Sonntag, 9. März 2008

(2)69.

Die Kreativleitung war geneigt, erst einmal alle aus ihrem Büro zu befördern, die mißmutige Gattin Ö und den klitzekleinen Forschungsminister mit seinem Globus und seinem rechthaberischen Gehüpfe zuerst, dann aber auch die Gattin des Chefs, die sich vermutlich wieder in ihrer leisen humorgien Art um eine allen bekömmliche Harmonie bemühen würde, sobald sie auch mal zu Wort käme, das wäre sicher durchaus nett, aber die Kreativleitung fand es für den Augenblick alles lästig, sie wünschte, die Telefonstecker zu ziehen und nicht zu sprechen zu sein, bis sie wieder etwas produziert haben würde, aber genau in dem Augenblick, in dem sie dieses dachte, gab das Telefon sein neumodisches Flöten von sich, und während die Belagerer den Moment nutzten, um in ihren Beeiferungen fortzufahren, hörte die Kreativleitung am anderen Ende der Leitung (kleiner Kurzschluß im Leitungswesen) etwas wie einen Freund aus weit zurückliegenden Tagen ins Telefon sprechen, zunächst lachte sie hell auf, denn sie verband die Stimme durchaus mit Erfreulichem, fragte, warum er sich so lange nicht gemeldet habe, und er sagte, das wolle er sie fragen, es habe ihn tief gekränkt, daß sie auf seine letzte Nachricht gar nicht mehr geantwortet habe, ob sie ihm mal sagen könne, warum sie sich so verhalten habe, und sie sagte, die kürzeste Antwort wäre "nein," die zweitkürzeste, "weil du nicht mehr wirklich gesprochen, sondern mich geradezu bürokratisch abgefertigt hast, ich habe sozusagen 'zurückgefertigt,'" und die beste Antwort wäre keine, sondern die Feststellung "schön, daß du trotzdem anrufst und einfach mal nachfragst" und ob man sich vielleicht irgendwann, wenn sie einen gewissen Belagerungszustand beendet und eine gewisse Arbeit hinter sich habe, mal treffen könne, und er sagte, es ist immer dasselbe mit dir, du scheinst dich zu freuen, aber dann hast du keine Zeit, und die Zeit, in der du Zeit hast, kommt nie, und sie sagte, das stimmt nicht, sobald ich in Frieden und ohne Angst vor nachhaltigsten Feindseligkeiten oder dergleichen leben könnte, würde ich sie mir frisch so einteilen, daß auch für die lieben Menschen Zeit dabei wäre, und er sagte, man muß es andersherum machen, man muß erst Zeit für die Lieben haben, dann kommt das andere von ganz alleine, und sie sagte, so ist das eben leider nicht, und du und deinesgleichen, ihr habt das immer schon besser gewußt als ich, darum habt ihr jetzt Anlagen, die ihr vor Leuten wie mir glaubt schützen zu müssen, aber wir sollen immer weiter romantisch auf euch zu geflattert kommen, wenn es euch gerade danach ist, und wenn wir das nicht tun, weil wir uns gegen allzu viel aufgrund unserer ach so kreativen Offenheit so viel schlechter abdichten könnten als andere und weil wir das aus langem Leiden kennen, dann ist es euch auch wieder nicht recht, also ruf doch vielleicht später einmal an, wenn du klarer siehst, es hat mich gefreut, dich mal wieder zu hören, und sie beendete das Gespräch rasch, am anderen Ende der Leitung schien die bürokratische Verhärtung sich wieder zu schließen, und bevor sie allzu schmerzhaft ein Lachen, das ihr das Leben für ein paar Minuten erleichtert haben würde, vermißte, legte sie lieber wieder auf, unterbrach das Gespräch der Anwesenden nunmehr entschieden, schickte alle nach draußen, hoffte geradezu, daß Mo noch ein wenig in ihrem leise schnaufenden Schlaf verbleiben würde, und legte sich auf ihren Teppich, die Füße auf die Sitzfläche des Drehstuhls, um in Ruhe die nächsten Produktionen zu erwarten.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe ein winziges blaues Klavier auf einem großen scharzen Flügel gesehen, und einer, der was davon verstand, schlug die Tasten, das war der erste nette Klavierspieler seit meiner Gefangenschaft, und ein Saxophon wurde gespielt und ein Kontrabass betrommelt, und die Lieder sollten allen, die sie hörten, auf sehr unterschiedliche Weise einheizen, und ich habe in meine Hände geklatscht.

Anonym hat gesagt…

Ich habe das auch gesehen und gehört, und in diesen Liedern war mehr als in allen lächerlichen Vermutungen aller irregeführten Herumsteher und Herumreder, die das Verhalten eines Menschen unter Terror für "seine subjektive Wahrheit" halten und alles verdrehen und Geschichten daraus basteln, und der Dichter dieser Lieder und der Sänger und die Musiker verdienen tatsächlich das größte Lob, man soll mal wieder mehr Georg Kreisler in allen Variationen hören.

Anonym hat gesagt…

Kleines Klavier auf großem Klavier, klarer Fall von Dissoziation.

Anonym hat gesagt…

Sofort Pfefferspray für diese Kreatur!

Anonym hat gesagt…

Cool it, das beste Pfefferspray gegen solche Schranzenvögel und andere Pfefferfresser ist immer noch die langsame und allmähliche Entfaltung der ganzen und der reinen Wahrheit, und die tut das schon, die Wahrheit, so oder so, dann und wann muß ihr mal einer helfen, und dann wird das schon.

Anonym hat gesagt…

Was für ein Gottvertrauen, das hätte ich bei diesem Praktikanten nun nicht vermutet.

Anonym hat gesagt…

Äh, ich weiß auch gar nicht, ob ich es jetzt unbedingt soo nennen würde...

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