Freitag, 6. Juni 2008

358.

Als die Demokratiebauftragte das Telefonat mit dem Kinde beendet und den Hörer wieder abgelegt hatte, wickelte sich Mo aus dem Bündel der Kreativleitung und kletterte auf den Schreibtisch, um sich mit etwas verschmitztem Gesicht darüber zu beklagen, daß ihre alte Hippoparabel immer noch in irgendeiner Schublade herum liege, sie finde, man solle jetzt diese Herren X und Y einmal sich selbst überlassen und lieber aus dem Stoff, der noch vorhanden sei, ein paar gute Dinge machen, aber die Demokratiebeauftragte sagte, neue Aufträge würden schon gebraucht, und sie, Mo, sei nun einmal nicht im Bilde über die Angelegenheiten der Buchhaltung, sie versuchte, Mo zu überreden, sich aus diesem Gespräch, das doch wahrhaftig kompliziert genug sein würde, bitte einfach mal herauszuhalten, aber daran war natürlich überhaupt nicht zu denken, Mo sprang auf dem Schreibtisch herum, als hätte sie in ihrem Schlaf alle ihre Kräfte nur dafür gesammelt, hier im entscheidenden Augenblick zu stören, verzweifelt fragte sich die Demokratiebeauftragte, was wohl die Gattin des Chefs in solchen Momenten getan haben würde, und sie wollte gerade anfangen, per SMS den Minderheitler mit den grünen Borsten einzubestellen, damit er Mo mit etwas Honig und Apfel ins "Bistro" locke, als die Kreativleitung offenkundig eine wirksamere Idee hatte: sie sagte, es sei ihr zugetragen worden, daß jener Herr Y, dem es nicht gelingen wolle, sein Anliegen vorzubringen und der von dem potentiellen Auftraggeber X anscheinend so massiv geschädigt worden war, ein eigentümliches Verhältnis zu Schnee unterhalte, Karomütze, der gerade im "Bistro" mit Assistentin K einen Kaffee trinke, habe ihr zugetragen, Y sei imstande, noch im Juni...und da war Mo schon vom Schreibtisch geklettert, hatte so lange mit aufforderndem Blick aus riesigen Augen an der Tür gestanden, bis die Kreativleitung aufgesprungen war, um diese zu öffnen, und als Mo glücklich und flink Richtung "Bistro" davon getrippelt war, kehrte die Kreativleitung nicht an ihren Platz zurück, sondern ging ans Fenster, die Demokratiebeauftragte folgte ihr, man ließ sich im bequemeren hinteren Teil des Büros nieder und entschied recht zügig, den Auftrag zwar anzunehmen, aber so auszuführen, daß auf irgendeine Weise doch der Herr Y noch zur Sprache und vielleicht sogar zu etwas wie seinem Recht kommen würde, wobei die Demokratiebeauftragte ihre Freundin etwas bedauernd ansah, denn sie wußte, daß das kein leichter Job werden würde.

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