Mittwoch, 17. Juni 2009

735.

Der ehemalige Chef geriet fast in altgewohntes Donnern, als er am Mittwochmorgen in der EinSatzLeitung anrief (und zwar unmittelbar im Chefbüro, die Nummer hatte sich ja nicht verändert), denn er meinte, man dürfe sich für derartig zwielichtige Gestalten in derartig zwielichtigen Verhältnissen nicht so weit aus dem Fenster lehnen, ob Linke oder Rechte, sagte er, der Iran hat uns alle schon ebenso tief enttäuscht wie seinerzeit die Russen mit ihrer Revolution, voller Eifer solidarisiert man sich mit den Aufständischen spätestens dann, wenn sie in die Gefängnisse geworfen oder freundlich eskortiert werden, freut sich, wenn man sie wieder draußen hat und die Verhältnisse sich ändern, aber wenn diese ehemaligen Schützlinge dann wirklich etwas Macht in die Finger bekommen, sind sie schlimmer als ihre Vorgänger, das kennen wir doch nun schon, und was haben wir damit zu tun, halten Sie sich da heraus um Himmels willen, aber die Chefin hielt den Hörer wieder einmal ein wenig von ihrem Ohr fern und sagte, ich muß niemanden idealisieren, um für seine Befreiung aus ungerechtfertigter Haft zu plädieren, ich muß nicht glauben, daß alles super wird, wenn die Aufständischen im Iran sich jetzt durchsetzen, um ihren Freiheitswillen mit Sympathie und Bewunderung zu bedenken, und ich glaube, wer ein paar schwierige Lebens- und Denkbewegungen hinter sich hat und über Jahre einen schwierigen Balance-Kurs gefahren ist, könnte in der gegenwärtigen Lage ein interessanterer politischer Akteur sein als jemand, der nun genau den auch keineswegs über alle Zweifel erhabenen Lavierereien des Westens seine unbedingte Zustimmung erteilt, um ausschließlich auf diese Kompatibilität das Denken für die Zukunft seines Landes zu gründen, und sie bedankte sich höflich für die lebhafte Anteilnahme des ehemaligen Chefs an den Geschicken der EinSatzLeitung, sie wisse doch, wie gut ers meine, und sie danke ihm auch für das Vertrauen, das er ihr erwiesen, als er seinerzeit dennoch die Führung nunmehr an sie abgegeben habe.

8 Kommentare:

Oberassistent hat gesagt…

Iranische Websites und Blogger müssten jegliche Beiträge entfernen, die Spannungen schüren könnten, hieß es in einer Erklärung der Revolutionsgarden, und ich frage mich nun, ob das auch für uns hier gilt.

Verteidigung K hat gesagt…

Ich sehe eigentlich nicht, daß man Spannungen schürt, wenn man sich von Freund zu Freund, wie fern und skeptisch und sachorientiert diese Freundschaft auch immer sein mag, für die Freilassung eines Menschen einsetzt, der zu Unrecht verhaftet worden ist wer sieht das denn so?

Ein Forscher hat gesagt…

Wie naiv kann man sein!

Mo hat gesagt…

Naiv, was ist das?

Minderheitler mit grünen Borsten hat gesagt…

Sie sollen einfach mal durchhalten und dann Schrittchen für Schrittchen weiter Richtung Freiheit und Demokratie und Menschenrecht, sie müssen nicht hierher schielen, außer dahin, wo die Solidaritätsadressen fliegen, und sie müssen, da man ihnen eh die Hoffnung auf Besserung unter Ahmadinejahd gründlich zerschlagen hat, nun eben erst recht nicht nachgeben.

Buchhalter hat gesagt…

Aber mit wem soll der Westen verhandeln, wenn das Regime zusammenbricht?

Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse hat gesagt…

Außerdem sind die Reformer auch nicht besser, immer noch Mullahs.

Dame Ö hat gesagt…

Stauffenberg war jetzt auch nicht gerade ein Befürworter des herrschaftsfreien Diskurses, aber die hätten vielleicht eine regierungsfähige Truppe zusammenbekommen, die immerhin nicht mehr Massenmorde veranstaltet.

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