Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Sonntag, 2. März 2008
(2)62.
Die Kreativleitung murrte ziemlich verdrossen, muß das jetzt sein, aber als sie das Gesicht der Minderheitlerin sah, sagte sie, ja, aha, muß wohl, erhob sich ungewohnt mühselig, bot ihr einen Platz auf dem alten Sofa an und setzte sich nah an sie, denn die Minderheitlerin sah wirklich erschüttert und beunruhigt und etwas anlehnungsbedürftig aus, ohne daß deswegen ein Zug von Abweisungsbereitschaft, der sie wie von Ewigkeit her zu kennzeichnen schien, aus ihrem Gesicht völlig gewichen wäre (es war dies ein Zug, den viele Mehrheitler dafür verantwortlich machten, daß sie speziell diese Minderheitlerin und ihre Fraktion, in der das viele zu haben schienen - aber vielleicht guckte man es auch nur in ihre Gesichter hinein - irgendwie nicht ausstehen konnten), und sie bat sie, zu erzählen, was vorgefallen sei, aber die Minderheitlerin bekam nur Krächzlaute aus ihrer Kehle und sagte schließlich doch so etwas wie einen Satz, etwas wie "deswegen bin ich ja hier" oder "deswegen wende ich mich ja an dich," und der Grund, den die Kreativleitung mehr aus den Augen und den Gesten ablas, schien zu sein, daß etwas irgendwie so verzweifelt geworden zu sein schien an jenem Ort, aus dem diese Minderheitlerin zu berichten pflegte, daß ein so zur Aufrichtigkeit geneigtes und gewissenhaftes Wesen wie die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse eigentlich keine Worte mehr dafür fand, aber doch sprechen mußte, schließlich war das geradezu ihr Job hier, und nun wußte sie nicht mehr, was und wie sie es noch sagen sollte, wie bestimmte Dinge erzählen, wenn so und so viele schreien, halts Maul, und das doch auch nicht richtig sein kann, aber alles andere irgendwie auch falsch ist, und die Kreativleitung sagte, bei solchen Gelegenheiten, wenn dich diese Art Nachricht wieder erreichte (denn es ist doch wahrhaftig nicht zum ersten Mal so) und du irgendwas zu einer Verteidigung sagen solltest, den einen zu forsch, den anderen zu lasch, und dachtest, es sollen doch alle zur Sprache kommen, aber wieso durch mich, mir fällt dazu auch nichts mehr ein, also meistens, wenn es so war, gingst du dann ans Fenster und schautest hinaus, und manchmal zogst du dir einen Einfall aus dem Regen, manchmal ließest du es einfach beim Hinausschauen, und warum geht das heute nicht, was ist heute so besonders dringlich, und was um Himmels willen soll ich dabei tun, warum gehst du nicht zur Demokratiebeauftragten, die ist doch dafür zuständig?
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