Dienstag, 16. Dezember 2008

551.

Die Assistentin K bekam einen immer runderen Bauch und horchte häufig in den Nächten mit den Nerven in das Innere dieses Bauches hinein, fragte sich, was das wohl für ein Wesen sein mochte, das sich da merklich zu regen begann, und war auch im Büro gelegentlich in etwas anderer Verfassung als sonst, zugleich freilich durchaus irritabel, wenn jemand wagte, sie darauf anzusprechen, was den Unerfahrenen schon mal unterlief, wenn sie etwa die Nase beim feinsten störenden Geruch rümpfte oder überaus gereizt auf den auf allen Leitungen gerade wieder mächtig anschwellenden Lärm der Verwertungsgemeinschaft reagierte, und während die Damen sich überwiegend verständig dazu verhielten und keine großen Worte, sondern eher mal ein paar kleine Witze machten (eine gewisse Ausnahme machte die Leitung Öffentlichkeit, der man es nicht übelnehmen konnte, da sie nun einmal so war, die Assistentin K ging ihr aus dem Weg, sie mochte sich mit den speziellen Verkrampfungen dieser Dame nicht abgeben und hoffte, deren Position würde sie erstens ausreichend in Atem halten und zweitens glücklich genug machen für ausreichend friedliches Alltagsverhalten), während der klitzekleine Forschungsminister munter in seinen Archiven kramte und für sie ein paar Bücher des Pädagogen Korczak und einiger bemerkenswerter deutschsprachiger Autorinnen zusammenstellte, während der Demokratiebeauftragte sich angelegentlich nach irgendwelchen Rollenfragen erkundigte und im übrigen alles seinen gewohnten Gang ging, schien ausgerechnet der Kwaliteitswart, als er an diesem Morgen erschien, darauf aus zu sein, sie richtig zu nerven, er sagte, wäre es nicht besser gewesen, gestern die Teile aus der Kommentarebene nach oben zu ziehen und auf der Kommentarebene den Lagerfeuermann von Ihrer komischen Musiktruppe als Film einzustellen, und als die Assistentin sagte, sie habe dies als Film nicht gefunden, da regte er sich gleich auf und sagte, ja, können Sie das denn nicht selbst, was machen Sie denn hier, und wo ist überhaupt Ihre Chefin, Sie sind ja bloß noch mit Ihrem Bauch beschäftigt, so geht das natürlich nicht, und während die Assistentin noch gar nicht fassen konnte, wie ihr von diesem überwiegend als freundlich bekannten Mann geschah, ging der Kwaliteitswart mit prüfenden und nervösen Blicken durch alle Regale, nahm hier etwas auf und stellte da etwas woanders hin, zupfte am Wandteppich herum und schob Unterlagen hin und her und spähte auf alle herumliegenden Zettel, bis die Assistentin ihm schließlich ein kleines Flugblatt in die Hand drückte und sagte, bitte gehen Sie, auf dem Blatt steht, warum Sie gehen müssen, und die Kreativleitung kommt erst morgen wieder, Sie brauchen hier nicht auf sie zu warten.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Wer kennt sie nicht, diese Situation: Der Typ soll rausgeschmissen werden und er redet und redet und redet, als gäbe es hier was zu diskutieren. Um die Situation schnell zu klären und trotzdem das Inhaltliche nicht wegfallen zu lassen, nun dieser Flyer zum Ausschneiden und selbst Kopieren. Einfach im Bedarfsfall Sexisten in die Hand drücken und diese in hohem Bogen hinausbefördern: So, ab jetzt ist die Party für dich zu Ende! Du wurdest rausgeschmissen und hier kommt die weitergehende Erklärung dafür. Du hast nicht zu entscheiden, wer was wann wie schlimm findet! Jede Person hat unterschiedliche Grenzen. Wann eine Grenzüberschreitung stattfindet, entscheidet daher der Betroffene...usw."

Anonym hat gesagt…

Was ist das denn für ein Quatsch?

Anonym hat gesagt…

Habe ich von einer Demo mitgebracht, ich fand es ganz gut.

Anonym hat gesagt…

Bißchen sehr heftig, aber praktisch.

Anonym hat gesagt…

Unmöglich.

Anonym hat gesagt…

Also für manche Szenen finde ich es ganz gut - für andere blöd, aber erstaunlich, daß es immer noch junge Mädchen gibt, die so etwas für nötig halten und für die es nötig ist.

Anonym hat gesagt…

Ich bin kein junges Mädchen, ich mag den Kwaliteitswart normalerweise, aber da hat er halt genervt, kann man ihm doch mal sagen?

Anonym hat gesagt…

Ich geh ja schon, 'tschuldigung, was soll das denn hier, ich komm morgen wieder, da freut sich dann wenigstens wer...

Anonym hat gesagt…

Kaum ist die Kreativleitung aus dem Haus, kriegen die hier alles durcheinander.
Schwanger ist doch nicht die Assistentin K. sonder die Leitung Öffentlichkeit!

Anonym hat gesagt…

HaHa! Ich bin auch schwanger!

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