Samstag, 25. Oktober 2008

499.

Ein Mensch, der von sich aus gern schenkt und gern in Tauschgeschäfte eintritt, wenn er gefragt wird, wird doch sehr gebe-unlustig, wenn man ihn bedroht, anzapft und ausbootet, sagte der klitzekleine Forschungsminister mit wispernder Stimme dem naseweisen Sinologen, als dieser sich auf einem ihrer Rundgänge mit dem bunten Einkaufswagen wieder einmal recht gewaltig vor ihm aufgebaut und gesagt hatte: wo bleibt dein Beitrag, wo deine gebende Haltung, wann beugst du dich endlich unseren Anforderungen und wächst wieder und schreibst uns deinen lange angekündigten soziologischen Beitrag zum Thema „Die verschiedenen Dialekte des Lächelns auf der alten Seidenstraße, nach Meilensteinen gegliedert,“ und der klitzekleine Forschungsminister sagte in seinem zweifellos vom Soziologischen noch immer etwas angekränkelten Tone, es gibt hier eben erstens das Problem des Double-Binds, denn wer angeherrscht und kleingedonnert wird und seiner Umgebung die Ehre erweist (die diese komischerweise trotzdem immer nur vehementer einfordert), der wird dann eben ein kleiner Weberknecht werden und gerade nicht mehr wachsen, und wer verarmt, hat nichts mehr zu geben, und wer beraubt wird, verliert jeden Respekt vor den Räubern, und wer tatsächlich nett genug ist, trotz solcher perversen „elterlichen“ Verhaltensweisen (oder Brausereien von „Investoren“) die Dankbarkeit für das, was ihm einst gegeben wurde, nicht zu vergessen, der wird es vielleicht machen wie ich, schrumpfen und sich in den Dienst einer literarischen Produktionsanstalt stellen, um dem großen wissenschaftlichen Apparat zwar nicht die Dienste eines Apparatschiks, aber dafür etwas anderes, nämlich einen Gegenstand, über den dann die eigentlichen Scholaren und Apparatschiks schreiben werden, zu geben – wenn der Apparat dieses aber nicht abwarten kann, sondern sich in eine die Produktion unendlich erschwerende übergriffige Maschine verwandelt und das dadurch rechtfertigt, daß er etwas zurückhaben will, nun, so hat er sich um jede Respektabilität bei denen gebracht, die er beraubt und anherrscht, da muß er dann wohl selbst mit fertig werden, denn die Gebelust eines derartig behandelten Menschen wird sich, wenn er irgendwas taugt, zwar erhalten, aber ebenso sicher nicht mehr auf die Leute beziehen, die sich da in etwas blähen, was sie für ihr gutes Recht halten, während es in Wahrheit doch eher wohl so etwas wie ein Verbrechen oder mindestens ein mittelschweres Mißverständnis ist, nicht wahr, und als er diese Rede geschwungen hatte, schaute er ihr noch ein wenig beim Nachschwingen zu und tat etwas, das man an ihm selten sah, er lächelte, während in seinem Geiste plötzlich der Gedanke aufleuchtete, wie seltsam es doch war, daß ausgerechnet der Sinologe derjenige war, den man noch seltener lächeln sah als ihn, den klitzekleinen Forschungsminister selbst; das mußte etwas mit seiner Meilensteinposition auf der alten Seidenstraße zu tun haben.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dieser EinSatz kommt, wie so vieles, zu spät, Herr Kollege.

Anonym hat gesagt…

Was ist eigentlich das Gemeinsame zwischen dem klitzekleinen Forschungsminister und der Kreativleitung?

Anonym hat gesagt…

Das wüßten wir auch mal gern, vermutlich wäre das ja wohl ihr Mißerfolgsgeheimnis.

Anonym hat gesagt…

Ist doch ganz einfach: beiden ist wichtiger, zu kapieren, was mit den Leuten los ist, als dann auch noch mit ihnen klarzukommen.

Anonym hat gesagt…

Dann sind sie aber ganz schön doof, mit Verlaub.

Anonym hat gesagt…

Hmpf.

Über mich