Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Montag, 8. Dezember 2008
543.
Der Kwaliteitswart brachte es am Sonntag trotz der unübersehbaren Begrüßungsfreude schließlich dahin, einen kleinen Unmut bei seiner Gastgeberin zu provozieren, indem er sich mit dem klitzekleinen Forschungsminister gegen Karomütze verbrüderte, welcher stellvertretend für eine schlecht beratene polizeiliche Einsatzleitung bei einer Berliner Demonstration zur Rechenschaft für ein sinnloses Eindreschen auf gegen Rechte demonstrierende Schüler gezogen wurde, wobei sich selbst Assistentin K wenn auch maßvoll und zögerlich auf die Seite derer schlug, denen die "Bullenkritik" allzu flink von den Lippen kam, und während Mo von ihrem Sitz rutschte und sich aus dieser Runde leise davontrippelnd verabschiedete, versuchte die Kreativleitung, die Erinnerung an nervtötende Wohnküchensitzungen früherer Jahre bei den älteren Gästen wachzurufen und bei den jüngeren zu einem Exempel auszumalen; der Kwaliteitswart aber, indem er die Exemplifizierungen und die gesamtsystemkritischen Ausführungen des klitzekleinen Forschungsministers, welcher sofort das Wort zu einem Koreferat ergriffen hatte, durch eigene Heldengeschichten aus alten Tagen zu illustrieren versuchte (Kampf mit der holländischen Polizei bei einer Demo für die Legalisierung des privaten Hanfanbaus usw.) provozierte die Kreativleitung schließlich zu der kurz vor mißmutig vorgebrachten Bemerkung, sie habe nie verstanden, warum damals, als sie noch in solchen Küchen zu sitzen pflegte, niemand habe einsehen wollen, daß man anstatt die Polizei pauschal zu beschimpfen es sich doch auch zur Aufgabe machen könne, selbst in den Polizeidienst zu gehen, sie habe nie verstanden, warum das kein Thema für die Verfechter des langen Marsches durch die Institutionen gewesen sei, man könne doch gerade als Polizist mit Freude an der Kontrolle rechter Demonstranten mitwirken, sie habe dafür damals ein Beispiel gehabt in einem Bekannten, welcher Mitglied der Polizeigewerkschaft gewesen sei, aber überhaupt sei eben in jenen Jahren der Typ des "Politmackers" eher der dominierende gewesen, keine wirkliche Freude für die Damen ringsum, welche sich freilich gerächt hätten, indem sie selbst auch nicht gerade eine wirkliche Freude wurden, redete sie sich in einen kleinen Eifer, und eigentlich müsse man der jüngeren Generation immer nur danken, daß sie aus alledem das Brauchbare genommen und das Unbrauchbare aussortiert habe, sie würde die Jugend allerdings bitten, bestimmte Themen langfristig eben nicht mehr den engstirnigen und arroganten Rechten allein zu überlassen, und übrigens, ragierte sie weiter, umgekehrt greift neuerdings doch gerade unter den Linkeren des Landes diese ganze Disziplin- und Sekundärtugendenmode so um sich (als sehnte man sich wieder nach den alten K-Gruppen) was soll das eigentlich, und wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt,,, sagte sie dann, weil alle sie plötzlich etwas entgeistert ansahen, und erhob sich erstmal, um nachzuschauen, wo Mo geblieben war, kehrte mit dem bekannten Bündel auf dem Schoß zurück an ihren Platz und lauschte nun wieder ergeben dem weiteren Verlauf des Gesprächs, das von Griechenland auf Benno Ohnesorge auf die entsetzlichen Folgen der iranischen Revolution auf Afghanistan sprang und sie irgendwann an diese merkwürdige Neigung der Bundesrepublikaner zum ergebnislosen Politisieren erinnerte, ohne daß ihr dagegen mehr eingefallen wäre als vorzuschlagen, am Abend den Film mit den Drachen anzuschauen.
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12 Kommentare:
Aus der wird nie ne Kämpferin, bei den Ideen.
Seh ich auch so.
Man braucht nicht nur Kämpfer, man braucht auch Ideen.
Aber man muß sie auch durchsetzen wollen, sonst ist man krank.
Es gibt kein einziges Argument gegen Sekundärtugenden, sollte mich freuen, wenn das mal bis zu den Linken durchdringt, die machen nur immer so dumme Sachen damit.
Die Konservativen hingegen, die benutzen sie immer nur, um dem Guten Wahren Schönen Rückgrat zu verleihen.
Was für ein Chaos, wie soll man das vertreten, irgendwelche neuen Mehrheitsbeschlüsse?
Ich finde, die Leute hier können sich mal ein bißchen locker machen.
Schnarch.
Wie ist es eigentlich mit Ritterlichkeit und Haltung, sind das für die Küchensitzer Sekundärtugenden oder Primärtugenden?
Mann, Mama!
Also ich finds jedenfalls schön.
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