Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Dienstag, 13. Januar 2009
579.
Zum Ende der demokratischen Belehrung ergriff die Chefin das Wort und sagte in die wenigstens teils noch einmal erwachenden Gesichter, es müsse leider festgestellt werden, daß auch dort, wo demokratische Leitsätze in den Schulen und Betrieben gelehrt würden und wo die Armeen als Bürgerarmeen gelten, die elementarsten Regeln des erwachsenen, würdigen, mitmenschlichen Umgangs aufs leichtfertigste immer wieder außer Kraft gesetzt würden, unter diesen und jenen Begründungen, man versuche, auf alle Weisen einzudringen in die Leben und die Herzen und Seelen solcher Menschen, von denen man entweder Großes erwarte oder Schlimmes befürchte, und wieviel Schaden an den tierischen Geweben solcher Menschen, wenn diese mehr fühlten als das, was man ihnen sage und zuschreibe, angerichtet und billigend in Kauf genommen werde, das sei immer noch in vielen Fällen, die der EinSatzLeitung bekannt seien, rundweg skandalös, sie bitte insofern darum, in der nächsten Veranstaltung der Demokratieabteilung einmal ausführlicher zu entfalten, warum es den entwickeltsten Köpfen des Abendlandes als die größte Schande und als das schwerste Zeichen sittlicher (oder auch psychologischer) Unreife gegolten habe, "das Herz" eines anderen erforschen und mithin kontrollieren zu wollen, und wie auf kaltem Wege sich just diese Herzensinquisition seit geraumer Zeit wieder breit durchgesetzt habe zum Schaden nicht nur der unter solche Mühlen fallenden Einzelnen, sondern letztlich zum Schaden der Würde der Gemeinschaft überhaupt, die in dem Augenblick, in dem sie keinen Privatbereich mehr respektiere, sich um den letzten legitimierenden Unterschied zu denjenigen Gesellschaften, deren "totalitäre Tendenzen" sie angeblich bekämpfe, längst gebracht habe, und während der Oberassistent durch ein kluges Koreferat zu glänzen versuchte, in welchem er den Fall eines Mannes, welcher keiner Fliege etwas zuleide getan habe, umständlichst berichtete und analysierte, stellte Mo sich eine Parade unversehrter Fliegen vor, die aufmarschierten, ihre heilen Gliedmaßen vorstreckend und mit den Flügelchen schlagend, um zu sagen: "Mir hat er nichts getan."
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14 Kommentare:
Daraus machen wir was, eine Fliegenparade, ja, ja!
Ich habe keine Zeit zu sagen, daß das alles überschätzt wird.
Wie gut, daß er das doch noch herausgebracht hat, es würde uns doch etwas fehlen.
Meine Fliegen stehen nicht zur Verfügung.
Sie hat was gelernt, die hat was gelernt!
Das kann schnell ernst werden, passt bloß auf, was Mo?
Dann wird das hier endlich ein ordentlicher Betrieb!
Moment, Moment, bisher gehörte Mo zu unseren Alleinstellungsmerkmalen.
So bleibt das auch.
Es werden immer die falschen Fragen verhandelt.
Wir tun nur unsere Arbeit, wir haben unsere Instrumente, wir sind die Profis.
Profis und ihre Instrumente sind auch der Vergänglichkeit unterworfen, und was heute als A gilt, ist morgen schon B, und es gibt keinen Menschen, demgegenüber Sie von irgendwelchen Regeln fairen Diskursverhaltens entbunden sind.
Wir werden es also mit dem Diskurswart gemeinsam vorbereiten, die Pestvögel bekommen eine offizielle Einladung und dürfen an der Sitzung teilnehmen.
Die Pestvögel, die Pestvögel, mich wundert nur, daß keiner lacht, wenn von "Alleinstellungsmerkmalen," "Anschlußfähigkeit" oder, noch schlimmer, dem "Andocken" die Rede ist, und ich hoffe sehr, daß Alleinstellungsmerkmal Mo nicht an diesen unsäglichen Namen anzudocken lernt.
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