Montag, 5. April 2010

1028.B

Die Prüfung des Papiers ging (oder sollen wir genre-spezifisch "erfolgte" sagen?) relativ schnell, sicherheitshalber legte die Kreativleitung das Stück auch noch einmal Mr. Precuneus vor, mit welchem sie die Feiertagsschicht teilte, und als der es abgesegnet hatte, beschlossen sie, die kleine Hausaufgabe des Kwaliteitswarts in einer B-Ebene noch an seinem Tag zugänglich zu machen. Man unterschätzt ja immer, was diese Fortbilder leisten, während andere feiern, sagte Mr. Precuneus noch, und die Kreativleitung lächelte ihr intransparentestes Grün.

Hier also die (unredigierte) Aufgabe des Kwaliteitswartes mit dem Titel: Der rote Ferrari

"Am heutigen durch Regelmaß geheiligten Montag möchte ich den Teilnehmern an meiner Fortbildung eine besondere Aufgabe stellen:


1: Sie wollen wissen, ob es gelingen kann, einen Menschen, der sich für einen roten Ferrari nicht interessiert, unter Ausschaltung seiner eigenen Wünsche und seiner Selbstbestimmung und unter Manipulation seiner Wahrnehmung auf diesen Gegenstand heiß zu machen.

2: Sie halten ihm also täglich einen roten Ferrari in der einen oder anderen Form vor die Nase.

3: Eines Tages fragen Sie ihn unverbindlich, wie es ihm so geht. Wenn alles nach Plan läuft, wird er Ihnen sagen, alles sei so weit in Ordnung, nur sehe er täglich in irgendeiner Form einen roten Ferrari und frage sich, was das solle.

4: Sie sagen, das bilde er sich nur ein, der rote Ferrari sei zufällig da oder er sei gar keiner. In Wahrheit sehe er überall den roten Ferrari, weil er ihn sich wünsche. Bestreitet er, beweisen Sie ihm, daß er ihn doch wünscht, indem Sie ihm täglich etwas, das aussieht, wie ein roter Ferrari, aber dann doch keiner ist, hinhalten. Solange er darüber spricht, können Sie fundiert behaupten, der Gegenstand werde allein durch seinen Wunsch zu einem roten Ferrari, was Sie als Beweis dafür ausgeben, daß er sich einen roten Ferrari wünscht. Sie sprechen von seiner Obsession.

5: Fürsorglich legen Sie ihm nun nahe, seine Abwehr aufzugeben und zu akzeptieren, daß er den roten Ferrari wünscht. Sie sagen, nur das werde ihn befreien.

6: Wenn er nicht zufällig wirklich den roten Ferrari mittlerweile wünscht, wird er wütend versuchen, die Belästigung abzuwehren. Sie empfehlen ihm, an der Wunscherfüllungsidee und an der Impulskontrolle zu arbeiten. Wenn er irgendwo hin sieht, halten Sie weiter stets einen roten Ferrari ins Bild. Sie sagen, Sie glauben ihm erst, daß er ihn nicht wünscht, wenn er nicht mehr darüber spricht. Manche mögen hier wie gesagt so weit sein, wirklich einen roten Ferrari zu wünschen und den Erwerb eines solchen für die Lösung aller ihrer Probleme zu halten. Wer aber eigentlich andere Wünsche hat und von Ihnen in diesen respektiert werden will, könnte weiter machen.

7: So ein Proband akzeptierte also diese Prüfung und ignorierte tapfer den roten Ferrari in allen Gesprächen mit Ihnen, selbst wenn er durch einen Park voller roter Ferraris ginge.

8: Darauf haben Sie nur gewartet, Sie gehen nun zu ihm, einen roten Ferrari in der Brusttasche Ihres Hemdes, und beklagen sich, daß etwas am Hemd Sie drücke. Er muß dann darüber nachdenken, ob er Ihnen sagt, daß es der rote Ferrari ist, den Sie da haben, oder ob er mit Ihnen verschiedene Lösungsmöglichkeiten unter Absehung vom roten Ferrari durchdiskutiert. In beiden Fällen wird er Sie in Ihrer Annahme nur bestätigen können.

9. Was raten Sie ihm?


Wer diese Aufgabe erfolgreich löst, darf an der nächsten weiterarbeiten, die unter der Überschrift: „Du denkst nur an dich“ eine weitere Kommunikationsfalle (ohne Objekt, bzw. mit lediglich einem Objekt, nämlich dem Vorwurfsempfänger selbst) aufbaut.

Viel Spaß beim Rätseln, stets der Ihre, der Kwaliteitswart"

7 Kommentare:

Asmus hat gesagt…

wer hat den stärkeren Wunsch nach einem roten Ferrari? Er oder sie?

Anonym hat gesagt…

Der Kwaliteitswart sagt: er existiert nicht, der Wunsch. Die Propagandamaschine füttert sich selbst und setzt sich an die Stelle aller Wirklichkeiten. Das ist das Ende aller Wünsche. Und damit das Ende menschlichen Lebens.

Anonym hat gesagt…

Wahrheiten auszublenden, die massgeblich (so, wie angekündigt) "Manipulation/en" sind, zeugen von intellektuellen Luxus ... Ob dies massgeblich für den Freiraum individueller Entscheidungen ist, weiss ich nicht zu sagen.
Vielmehr stellt sich ausserdem die Frage, wer die Partitionen und Krankheitsbilder eines Patienten bedient/e !? Bzw. Woher kommen die vielen Ferraris?
Selbstverständlich "füttert" die Propagandamaschine sich selbst - das nennt man: faschistoid, und ohne Fremdhilfe dürfte es unmöglich sein, in zeitlich-günstigen Intervallen, rote Ferraris zu platzieren. Hierfür braucht man konforme und nichtshinterfragende Helfershelfer/innen

Um die Frage zu beantworten:
Nehmen sie den Ferrari, aber verweigern sie strikt den Führerschein!

Anonym hat gesagt…

Der Kwaliteitswart fährt ja schon sehr lange Toyota, manchmal lässt Karomütze ihn auch seinen schwarzen Alfa Romeo steuern. Er wird also einen Führerschein besitzen. Natürlich stellt er seine Fragen unabhängig von seiner Person. Er prüft den Fall, besonders den der konformen Helferlein.

Anonym hat gesagt…

Der Kwaliteitswart hat vor allem einen Hausbootführerschein, sagt die allgemeinste Verteidigung soeben.

Asmus hat gesagt…

richtig, er existiert nicht, Maserati und Lancia waren lieber als die roten Ferraris, bei denen nicht Michael Schumacher, sondern eher Niki Lauda am Steuer saß, der soll ja auch einen Unfall gehabt haben.

Schöne Grüße an den/die Kwaliteitswart/in an der Boxe

Asmus hat gesagt…

Traummarke:

http://www.lamborghini.com/en/home/

Über mich