Mittwoch, 15. Oktober 2008

489.

Unterdessen saßen im Chefinnenbüro die Chefin selbst, der Demokratiebeauftragte, die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit und Freund Karomütze beieinander und berieten über die Gespräche mit der bei ihnen noch selbdritt erschienen Heuchlichkeit; es wurde ein längeres Gespräch, aus dem hier nur eine kleine Episode berichtet werden kann, in der wie man so sagt Nerven zum Vorschein kamen: Die Leitung Öffentlichkeit, noch etwas entsetzt von mancher Arroganz im Auftreten insbesondere des ersten und tief skeptisch gegenüber der in ihren Augen etwas dick aufgetragenen Sanftmut des zweiten, allerdings ganz angetan vom Sausen des dritten, wollte etwas Nettes sagen und fragte, was meint ihr, wird es der Kreativleitung gelingen, diese Figur zu knacken, an die kommt doch keiner ran, und Karomütze wollte etwas sagen über die Hintergründe, und der Demokratiebeauftragte wollte etwas sagen über den Respekt, mit dem sie immerhin seine Ausführungen angehört hatten, aber die Chefin machte nach dem Satz der Leitung Öffentlichkeit eine eigentümliche und ungewohnt unwirsche Bewegung und sagte, früher habe ich mich immer aufegeregt, wenn diese Altlinken von "Geißeln und Bloßlegen" sprachen und mit irgendwem oder irgendwas "abrechnen" wollten, aber heute muß man sich wohl viel mehr aufregen über dieses ewige "Knacken" und "Rankommen" wollen, egal gegen wen es sich richtet, und wer es an wem exerzieren will, ich erinnere mich allzu gut daran, wie noch zu unseren Studienzeiten Leute immer die Kreativleitung "knacken" wollten, die doch wegen ihrer besonderen Zugewandtheit solche Mühe hatte, überhaupt nur eine Haut um sich zu ziehen, und wenn heute, da sie doch fast immer und überall ruhig und offen und freundlich ist, mag sie auch für ihre Produktionen immer mal Kammern betreten, die anderen unzugänglich bleiben, und daraus verstörende Wörter zutage fördern, wenn da dann Leute unbedingt "an sie rankommen" wollen, dann denke ich automatisch an das biblische "darum will ich an dich kommen" mit womöglich eiserner Faust, und das möchte ich doch nicht einmal dem unsympathischsten unserer merkwürdigen drei Gäste selbst zumuten, also ich wünsche mir nicht, daß irgendwer geknackt wird, sondern daß wir zu einem guten Verhandlungsergebnis kommen, und man sah, wie sie sich beim Wort knacken etwas sehr barbarisches sehr deutlich vorzustellen vermochte, und so grollte auch die Leitung Öffentlichkeit nicht weiter, sondern sagte, so habe sie es noch nie betrachtet, sie werde sich das aber für ihre Verlautbarungen merken, und im übrigen sei man sich ja in der Tat über die Ziele der Verhandlungen gleichbleibend einig.

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