazu sagen, da freut sich jetzt in einem Brief eine verlassene Gattin, nachdem du angeblich in irgendeinem Eintrag knapp verschleiert gestanden hast, dich an ihren Mann herangemacht zu haben, weil er so berühmt war (war denn dein letzter Liebhaber so berühmt, ist mir gar nicht aufgefallen, aber er selbst hat sich auch nicht beschwert), dafür denkt dein anderer Verflossener (zwei Männer in 20 Jahren, also wirklich, was man davon halten soll, ein klarer Fall von Bindungslosigkeit - drei, unterbrach die Kreativleitung, wenn schon, dann richtig), du habest ihn verlassen, weil du dich ehrgeizigerweise an irgendeinen Berühmten rangeschmissen hättest (auch lustig, das mit dem Ranschmeißen, wenn man dich so im Alltag erlebt, kann man sich das gar nicht vorstellen - muß man aber, unterbrach die Kreativleitung, sonst gibt’s nichts zu sabbern, wenn schon, dann richtig), ja, also von dem sollst du dir Protektion in der akademischen Welt oder in der Politik oder in den Medien oder sonstwo versprochen haben (so blöd warst du nie, oder? ich mein, blöd genug warst du ja - zu blöd, unterbrach die Kreativleitung, wenn schon, dann richtig) dann wieder mal eine Kolportage aus den Pestvogelebenen, in denen man neue Spekulationen über die Identität von Mo angestellt hat und neben dem üblichen sattsam bekannten Schizo-Paranoia-Depressions-Diagnostik-Zeug nun auch eine geniale Theorie über irgendwelche Fehlgeburts- oder Abtreibungsleichen in Erwägung zieht, hier, von einer Beratungsstelle für verwaiste Eltern, man hält sich damit jetzt wie üblich wieder für besonders verständnisvoll, ah und da, guck mal, bieten wir an, bei Orientierungslosigkeit unsere Beratungsstellen aufzusuchen, hahaha, (wenn man sie denn finden würde, unterbrach die Kreativleitung, superschlau, haben sie eine Wegbeschreibung mitgeliefert oder gleich den Navi, ich wär für Navi, wenn schon, dann richtig, aber bitte mit roter Schleife liefern), dann einer, der fragt, ob die Krampfhennen im Büro vielleicht mal lockerer werden können, da weiß ich jetzt nicht, scheint sich eher auf Assistentin Ö zu beziehen, die ist aber noch nicht da, willst du selbst lesen, und hier, eine Seelsorgerin bietet Gespräche an, Beichtgespräche gegen die Angst, welche Angst, ach ja, hast du ja auch von gesprochen, kam das nicht gestern im Tatort, ach, den kanntest du ja noch gar nicht, na, aber alles in einem Ton, bei dem einem die Tränen kommen würden, wenn man nicht wüßte, was für katastrophale Folgen das dumme Gequatsche dieser Leute und ihrer minderbemittelten Megaphone auf je zwei Beinen für jeden denkbaren EinSatz hat, ach ja, und dann noch die üblichen Nachfragen, mit denen Karomütze aufs Glatteis geführt werden soll als möglicher Sympathisant von Terroristen aller Farben wegen des auswärtigen Geheimdienstes, hier das Youtube-Video von Ahmed the Terrorist, einer hält den für Mo, also man faßt es nicht, und ein Geistlicher will dem Buchhalter seine harmlosen Vergnügungen ausreden, ein Sportjournalist gratuliert eher und fragt, ob er nicht mal für Photos in Men’s Health posieren möchte, aber wie gesagt, die meisten gehen auf dich und deine vielen Fehler, Eitelkeiten, Ehrgeizigkeiten, Raffgierigkeiten, Schlampereien und Überheblichkeiten usw.“... „Mensch, du bist ja richtig solidarisch heute, duzen wir uns eigentlich schon lange, und warum erzählst du mir diese Scheiße überhaupt noch,“ fragte die Kreativleitung etwas grünlich, „schmeiß doch einfach weg den Dreck,“ aber ihre Assistentin, die neugierig herbeigeeilt war, fragte anders weiter, nämlich: „Sollen wir ihn jetzt nicht mal ernstnehmen, diesen Dreck, und ganz laut in die Welt brüllen, daß du eine arme Maus bist, die immer wegen angeblicher Illoyalität, Eifersucht, Untreue und schlechter Haushaltsführung usw. von ihren Allerliebsten verlassen wurde, obwohl sie doch die Allersüßeste war (weil, weil ich die Allersüßeste war, unterbrach die Kreativleitung, wenn schon, dann richtig) und jetzt ganz wahnsinnig traurig ist, oder sollen wir endlich selber draufhauen und mal im Ausland einen Posten aufbauen, ein paar kompetente Detektive in die betreffenden Szenen und elektronischen Ballungsräume schicken und sie dann gesamteuropäisch und mit Pauken und Trompeten zur Rechenschaft ziehen, diese Rufmörder, Pathologisierer, Datenräuber, Kriminalisierer, Geschäftsschädiger, Geschichtenräuber, Leichenfledderer, Betrüger, Plattsanierer, Kleptomanen, Geierschnepfen, Racheengel, Spießrutenschwinger, Versöhnungskitschler, Ranschmeißer, Projizierer, Verelender, Blähburschen, Süßhühner, Runtermacher, Kleinkrämer, Abwärtsmobilisierer, Turboglucken, Rohrkrepierer, Pathetiker und Geschichtsfälscher, was meinst du, würde das nicht satt Schotter geben, also Schadensersatz und eine richtige Blamage für Großdeutschland mit Vertretern aus dem politischen Berlin, aus Kirchen und allen Medien, wie wäre das, wo wir uns doch gerade den Kulturen des Gesichtsverlusts anpassen wollen, das wäre doch was, oder?“
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8 Kommentare:
Das wäre letztlich sicher durchaus staatstragend, ich meine, mal ein wenig aufzuräumen, aber seit wann ist die Kreativleitung verheiratet, habe ich da was verpasst?
Nix verpasst, aber er will als Öffentlichkeitsabteilung die Öffentlichkeit ein wenig verwirren, oder er ist selbst verwirrt und hat den Überblick verloren, oder er meint einen künftigen Mann, der mit einer Frau leben müßte, die sich täglich solchen Sachen aussetzt, und er will ein wenig schützen, siehst du, Kollege, so fängts an mit den Spekulationen...
Ich bin etwas besorgt, bei mir gehen Briefe ein, in denen steht, ihr wollt mich rausschmeißen, stimmt das?
Kommt - das sage ich auch im Namen des Chefs - überhaupt nicht in Frage, du wirst nicht rausgeschmissen, aber ich bin übrigens auch gegen diese Detektiv- und Klagenummer, vor allem gegen das Argument mit Gesichtsverlust gegen Gesichtsverlust, die Chinesen blamieren sich eh schon nach Kräften, die würden sich doch nur freuen, wenn wir uns hier blamieren, können wir unsere Leute nicht geschickter verteidigen und unseren Gegnern geschickter den Spaß an ihren blöden Geschäften verderben und trotzdem ungehindetr ein paar gute Sachen machen?
Mir wurde da neulich von einer besonders freundlichen Dame ein link zugespielt, vielleicht hilft der: http://de.news.yahoo.com/ap/20080324/ten-hund-imitiert-buddhistischen-prieste-45cd332.html
Ja, den find ich gut, zumal er die Sache mit den Beinen wieder aufnimmt, Beine verschränken als Wesen der Meditation und letzter Unterschied zwischen Mensch und Hund, das find ich gut!
Mir gefallen von all den vielen Briefen die am besten, die, um einen Gesichtsverlust zu vermeiden und ihre Diagnosen zu retten, eine wundersame Geschichte von Krankheit und Heilung erfinden, also das, meine Lieben, das hat wirklich Potential, so retten wir das Abendland doch noch.
Was hat sie nur neuerdings immer mit dem Abendland!
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