Samstag, 4. Oktober 2008

478.

Bevor die Kreativleitung sich der Schilderung dessen, was sie bisher schon von der heuchligen Dreileidenschaftlichkeit, den heiligen drei Heuchlern oder der gedrittelten Heuchelei gesehen hatte, deren Emanationen natürlich die Eloge erheblich erschweren würden, widmen konnte, wurde sie von einem weiteren kleinen Schrecken heimgesucht, indem der Oberassistent ihr (gerade jetzt!) zutuschelte: wußtest du eigentlich, daß der Vater des künftigen Kindes der Leitung Öffentlichkeit kein anderer ist als der Mann, mit dem du eine Weile gelebt hast und den du als so entsetzlich fürchtest, und weißt du, wie entzückend sie ihn findet und wie übel sie nun neuerdings in ihren "Bistro"-Reden, von denen du so wenig hörst, daß du praktisch nie darüber schreibst, weil sie selbst an deiner Assistentin vorbei gehen, nun erst recht spricht, und die Kreativleitung erbleichte kurz, fing sich aber und sagte, es sollte doch schön sein, wenn zwei Menschen sich gefunden haben und miteinander glücklich sind, und sind sie denn nicht glücklich genug zu zweien, brauchen sie mich als drittes dämonisches Gespenst noch dazu, man hätte doch hoffen mögen, daß die Leitung Ö, die ich schätze, ohne mir allzu viele Illusionen über sie zu machen, man hätte doch hoffen mögen, sage ich, daß sie, da weder mit besonders tief wurzelnder Kreativität und den entsprechenden Nebenwirkungen noch mit bereits akut vor seinen Augen realisierter Mütterlichkeit geschlagen, nun in der Tat die Fülle seiner Liebe, die ich ja auch einmal genossen haben werde, bevor alles andere ihn in die erstaunlichsten Verhaltensweisen trieb, genießen und mich wenigstens in Frieden lassen kann, wäre das nicht etwas, und der Oberassistent, der sich den Anblick von ein klein wenig mehr Leid und Entsetzen, möglichst auch noch Schuldbewußtsein, erhofft hatte, antwortete, sie erzählt aber schlimme Dinge, welche ihr Schatzi durch dich erlitten habe, und die Kreativleitung sagte, soll sie doch, auch ich zweifele ja nicht an seinem subjektiven Leid und bin im übrigen überzeugt, daß wir einfach gar nicht zueinander paßten, man trenne das aber doch bitte von irgendwelchen Spekulationen über meine Natur, mein Wesen und meine Taten, und indem sie den Flur ein letztes Mal nach einer Spur des Kwaliteitswarts, den sie gern einmal wieder gesehen hätte, absuchte, wandte sie sich, begleitet vom in sich versunkenen Minderheitler mit den grünen Borsten und mit ihrer Hand ein vollkommen erstarrtes Mo besorgt wärmend, wieder in ihr Büro, während die Karawane der liebenswürdigen drei Gäste von der Dame Ö zunächst einmal ins Büro der Leitung Öffentlichkeit geführt und dort sicher aufs liebenswürdigste empfangen wurde; das Mo im Schoß setzte sie sich, biß sich auf die Lippen und sagte zum Minderheitler mit den grünen Borsten, manchmal wird doch etwas zuviel Ressentimentresistenz von einem Menschen verlangt, und dann hat man es plötzlich auch an und in sich, das böse kleine Ressentiment, das ist das schlimmste daran, oder?

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