Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Sonntag, 26. Oktober 2008
500.
Fünfhundert, Mannomann, dachte die Kreativleitung, deren Laune nach den Begebenheiten des letzten EinSatzes sich in einer Art Übelkeit befand, da wird der Buchhalter wieder ausrasten, ach nein, er wird ja bemerkt haben, daß nicht nur in den sogenannt weicheren Angelegenheiten nicht immer drin ist, was dransteht, sondern auch manchmal bei den Zahlen, da wir ja eben mit 22 angefangen haben und somit eigentlich erst bei 478 sind, und ihre Laune verbesserte sich nicht erheblich, selbst Mo quiekte ein wenig, denn so schlechtgelaunt war die Kreativleitung eigentlich selten, was ist denn nur los mit dir, fragte sie, während sie mal wieder ein Apfelscheibchen in Honig tunkte, und die Kreativleitung, verzweifelt zwischen dem Wandteppich und anderen Angelegenheiten auf ihrem überhäuften Schreibtisch hin und her eilend, sagte, was machen wir jetzt mit der armen Dame Ö, frage ich mich, wie hält Karomütze es aus, immer diese gräßlichen Informationen anzuschleppen, wie kann man die Abteilung, von der aus der Projektentwickler seinen gefährlichen Unsinn, den er selbst für eine große Sache halten muß (er hält sich ja für jemanden, der alle Welt zum Guten erziehen kann, und weiß in aller ernsthaften Naivität, die er sich unter seiner aggressiven Verpanzerung erhalten hat und die so viele wohlmeinende Menschen für ihn einnimmt, ja gar nicht, daß die besten Leuten gerade die sind, die allen Erziehungsmaßnahmen gegenüber am resistentesten und darum auch für keine totalitäre Ideologie anfällig sind, er muß subsumieren, koste es was es wolle, es ist das, was ihn so gefährlich macht, und man redet sich den Mund fusselig und kriegt es nirgends zur Geltung gebracht, von wegen "Mißerfolgsgeheimnis"), getrieben hat, befrieden, die werden doch einen großen Aufstand machen, er wird sie von draußen weiter zutexten usw., ach je, und Mo sagte, wie kannst du so besorgt sein, und die Kreativleitung sagte, weil ich heiser bin und die Ruhe für meine eigentliche Arbeit nicht finde, darum, und wenn jetzt der klitzekleine Forschungsminister sich so wirksam gegen den Sinologen verteidigt, daß die Leute lieber wieder ihn groß sehen wollen, und wenn die Chefin aus schierer Not womöglich darauf eingeht, dann wird das meine Stimme endgültig ersticken, und davor fürchte ich mich, sagte die Kreativleitung, man hat eben nur eine Zeit, ich hab doch den Klitzkleinen gern und brauche seine Zulieferungen, aber wenn es umgedreht werden soll und ich unbedingt erzogen werden soll, nicht meine eigenen Texte zu schreiben, sondern irgendeiner Forschung zuzuliefern, dann werde ich noch kleiner werden als du, und anders als bei dir sind meine Auferstehungskapazitäten vollkommen erschöpft, ich bin doch bloß ein Mensch, und sie stand, während sie dies sagte, blaßgrün und schwankend immer noch am selben Fleck, nahm Mo, die auf sie zu getrippelt kam, wie automatisch hoch auf ihre Hüfte, und da ereignete es sich, daß das kleine Mo die Kreativleitung, von deren Fürsorge es bisher gelebt hatte, sehr trösten mußte, was schwer war (und nur einmal in der Geschichte mit der Schneeflocke gelungen war), denn wie sollte ausgerechnet so ein kleines brüchiges Mo die Kreativleitung etwa verteidigen können, aber wispernd und plappernd versuchte sie es doch, indem sie sagte, der klitzekleine Forschungsminister fühlt sich doch wohl in seinem Job, und die Chefin wird dich verteidigen, der Projektentwickler ist abgemeldet, und die anderen werden doch irgendwann ihre bescheuerten Fusionsversuche aufgeben, und eines Tages wirst auch du wieder ein wenig glücklicher sein, und das Ganze klang als Gezwitscher immer süßer ans Ohr der Kreativleitung, die sich schließlich in den Sessel setzte, Mo auf dem Schoß, und sagte, eigentlich wäre es Zeit für eine B-Ebene aus der Vogelwelt, aber diese Zeit haben wir heute leider auch nicht; da fielen Mo die Augen zu und die Kreativleitung begab sich resigniert und lustlos wieder an ihren Schreibtisch, der heute nach Frohn und sonst gar nichts aussah.
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16 Kommentare:
Ihr könntet mal wieder etwas lustiger sein.
Und mehr Leistungsbereitschaft bitte, auch am Sonntag kann man 12 Stunden arbeiten, wenns die Sache verlangt.
Das Leben ist Ruhm und Ehre und Einsatz für die große Sache.
Sie können es alle nicht lassen, erstaunlich.
Mir solls recht sein.
Wo bleibt Karomütze, wo die K-Abteilung?
Haltet jetzt mal alle die Klappe.
Als ich den Laden gegründet habe, hatte ich eine andere Idee.
Ich finde die auch immer noch gut.
Dabei wäre sie zeitweilg fast rausgeflogen, ebenso wie Mo.
Nein, da haben doch alle aufgepasst, daß das nicht passierte.
Ich bin für Sonntage.
Ich bin für Spaß.
Ja, wenn man sonst keine Sorgen hat, kann man sich auch mit Spaß befassen.
Es scheint ein ernstes Ressourcenproblem zu geben, wir werden morgen darüber beraten.
Beraten, beraten, wird doch alles überschätzt.
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