Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Donnerstag, 30. September 2010
1201.
Äußerst selten sah man die Kreativleitung in furioser Wut, aber an diesem Tage war es so weit: die von der Fortbildung zurückgekehrten Warte hatten doch tatsächlich einen "Masterplan zur Behandlung ihres Aufmerksamkeits- und Volitionsdefizits" mitgebracht, sie hatten klammheimlich (nämlich unter Ausnutzung von Karos Hackerbekanntschaften) kontrolliert, wie oft sie von ihrer Arbeit abgeschweift war, um hierhin und dahin zu surfen, sie hatten sich große Mühe gemacht, um herauszufinden, ob diese Abschweifungen (in absteigender Bewertung) "zielführend," "bildend" oder "sinnvoll" seien (denn - das war die gute Nachricht - die Suche nach obszönen oder terroristischen Seiteninhalten hatten sie immerhin endlich aufgegeben) oder nur jene furchterregende Ziellosigkeit offenbarten, welche bei den Funktionären von Verwertungsgemeinschaften ein Jucken in den Extremitäten und manchmal auch in den inneren Falten auszulösen pflegt - natürlich umso mehr, je mehr von den schwereren Sünden sie selbst an ihren Gewissen vorbei zu mogeln pflegen - und sie hatten erhebliche Mengen von sinnlosen Abschweifungen vom Kerngeschäft gefunden, worüber sie sich nun in reichlich gekünstelt wirkender "Konstruktivität" ereiferten, denn, nicht wahr, meine Liebe, das verstehen Sie doch, Sie verschleudern Ihr Potential, tut Ihnen das denn gar nicht leid, die Kreativleitung aber lief dunkelgrün an, zog den Stecker des Beamers, der soeben die Powerpointpräsentation mit dem "Besten Programm zur Verbesserung der Volition" an die Wand warf, baute sich vor der versammelten Wartschaft auf, verwies sie des Raumes und sagte, eine ausführliche, konsequent und effizient durchdachte Begründung für den Rauswurf erhalten Sie zusammen mit meinem 678. vermutlich wieder echo- und ergebnislos in den effizienten Hohlräumen Ihrer Schädel versickernden Vorschlag zu wirklich konstruktiver Zusammenarbeit auf einer B-Ebene oder durch die Chefin, und wenn Sie darauf wieder nicht angemessen zu reagieren im Stande sind, werde ich aufgrund des schieren Kräfteverhältnisses wieder nichts machen können, aber eines kann ich doch: ich kann mich weigern, Ihnen die Verantwortung für Ihre verblasenen Dummheiten abzunehmen, und wenn Sie nicht über so viel gerichtete Aufmerksamkeit verfügen, dass Sie das konstruktive Gespräch auch in seinen zuhörenden Teilen überstehen, wenn Sie keinen einzigen wohlbegründeten Einwand gegen Ihren Stumpfsinn zur Kenntnis nehmen können, weil er nicht von einem Weißkittel kommt, sondern von einem zum Objekt Ihrer Untersuchungen degradierten Menschen, dann ist das unausweichlich Ihre Verantwortung, meine Herren, damit können Sie machen, was Sie wollen, ich arbeite bitte so lange weiter, und zwar so, wie es bei mir zu den besten Ergebnissen führt und mit den Menschen und Wesen, mit denen ich gern arbeite, wenn Sie jetzt bitte dieses Büro verlassen möchten…
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14 Kommentare:
Wat hat sie denn jetzt so aufgeregt?
Ich habe es immer gesagt.
Man dreht sich doch im Kreise, wer ist denn auf diese Idee gekommen?
Ich glaube, ich habe nicht genau genug geprüft, zu was für einer Fortbildung ich sie schickte.
Ich war leider verhindert.
Sie soll sich mal nicht so haben, das ist ein grundsolides Programm, bei normalen Menschen funktioniert es durchaus.
Man muss immerhin anerkennen, dass sie sich direkt und mit ihren Gesichtern und Absichten vorgestellt haben - das ist vielleicht der einzige wirkliche Erfolg ihrer Fortbildung gewesen, sieh es doch mal so.
Ich hab doch mit den Warten nichts zu tun!
Und ich schlage vor, dass man den so sehr guten Ansatz, einfach mal Gesicht zu zeigen und auf eigenes Risiko zu sagen, was man für richtig hält, bei den Warten nun also betont und ausbaut und dann auch wirklich ergebnisoffen diskutiert, wie es zusammen passt mit dem, was die hier nun endlich aus dem Status der Verfügungsmasse heraustretende Kreativleitung selbst für richtig hält, keine gute Idee?
Das macht mir doch meine Vision kaputt, die ist doch auf Dauer angelegt, die muss man leicht injizieren, die kann man nicht einfach verhandeln, dann wird es nichts.
Ich finde es so charmant von Ihnen, dass Sie in gleicher delikater Weise Rücksicht auf die langfristig angelegten Visionen der Kreativleitung nehmen, Sie Kannaille! Oberwart, ich glaub es hackt!
Manchmal erinnert der Kleine doch an ein Rumpelstielzchen!
AberwoerRechthathatterRecht.
Also die neue Rechtschreibung ist in sich schon schlimm genug, man muss es ja nicht gleich noch schlimmer machen!
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