Mittwoch, 17. September 2008

461.

Die in den letzten EinSätzen beschriebenen Szenen spielten sich alle an jenem Tage ab, als (443) der Herr X. in die Kreativabteilung und wieder aus ihr heraus stürzte, Mo hatte an jenem Tage den Gesamtauftritt und -abtritt ohrenliderlos unter ihrem Schal liegend mit angehört und war unmittelbar danach mit der Assistentin K in jene Arbeitswohnung geschickt worden, denn die Kreativleitung hatte gefürchtet, sie ohne eine solche Verschickung gar nicht mehr wiederbeleben zu können, so furchtbar war ihr Zustand, wobei es interessanterweise nicht so sehr die (freilich durch nichts zu verharmlosende) Walze selbst gewesen war, sondern der letzte Schlag war gewesen, daß der Kwaliteitswart, den sie bisher stets voller Freude begrüßt hatte (schon weil die Kreativleitung ihn so bezaubernd zu finden schien) sich in seinem im Schreck ernötigten Selbsthandeln nun tatsächlich als einer von jenen Versöhnungskitschlern zu erweisen schien, die wirklich glauben, mit einer gewissen klempnerischen Pseudoarchitektur alle mit allen zusammensperren und an so einem Experiment sich und der Welt die Nützlichkeit ihrer Arbeit und ihrer guten Absichten beweisen zu können, und es hatte Mo, die doch ein einfaches Gemütchen war, im Nachgang dann maßlos überfordert, nun ausgerechnet mit der von ihr nicht sonderlich geliebten Abteilung Öffentlichkeit in einem Boot zu sitzen, da allein diese immerhin nicht völlig eingenommen zu sein schien von der wohl- und selbstgefälligen Auflösung der Szene; es war der Assistentin, die sich nach mehr als einer Woche Exil doch in das Kreativbüro und zu den anderen EinSatzKräften zurückwünschte, dann erst nach längeren Gesprächen rings um den Abdruck von 450.B gelungen, Mo davon zu überzeugen, daß sie im Kreativbüro künftig wieder in Sicherheit sei, daß man ihr notfalls sogar eine pro-forma-Ehe verschaffen würde, falls sie das beruhige, und offenkundig konnte nur das sie beruhigen, hatte sie sich doch mit gespenstischer Sicherheit und Elaboriertheit in den Gedanken verbissen, daß auch im Westen nur dann ein entlaufenes Weibstück nicht zurückgegeben werden müsse, wenn es als Eigentum eines neuen Besitzers kenntlich sei, andernfalls würden von manchen Kräften, die sich völlig zu unrecht als Erfinder und Retter des Guten im Abendlande aufspielten, gnadenlos weitere weibliche Personen an zahllose Experimente verfüttert, es würde von ihnen gnadenlos weiter mit Isolation, Verarmung und manipulativen Beschallungen auf die entlaufenen Weibspersonen eingedroschen, bis eine Restitution früherer Besitzverhältnisse, nun freilich unter dem Vorzeichen der "Versöhnung," mit allen unlauteren Mitteln durchgesetzt sei, denn der Besitz des Mannes am Weibe ist unantastbar, so hatte sie es mit Schrecken und Entsetzen gelernt, und nur Kloster oder Ersatzehe konnten schützen, die versprochene Freiheit der Frauen, alles Lüge, hatte sie gekräht, Freiheit lassen, das sollen wir, aber uns gewährt man keine Freiheit, nicht einmal die blöde komplementäre, die uns nichts nützt, geschweige denn die, die wir selbst erfinden könnten, das ist das Abendland, und es kostete Chefin, Kreativleitung, Demokratiebeauftragten und Karomütze viel Mühe, sie davon zu überzeugen, daß sie wirklich nicht mehr behelligt werden würde, daß man ihr wirklich die Freiheit zu allen Verbindungen, die sie wünsche, lasse und ihr alle Verantwortlichkeit zutraue, daß man sich wirklich freue, sie wieder da zu haben, da ohne sie die Texte gar zu scheußlich würden, und daß man ihr wünsche, sich mit denen zusammenzutun, mit denen sie es gern habe, daß man diese ihre Freiheit selbstverständlich vor allen äußeren Einbrüchen und idiotischen "Reklamationen" schützen werde und daß sicherlich auch der Kwaliteitswart mißverstanden sei, wenn man seine Kunst, den Herrn X. ruhig zu stellen, verwechsele mit einem Versuch, diesem nun weitere Menschen oder ähnliche Wesen als Nutztiere zuzuführen, nein, man führe ihm gar nichts zu, und niemanden, schon gar nicht Mo, man sei nur froh, daß er sich zufrieden gebe, man arbeite in der Tat an einem Kontrakt zwischen X und Y, aber natürlich sei das eine Arbeit, die mit ihren Tätigkeiten rein gar nichts zu tun haben müsse, und allmählich entgraute Mo und besänftigte sich und nahm den Platz auf dem Fell wieder ein, aber dies zu erreichen hatte die EinSatzKräfte nicht weniger Mühe gekostet als die etwas turbulentere und lustigere Beruhigung des oberniedersächsischen Milchzaren.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es haben sich mittlerweile weitere Sachsen und Niedersachsen zu Worte gemeldet, die sich ungebührlich dargestellt finden in unserem uns neuerdings doch nachgerade ans Herz gewachsenen Herrn X., und so sei namens der Kreavtileitung allen kund und zu wissen getan, daß wir in der Provinzwahl lediglich auf folgender Besaitung spielen, welche ein Herr Heine seinerzeit auf unsere Instrumente gespannt hat: "Wie aber Luther zu der Sprache gelangt ist, worin er seine Bibel übersetzte, ist mir bis auf diese Stunde unbegreiflich. Der altschwäbische Dialekt war mit der Ritterpoesie der Hohenstaufenschen Kaiserzeit gänzlich untergegangen. Der altsächsische Dialekt, das sogenannte Plattdeutsche, herrschte nur in Teilen des nördlichen Deutschlands und hat sich trotz aller Versuche, die man gemacht, nie zu literärischen Zwecken eignen wollen. Nahm Luther zu seiner Bibelübersetzung die Sprache, die man im heutigen Sachsen sprach, so hätte Adelung recht gehabt..." usw. übrigens ist das ganze Buch aller Lektüre wert.

Anonym hat gesagt…

Ich erlaube mir nachzutragen, daß es sich um die Schrift "Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland" handelt.

Anonym hat gesagt…

Man soll bitte bei der Beruhigung des Milchzaren meine Tätigkeit nicht unterschätzen.

Anonym hat gesagt…

Man soll zur Kenntnis nehmen, daß alles vollkommen durchsichtig ist und alle Architekturen nur zum Besten und nach den geheimen Wünschen der angeblich Portestierenden in Angriff genommen wurden.

Anonym hat gesagt…

Hier irrt Pestvogels blank methodisch, denn er schließt prinzipiell aus, daß ein Mensch imstande sein könnte, die Absichten eines anderen Menschen zu erkennen, ohne darin seine eigenen Wünsche auszudrücken, was eine in sich nicht nur bodenlos perverse und unmoralische, sondern übrigens auch vollkommen widersinnige Konstruktion ist, alles längst nachgewiesen, nehme ich an, Herr Pestvogels ist der erste, der zurück auf Los muß, soll sich beim klitzekleinen Forschungsminister auf Stand bringen lassen.

Anonym hat gesagt…

Was bildet dieses Kleinvieh sich denn ein, als ob ein Milchzar an sowas Interesse haben könnte!

Anonym hat gesagt…

Man treibt zu viel Aufwand mit den falschen Personen, es hat doch alles keine Art.

Anonym hat gesagt…

Aber ein Kontrakt möcht schon sein, ich verstehe nur nicht, wieso Herr X von Reklamationen spricht, wäre es nicht an mir?

Anonym hat gesagt…

Wieso soll widersinnig sein, was Pestvogels gesagt hat?

Anonym hat gesagt…

Wegen der Nichtverallgemeinerbarkeit bei gleichzeitiger Verallgemeinerung: Wenn A behauptet, B gebe in seinen Sätzen über A nur Bs eigene Wunschwelt wider, dann wäre bei Verallgemeinerung damit nichts weiter gesagt, als daß A wünscht, so möge es sein. Dies aber will A gerade nicht sagen, vielmehr will A sagen, er könne unter Hintanstellung seiner eigenen Wünsche etwas über B aussagen, während er B die Möglichkeit, etwas über A auszusagen, grundsätzlich bestreitet, woraus entweder zu schließen ist, daß nur A sich der Erkenntnis für fähig und also für ein Wesen von anderer Art als B hält, oder daß B weniger Waffen hat als A und deswegen eine entsprechend Macht akkumulierende Behauptung über A nicht durchsetzen kann, oder daß B der einzige ist, der etwas versteht, und deswegen sich auf einen Wettstreit um die Exklusivität der Erkenntnis mit A nicht einläßt, weil er, verallgemeinernd, davon ausgeht, daß As Aussage gegen Bs Aussage stünde, und daß es besser wäre, man machte dergleichen Aussagen nur unter Vorbehalt und bliebe bei dem, worüber man sprechen kann, und da ist sicher die Wunschwelt von A kein lohnender Gegenstand für B und die von B kein lohnender Gegenstand für A, sondern man spricht besser über anderes, dies für Anfänger aus der Welt der Unterscheidung von Widersinn, Unsinn, Wahnsinn und Sinn.

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