Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Sonntag, 28. September 2008
472.B
Der Ausflug in den Wald wurde schwierig. Erst einmal drängelten sich alle im Fahrzeug, der klitzekleine Forschungsminister, der auch mit wollte, und Mo brauchten Kindersitze. Zwischen diese quetschte sich der Minderheitler mit den grünen Borsten. Auf dem Beifahrersitz nahm der Projektentwickler auf seine Weise enorm viel Raum ein. Und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse beschloß, gemeinsam mit dem Oberassistenten mit der S-Bahn zu fahren und sich an irgendeinem verabredeten Punkt zu treffen. Du lieber Himmel, so etwas geht doch immer schief, sagte der Projektentwickler, und fortan dominierte dieses Thema die Fahrt, jedenfalls für die zwei Personen vorne. Auf der Rückbank klang es anders, aber dieses ist ja die B-Ebene des Projektentwicklers. Ach sehen Sie denn nicht, daß das so nichts wird, sagte die Kreativleitung, was verlangen Sie denn hier von mir. Ich will nur meine B-Ebene haben, sagte der Projektentwickler, nun schon ziemlich quengelig, und die Kreativleitung sagte, was habe ich bloß an mir, können Sie mir das verraten, daß jeder, der eine halbe Stunde neben mir sitzt, zum Infanten wird! Eine halbe Stunde war übertrieben, "jeder" sowieso, und ob das mit dem Infanten stimmte, war auch nicht gewiß, für jede traf es ganz gewiß nicht zu, da hätte die Assistentin K erheblich protestiert, aber auch Mo, und - ja, was soll man machen, es ging wieder anders weiter. Während der Projektentwickler durch intensives Starren auf den Stadtplan und den vereinbarten Treffpunkt und langes Reden über die Katastrophen, die dazwischen kommen könnten, wenn man sich irgendwo verabredete, allmählich wieder zu sich fand, wirbelte Mo auf dem Rücksitz alle ihr bekannten Blumennamen durcheinander, und die Kreativleitung murmelte, ich wußte gar nicht, daß die Assistentin ihr so viel bedeutet. Immer noch war nichts, einfach nichts über den Projektleiter zu vermelden oder zu sagen, denn man konnte ja nun schlecht in die Details der Katastrophenvoraussagen gehen. Seine neue Arbeit war noch in den Kinderschuhen, und er wollte anscheinend nicht darüber erzählen, und auch nicht über seine Schweizreisen und was dergleichen mehr war. Über seine ehemalige Gattin wiederum wollte sie von ihm nichts hören, und alle Versuche, über Politik und übers Wetter zu reden, scheiterten. Da gab die Kreativleitung es auf und fing an, ihrerseits dem Projektentwickler vorzustellen, was für geringfügige Zufälle im Grunde vonnöten wären, wenn man aus Versehen im Wald den Kwaliteitswart treffen würde, zufällig ausgestattet mit einem Körbchen, begeistert vertieft in ein Pilzbuch, aus dem er die absurdesten Namen genüßlich rezitieren würde, und wie entzückend es doch sein müßte, wenn man dann gemeinsam weiter suchen würde, nicht wahr, und der Projektentwickler kam zu dem Schluß, daß er diese Dame entschieden nicht verstand. Am Ende las er alles, was die Kreativleitung geschrieben hatte, und sagte: Ich will meine eigene B-Ebene haben.
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