Sonntag, 31. Mai 2009

718.

Der Kwaliteitswart, welcher zu Pfingsten wieder einmal auf seinem Hausboot in einer der Amsterdamer Grachten weilte, fand, er müsse in der kommenden Woche doch einmal anders aufgeräumt und aufgestellt bei der Kreativleitung hereinschauen, irgendwie knirschte es da erheblich in der letzten Zeit, ein eigentümliches Dichtmachen meinte er bei der Dame zu beobachten, das ihn in der Sache störte, ob es ihn persönlich belastete, darüber wollte er nicht nachdenken, aber für den Fortgang der Arbeiten war es doch nicht gut, und er wollte gerade - da er nun einmal ein strategisch denkender Wart war, welcher nichts ohne einen Plan anfing - an dem großen Tisch auf seinem kleinen Hausboot "visualisieren," wie das alles in nächster Zeit seiner Ansicht nach auszusehen hätte, als das Telefon dudelte, Karomütze am anderen Ende der Leitung, ungeduldig fragte der Kwaliteitswart, was gibt es denn, aber Karomütze wollte anscheinend nur ein wenig launig dampfplaudern, er schien genug zu haben von seinem neuerdings über das Wiederauftauchen urtümlicher Riesenhaie spekulierenden Kumpel von der GSG 9, die allgemeinste Verteidigung, mit der er sich früher gelegentlich ernster unterhalten hatte, war mit ihrer Familiengründung beschäftigt, und wenn du dauernd in Außeneinsätzen bist, kannst du doch keine wirklichen Beziehungen aufbauen, so dachte er, man könne sich doch mal...ach neej, sagte der Kwaliteitswart, tut mir leid, daß Sie so einsam sind, aber ich habe wirklich zu tuun, und als Karomütze enttäuscht aufgelegt hatte, dachte er gleich, oweia, wenn ich den jetzt brüskiert habe, und wie wichtig ist denn wirklich, was ich zu tun habe, aber dann breitete er trotz allem seine Visualisierungsmaterialien auf dem Tische aus und schrieb auf eines der Kärtchen auch mit grünem Filzstift "Karomütze."

Samstag, 30. Mai 2009

717.

Der Himmel hing tief und schwer über der Stadt, und man hätte meinen mögen, das Mo würde an so einem Tage einfach nur auf seinem Fell herumliegen und schwitzen und schnaufen und schlafen, aber aus irgendeinem Grunde hatte es just an diesem Tage eine Freude entwickelt am schweren Himmelsrauschen und an den Tropfen, welche munter wieder aufsprangen, kaum daß sie die schnelle Landung auf dem Fenstersims hinter sich gebracht hatten, und während die Sorge der Kreativleitung, es könnte bei solcher Nässe Mehltau sich setzen auf die Blätter der in diesem Jahr ohnehin eher schwächlich und langsam vor sich hin mükernden Balkonpflanzen, gefiel es dem Mo, sich zwischen den Terrakotta-Töpfen hin und her zu bewegen, an den Gitterstäben vor den Fenstern herumzuturnen und den im Regen verstummten Singvögeln vorzuführen, wie es sich anhört, wenn ein Mo seinen gloriosen blauen Mantel beim Brauschen im Regen ganz naß werden läßt und dabei aus vollem Halse krakeelt.

Freitag, 29. Mai 2009

716.

Mit leicht indigniertem Blick beobachtete der Oberassistent die Leitung Öffentlichkeit und die allgemeinste Verteidigung, wie sie sich im "Bistro" über die Schüttelreime ihrer Kindheiten unterhielten, wobei die Leitung Öffentlichkeit überwiegend englische wie Humpty Dumpty sat on a wall und round and round the garden reproduzierte, während sich die allgemeinste Verteidigung in Höchstgeschwindigkeit dem unvermeidlichen Mops, welcher in irgendeine Küche kam, näherte, und spätestens da schien es dem Oberassistent zu reichen, er wäre sicher fast explodiert, wenn nicht - ja, wenn nicht der Kwaliteitswart herzugekommen wäre, um ihn auf folgenden link aufmerksam zu machen: http://www.youtube.com/watch?v=hYytaZ06Hco

Donnerstag, 28. Mai 2009

715.

Bist du eigentlich damals eher zwangsrekrutiert worden, oder hat man dich ernstlich gefragt, wollte die allgemeinste Verteidigung von Karomütze wissen, als dieser des Abends am Rande eines kleinen Empfangs plötzlich einen sehr belasteten Eindruck machte, und Karomütze fragte, zwangsrekrutiert, wie meinst du das, schon gut, sagte sie da schnell, schon gut.

Mittwoch, 27. Mai 2009

714.

Die seit Jahren kontinuierlich und sehr weit fort gebildete Leitung der Abteilung Öffentlichkeit resümierte soeben an ihrem Schreibtisch die Erfahrungen der letzten Wochen, als ihre eigene Hand diese konzentrierte und fokussierte Arbeit an ihrem standing unliebsam unterbrach: wie nun schon öfter im Fortschreiten ihrer Schwangerschaft fiel ihr ihre eigene Hand ins ungesprochene Wort, indem sie nichts weiter als die Erinnerung aller Hände, welche sie in den letzten Wochen gedrückt hatte, an ihr Bewußtsein spülte, den sehr festen Zugriff einer von sehr braunen Augen gekrönten Hand, ein fast spürbares Aneinanderklappern der Knöchel in einer von mehr gelben Augen dominierten Blaßhand, das watteweiche Nachgeben einer grünäugigen Hand ebenso wie die zuversichtliche Feuchte einer kleinen Hand unter Augen, deren Farbe sie vor Schreck über die Feuchtigkeit vergessen hatte, und mit Blick auf die bläulichen Kringel, welche ihre Handhaut üblicherweise zu überziehen pflegten, fragte sie sich, ob die notorische Kälte ihrer eigenen Hände wohl anderen einen unangenehmen Eindruck machte, und beschloß, ihre gestreiften Blusen nach der Entbindung wieder hervorzuholen, denn es setzte sie in Verlegenheit, an dieser Sache mit den Händen durch keine noch so konsequente Fortbildung irgendetwas machen zu können, während man doch am Farbauftritt durchaus etwas ändern könne...

Dienstag, 26. Mai 2009

713.

Mit großen Schwüngen überflog der erzählende Kranich die Landschaften und suchte nach einem Ufer, an dem er landen und sich auf einem seiner Beine würde ausruhen können, aber es gelang ihm nie lange, konzentriert nach unten zu schauen, denn das Flirren der Pappelblätter im Sonnenwind verwirrte seine Sinne, und die Geschichten, die er in seinem Kopfe während des Fluges zusammensetzte, um sie recht bald dem, der sie würde hören wollen, zu erzählen, schienen immer wieder andere Gestalt und andere Form anzunehmen, er fühlte sich müde werden, zugleich aber vorangezogen durch die unabänderliche Richtung seines Schnabels, an seine Ohren drang das Seufzen der von eigener oder fremder Schuld geplagten Kreatur und das Dröhnen derer, die jeden für einen Feind und eine Gefahr halten, der eine Geschichte anders erzählt als ein Sieger sie hören will, und er dachte, während er wieder in die Wolken schaute, werden sie sich nie ändern, die Leute, werden sie immer so ängstlich bleiben, und er verließ den Flußlauf, welchen er überflog, und suchte sich für die Zwischenlandung eine Steppe, die nicht so flimmerte und hier und da doch ein kleines Wässerchen bot, nichts für die Dauer, nichts für auch nur den Versuch zu fischen, gerade genug, um ein wenig feuchtere Luft in den Schnabel zu bekommen und recht bald weiter zu fliegen auf der Suche nach dem Landeplatz, an welchem es an Fischen noch genug geben würde.

Montag, 25. Mai 2009

712.

Was machst du mit einem Menschen, der dich schwer beschuldigt und dann sagt, antworte mir nicht, fragte das Kind die Chefin, und die Chefin sagte, so einen Menschen mußt du sich selbst überlassen, da kannst du absolut nichts machen, ich weiß, so etwas hinterläßt Widerhaken, und entgeistert schaute sie auf den kleinen elektronischen Briefwechsel, den das Kind ihr etwas verstört vorlegte, ich weiß, es ist traurig, und wir wollen jetzt mal nicht diese doppelbödige, aggressiv in Schuldgefühle verstrickende Kommunikation analysieren, die wie ein Schlagabtausch beginnt, dann aber einseitig beendet wird, lass dir daran genügen zu wissen, daß man es leicht analysieren könnte, und gewöhne dich daran, diesen Menschen nicht zu kennen - denn hier würdest du nicht einmal mit einer möglicherweise nicht einmal angemessenen (denn was hast du wirklich getan?) Bitte um Entschuldigung durchdringen, die wäre ja schon, da Verweigerung gegenüber dem Befehl "antworte mir nicht," zu viel und, da "Regelbruch" (nur daß du an der Erarbeitung der Regel gar nicht beteiligt warst und ihr nie frei zugestimmt hast), ein weiterer Grund für dich, schuldig zu sein gegenüber diesem Menschen, vergiss diese Person, rate ich dir, und sei froh, daß du mit den paar Widerhaken dieser Struktur davon gekommen bist, aber wieso, sagte das Kind, der Mensch ist doch wirklich traurig, sagt er, und deswegen will er nicht, daß ich mich melde, ja klar, sagte die Chefin, das kann schon sein, vielleicht glaubt er sich das auch selbst, und niedlich, daß du es ihm glaubst, es ist vielleicht wahr - aber gerade dann wirst du seiner Bitte folgen und ihn seiner Trauer überlassen müssen, bis er von selbst heraus kommt und nochmal nachfragt und dir eine faire Chance zu einem Gespräch gibt wie du es auch immer zu tun pflegst, sonst hängst du in seinen Machtspielen fest, egal, ob sie nun aus Trauer kommen oder nicht, ich kann dir nur raten: stehe du zu dem, was du tust, steh dafür ein, wenn es dir richtig erscheint, und lass dich nicht herumschubsen von Leuten, die dir Schuld ansuggerieren, ohne geradeaus zu sein, und die dich beschuldigen, ohne dir die Möglichkeit zu geben, dich dazu zu verhalten, manchmal glaube ich, es gibt in der Welt klare Menschen, und solche, die panische Angst vor Klarheit haben, du selbst bist da längst entschieden, andere sind ebenso früh für anderes entschieden, und du, mein kleines Klares, wirst mit dieser kleinen dir angehängten und niemals abtragbaren "Schuld" auch noch fertig werden, es werden immer wieder solche kommen, und es wird immer auch andere geben, und sie küßte das Kind auf die Wange und wünschte ihm wie üblich einen sicheren und fröhlichen Schulweg.

Sonntag, 24. Mai 2009

711.

Der Himmel über der Hauptstadt erfreute sich hoher Sonne, und die Hauptstadt unter dem Himmel erfreute sich einer erneuerten Präsidentschaft, die Aufrechten unter den Gratulanten erfreuten sich des Sieges ihres Kandidaten und die Großen unter den Verlierern bedauerten nicht so sehr den speziellen Verlauf der demokratischen Entscheidung, sondern mehr, daß sich hier wie zufällig die immerselbe Geschlechterkonstellation mit allen ihren Double-Binds wiederholte, der klitzekleine Forschungsminister aber saß auf dem Balkon des Demokratiebeauftragten, gelehnt an einen kleinen Hibiskusbusch, und er dachte, wie groß sieht doch eine Blattlaus in einer Hibiskusblüte aus, wenn man selbst so klein ist, und der Demokratiebeauftragte antwortete, wie seltsam ist es doch, daß manche Menschen, welche sich als "Teamer" begreifen, nicht verstehen können, daß sie gerade als Team auch erst groß werden, wenn der, von dem sie außer legitimerweise Anerkennung ihrer Teamarbeit auch noch ein Sich-ins-Team-Ducken erwarten, eben diese Erwartung konsequent und unbeschadet nicht erfüllt.

Samstag, 23. Mai 2009

710.

Der Buchhalter, der die letzten zwei Einträge zu verantworten hatte, da die Kreativleitung und Mo in Wahrheit verreist waren (von wegen Weberschiffchen!), fühlte sich nicht sehr wohl, als Dame Ö ihn nicht etwa wegen der gegen sie erhobenen Arroganzklage (Pöbel, Pöbel, ist doch ein ganz traditionsreiches Wort, ich könnte das durchaus gesagt haben, bemerkte sie lässigst, als sie wieder einmal mit ihrer Freundin, der Gattin des ehemaligen Chefs, in der Hollywood-Schaukel im Garten des Paares saß) zur Rede stellte, und auch nicht wegen der Gefahren, die von der Darstellung Mos her rührten, sondern wegen der Zeitenfolge im sie betreffenden Beitrag, und wegen der Verwirrungen von Konjunktiv und Indikativ, denn davon verstand er doch wirklich nicht so viel, der Kollege Buchhaltern, und anstatt dankbar zu sein, daß er überhaupt den Laden während der Reisen der Kreativleitung am Laufen hielt, mußte die sich noch beschweren, und er, er fing auch noch an zu stottern, vor niemandem tat er das, aber vor Dame Ö eben doch!

Freitag, 22. Mai 2009

709.

Der letzte EinSatz hätte viele Kommentare gebraucht, aber für ein paar Tage waren Kommentare aus technischen Gründen nicht möglich, so daß die Berichterstattung sich einstweilen Dame Ö zuwendet, die, vom Diskurswart zur Rede gestellt, weil sie das Wort Pöbel in den Mund genommen hatte, sagte, sie meine doch Geistespöbel, woraufhin der Diskurswart gefragt habe, was denn ihrer Meinung nach Pöbel im klssischen Sinne des Wortes von Geistespöbel unterscheide, welche Frage von der Dame mit nicht einmal gehobener Braue und ohne jedes Zögern beantwortet worden sei mit der Bemerkung: "Geistespöbel ist doch wirklich selbstgewiß!"

Donnerstag, 21. Mai 2009

708.

Das Mo hatte sich, als die Nacht hereinbrach, endlich mal wieder auf das Weberschiffchen gesetzt, diesmal freilich ohne auf Abenteuer aus zu sein, ihr Vergnügen bestand vielmehr darin, in all den auf den Teppich gezauberten Räumlichkeiten von Leuchter zu Leuchter zu springen und unter allen Brücken hindurch zu tauchen und, wenn es unten war, zu krähen "Dialog, Dialog" und wenn es oben war "wir müssen miteinander reden," sobald es aber nach oben sauste sagte es "es gibt immer zwei Seiten," und wenn es abwärts ging, sagte es, "nämlich, oben und unten."

Mittwoch, 20. Mai 2009

707.

Hast du eigentlich nie selbst Tiere gehabt, fragte das Kind, das gar zu gern eine Katze bei sich zu haben wünschte, die Chefin beim Frühstück, doch, sagte die Chefin, als Kind hatte ich einen Kater, den wir vom Heuboden meiner Oma geholt hatten, er war sehr hübsch und niedlich, erst dachten wir, es wäre eine Katze, wir nannten sie Muschi, dann merkten wir, daß es ein Kater war, da nannten wir ihn Musch und ließen ihn kastrieren, er wurde sehr groß, er war sehr schön und ein begnadeter Jäger, der meinem Vater im großen Garten oftmals einen Maulwurf vorlegte, denn das war deren gemeinsames Vergnügen, Maulwürfe Jagen, für den Gärtner in meinem Vater eine Pflicht, für den Kater ein Sport, nehme ich an, der Kater kam und ging wie er wollte, er wurde nie heimisch, aber er war irgendwie meiner, ich hatte ihn mir gewünscht, ich hatte ihn ausgesucht, ich hatte ihn bekommen, für mich wurde er bei Umzügen der Familie (gegen seinen eigenen immens kratzbürstigen Widerstand) mitgenommen, ich nannte ihn nicht Musch, sondern Otto, und, obwohl er im Heizungskeller sein Körbchen und seine Kiste hatte, hielt er sich in meinem Zimmer manchmal auf, aber nur, wenn ich die Tür einen Spalt offen ließ, damit er auch wieder gehen konnte, denn eingesperrt sein mochte er nicht, und wenn ich versehentlich doch die Tür zu zog, sprang er auf die Klinke und stolzierte heraus, um dann auch so bald nicht wieder zu kommen, das fand ich irgendwie stark, wenn ich aber meine Hausaufgaben machte, saß er oft auf meinem Schoß, und manchmal legte er sich auch auf mein Heft und schnurrte mich an, was den Hausaufgaben zwar nicht günstig war, mich aber irgendwie rührte, später, als er schon lange nicht mehr da war (er muß zum Sterben in irgendwelche Büsche gegangen sein, wir haben ihn nie gefunden), wurde ich allergisch gegen Katzenhaare, das habe ich immer bedauert, irgendwie mag ich das Katzenwesen, und wenn ich nicht allergisch wäre und öfter mal verreisen müßte, ich würde Deinem Wunsch sofort entsprechen.

Dienstag, 19. Mai 2009

706.

Es wäre heute der Tag, dozierte der Diskurswart in Abwechslung mit seinem Begleiter, einem relativ zivilisierten Pestbrachvogel in Uniform, über den Overkill in menschlichen Angelegenheiten zu sprechen, und die EinSatzKräfte lauschten andächtig, indem sie sich fragten, was damit gemeint sein könne (die Kreativleitung und Mo, die es hätten wissen können, waren wieder einmal nicht erschienen, zu viel zu tun am Teppich, war ihre übliche Ausrede, wird auch allmählich langweilig, sagte der Oberassistent zur Dame Ö - den Teppich und die Fortschritte an ihm zu besichtigen hatte er sich nie die Mühe gemacht - welche die Nachricht überbrachte und sich bei der Gelegenheit gleich fragte, wen der Oberassistent wohl mehr vermisse, die Kreativleitung oder das Mo), zwar spitzte noch keiner den Bleistift, und das Spitzen der Ohren läßt sich recht schwer ausmachen, wenn man nur so vom Fenster her zuschaut, aber als der Diskurswart seine einführenden Worte endlich abgelegt und dem relativ zivilisierten Pestbrachvogel die Möglichkeit gegeben hatte, mit erstaunlicher, nachgerade professioneller Behutsamkeit und nicht ohne eine gewisse Hurtigkeit zu berichten, wie manchmal, wenn ein Mensch, wie es im Deutschen heiße, "zu viel kriege," das Umfeld (in diesen Kreisen reden sie immer von Umfeldern, Umsetzen usw.) gar nicht mehr begreifen könne, daß er das bei vollem Bewußtsein ertrage, wie man solche Menschen - etwa Soldaten, die aus Auslandseinsätzen zurückkehrten und sich im Alltagsverhalten seltsam betrügen - oftmals gar nicht mehr verstehe, sie für blöd bis gefährlich halte, und diese üblicherweise als posttraumatische Störung bezeichneten Verhaltensweisen gerade deswegen nicht begreife, weil neben der offenkundigen Übersensibilisierung für bestimmte Dinge eine scheinbare Desensibilisierung in anderen Dingen zu beobachten sei, als der relativ zivilisierte Pestbrachvogel in Uniform diese Dinge als Reaktion auf eine Art Overkill zu begreifen empfahl, da war offensichtlich, daß es bei einigen der EinSatzKräfte nur so ratterte, denn daß ein Mensch auch längerfristig unfähig zu angemessene Antworten werde, wenn er in den entscheidenden Situationen ein für allemal gelernt zu haben glaube, daß es auf ihn und sein Verhalten nun wirklich nicht ankomme, das schien durchaus auch anderen als Karomütze und dem Kumpel von der GSG 9 einzuleuchten.

Montag, 18. Mai 2009

705.

Äußerst spannende Ereignisse in der Welt, sagte der ehemalige Chef zu seiner Gattin, und wir sind nicht so richtig dabei, stört dich das eigentlich nicht so, und die Gattin sagte, mehr hat mich gestört, daß ich heute auf dem Weg zum Bäcker mit ansehen mußte, wie ein Kind auf der Straße mit seiner großen Kreide malte und ein junger Mann ihm die Kreide weg nahm, ich wollte noch eingreifen und ihn aufhalten, aber ich bin ja nicht mehr so schnell, sagte sie, und dann fragte sie, ob man wohl die "Lady" freikriegen könne nach allem, aber der ehemalige Chef fand anderes viel interessanter und übte sich ein wenig in Verdrossenheit, das muß auch mal gemacht werden, würde der Sohn gesagt haben, dachte sie, und las ihrerseits einen erstaunlichen Artikel über den Unterschied zwischen der Gattung Tagebuch 1 und Tagebuch 2 und richtigen Erzählungen, und sie meinte, du kannst alt werden wie ein Papagei und lernst immer noch was dazu, der Kempowski war doch wirklich ein toller Schriftsteller.

Sonntag, 17. Mai 2009

704.

Das Lächeln der Chefin war ein klein wenig maliziös, als sie der Kreativleitung sagte, du weißt doch, wie jetzt die Pestvögel und Brachvögel und was dergleichen 1:1ler mehr sind, sich auf diese rührende Geschichte von Mo stürzen werden, und die Kreativleitung strahlte sie an und sagte, sicher, aber ein paar kleine Zückerchen sollte man den Äffchen doch geben, dann sind sie wieder beschäftigt, und meine Chefin sagte früher immer, letzten Endes sei das besser so, da gewinne man ein wenig Zeit, die Dinge zu tun, die einem wirklich wichtig sind, und die Leute sind auch froh.

Samstag, 16. Mai 2009

703.B.

Mo hatte schon wieder eine B-Ebene produziert. Das geht aber fix heute, sagte die Kreativleitung. Ja, lachte Mo, ich hatte den Eindruck, du könntest eine Aufheiterung gebrauchen. Heute gibt es eine Geschichte in einer Geschichte, darf ich auf deinen Schoß krabbeln, um sie dir vorzulesen, es ist dann gemütlicher, und da ich einmal so klein sein muß, möchte ich auch etwas davon haben. Die Kreativleitung hob das kleine Wesen zu sich hoch und setzte es dahin, wo es sich wohlfühlte.

Kinderlärm drang vom Hof her an ihre Ohren, aber Mos Stimme ließ sich davon nicht stören:

Ich beginne in der Mitte, sagte Mo. Das ist manchmal das Beste.

"Der Mann war alt geworden. Er hatte es sich in seinem Leben gut gehen lassen. Sein Sohn war mit einer klaren Diagnose in den Selbstmord gerannt, früh, sehr früh im Leben. Der Mann, untröstlich, versuchte immer, seine untröstliche Frau zu trösten. Die beiden waren ein reifes Paar. Sie wurden damit fertig und blieben zusammen. Sie muteten einander viel zu. Sie ließen einander auch Freiheiten. Sie waren ein weises Paar.

Einmal lernte der Mann eine Frau kennen, deren Augen ihn an einen See in einem fernen Land erinnerten. Er wußte, daß das ein kitschiger Spruch war. Er sagte ihn trotzdem. Die Frau, die etwas von Selbstmorden verstand, weil sie in ihrer Jugend einige gesehen hatte, überhörte das mit dem See und fragte ihn nach seinem Sohn. Der Mann las ihr eine seltsame Geschichte vor, die seine Frau nach dem Tod des Sohnes, welcher Künstler hatte werden wollen, geschrieben hatte:

'The Golden Road Book

Es gibt Geflechte von Irrtümern, die aufklären zu wollen absolut sinnlos ist. Das habe ich von meinem toten Sohn gelernt.

Wir haben versucht, für den Sohn zu tun, was wir konnten. Er aber hat alles abgelehnt und uns nur noch Zettel zugesteckt:

Lasst mich in Ruhe mit euren Behandlungen, schrieb er da. Sie wollen mir ja das Malen austreiben.
Man zieht sich darüber eine tiefe Resignation zu, nicht mehr zu heilen, schon gar nicht da, wo Bescheidwisser unterwegs sind, die unter Kacheln, Platten und in Kellern nach Objekten suchen und wo andererseits Einheimische das Baden fremder Schönheiten beobachten wollen, aber selbst die See fürchten.
Nicht da, wo man sich für berechtigt hält, der Welt Geschenke zu erpressen von Leuten, die man zum Lohn in Müllsäcke stopft.

Sie müssen den Müllsack loben lernen, dann werden Sie es zu großer Kunst bringen, sagen die einen.
Sie müssen den Müll entsorgen, der erscheint uns sehr gefährlich, sagen die anderen.
Und wenn Sie nicht bereit sind zu behaupten, sie hätten in der dunklen Kammer die nicht vorhandene schwarze Katze, die Sie mit verbundenen Augen gesucht haben, gefunden, dann wird Ihnen Ihr Kiefer auseinanderfallen, was nicht zu verantworten ist, sagen die wieder nächsten.

So hatte man einst auch zu Undine gesprochen, erinnerte ich mich, wenn ich wieder einmal so einen wirr-verzweifelten Zettel von meinem Sohn bekam, aus dem deutlich wurde, welche Erwartungslasten er zu fühlen schien. Ich fragte mich, wie die Geschichte mit Undine nach dem großen Monolog weitergehen könnte. Und ich dachte es mir so:

An dieser Stelle drehte sich Undine um und ging. Die Hausfrau eines Ungeheuers mit Namen Hans hatte in ihrem Haus die Erfüllung eines Traums gefunden. Ihr Mann hatte ihr gesagt: hier, dieses Haus, es ist klein, aber es gehört uns ganz. Es ist ganz dein eigen. Irgendwann hatte sie den Eindruck, vor allem sie gehöre ihm ganz. Er wolle sie verspeisen und das als Liebe ansehen, nicht ohne, wenn er hinterher das Verdaungsprodukt ansah, sich vor diesem recht kräftig zu ekeln. Als sie, abspülend, durch das Fenster sah, wie Undine ging, ließ sie das Geschirr stehen, lief ihr nach und rief, warte, ich will mit dir gehen. Undine wartete und nahm die Hausfrau mit. Die beiden machten keine große Sause. Sie liefen manchmal Hand in Hand, irgendwo verdienten sie sich das Geld für ein Auto. Damit fuhren sie weiter von Ort zu Ort und lebten von der Hand in den Mund. Sie lachten gemeinsam darüber, daß es wie in einem Film und doch ganz anders war. An manchen Tankstellen saßen sie stundenlang auf Barhockern, tranken Kaffee und schauten den Voyeuren bei der Arbeit zu. Es waren Lastwagenfahrer, die in ihren vorschriftsmäßigen Pausen auf Bildschirme guckten, aus denen weibliche Ware sich anpries. Die Fernfahrer kauften selten. Wenn, dann verließen sie den Tankstellenpavillon, in dem die beiden reisenden, auf allen Strecken schon fast bekannten zwei Frauen saßen. Die Fernfahrer gingen dann wohl in die Fahrer-Kabinen ihrer Lastwagen, und aus anderen Autos, die auf die Raststätten kamen, stiegen Waren in ihre Kabinen. Das sahen Undine und die Hausfrau manchmal durch ihre Fenster, wenn sie in den Motelteil der Raststätte gingen, um ein paar Stunden zu schlafen, bis die Reise weiter ging. Sie fragten sich gegenseitig, wie sich die Waren wohl fühlten.

Manchmal hörten sie, gemeinsam oder getrennt in Hotelzimmern liegend, dem Gurren der Tauben, dem Gesang der Amseln und dem abscheulichen Krächzen der häßlichen diebischen Elstern zu. Immer das Rauschen der Autobahn im Hintergrund, ab und zu den Ruf eines Zimmernachbarn und das Klappen der Türen auf dem Parkplatz. Manchmal verreckte draußen eine Maus mit einem lauten Schrei, wenn eine Katze sie erwischt hatte. Kurzes Gruseln? Man gewöhnt sich auch daran.

Manchmal - seltener - hörten sie eine Nachtigall. Dann wieder vernahmen sie aus dem Regen eine Erinnerung an einen Tränenfluß.
Das Leben regnete auf sie herab - und sie zogen durch die Welt, die ihnen keinen festen Ort mehr bot, an welchem nicht schon wer mit der Giftspritze der Künstlerideologie, der Raison verschiedener Staaten, der Raison der verschiedenen Musen oder ein Selbstkünstler mit einem gewaltigen Verdauungsapparat auf sie wartete.

Manchmal dachte die eine an Mozart, die andere an Bachmann, manchmal die andere an einen anderen Dichter und die eine an Politik. Manchmal unterhielten sie sich, sie zankten wohl auch. Immer waren es blöde Arbeiten, durch die sie das Geld für die nächste Übernachtung, die nächste Tankfüllung, das nächste Essen verdienten. Reinigungsarbeiten, Bierausschank, einmal blieben sie ein paar Wochen an einem Ort, an dem beide eine Anstellung in einer Eisdiele fanden.

Sie kamen niemals mehr an. Es war, als hätten sie sich das Ankommen ein für alle mal abgewöhnt. Es tat nicht mehr weh.

Als der Mann die Geschichte zuende gelesen hatte, fragte er nach dem Urteil der Frau. Sie sagte, Ihre Frau ist aber doch angekommen, Sie leben doch zusammen, und Sie sagen mir, Sie leben glücklich zusammen, beide in hochqualifizierten Beschäftigungen.

Ja, sagte der Mann, wir sind zufrieden. Irgendwann ist man auch aus dem Alter heraus, in dem man noch so leben möchte, hat sie mir immer gesagt. Wir haben übrigens kein Haus, aber unsere Mietwohnung ist auch schön. Ich danke Ihnen für dieses außerordentliche Gespräch.

Mir hat es auch gefallen, sagte die Frau. Ihre Frau muß eine beeindruckende Persönlichkeit sein. Ihr Sohn war bestimmt ein ganz bezaubernder Mensch. Was hätte bloß geschehen müssen, um ihn an dieser Tat zu hindern? Sie hörten nicht wieder voneinander. Sie sind sehr freundlich.

Ein Jahr später mußte die Frau ihn anrufen, um ihm zu sagen: Ich bin nicht Ihr Sohn. Ihr Sohn lebt nicht mehr, und seine Krankheit ist nicht meine. Falls Sie ihm etwas angetan haben, können Sie das nicht gut machen, indem Sie mich in seine Rolle drängen. Und vermutlich haben Sie ihm nichts angetan, was zurechenbar wäre. Ich habe aber mit dieser Geschichte nicht mehr zu tun als dieses, daß ich sie mir angehört habe und versucht habe, Sie und Ihre Frau zu verstehen. Ich dachte, das wüßten Sie.

Übrigens halte ich nichts davon, über Rollen zu reden. Ich wünsche Ihnen wirklich von Herzen alles Gute. Und grüßen Sie bitte Ihre Frau von mir. Sie muß eine beeindruckende Persönlichkeit sein."

Na, wie findest du das, fragte Mo, aus allen Fältchen ihres Gesichtes strahlend.

Gut finde ich das, sagte die Kreativleitung. Auch daß das Golden Road Book nun endlich dabei ist. Aber der Kwaliteitswart, die Leitung Öffentlichkeit und Karomütze werden sich ärgern. Über die Chefin weiß ich es nicht.

703.

Der Tag begann grau, und aus den Wolken glaubte die Kreativleitung, ein fernes Schluchzen vernommen zu haben von einem, den sie still liebte, und sie erinnerte sich ihrer letzten Begegnung, wie er, als sie nach langer gemeinsamer Anwesenheit in einem öffentlichen Raum endlich allein gewesen waren, sie gefragt hatte, ob sie noch mit zu ihm gehen würde, und wieder einmal staunte sie, wie sehr sie damals noch die Zeit unterschätzt hatte, denn anstatt zu sagen, wie es angebracht gewesen wäre, du hoffst sicher, daß ich nein sage, aber ich kann dir diesen Gefallen nicht tun, hatte sie - tatsächlich nein gesagt, so brav kann man sein, und nun saß sie da, mit diesem Namen, in dieser EinSatzLeitung, eine Aufforderung, sich künftig nicht mehr dem Schreiben zu widmen, sondern sich (soundsoviele Prüfungen und Erziehungsmaßnahmen zuvor) lieber in den Schuldienst an einer großen Sache zu stellen, vor sich auf dem Schreibtisch, und sehnte sich wieder einmal nach dem Kuss seines Mundes.

Freitag, 15. Mai 2009

702.

Als die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen ihren Besuch bei der Dame Ö nachholte, berichtete sie dieser auch von dem Ausflug, welchen sie mit Karomütze unternommen hatte, ziemlich windig sei es gewesen, und dann hätten sie irgendwo in diesem brandenburgischen Dorf doch tatsächlich Robin Hood selbst getroffen, Karomütze hatte jedenfalls behauptet, nach den ihm vorliegenden Photos müsse dies Robin Hood persönlich sein, der selbsternannte Rächer der Enterbten, der aus dem Untergrund hochgetretene, der Räuber mit gutem Gewissen, der sich vom schlichten Räuber und Schelter verwandelt habe in den guten Räuber und Retter, dann aber selbst zum Nutznießer der Schlacht gegen die Metzger geworden war, der Avantgardist der Kriege gegen die Avantgardisten, der Berauber der Räuber, der Bescheidwisser aller Bescheidwisser, der kühne Ritter und strenge Richter - und wie war er nun wirklich, fragte die Dame Ö mit erhobener Braue, denn der Wortschwall der Minderheitlerin begann sie zu nerven - ein Schwitzer, sagte die Minderheitlerin, sich schnellstens wieder einfangend unter dem klirrenden Blick der Dame Ö, und einer, an dem sich die alte Regel bestätigt: wenn eine Frau über einen Mann sagt, daß er narzißtisch sei, stimmt es meistens, wenn ein Mann über eine Frau sagt, daß sie narzißtisch sei, hat er in der Regel sein eigenes Problem benannt, und wenn eine Frau über eine Frau sagt, daß sie narzißtisch sei, dann muß man gucken, welche die längere Schönheitsgeschichte hat, und wenn ein Mann über einen Mann sagt, daß er narzißtisch sei, dann muß man gucken, welcher von beiden es in seinen Liebesgeschichten schon über die übliche Konsumhaltung hinaus gebracht hat; da lächelte Dame Ö versöhnlich, goß der Minderheitlerin eine zweite Tasse Tee ein und sagte: und, habt ihr ihn eine Weile reden lassen?

Donnerstag, 14. Mai 2009

701.

Während die Chefin den Demokratiebeauftragten, die Leitung Öffentlichkeit und den Buchhalter zu einer Krisensitzung mit dem Diskurswart in ihrem Büro empfing, besuchte der Kwaliteitswart das Büro der Kreativleitung und war überrascht, sie äußerlich kaum verändert, allenfalls etwas ins Grün spielend, in sich versunken bei der Arbeit anzutreffen, während Mo unter dem karierten Schal vor sich hin schnarchte, und er fragte entgeistert, wieso sie denn der Sitzung ferngeblieben, was denn so dringend sei, die Kreativleitung aber, kaum aufsehend, sagte, ich bin so müde aller Nachrichten von irgendwie in Haft gehaltenen Personen, es gehen unentwegt neue ein, nehmen Sie Chodorkowsky, nehmen Sie Suu Kyi, immer laufen irgendwelche Haft-Daten ab, schon ereignen sich wie durch Zufall die skurrilsten "Verfehlungen" gegen irgendwelche absurden Auflagen absurd eisern regierender Aufseher, und man hat statt der Befreiung wieder eine Haftverschärfung zu gewärtigen, dabei wird dann genüßlich über Schwächungen berichtet, wie soll man wohl werden, frage ich mich, wenn man 13 oder 19 Jahre lang in einem noch so schönen Haus an einem noch so schönen See festgehalten wird, als Menetekel für alle, die etwa wagen sollten, sich für die demokratische Ablösung irgendwelcher Generäle öffentlich auszusprechen, und ich kann selbst gar nichts mehr dazu schreiben, ich stelle Ihnen einen Text auf die B-Ebene, den dürfen Sie da abdrucken, grüßen Sie alle schön von mir, ich komme zur nächsten Sitzung, und über die Fortschritte des Teppichs sprechen wir bitte ein andermal - dabei sah sie noch einmal auf, ihn fest an und es blieb ihm nichts, als sich zu verabschieden.

Mittwoch, 13. Mai 2009

700.

Sitzung der EinSatzLeitung

Anwesend: Alle bis auf die Kreativleitung (und Mo)
Gäste: Die Warte
Sitzungsleitung: Die Chefin
Protokoll: Oberassistent

Tagesordnung: Wird überschätzt, geht doch aus dem Folgenden hervor.

Vor der Sitzung: Eine Viertelstunde lang warteten die Warte vergeblich auf die Chefin, die sich verspätete und mit gerötetem Gesicht erschien. Sie wußten zu dem Zeitpunkt auch noch nicht, daß die Kreativleitung sich abgemeldet hat wegen Unpässlichkeit.

Eröffnung der Sitzung durch die Chefin.
Feststellung der Anwesenheit und Bekanntgabe entschuldigten Fehlens.

TOP 1: Bericht des Buchhalters, in dem wie üblich die angespannte Lage beklagt wird. In den hinteren Rängen drohen ein paar pickelige Mehrheitler einen Streik an, falls wieder mal die Löhne nicht gezahlt werden. Die Disziplinierungsmaßnahmen des Buchhalters und der Chefin greifen.

TOP 2: Bericht der Chefin über Petitionen, Grußadressen, Glückwünsche und andere Maßnahmen. Alles kalter Kaffee. Die immer mit ihrer Roxana. Ein hübsches Gesicht macht noch keinen guten Menschen.

TOP 3: Einige Anfragen aus dem Volk werden verlesen und der Bearbeitung in zukünftigen EinSätzen anheimgestellt.

TOP 4: Verschiedenes. Die Designfrage gilt inzwischen als durch Gewohnheit und Gewöhnung geregelt. Die Protokolldisziplin wird nach dem letzten Protokoll angemahnt, der Minderheitler mit den grünen Borsten ist von Protokollen zukünftig ausgeschlossen, der gegenwärtige Protokollant vermutlich auch.

Das Schmunzeln der Chefin, die widersinnige und sinnfreie Protokolle heimlich zu mögen scheint, wird verzweifelt übersehen, die Warte betrachten ihren Besuch als vergeblich und empören sich im Anschluß an die Sitzung lautstark im "Bistro" - in der Sitzung selbst zu sprechen, haben sie aber irgendwie nicht fertig gebracht, jedenfalls hat der Protokollant keine ernsthaften Versuche zu Protokoll genommen.

Die Chefin geht mit normaler Gesichtsfarbe und anscheinend zufrieden davon, fingert unterwegs aber schon nach ihrem Handy. So geht das natürlich nicht.

Dienstag, 12. Mai 2009

699.

Man hat es tatsächlich geschafft, sagte die Chefin freudestrahlend zu ihrem Kind, man hat die Roxana Saberi tatsächlich freigelassen, ist das nicht wunderbar, sagte sie, und sie überlegte schon, an wen nun die Glückwunsch- und Dankadressen zu schicken seien, indes das Kind, streng, wie Kinder manchmal sein können, sagte, ja, es ist toll, und wann lassen sie die anderen raus, die nicht so bekannt sind?

Montag, 11. Mai 2009

698.

Am Sonntagabend fand der Oberassistent auf seinem Schreibtisch eine kleine Mo-Notiz, die das Wesen anscheinend extra für ihn dorthin gelegt hatte, und entgeistert las er den Vorschlag, etwas über einen verdrossenen Fußball zu schreiben, welcher dem ankickenden Stürmer zuflüstere, er sei es eigentlich leid, ein Fußball zu sein, aber der Oberassistent dachte, das ist doch die totale Spielverderberei ist das doch...

Sonntag, 10. Mai 2009

697.

Der Pestvogel nistet klamm und breit in den Niederungen der minderen Sprachen, wo er an diesem Sonntag hockte und immer wieder nach hinten pickte, hinter sich, an sich, um irgendwelche Parasiten aus seinem Bürzel zu entfernen, welche ihn zusätzlich quälten, zusätzlich fragen Sie, warum zusätzlich, nun zusätzlich zu einem Dilemma, das den Philosophen unter Ihnen bekannt sein dürfte unter dem Namen von Achilles und der Schildkröte: der gute Pestvogel hatte aufwendigst und unter EinSatz ganzer Heerscharen von Technikern, Klempnern und "Engeln" (womit Kolleginnen von der intelligence ebenso gemeint waren wie ein paar Sekretärinnen aller Abstufungen von der einfachen Vorzimmerdame bis zur Staats- und Staatensekretärin) die Bewegungen der EinSatzLeitung nachvollzogen, berechnet und geplant, um bestimmte Ziele zu erreichen, Pestvogels wollte nämlich erreichen, daß das Pestvogelwesen von der EinSatzLeitung nicht ein- und überholt werde, und alle seine Berechnungen hatten ergeben, daß es nicht erreicht werden werde, im richtigen Leben aber war nicht nur die Schildkröte trotz aller nachweislichen Richtigkeit der Berechnungen immer wieder von Achilles überholt worden, sondern so war es auch mit dem Pestvogelwesen geschehen - immer wieder schien die Weisheit des Pestvogels nur ein Turngerät namens Bock zu sein, über das die Recken der EinSatzLeitung hinwegzuhüpfen schienen, insonderheit aber Freund Karomütze, Karo der Bocksprüngige, Achilles den Schnellfüßigen imitierend, pick, knarrte der Pestvogel, und schrah, schrasterte er, und es half ihm irgendwie nicht, es half nicht klamm und nicht breit, es half nicht gegen das Jucken und nicht gegen das Problem mit der Schildkröte.

Samstag, 9. Mai 2009

696.

Eigentlich hätte er sich an dieser schönen Zahl delektieren können, der Kollege Buchhalter, aber er hatte andere Zahlen im Kopf, die ihm Sorge bereiteten, und so setzte er sich mit dem Oberassistenten und der von keinen vorzeitigen Wehen geplagten Leitung Öffentlichkeit zusammen, um zu bereden, ob man nicht einem der größeren Verlagshäuser etwas wie "Mos gesammelte B-Ebenen" anbieten könne, vielleicht gäbe es doch den einen oder anderen treuen Leser, der diese Texte auch als Buchform in der Hand zu halten wünsche, und man könne doch auch übersetzen lassen und im Ausland verkaufen, ob das nicht zu machen sei.

Freitag, 8. Mai 2009

695.B

In jenen Tagen war es im geteilten Deutschland Mode geworden, das je eigene Staatengebilde stets beim vollen Namen zu nennen (Deutsche Demokratische Republik, Bundesrepublik Deutschland) und das je andere mit dem zuständigen Kürzel (DDR, BRD). Nur diejenigen, die sich notorisch zwischen alle Stühle zu setzen pflegen, wechselten ad libitum zwischen allen Varianten hin und her und sagten bald Deutsche DR oder B-Republik-D und was dergleichen wirkungslose und kaum entlastende Späße mehr waren. In einer kleinen Stadt im südlichsten Winkel der DDR lebte in jenen Jahren ein Pastor, ein kauziger Mann, gutmütig durchaus und ohne bösen Willen gegen irgendwen. Wegen seines Mangels an bösem Willen wurde er von den Sicherheitsorganen des Landes observiert. Das verstand er nicht recht, schon wegen Brecht nicht, der doch alles dazu gesagt hatte, sogar in Gedichtform. Der gute Hirte von bestenfalls drei halben Schafen fühlte sich zuerst einfach nur gefoppt. Dann dachte er, foppen wir doch ein wenig zurück, und er brachte über der Tür seines Arbeitszimmers ein Schild an mit der Aufschrift: Lieber übermüdet als überwacht. Denn er war ein Mann, der den Humor liebte, manchmal glücklich, manchmal unglücklich.
Sein schönes Schild genügte aber, wie er bald bemerken mußte, keineswegs, um die Bewacher abzuschrecken. Sie antworteten natürlich nicht darauf. Zu gern hätte er ihnen einmal zugesehen, wie sie reagierten, wenn sie es lasen. Denn wer heimlich neugierig ist auf die Bewegungen seines möglichen Feindes, weckt manchmal auch die Neugierde dessen, den er observiert. Der gute Hirte, in Ermangelung von Schafen, verwendete bald viel geistige Mühe auf seine Bewacher. Ja, er freundete sich in abstracto regelrecht mit ihnen an. Immer wieder unternahm er es, sich vorzustellen, was sie vielleicht denken mochten. Wir müssten doch endlich einmal miteinander reden, dachte er, und er sagte dies auch des öfteren zu seiner Frau. Die Frau aber sagte immer nur: du wirst dir doch nur die Finger verbrennen. Hüte deine Zunge. Denn sie sorgte sich um ihn, weil er anfing, immer öfter in seinem verwanzten Arbeitszimmer auf die Wände einzupredigen. Manchmal versuchte sie, ihn in mit einem warnenden Finger auf den Lippen von seinem törichten Hobby abzubringen, denn sie fürchtete, daß es außer seiner Stellung im Lande, an der nicht mehr viel zu verderben war, auch seiner geistigen Gesundheit gefährlich werden könne. Wenn das nicht half, sagte sie es ihm in guten Augenblicken. Er aber, völlig gelassen bleibend und nur nachts manchmal vor sich hin wütend, im Halbschlaf, pflegte zu antworten: Man muß immer in einem Dialog stehen, wenn nicht direkt, dann eben indirekt. Sogar mit denen, die sich zum Feind machen, indem sie einen für einen Feind halten. So stand er bald Tag für Tag mit den Wanzen, die er in seinen Wänden wußte, in offenem Monolog, und wenigstens jeden zweiten Tag sagte er seiner Frau in ihr offenes und besorgtes Gesicht, daß es wichtig sei, mit dem, der sich für einen Feind halte, im Dialog zu stehen. Sie sagte stets, nun gut, wenn du es so für richtig hältst, mir wäre lieber, du würdest schweigen, vielleicht würden sie sich irgendwann langweilen, aber wie du weißt, stehe ich in allem zu dir. Und dann beteten sie gemeinsam. Die Menschen, die der kleine Pastor hinter den Wanzen wußte, antworteten ihm nie. Als er einmal ein paar Tage nicht zu ihnen sprach, schienen sie aber auch nicht zu verschwinden.
Nun gut, dachte er dann, ihr habt es so gewollt. Wenn ihr durch euren Überwachungswahn andere daran hindert, mir in der Kirche zuzuhören, so werdet ihr euch eben selbst anhören, was ich euch zu sagen habe. Dennoch war er neugierig. Es muß doch zu erfahren sein, ob sie irgendetwas über mich denken, dachte er. Und er begann, sich aus allen Nachrichten, die er irgendwo bekommen konnte, herauszupicken, was sich auf ihn beziehen konnte.
Seine Frau stellte ihre Besorgnis irgendwann ein. Die Lage war hoffnungslos. Sie ging bald gar nicht mehr in sein Arbeitszimmer. Manchmal fragte sie ihn, ob er immer noch mit den Wanzen spreche. Ja, pflegte er dann freimütig zu sagen, ich spreche mit ihnen, täglich. Wenn sie irgendwann genervt abschalten, werde ich es vielleicht nicht mitbekommen, fügte er hinzu, aber für den Fall, daß sie nie abschalten, habe ich ihnen dann jedenfalls durchgängig gesagt, was ich von ihnen halte. Und gutmütig, wie er zu bleiben gedachte, gab er ihnen auch stets und immer wieder bekannt, was sie zu tun hätten, wenn sie ihn als einen Freund gewinnen wollten: einfach die Wanzen abstellen und selbst vorbeischauen und offen darüber sprechen, was sie wollten. Das geschah natürlich nie. Irgendwann starb der Mann. Das muß im Dezember 1988 gewesen sein. Er hatte nie etwas gegen die DDR unternommen. Er hatte nie jemandem geschadet. In den Archiven der Behörde lagerten viele Bänder mit Aufzeichnungen seiner Reden. In diesen war seine Stimme, die mittlerweile ohne Leib war, noch da: bald wild, bald süß, bald humorig, bald verbittert. Vieles wiederholte sich, aber immer mal wieder kam auch etwas Neues. Eines Tages wird jemand diese Reden redigieren und herausgeben, dachte seine Witwe, als sie einige Jahre nach Öffnung der Grenze Einsicht in die Akten nahm und in die Bänder horchte. Seine Stimme war ihr vertraut wie eh und je, und es erschreckte sie nicht, sie zu hören. Man sollte es aufschreiben, dachte sie. Dann dachte sie: vielleicht auch nicht. Es war ein grauer Tag im Mai, dicke Wolken hingen über der kleinen Stadt, die nun ziemlich in der Mitte des Landes lag, das einstmals geteilt gewesen war. Und sie ging in einen Laden, kaufte, der Jahreszeit entsprechend, ein Blaukissen, nahm es zum Friedhof und pflanzte es auf das Grab ihres Mannes. Schade nur, sagte sie mit freundlichem Schmunzeln zu seinem Andenken, schade nur, daß du nicht mehr erlebt hast, wie aus DDR und BRD erst Bunzreplik Deutschland und dann etwas wie ein ganz normales Land wurde.
Wie normal dieses Land oder Gebilde, wie normal dieser Staat nun wirklich ist, das will ich lieber nicht entscheiden, sagte sie, als sie später auf dem Weg vom Grab zur Pforte des Friedhofes wie so oft noch leise vor sich hin murmelte. Sie wollte über das neue alte Land wirklich nicht entscheiden, denn wie ihr verstorbener Mann war auch sie sehr gutmütig und wünschte niemandem etwas Böses. Aber daß jene Tage vorbei sind, in denen man observiert werden konnte, weil man einfach keinen ernsten bösen Willen aufbrachte, das ist doch gut, sagte sie laut in die Luft.
Und sie schloß die Pforte des Friedhofes hinter sich, sah erfreut, wie die Wolken sich verzogen, lauschte auf den Dämmerungsgesang der Singvögel, und ging festen Schrittes in ihr kleines Witwendomizil, wo sie die Nachrichten vom Tage sehen wollte. Man muß doch wissen, was in der Welt passiert, dachte sie, nunmehr leise auf dem Bürgersteig wandelnd, worüber soll man denn sonst mit den netten Nachbarn reden.

695.

Nach einigen verregneten und grauen Tagen schien die Sonne ins Kreativbüro, Mo reckte und streckte sich unter ihrem karierten Schal, warf diesen dann mit der größten Geste, derer ihr kleines Körperchen fähig war, von sich, trippelte, ihren blauen Mantel glatt streifend, zur Kreativleitung und überreichte ihr mit einem sehr feierlichen Gesichtsausdruck einen zerknautschten Zettel für eine B-Ebene; der Zettel wurde sogleich gelesen und für passend befunden.

Donnerstag, 7. Mai 2009

694.

Als die allgemeinste Verteidigung am Abend eines langen Arbeitstages endlich ihren Bauch nachhause schleppte und einige unzeitige Wehen spuerte, fragte sie sich, ob sie sich wohl auf mehr als die Bequemlichkeit ihres Bettes und den Tee freue, und sie kam zu dem Schlusse, dass unter manchen Umstaenden mehr als Tee und Bett nun wirklich nicht zu erhoffen sei, eine Einsicht, welche sie nicht einmal sonderlich betruebte, und wie jeden Abend freute sie sich aus Versehen auch darueber, dass sie, kurz bevor das Gefaengnis auftauchte, links abbiegen konnte, nur die Schuhe, dachte sie, die Schuhe werden naechstes mal anders gewaehlt, man wird ja nach der Geburt wieder hoehere tragen koennen...

Mittwoch, 6. Mai 2009

693.

Müde ruhte der erzählende Kranich an einem breiten Strom in irgendeinem Land von langem Fluge aus, und er dachte dabei an gar nichts, es ist doch zu lästig, das Denken, war einer seiner letzten Gedanken gewesen, und am besten gefiel mir noch immer die Langeweile...

Dienstag, 5. Mai 2009

692.

Einem international erfahrenen und für sein großes strategisches Geschick bekannten General war es gelungen, den Diskurswart und den Kwaliteitswart hinter sich zu bringen, um mit ihnen eine neue kleine Expedition zu planen und durchzuführen, und im Kontext dieses großen Planes erschienen die beiden externen Warte eines Morgens zu einer kurzfristig geplanten Besprechung im Chefinnenbüro, um diese - vom Demokratiebeauftragten und einer schon recht stark gewordenen Leitung Öffentlichkeit sekundierte - Dame für einmal nach ihrem Konzept zu fragen, die Chefin aber äußerte nur eine winzige Verwunderung darüber, daß der General es nicht wage, selbst zu erscheinen, und sagte, angesichts seiner gewaltigen strategischen Erfahrung werde es ihm nicht schwerfallen zu verstehen, daß in diesen Zeiten nur machtgestützte große Apparate sich leisten könnten, ihre Konzepte vor- und offenzulegen, während so eine kleine Einheit wie die EinSatzLeitung, sobald sie ein Konzept vorlege, dieses schon wieder torpediert oder entwendet sehen würde, worauf dann sicherlich die Blamage folgen würde, daß wieder einmal ein Konzept nicht "umgesetzt" worden sei usw., diese Mißlichkeit ergebe sich einfach aus der Asymmetrie der Ausgangslagen zwischen einem sagen wir Containerschiff oder Tanker oder Kriegsschiff einerseits und einem kleinen Schlauchboot oder Segelboot ohne Mannschaft und Reederei im Rücken andererseits: um ein großes Schiff zu bewegen, müsse sorgfältig geplant werden, ein kleines Böötchen aber müsse den vielen großen Schiffen, um durchzukommen, immer irgendwie ausweichen, und deswegen bestünden - wenn dies auch nur ein sehr begrenzter Vergleich sei - die einzigen erfolgversprechenden Operationsmöglichkeiten der EinSatzLeitung in der kontinuierlichen Überraschung, in etwas, das man in Kreisen der Generalität wohl "flexible response" nenne, sie bedauere das übrigens manchmal, aber man gewöhne sich daran und könne dann nicht mehr so einfach umschalten, sie habe freilich großes Verständnis für die auf Tankern, Handelsschiffen und in Marineeinheiten ganz anderen hierarchischen Erfordernisse und werde alle Vorschläge für Kooperationen wohlwollend prüfen.

Montag, 4. Mai 2009

691.

Tralala, tralalal, trällerte das Kind, wir haben heute was sehr lustiges in der Schule gelesen, und was denn, fragte die Mutter, das Buch Hiob, sagte das Kind, und was ist denn daran lustig, fragte die Mutter, daß man immer beide Seiten sehen muß, sagte das Kind.

Sonntag, 3. Mai 2009

690.

Karomütze ließ sich überraschend willig ein auf das Ansinnen der Minderheitlerin, denn er war noch ein wenig betroffen von der Trauerfeier für den Gefallenen im Auslandseinsatz, sein Kumpel von der GSG 9 war noch zu frustriert vom gestoppten Einsatz bei der Piratenjagd, um eine attraktive Gesellschaft zu bieten, und er selbst fühlte sich in einer privaten Angelegenheit entsetzlich, weil nichts von dem, was er tat, um das Herz einer Dame zu gewinnen, Erfolg zu haben schien, weshalb er unter Wüten litt, welche seine Hilflosigkeit in dieser Sache nur verschärften, und es war ihm, als würde die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen genug von der Welt verstehen, um ihm für ein paar Stunden eine fraglos angenehme Gesellschaft zu bieten, mochte es auch ein wenig unpassend aussehen, wenn er, der hübsche junge Mann, sich zeigte mit dieser bei allem jugendlichen Auftritt eben doch schon etwas vom mittleren Alter gezeichnet wirkenden Person – es würde ja ein Ausflug aufs Land werden, was sollte es also, was solls, sagte er sich, und ihr sagte er, ich wußte gar nicht, daß Sie Interesse an Fahrten mit offenem Verdeck haben, denn so hatte sie ihren für eine Dame in ihrer Lage reichlich kühnen Vorschlag begründet: sie wolle gern mal im schwarzen Alfa sitzen, bei offenem Verdeck, und über Land fahren, ob das eventuell möglich sei.

Samstag, 2. Mai 2009

689.

Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse war verabredet, der Dame Ö einen Besuch abzustatten, es wurde ihr aber in einem Telefongespräch abgesagt, denn Nachwuchs Ö sei von seinem Studienort nachhause gekommen und habe einen entsetzlich deprimierten Eindruck gemacht, eine erste Ursachenbefragung habe ergeben, daß er, seit er erfahren habe, wie wenig Perspektive seine mit Eifer, Einsatz und Erfolg betriebenen Studien hätten, immer öfter immer schwerere Fehler mache, und es sei nun nötig, ihm an diesem verlängerten Wochenende um den ersten Mai wenigstens von zuhause nachhaltig den Rücken zu stärken, weshalb man ihn von neugierigen Fragen und zudringlichen Inspektionen einstweilen abzuschirmen gedenke, ihn andererseits aber mit erfreulichen Eindrücken und doch noch neuen Perspektiven versorgen wolle, damit er wieder ein wenig Mut fasse, eine Auskunft, welche die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse natürlich respektierte, ein wenig erstaunt, ein wenig brüskiert, aber schließlich sagte sie sich, nun gut, wenn du selbst ein Kind hättest und es wäre in kritischer Situation, du würdest wahrscheinlich, nein, du würdest mit Sicherheit dich ebenso verhalten, und so entschied sie, nun eben bei Karomütze anzufragen, ob es nicht auch ihm eine Freude bereiten würde, im schönen Maienwetter einen Ausflug in die Umgebung zu unternehmen.

Freitag, 1. Mai 2009

688.

Der Minderheitler mit den grünen Borsten hatte einen Prospekt mit nachhause genommen, in welchem er sich zum ersten Male in seinem Leben mit der Technik vertraut machte, die einen Panzer befähigte, durch einfaches Hebelumlegen rückwärts aus der Kampfzone zu fahren, er fand das faszinierend und meinte, es sollte auch bei Fahrrädern so etwas geben, dann könnte man die Hindernisfahrten bei den 1.-Mai-Demos erheblich leichter bewältigen und doch viel sehen.

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