Montag, 12. Januar 2009

578.

In der EinSatzLeitung hatte man den Eindruck gewonnen, der Abstand zwischen der anberaumten künftigen und der lange zurückliegenden letzten Sitzung sei doch etwas groß geworden, Kritik an der Chefin murmelte sich durch die Flure und drohte schon, nach außen zu dringen, so daß diese kurzfristig entschieden hatte, zwar keine eigentliche Sitzung durchzuführen (dies hätte doch gar zu sehr nach einem Zickzackkurs ausgesehen, das konnte sie sich gegenwärtig nicht leisten) aber doch etwas wie eine kleine für alle verbindliche "Fortbildung" anzubieten, und so sah man nun seit Stunden den Demokratiebeauftragten seine Leitsätze auf ein Papier kritzeln, das unter dem Namen "flipchart", "flip-chart" oder "flip chart" an etwas wie einer Tafel befestigt war, und der dicke Stift machte unangenehme Geräusche auf dem Papier, das Tafelquietschen unter Kreide früher, das war doch eine andere Sache, dachte der Buchhalter, der in der ersten Reihe saß, als der Demokratiebeauftragte schrieb und erklärte, erklärte und schrieb, erläuterte und skizzierte und was man so macht, während die EinSatzKräfte nach vielen Stunden im Seminarraum der EinSatzLeitung (jawohl, auch das hat die EinSatzLeitung, das muß man ja nicht gleich im ersten Satz herausposaunen, aber was glauben Sie wohl, wo die Sitzungen immer stattfinden, na sehen Sie) nur noch mit Mühe ihr Gähnen unterdrückten, die Augen kaum offenhalten konnten und überhaupt trotz vieler Kekse und einiger Ladungen Kaffee einfach nicht mehr so recht bei der Sache waren; diesmal konnte wirklich jeder verstehen, warum das Mo, das von seinem Bündel aus lange geduldig aus dem Fenster und auf die verschneiten Dächer geschaut hatte, gegen Ende der Ausführungen des Demokratiebeauftragten quengelig wurde, ja, man übertreibt nicht, wenn man sagt, am Ende hätten alle am liebsten selbst richtig gequengelt, bis auf, merkwürdigerweise, die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, welche fand, daß endlich mal etwas Substantielles besprochen werde, völkerrechtlich Relevantes um die Frage, wie sich eine Bürgerarmee von anderen Armeeformationen unterscheide, ein Unterschied, so hatte sie bisher gemeint, der in der Sache und im Armee-Alltag eher geringer zu veranschlagen sei, und der Demokratiebeauftragte, froh, daß wenigstens eine auf seine Ausführungen einstieg, belehrte sie nun darüber, daß er "gefühlt" doch von enormer Bedeutung sei.

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