Sonntag, 28. Dezember 2008

563.

Es war sehr früh am Morgen, als die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse ihren gepackten Koffer in die Wohnküche ihrer Tel Aviver Freundin zog und sich vor dem Eintreffen des am Vorabend bestellten Sammeltaxis zum Flughafen noch schnell einen Kaffee braute, ihre Augen waren von einer fast schlaflosen Nacht ganz besonders gerötet, als sie sich bei der verschlafenen Freundin für die Gastfreundschaft und alles bedankte, und sie sagte, es ist mir schrecklich, dich hier zurückzulassen, natürlich sieht Tel Aviv aus wie immer, natürlich wirst du deine Arbeit machen und feiern wie immer und zuhause dich aufregen, wenn du die Nachrichten hörst, natürlich konnte man dieses Ende eines Waffenstillstands nicht hinnehmen, natürlich schafft ihr das, aber ich habe mir so gewünscht, daß es eine friedlichere Lösung und ein blühendes Gaza geben könnte, mir tun diese Leute, die da die Geiseln ihrer Fanatiker sind und sich darüber selbst fast nur noch weiter fanatisieren können in ihrem Dauerschmerz und den akuten Verlusten so irre leid, und ich werde nie verstehen, warum man nicht viel früher ein sehr robustes UN-Mandat vergeben (und akzeptiert) hat, um die Grenzen scharf zu bewachen und Raketenabschüsse zu verhindern, sie aber durchlässig zu halten für die Lieferung all der Dinge, die ein Gemeinwesen, das sich ernsthaft aufbauen wollte, brauchte, ich kann einfach nicht glauben, daß selbstmörderischer Hass mehr ist als das letzte Mittel von Leuten, die absolut keinen Ausweg mehr sehen und keine Chance darauf, sich ein erträgliches Leben aufzubauen, obwohl ich es doch besser wissen müßte, es hassen auch Leute, denen es nach menschlichem Ermessen gut gehen müßte, aber wenn du heute einem sagst, es ist die Frauenfrage, die am Grunde dieses Überschusses liegt, guckt er dich an, als wüßte er Bescheid, wieder so eine frustrierte Emanzenkrampfhenne usw., ach, sagte sie dann, ich bringe alles durcheinander, und sie schloß die Freundin noch einmal fest in die Arme, bevor sie die Tür hinter sich zuzog, die Treppe hinab eilte und auf die Straße trat, es war noch dunkel, als das Sammeltaxi kam, und so hoffte sie, daß niemand sehen würde, wie sie bei der Fahrt durch die teilerleuchteten Straßen der Stadt ihren Kopf an die rüttelnde Scheibe lehnte und weinte.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wann hätte man es denn tun sollen?

Anonym hat gesagt…

Na gleich im Sommer 2005, man hätte vor dem Abzug am besten schon einen Deal mit der UNO machen müssen.

Anonym hat gesagt…

Hätte, hätte, hat man aber nicht, wollte damals auch kaum jemand.

Anonym hat gesagt…

So sollten wir nicht sprechen, wenn unsere Freunde in notwendigen Kämpfen sind, und Weinen hilft nicht.

Anonym hat gesagt…

Es gibt ein Recht auf Selbstverteidigung, und es beruht auf denselben Grundsätzen, von denen aus wir auch um die Menschen auf allen Seiten besorgt sind; es muß eine Hoffnung geben, noch für die Frau, die von ihrem Mann bedroht wurde, wenn sie gesagt hat, sie will nicht, daß er bei Waffenschmuggel mitmacht oder beim Abfeuern von Raketen oder beim Triezen "illoyaler" und "gottloser" Bürger von Gaza.

Anonym hat gesagt…

Muß geben, muß geben, gibts aber nicht.

Anonym hat gesagt…

Aha.

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