Freitag, 3. April 2009

659.B

Ein übersättigter alter Brachvogel, welcher auf seinem Kopfe oftmals einen edlen Putz und an seinen Krallen feine rote Schuhe trug, nahm einem jämmerlich sich mausernden Huhn die Beichte ab. Das Huhn sagte, Bracher, ich habe gesündigt. Was ist deine Sünde mein Kind, flötete der zweitoberste Brachvogel, und das Huhn antwortete: als man mich wieder einmal abtastete, ob endlich ein erwartetes Ei kommen würde (ein Vorgang, der unter manchen Menschen übrigens als Tierquälerei gilt und verboten ist), wurde ich zornig und drückte das Ei so heraus, daß es platzte.
Das ist eine schwere Sünde, Hühnchen, sagte der Pater, dafür wirst du viele Rosenkränze beten müssen und dein Leben lang in einem Käfig sitzen und nur noch zerborstene Eier legen. Da legte das Huhn dem Brachvogel ein zerborstenes Ei direkt vor den Schnabel, drehte sich um, und ging, die restlichen seiner Federn ausschüttelnd, davon. Sein linkes Auge mußte dabei beständig lachen, während das rechte unentwegt traurige Tränen weinte.
Der übersättigte alte Brachvogel ließ das Ei von einem bediensteten Brachvogel wegräumen und rief den nächsten Beichtling zu sich, einen Hahn, der sich vorgenommen hatte, sein permanentes Zusammenkrähen der Nachbarschaft zu bestreiten und lieber Sünden beichtete, welche er gar nicht begangen hatte. Der alte Brachvogel hörte die gut zubereiteten Sünden geduldig an, gab dem Hahn drei Rosenkränze und einen Hilfsgang für eine arme alte Nachbarin auf und sagte ihm dann in ermahnenden Worten, er müsse nun zusehen, daß er seine bemerkenswerten Fähigkeiten recht bald zum Wohle aller einsetze. Der Hahn zog davon und definierte sofort sehr eifrig das Wohl aller.
Der übersättigte alte Brachvogel war überglücklich, denn er glaubte, nun habe er die Welt wieder ein bißchen mehr in Ordnung gebracht.

2 Kommentare:

Karomütze hat gesagt…

Was ist jetzt die besondere Fähigkeit des Hahnes, das Krähen oder das geschickte Erfinden von Sünden?

Mo hat gesagt…

Schnarch.

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