Dienstag, 23. September 2008

467.

Der Regelfrömmigkeit des Buchhalters verdankte der Demokratiebeauftragte seinen Einblick in ein Büchlein, welches der Buchhalter just in Händen gehalten und mit seltsam verzogener Miene als "corpus delicti" identifiziert hatte, als der beunruhigte Zuständige für Vermittlung und gute Stimmung "darüber zu kam," um in den Räumlichkeiten von Buchhaltung und Projektentwicklung nach dem Rechten zu sehen: eine hervorragende Minute, dachte der Demokratiebeauftragte, geradezu ein Kairos, nahm so etwas wie "Haltung" an (worin ihm der Buchhalter spontan folgte), sprach schneidiger als er es gewohnt war von "Konfiszieren" (diesem Ton konnte eben der Buchhalter nicht widerstehen, mochte sich auch der Projektentwickler ein wenig winden und grimassieren wie ein bei einem blöden Streich ertappter Schulbube) und mit einem Blick überzeugte er sich davon, daß es sich um eines der frühen literarischen Experimente der Dame Ö handele, schwankend durchaus zwischen eingewurzelter Bravheit und dem Entschluß, sich manchen Tatsachen dessen, was der klitzekleine Forschungsminister als "Lebenswelt" bezeichnet haben würde (in sich ein Grund, aus allem derartigen auszusteigen, dachte der ehemalige Theologe, denn bis man sich durch diesen Brei argumentiert hat, ist man ja tausendmal unterbrochen worden) mit sprachlichem Fürwitz ins Auge zu sehen, und er sagte, aus diesem von der Dame offenbar mit Recht aus schlichten Qualiätserwägungen zurückgehaltenen Experiment (wie soll eine Verehrerin der Höchstliteratur mit sich zufrieden sein, wenn ein Werk einfach nicht ausgereift ist) können ja wohl nur verklemmte Krampfknoten ernsthaft irgendeine anzügliche, gar verfängliche, gar die berufliche Laufbahn der Dame in irgendeiner (biographistischen oder sonstwie durchschauerischen) Weise betreffende Sache machen - und mit einem Lächeln, das breiter war als man es bei ihm üblicherweise kannte und entschieden ins Grinsen spielte (jaja, auch im Demokratiebeauftragten schlummerte eine kleine Bosheit), sagte er zum sich immer düpierter windenden Projektentwickler, ich verstehe sehr gut, daß Sie stolz darauf sind, mit so einer Dame verheiratet gewesen zu sein, und daß Sie noch nicht ganz verstehen, wie sehr Sie alle Ihre Rechte an den Produktionen und weiteren Leistungen der Dame verwirkt haben, aber ich meine, es gibt doch würdige Abschiede, ich verehre Ihre ehemalige Frau und Sie selbst für alle Bemühungen, die Sie in dieser Sache schon gezeigt haben, ich verehre auch jeden, der Sie darin unterstützt, und habe kein Verständnis für dümmliche Personen, die auf einen Streit "draufsatteln" noch auch für Versöhnungskitschler, die zusammenpressen wollen, was getrennt viel besser lebt und webt, und Sie und wir alle könnten noch viel stolzer sein, wenn wir der Dame ihr Eigentum zurückgäben, von weiterer Stimmungsmache Abstand nähmen und uns wieder unserer Arbeit zuwendeten, wie fänden Sie das, meine Herren, wie fänden Sie das, wäre damit nicht uns allen am meisten gedient, und obwohl von völlig unmilitärischer Gestalt, Frisur und Kleidung, vom Gesicht zu schweigen, versuchte er im Umdrehen und Abgehen etwas wie die Andeutung eines Hackenknallens und begab sich sodann ruhigen und gemessenen Schrittes an seinen Schreibtisch, zufrieden durchaus.

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wir haben hier eine Anfrage von einem, der glaubt, sich im Projektentwickler wiederzuerkennen, eine andere von einer Dame, die glaubt, sich in Dame Ö wiederzuerkennen, und wieder eine andere von einem Herren, der meint, mit dem Buchhalter gemeint zu sein, ferner jemanden, der wortreich und umständlich den Begriff Lebenswelt erklärt und rechtfertigt und wiederum drei Anfragen, die Mos Schläfertum monieren, sollen wir noch einmal reagieren?

Anonym hat gesagt…

Der allgemeine Hinweis auf die Fiktionalität der Sache und auf die literarische Freiheit insbesondere der Verknüpfungen von Erfahrungen und beliebigen Erfindungen von Konstellationen sollte ausreichen, um Identifizierende und Identifizierte und die Kreativabteilung gleichermaßen zu schützen.

Anonym hat gesagt…

Aber ich bin kein Hackenknaller.

Anonym hat gesagt…

Und ich bin nicht regelfromm, was soll das überhaupt sein.

Anonym hat gesagt…

Und ich bin nicht verklemmt, und ein Krampfknoten schon gar nicht, wir haben uns doch nur einen kleinen Spaß erlaubt, aus Rache für die Bevorzugung der Dame Ö durch die völlig parteiische Kreativabteilung.

Anonym hat gesagt…

Na dann ist ja mal wieder alles bestens!

Anonym hat gesagt…

Bloß wo ist Karomütze?

Anonym hat gesagt…

Und warum spricht niemand mehr von den Minderheitlern?

Anonym hat gesagt…

Man hat sich zu viel mit den Vögeln und mit den Zwistigkeiten irgendwelcher Durchgeknallter beschäftigt.

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