Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Samstag, 2. Januar 2010
934.
„Endlich mal wieder ein Artikel über das Jammern der Deutschen, klassisches Neujahrsloch,“ knisterte der klitzekleine Forschungsminister in die Zeitung, welche er, gemeinsam mit Mo auf dem Tisch im "Bistro" stehend, von ihrer Rückseite las, während die Kreativleitung, die eine durchaus rücksichtsvolle Weise, die Zeitung zu halten, entwickelt hatte, sich in den vorderen Teil vertiefte, „und,“ fragte die Kreativleitung, „was schreiben sie,“ „natürlich, daß wir Europameister darin sind,“ sagte der Klitzekleine, „sie machen sogar mit einem ungewöhnlichen Titel auf, aber dann kommt nur der alte Quatsch, umbewerten, usw., so wird aus Ohnmacht Handlungsfreiheit und noch aus den schlimmsten Dingen, Krebs und Tuberkulose, eine Chance, und wer es nicht so nimmt, der taugt doch nichts,“ „gute Idee,“ sagte Mo schmunzelnd, „heute bewerte ich meine Gefangenschaft mal positiv als Gelegenheit, meine Fehler zu erkennen, sagte der politische Gefangene, denn er fürchtete sich sehr, seine letzten Freunde zu verlieren oder etwa als Vorbild zu versagen und wollte auch nicht noch einmal das wiederholen, was ihn in seine mißliche Lage gebracht hatte, so stelle ich mir auch immer die Vorbilder vor,“ und die Kreativleitung sagte, „es kommt eben nicht jeder aus den Allmachtsphantasien der Pubertätszeit heraus, man muß versuchen, das positiv zu sehen und ein Kriterium daraus zu machen: wer Kenntnis von Ohnmacht hat und nicht bereit ist, sie umzulügen in eine von ihm selbst herbeigeführte und von ihm durch Umwertung beeinflußbare Situation, mag er auch dennoch bereit sein, mit dem Rest seines Lebens noch das Beste anzufangen, sollte vielleicht Eis verkaufen oder politischer Gefangener werden oder irgendetwas anderes machen, aber niemals niemals Coach oder Menschenführer oder Lehrer oder Journalist oder General oder Sanitäter oder irgendetwas anderes besonders wertvolles zu werden versuchen, besser ist, man erhält sich eine gewisse Allmachtsillusion bis ins hohe Alter, dann wird das schon, aber haben sie im Ernst so Dummes geschrieben wie das, was Sie da soeben referieren, das kann ich mir bei den guten Menschen gar nicht vorstellen, das ist hier doch eine seriöse Zeitung!“
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4 Kommentare:
Klingt zu grantig, seid ihr selbst ins Neujahrsloch gefallen?
Also der 2. Januar, ein Samstag, sagen wir mal, das ist nicht soo erhebend, aber ich fands jetzt auch nicht so schlimm.
Tapferer Kollege.
Naja.
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