Mittwoch, 21. April 2010

1044.

Sitzung der EinSatzLeitung

Sondersitzung mit Gastredner

Ein Herr Prof. Dr. Dagobert Redlich von der Hohenstaufer-Militärakademie hält einen Vortrag über die problematischen Implikationen des Satzes: "Die Opfer sollen nicht umsonst gewesen sein." Er unterstreicht, wie wichtig in großen EinSätzen ist, daß die Beteiligten von ihrer Sache überzeugt sind, und wie sehr es keinen Grund gebe, am Sinn aller EinSätze für die Freiheit zu zweifeln und wie unbedingt nötig, die Menschen, die darin Opfer bringen, auf alle Weisen zu stützen und zu stärken. Zugleich warnt er eindringlich vor jenen Mechanismen, welche zuverlässig in Rache übergehen, wenn die Sache, um die gekämpft werde, aus den Augen verloren werde. Die demokratische Kultur selbst, die verteidigt werde, erfordere ein energisches Festhalten an den Tugenden der Selbstkorrektur. In diesem Sinne empfehle er, auch nach größten EinSätzen eine Debatte, die ein ehedem ins Auge gefasstes Ziel bei genauerer Kenntnis als falsch erweisen könne, nicht zu scheuen. Erst wenn man hier ein Tabu aufbaue, würden die Opfer wirklich sinnlos. Wo hingegen weiter debattiert werde, da könne man sicher sein, daß wirklich die Freiheit verteidigt werde.

Der Vortrag löst bei den meisten EinSatzKräften tiefe Betroffenheit aus, nur die wenigsten sind begeistert, etwas mehr sind empört, und die Chefin muß alle ihre moderierenden Kräfte aufbieten, um einen Tumult zu verhindern und wenigstens zwanzig Minuten einer geordneten Debatte zu gewährleisten. Der ebenfalls anwesende ehemalige Chef droht mit einem "Nachspiel." Der Demokratiebeauftragte gerät in Verlegenheit, da er einerseits von der Chefin in die Pflicht genommen wird, auch den ehemaligen Chef an die Debattenkultur zu erinnern, andererseits selbst die Empörung des Chefs teilt.

Der Minderheitler mit den grünen Borsten hat nach der Hälfte des Vortrages den Saal indigniert verlassen, der Diskurswart ist einer der wenigen, die den Redner Dr. Redlich energisch verteidigen, wirklich unterstützt einzig durch den Komplexitätswart. Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse knabbert unschlüssig an ihren Nägeln. Die Kreativleitung ist damit beschäftigt, Taschentücher und geflüsterten Trost an diejenigen im Saal zu verteilen, die zwar ahnen, daß der Redner recht haben könnte, dies aber mit ihren persönlichen und familiären Verlusten beim besten Willen nicht in Harmonie bringen können. Dame Ö hat sich der Empörung des Minderheitlers mit den grünen Borsten angeschlossen und kurz nach ihm ebenfalls den Saal verlassen. Mo ist sehr grau und sagt auf Befragen, sie wolle nicht, daß Leute, die anderen zur Freiheit verhelfen, dafür getadelt werden, und was der klitzekleine Forschungsminister ihr zu erklären versucht, scheint eher nicht anzukommen.

Das Nachspiel wird nicht ausbleiben, weil zu viele Positionen aneinander geraten sind, aber die Chefin dankt am Ende allen für ihre Geduld und ihre demokratische Tugend und ermuntert sie, dabei zu bleiben.

Protokollant: Kwaliteitswart.

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