Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Mittwoch, 23. Dezember 2009
924.
Die Weihnachtsfeier wurde eine richtige Sause, natürlich, gesaust mit Gesang und Kuchen und Kaffee und Wein in einem mildbunt beleuchteten Lokal am Rande der neuen Mitte, und als sie gerade reichlich erschöpft in ihrer kleinen behaglichen Häuslichkeit angekommen war, klingelte das Telefon der Dame Ö, es war der ehemalige Projektentwickler, der ins Telefon bellte, es wäre doch schöner gewesen, man hätte ihn auch eingeladen, immerhin habe er mal dazu gehört, zur EinSatzleitung, er sei ein Mann der ersten Stunde, und die Dame Ö fragte, warum er sich deswegen ausgerechnet an sie wende, gebe es nicht eine Leitung der Abteilung Öffentlichkeit, eine Chefin und einen Demokratiebeauftragten, da wurde der ehemalige Projektentwickler, der offenbar schon ziemlich einen im Tee hatte, pampig und sagte, man habe übrigens Dokumente über sie, durch die sie in ein ziemlich klägliches Licht gestellt werde, ja, man müsse sich fragen, warum sie, da sie offenkundig - wie ihm die mit ihrem Falle betrauten Analytiker übereinstimmend versichert hätten - eine gewisse Kumulation verschiedener Störungen, die teils ins Masochistische spielten, habe, warum sie da gerade ihn so gar nicht mehr ertrage, das sei doch symptomatisch, eigentlich besage es doch das Gegenteil, und die Dame Ö, die hier eigentlich entnervt sofort aufknallen wollte (obwohl man ja, wie schon mehrfach festgestellt, heute keine Hörer mehr effektvoll aufknallen kann, eine mißliche Nebenwirkung des technischen Fortschrittes), konnte sich doch nicht verkneifen, in wütender Verachtung jener uneingeladenen und unbefugten Überprüfung irgendwelcher Dokumente, welche ihr ehemaliger Gatte da offenbar irgendwem vorgelegt hatte, zu fragen, wo denn die betreffenden Herrschaften Analytiker gewesen seien, als man im Unterricht über Durcharbeiten, Kunstproduktion und dergleichen gesprochen habe, sollte jemand den Wunsch und einen ernsten Grund haben, sie selbst zu befragen, werde sie jederzeit die passenden Antworten geben, er erinnere sich doch wohl, wie das gehe, sodann wünschte sie entspannt ein recht fröhliches Neues Jahr und beendete das Gespräch, nicht ohne anschließend nun doch noch eines der Beckett-Bücher aus dem Regal zu ziehen und sich selbst laut daraus vorzulesen, denn man schläft besser, wenn man zuvor ein wenig gelacht hat, also über wirklich lustige Sachen, sagte sie, und ist denn Beckett etwa nicht lustig?
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8 Kommentare:
Mußte das jetzt sein?
Ja, diese Dinge pflegen ja gerade um die Weihnachtszeit…
Ich hätte mir auch mehr Farbenschmuck gewünscht.
Und ich wollte sagen, daß es etwas wenig Marzipan gab für eine Weihnachtsfeier.
Ich fand es schade, daß so wenig kranichgerechte Vergnügungen angeboten wurden.
War vielleicht aus Versehen auch jemand zufrieden, fühlte sich angemessen gewürdigt, herzlich begrüßt, wohltuend bewirtet, genau richtig bespaßt usw.?
So fragt man nicht, Verehrteste, aber ich darf Ihnen verraten, ich habe mich relativ wohl gefühlt.
Darauf hätte man nun wirklich nicht verzichten mögen.
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