Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Freitag, 5. Dezember 2008
540.
Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse war an diesem Morgen entschlossen, eine Repolitisierung der Veranstaltung einzuleiten, es gehe so nicht weiter, die Welt der Sicherheitsbeauftragten etc., die Häuslichkeit des ehemaligen Chefs, das sei doch alles vollkommen unpolitisch, und dann auch noch das Gedöns des stillen Theologen, der sich völlig unerklärlicherweise seit geraumer Zeit "Demokratiebeauftragter" nennen durfte und dabei demnächst aus den Tiefen seiner religiösen Bildung noch ein Scheidungsverbot holen würde, matt gekontert durch irgendwelche Bemerkungen von Dame Ö über Miltons Scheidungsprobleme und große Dichtungen, nein nein, so konnte es nicht bleiben, die Minderheitlerin wurde fast hysterisch, wenn sie nur darüber nachdachte, und so fischte sie sich aus dem Internet einen jener stets verstörenden kleinen Texte über Ehrenmorde in Großbritannien, in dem es jemand endlich mal zu dem Satz gebracht hatte "Immer geht es dabei um Beherrschung und Kontrolle der Frauen, um Identität und Abgrenzung von der britischen Mehrheitsgesellschaft," dazu viele grauenvolle Fallbeispiele und eine Bilanz des politischen und behördlichen Umgangs mit diesen Sachen, darüber müsse man jetzt mal diskutieren, welcher Mißbrauch hier mit Identität und Abgrenzung getrieben werde, und wie diese Begriffe verunglimpft würden, obwohl sie eigentlich völlig richtig seien, und sie wedelte mit dem Textausdruck entschlossen herum, als sie ins "Bistro" stürmte, wo sie vorläufig allerdings nur den Oberassistenten antraf, der mit seiner ewigen Überschätzungssuada auf den klitzekleinen Forschungsminsiter einsprach, welcher vor ihm auf dem Tische saß und sich über die stachelige Rücklehne, die ihm der Adventskranz bot, nicht wenig ärgerte, während er sich nun also anzuhören hatte: Werte, Werte, europäische Identität und Menschenrechte, wird doch alles überschätzt, und der klitzekleine Forschungsminister wurde immer ungeduldiger, denn so ein undifferenziertes Gebrabbel, das ging doch gar nicht, so fing er seinerseits an, draufloszuschnarren, und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse sah, daß es nicht sinnvoll sein würde, hier dazuzustoßen, wie die Leute das immer nennen, setzte sich an einen anderen Tisch und dachte, in ungefähr zehn Minuten wird der Demokratiebeauftragte kommen, das könnte etwas interessanter werden, und kopfschüttelnd las sie sich den Text noch einmal durch.
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7 Kommentare:
Also ich versteh mal zuallererst nicht, warum ihr hier von Ehrenmorden redet, Lynchmorde können doch keine Ehrensache sein, in meinem Koran steht jedenfalls nichts davon.
Unter meinen Kupels kursiert neuerdings ein Pamphletchen, das zur Erhängung von Herrn X. auffordert, weil er die Leute behumpst, ach nein, er spricht zwar vom Aufhängen, aber er will nur boykottieren, ist das politisch?
Ist Verbraucherschutz, wird auch überschätzt.
Ich gewinne den Eindruck, daß hier der Oberassistent etwas überschätzt worden ist, sollte da beim Herzanfall etwas kaputt gegangen und auf die Emdlosschleife geraten sein?
Herzanfall, Herzanfall, wird alles überschätzt.
Es heißt Kumpels, und das ist eigentlich kein schönes Wort.
Und der Herr Minderheitler mit den grünen Borsten hat wieder nicht richtig aufgepasst, für alles muß man selbst sorgen.
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