Dienstag, 2. Dezember 2008

537.

Es war alles ganz gut gelaufen, Karomütze war bei seinem Kumpel gewesen, um mit ihm die weiteren Schritte zu verabreden, sie hatten sich darauf geeinigt, die Polderfahrt auf das Frühjahr zu vertagen und solange ihre Studien über Pestvögel und Brachvögel mit Filmmaterial und anderem zu bestreiten, sie hatten sich ferner darauf geeinigt, daß bei der Fahrt dahin auch der Kumpel nicht im Auto (dessen Beschaffung ihm überlassen werden sollte, da der Alfa zu schonen war) kiffen durfte, und dann war Karomütze irgendwann wieder in sein Fahrzeug gestiegen, hatte sich noch sehr gewundert, daß auf der anderen Straßenseite ein ziemlich ramponierter und tief erröteter Großwagen stand, war dann also in seinen Alfa geklettert und bei lauter Musik etwa einen Kilometer gefahren, bis er merkte, daß diesmal gelungen war, was er einige Wochen zuvor schon einmal als einen kleinen Anschlag auf die Integrität seiner Bereifung diagnostiziert hatte, welchem aber aus irgendeinem Grunde die Bereifung standgehalten hatte, und so stand er nun mit einem platten Reifen an der Ampel, regennasse Straße, Winter eben, und das Handy nicht zu finden, Karomütze war verdrossen, wieder irgendwelche grünen Randalierer, dachte er, die, wenn sie sonst nichts finden, sich über mein Auto aufregen, klar, die Touren eines Sicherheitsbeauftragten macht man besser mit dem Fahrrad, nicht wahr, und zwar bei Wind und Wetter, denn ein schlammbespritzter Bodyguard hinter dem Minister, das ist doch schick, man könnte weitergehen und von der Kanzlerin verlangen, daß sie sich auf ihre Redeauftritte in den Zweite-Klasse-Abteilen voller Züge vorbereitet, neben Leberwurstbrote essenden Mitreisenden, die im bayerischen oder schwäbischen Idiom aufeinander einreden und mit der sächselnden Schaffnerin über Sitzplätze zanken, während nebenan eine pfälzisch sprechende Hessin mit ihrem trotzigen rheinländischen Adoptivkind nicht fertig wird und die mecklenburgischen Soldaten mit thüringischen und schleswig-holsteininschen Kollegen ihre Bierbüchsen leeren, dazu brüllt einer in breitestem Niedersächsisch ins Handy, wie wichtig dies und jenes ist, dann kommt sie garantiert fit und kernig an ihr Ziel und beruhigt die Menge, die sie soeben wieder haut- und volksnah erlebt hat, und während er sich weitausholend und umtriebig innerlich einwütete und Menschen, die er sich ausdenken mußte, beschuldigte, für dieses minore Desaster verantwortlich zu sein, erblickte er ein freundliches Gesicht in einem übereleganten alten Mercedes mit Heckflossen (und wirklich tolle Farben hatte er auch noch), tatsächlich stieg der Fahrer dieses Wagens aus, um ihm behilflich zu sein, und kurze Zeit später kam eine Fußgängerin mit einem Koffer, die sich ebenfalls als kompetente Helferin erwies, so daß Karomütze fast vergaß, sich über den möglicherweise hinzukommenden Handyverlust weiter aufzuregen, selbst fast überhaupt nichts tun mußte, sondern unsouverän und dankbar daneben stand, nur um festzustellen, daß er am Ende auch nichts tun konnte, um sich für den Radwechsel zu bedanken, und so bedankte er sich eben mit dürren Worten und schiefem Lächeln und wunderte sich nur, daß der freundliche Herr mit dem extrem schicken Auto am Ende sagte, ja, wenn man gemeinsam nachdenkt, dann geht doch so manches, und er dachte, die Welt ist wirklich eine große Lehranstalt geworden, immerhin, dachte er, wenn sie denn wenigstens eine freundliche ist, wollen wir uns das gefallen lassen, und er bedankte sich noch einmal artig, klappte die Heckklappe seines Wagens zu und stellte zuhause fest, daß sein Handy dort geblieben war.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da also ist Karomütze.

Anonym hat gesagt…

Aha. Na warte, Bürschchen, wir sprechen uns noch!

Anonym hat gesagt…

Gegen Sprechen hab ich gar nichts, aber diese Sache mit den Reifen, die find ich jetzt...

Anonym hat gesagt…

Sie könnten doch gelernt haben, daß es nützlich ist, erst einmal die Sachlage gründlich zu prüfen, nicht wahr.

Anonym hat gesagt…

Hngrrr!

Anonym hat gesagt…

Ich hol dich da raus!

Anonym hat gesagt…

Ich dachte, die Aufgabenverteilung sei anders gewesen.

Anonym hat gesagt…

Naja, also Bereifung und Befreiung liegen ja in rein buchstabenmäßiger Hinsicht nah beieinander, aber politisch finde ich das jetzt trotzdem noch nicht.

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