Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Dienstag, 4. Mai 2010
1057.
"Natürlich Zwei-Staaten-Lösung, für wen halten Sie unseren Gast aus Ghana, er würde sich nicht einfallen lassen, in einer Angelegenheit, die so klar ist, anders als die Mehrheit der betroffenen Völker…" sagte die Chefin soeben ins Telefon, und sie schüttelte noch den Kopf in verdutzt-empörter Zurückweisung einer externen Unterstellung, als die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit nach weniger als der Andeutung eines Anklopfens in ihr Büro gestürmt kam, um Unverschämtheiten auszustoßen, die locker auf zehn Minuten hätten gestreckt werden können, ohne den geringsten Schaden zu nehmen an ihrer kompakt unpassenden Heftigkeit, aber die Chefin wäre natürlich nicht die Chefin gewesen, wenn sie nicht durch einen Blick und eine Geste die stürmische Kollegin hätte aufhalten können, bis diese sich schließlich auf dem Platze gegenüber der Chefin wieder fand und zugab, daß die Abmahnung angemessen gewesen war, und ja, sie hatte Informationen an der falschen Stelle herausgegeben und an der falschen Stelle zurück gehalten, und ja, es war dadurch ein Schaden für die Kreativabteilung entstanden, und ja, sie hatte es aus Neid und Eifersucht getan, und ja, es hatte ihr auch ordentlich Gewinn gebracht, welchen sie nun womöglich der EinSatzLeitung schulde, und nein, sie habe dabei kein Unrechtsbewußtsein gehabt, da sie ihr Standing für gesichert genug gehalten und im übrigen sich andererseits immer zurückgesetzt gefühlt habe - so war es denn abermals an der Chefin, sich in Selbstbeherrschung zu üben und die Fassungslosigkeit über die Erkenntnis, daß eine Mitarbeiterin ihrer EinSatzLeitung so etwas getan hatte und dann auch noch gegen sie, die Chefin selbst, hatte unverschämt werden wollen, ein wenig aufzuschieben, sie entließ die Kollegin, die nun ja immerhin geständig, wenn schon nicht reumütig war, in einen Kurzurlaub, kündigte Konsequenzen an und sagte, als die Tür geschlossen war, zu sich selbst - es ging auch wirklich sonst niemanden etwas an - ich hab sie immer gern gehabt, ich würde sie noch gern behalten, aber so etwas geht doch nicht, und nach einem kleinen Getrommel auf der Schreibtischplatte, wenn ich sie aber nicht behalte, wird man mir die Freundschaft mit der Kreativleitung übel auslegen und sie wird draußen feindselig und mit interner Kenntnis weiter agitieren, da kann die sicher richtig gefährlich werden, und nach einem weiteren Getrommel, ich muß den Demokratiebeauftragten zu Rate ziehen, wahrscheinlich ist es sogar etwas für die Sitzung, und für einen Moment schloss sie die haselnußbraunen Augen, lehnte den Kopf an den oberen Teil ihrer sehr hoch gezogenen Stuhllehne, und seufzte in Erinnerung an die Zeit, in welcher sie selbst noch nichts weiter gewesen war als eine alleinerziehende Demokratiebeauftragte, trotzdem, sagte sie dann, ich wäre dem Chef doch nie soo gekommen!
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6 Kommentare:
Öfter mal was Neues!
Also jetzt reicht es wirklich, Fräulein.
Fräulein? Seit wann sagen wir das denn wieder?
Sagen hier auf der Straße ziemlich viele!
Wie "anders als die Mehrheit der betroffenen Völker" - was soll das heißen?
Ich würde da weder in Bericht noch in Kommentar Pläne aus dem Hut ziehen, die den Wünschen der Mehrheiten in den betroffenen Völkern entgegenstehen, natürlich, aber jemand hatte mich anscheinend falsch verstanden und gleich bei der Chefin angerufen, so etwas kommt überall mal vor.
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