Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Mittwoch, 3. Februar 2010
967.
Wie kommt es eigentlich, daß Leute, die die Kultur voranbringen, fast immer arm sind, dafür aber lebenslänglich von allen anderen ausgelacht werden, viel zu früh sterben und bis dahin eigentlich immer umsonst arbeiten, fragte das Kind, das im Musikunterricht etwas über Mozart gelernt hatte, und die Chefin sagte, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen, die meisten sind blöd, ich glaube, es liegt daran, daß wirklich schöpferische Leute keine Kraft übrig haben, um Macht in Anspruch zu nehmen, und deswegen gar zu leicht geplündert werden oder direkt in den Besitz brutaler Menschen übergehen, dein Nachbar würde sagen, weil sie nicht mit Geld umgehen können (aber das war bei Mozart nicht das Problem, er hatte ja seine Frau, die sich um diese Sachen kümmerte), und wenn wir Mozart wären, hätte er uns schon gekapert und würde wahnsinnig gut auf uns aufpassen und wenn wir tot wären, würde er schnell noch EinSatzKugeln erfinden, und wenn jemand vom frühen Tod der Chefin der EinSatzLeitung und ihres Kindes spräche, würde er sich gerührt ein Taschentuch an die Augen führen, und die Leute würden sagen, er hat soo gut aufgepasst, leider ist es trotzdem passiert, drum merke wohl, sagte sie, indem sie ihre Brauen in übertriebene Höhen zog und versuchte, ein Gesicht zu machen wie Dame Ö: man soll froh sein, wenn man nichts voranbringt, sondern irgendwo hockt und Akten hin und her bewegt und zitiert, was andere schon gesagt haben, und andere beaufsichtigt, merk dir das, und, da das Kind soeben anfing, seine Geige auszupacken, fügte sie noch hinzu, üb nicht zu viel Geige, dann hast du gute Chancen, in Wohlstand und Behagen alt zu werden, vorausgesetzt, du balancierst schön die Notwendigkeit, andere zu beaufsichtigen und selbst auch noch ein bißchen gesunden Spaß zu haben, und das Kind lachte, ich bin sowieso nicht so gut, als der Mozart so alt war wie ich, da war der ja schon viel besser als ich in 30 Jahren sein werde.
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10 Kommentare:
Da bin ich sehr beruhigt, wir sind auch nicht so gut, vielleicht können wir dann noch ein bißchen leben, vorausgesetzt, wir finden endlich mal wen, den wir beaufsichtigen können, ich glaube, daran fehlt es am meisten, man darf nicht auf die beaufsichtigte, man muß immer auf die beaufsichtigende Seite kommen.
Als ich Sie eingesetzt habe, dachte ich eigentlich, das könnten Sie!
Führungsschwäche, ich sags ja, Führungsschwäche, ich sag das schon ganz lange!
Da könnten Sie jetzt aber wirklich mal durchgreifen, statt mit Ihrem Kind die Zeit zu verplaudern.
Mir hat das jetzt gerade gefallen.
Ich würde gut aufpassen!
Wir würden aber lieber gut aufpassen, daß Sie ganz gewiß nicht aufpassen können.
Es lernt schnell, muß jetzt nur noch wissen, wie es denn da aufpassen kann.
Na, einfach nicht so viel Geige üben, dann ist man nicht interessant als Besitz anderer Leute, sondern nur als die, deren Geigenspiel zu den falschen Zeiten stattfindet und dann auch noch schlecht ist.
Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
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