Mittwoch, 5. November 2008

510.

Es stellte sich heraus, daß Karomütze durch den Zusammenbruch des Oberassistenten in schwere Turbulenzen geraten war, er war, wie schon sein Einwurf vom Vortag zeigte, aufgewühlt und durcheinander, redete wieder einmal geradezu delirante Dinge, sprang höchst auffällig in der EinSatzLeitung herum und verlor anscheinend jedes Maß, ja, er fühlte sich von der Gesamtwelt verraten und verkauft, bloßgestellt und ignoriert, er phantasierte die erstaunlichsten Dinge, er glaubte, jemand habe einen Cholesterol-Vergiftungsanschlag auf seinen Kollegen verübt und wolle diesen ausschalten, er fürchtete andererseits, man werde ihn mit irgendwem verkuppeln, er glaubte, an allem sei der Papst schuld, und dann auch noch der eine oder andere Spion von anderer Seite, er rannte in seiner Wohnung zwischen den Globen auf und ab und versetzte hier und da eine der Nadeln, mit denen er sich relevante Orte zu markieren pflegte, er kam in die EinSatzLeitung, er weigerte sich, wie die anderen noch einmal zum Krankenhaus zu fahren, war im Büro dann aber außerstande, sich auch nur für eine Minute auf irgendeine Sache zu konzentrieren, die ihn abgelenkt hätte, und weder der Versuch einer begütigenden Einrede der Assistentin K noch gar ein Anruf seiner Mutter konnten ihn beruhigen (diese beiden konnten immerhin den Buchhalter von ihm ablenken, welcher ihn nur mehr verwirrt haben würde): einzig der Dame Ö gelang es, ihm zu einem Spaziergang zu raten, bei dem er sich ein wenig Luft würde verschaffen können, indem sie ihm sagte, Junge, Sie sind durcheinander, Junge, Sie brauchen frische Luft, hier ist nichts mit Ihnen anzufangen, verschaffen Sie sich Luft, gehen Sie nach draußen, wenn Sie wiederkommen, werden wir alle Daten, die Ihnen durch den Kopf gehen, überprüfen, und Sie werden mir ein wenig aus Ihrem Elternhaus erzählen, und sie griff gleich noch nach der Tasche mit seinen Trainingsklamotten und sagte, ein wenig Training in Ihrer Muskelbude wird Ihnen auch gut tun, wobei sie sich sehr verbeißen mußte zu sagen, daß es ihn auch stählen würde für den abschließenden Kampf mit irgendeinem seiner bösen Feinde – es gelang ihr aber, sich diese Bemerkung zu verkneifen, denn sie hatte ein untrügliches Gefühl für die Stimmung, in der der Arme sich befand, und sie mußte keine Lehrgänge machen um zu wissen, wie sie ihre Zuwendung zu dosieren hatte, um für Karomütze eine Verschlimmerung und bei den Kollegen einen Skandal zu vermeiden, und die Chefin fragte besorgt, könnte es nicht sein, daß er in einer derartigen Verfassung einmal gefährlich wird?

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nun ja, da er jung und stark und aggressiv ist, ganz auszuschließen wäre es nicht, aber ich glaube, er ist so in seinen Ängsten verfangen, da kann er keinen großen Schaden anrichten.

Anonym hat gesagt…

Er war aber doch immer sehr schlau und fand oft wirklich erstaunlich sicher die Dinge heraus.

Anonym hat gesagt…

Darum sind wir ja auch nicht übervorsichtig, darum machen wir ja keine Mätzchen, die er eh durchschauen würde, womit er dann auch noch einen Grund bei uns hätte, was doch blöd wäre.

Anonym hat gesagt…

Sind Sie da nicht etwas leichtsinnig?

Anonym hat gesagt…

Sie dürfen ihr vertrauen, einmal hat sie einen Freund von mir, der wirklich durchgeknallt war, eigenhändig wieder klar gekriegt.

Anonym hat gesagt…

Und wieso nicht ihren Gatten?

Anonym hat gesagt…

Das sind so die megastarken Fragen, als müßte jeder Arzt seine Kurierkünste zuallererst an seinen Angehörigen beweisen, wählt man nicht den Menschen an seiner Seite eher so, daß man an ihm nicht allzu viel zu reparieren hätte, sondern selbst außer Trost zu geben auch welchen empfangen könnte?

Anonym hat gesagt…

Das ist alles, was euch zur Wahl einfällt?

Anonym hat gesagt…

Wenn der Oberassistent hier wäre, würde er sagen, über die Wahlen reden doch schon alle anderen, wird alles überschätzt, und wir würden uns sehr darüber aufregen, daß er so gleichgültig wäre.

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