Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Freitag, 26. September 2008
470.
Das Kind der Chefin, das von klein auf die Pädagogenregel, nach der ein Kind keinen Sinn für Ironie haben dürfe, rücksichtslos mißachtet hatte, las in den einschlägigen Organen sehr gern Martensteins Kolumnen, weshalb der Mutter öfter mal, wenn sie nachhause kam, eine solche Kolumne Wort für Wort vorgelesen wurde, von kleinen Prüsterchen unterbrochen, und als das am Donnerstag wieder so war, lachte die Chefin mit ihrem Kind über das, was der angebliche Freund des angeblichen Martenstein zu seinem angeblichen Recht auf asexuelles Altern geschrieben hatte (wenngleich sie sich fragte, wie dieses Thema nun gerade ihr Kind beschäftigen konnte) und sagte dann, während sie die Einkäufe auspackte, er wird der nächste sein, der sich unsterblich in eine 18-Jährige oder, noch schlimmer, in eine 80-jährige, oder, am allerschlimmsten, in eine ungefähr Gleichaltrige verliebt und einfach nicht mehr herausfindet, es ist doch, nach allem, was ich aus langjähriger Beobachtung an Freunden und Bekannten und an mir selbst (immer alles in den Abschattungen des Lebens, natürlich) darüber weiß, immer so, daß die, die am lautesten schreien, wie sehr sie einfach nur in ihren Ehen bleiben wollen, zuerst auf (oft ja sehr produktive und am Ende für alle bessere) Abwege geraten, und die, die den ganzen Tag davon faseln, wie viele schöne Frauen sie noch haben wollen, die sind manchmal ganz treu, weil zufällig die Ihrige einfach mal die Schönste und Netteste ist, oder warum auch immer, und die, die aus irgendeinem unerbittlichen Prinzip heraus auf ihrer Freiheit bestehen, die sind, wenn sie ausnahmsweise mal Glück haben, oft noch treuer - aber das verstehen die meisten Leute in unseren Breiten nicht, sie verstehen es einfach nicht, da kannst du nichts machen, aber überhaupt ist das doch alles wirklich noch kein Thema für dich, Kindchen, und sie strich dem Kind, das spöttisch „klar, Mama“ sagte, die Haare aus dem Gesicht, bevor sie mit der Vorbereitung des Essens begann, und fragte, was ihm der Tag außer dieser Kolumne noch gegeben habe.
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