Donnerstag, 9. April 2009

665.

Die Sonne schien, Vögel machten ihren süßen Lärm, ein Schornsteinfeger wedelte mit seinen Seilen auf dem gegenüberliegenden Dach, und die Chefin machte sich bei bester Laune daran, die Briefe und Presseerklärungen zur Abweisung von Mißverständnissen, welche ihr von der Leitung Öffentlichkeit und der allgemeinsten Verteidigung vorgelegt worden waren, durchzusehen und abzuzeichnen: sobald mal eine Religion auch nur gestreift wird, ist ja gleich der Teufel los, da fühlen sich die einen durch irgendeine in ihrer Ironie nicht verstandene Bemerkung beleidigt, die anderen nicht ernstgenommen in ihrer großen Bedeutung für die Welt, wieder andere in höchst aggressiver Weise bestätigt in dem, was sie immer schon über die schlechte Verfassung der Welt zu vermelden hatten, und in alledem "ein gut weltlich Regiment" zu erhalten, das wird nie eine kleine Sache sein, dachte sie, bis sie auf einen Bericht stieß, von dem sie glaubte, in dieser Sache müsse man nun doch den mäßigenden, wohlwollenden, gleichbleibend freundlichen Ton durch einen anderen ersetzen, nicht in der offiziellen Diplomatie, aber doch wenigstens hier, in der EinSatzLeitung, und sie rief empört die Kollegin Verteidigung an und fragte, wissen Sie nicht, was ein iranisches Gefängnis ist, Verhandlungen mit der Regierung, klar, neue Tonlage, sicher, aber wo es keinen Rechtsstaat in unserem Sinne gibt, da muß ein Land seine Bürger herausholen, wenn sie in das Gefängnis geraten sind, mit allen Mitteln, da muß laut gesagt werden, befreit Roxana Saberi, und die Verteidigung sagte, sie sind doch schon da dran, sie versuchen es doch schon mit allen Mitteln, wer weiß, wie die Dame dahin gebracht wurde, die angeblich zugegebenen Delikte zuzugeben, da sorgt man sich nicht nur hier, aber Sie wissen ja wie das ist, "Einmischung in innere Angelegenheiten" etc., der Haustyrann, wenn man ihn nennt wie er genannt zu werden verdient, fühlt sich herausgefordert, nun erst recht zu zeigen, was er kann, man braucht also wieder einmal irgendetwas, das ihn substantiell motivieren kann, die Gefangene herauszugeben, wir hoffen in dieser Sache alle auf die amerikanische Außenministerin, also: befreit Roxana Saberi.

2 Kommentare:

Andere Gefangene hat gesagt…

Es ist ungerecht, wieso sie, wieso wir nicht?

Demokratiebeauftragter hat gesagt…

Es muß ja jeder Fall geprüft werden, wir sind natürlich für die Befreiung aller unschuldig Gefangener.

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