Donnerstag, 30. September 2010

1201.

Äußerst selten sah man die Kreativleitung in furioser Wut, aber an diesem Tage war es so weit: die von der Fortbildung zurückgekehrten Warte hatten doch tatsächlich einen "Masterplan zur Behandlung ihres Aufmerksamkeits- und Volitionsdefizits" mitgebracht, sie hatten klammheimlich (nämlich unter Ausnutzung von Karos Hackerbekanntschaften) kontrolliert, wie oft sie von ihrer Arbeit abgeschweift war, um hierhin und dahin zu surfen, sie hatten sich große Mühe gemacht, um herauszufinden, ob diese Abschweifungen (in absteigender Bewertung) "zielführend," "bildend" oder "sinnvoll" seien (denn - das war die gute Nachricht - die Suche nach obszönen oder terroristischen Seiteninhalten hatten sie immerhin endlich aufgegeben) oder nur jene furchterregende Ziellosigkeit offenbarten, welche bei den Funktionären von Verwertungsgemeinschaften ein Jucken in den Extremitäten und manchmal auch in den inneren Falten auszulösen pflegt - natürlich umso mehr, je mehr von den schwereren Sünden sie selbst an ihren Gewissen vorbei zu mogeln pflegen - und sie hatten erhebliche Mengen von sinnlosen Abschweifungen vom Kerngeschäft gefunden, worüber sie sich nun in reichlich gekünstelt wirkender "Konstruktivität" ereiferten, denn, nicht wahr, meine Liebe, das verstehen Sie doch, Sie verschleudern Ihr Potential, tut Ihnen das denn gar nicht leid, die Kreativleitung aber lief dunkelgrün an, zog den Stecker des Beamers, der soeben die Powerpointpräsentation mit dem "Besten Programm zur Verbesserung der Volition" an die Wand warf, baute sich vor der versammelten Wartschaft auf, verwies sie des Raumes und sagte, eine ausführliche, konsequent und effizient durchdachte Begründung für den Rauswurf erhalten Sie zusammen mit meinem 678. vermutlich wieder echo- und ergebnislos in den effizienten Hohlräumen Ihrer Schädel versickernden Vorschlag zu wirklich konstruktiver Zusammenarbeit auf einer B-Ebene oder durch die Chefin, und wenn Sie darauf wieder nicht angemessen zu reagieren im Stande sind, werde ich aufgrund des schieren Kräfteverhältnisses wieder nichts machen können, aber eines kann ich doch: ich kann mich weigern, Ihnen die Verantwortung für Ihre verblasenen Dummheiten abzunehmen, und wenn Sie nicht über so viel gerichtete Aufmerksamkeit verfügen, dass Sie das konstruktive Gespräch auch in seinen zuhörenden Teilen überstehen, wenn Sie keinen einzigen wohlbegründeten Einwand gegen Ihren Stumpfsinn zur Kenntnis nehmen können, weil er nicht von einem Weißkittel kommt, sondern von einem zum Objekt Ihrer Untersuchungen degradierten Menschen, dann ist das unausweichlich Ihre Verantwortung, meine Herren, damit können Sie machen, was Sie wollen, ich arbeite bitte so lange weiter, und zwar so, wie es bei mir zu den besten Ergebnissen führt und mit den Menschen und Wesen, mit denen ich gern arbeite, wenn Sie jetzt bitte dieses Büro verlassen möchten…

Mittwoch, 29. September 2010

1200.

Nein, es passt wirklich gerade gar nicht, Frau Balkenanfang, sagte die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit entnervt zu einer pausenlos mit etwas, das ihr wie Nachdruck erscheinen musste, auf sie einschnatternden Anruferin mit deutlich niederländischem Akzent aber hervrorragenden Deutschkenntnissen, die Kreativleitung arbeitet unter Hochdruck an ihrem Teppich, die Chefin klärt dringende Sicherheitsfragen mit den zuständigen EinSatzKräften, die Warte sind geschlossen auf Fortbildung, und die Buchhaltung wird Ihnen so wenig weiterhelfen können wie diese merkwürdigen Wesen in der Kreativabteilung, die man wirklich nicht aus dem Haus lassen darf.

Dienstag, 28. September 2010

1199.

In früheren Zeiten wäre es der Tag des Buchhalters gewesen, dachte die Chefin, als sie den Computer herunterfuhr, aber heute geruht er ja, den symmetrischen oder komplementären oder allzu schlicht bestechenden Zahlen nicht mehr die geringste Beachtung zu zollen, aber solange er nur mit seinen Prätentionen oder ernsthaften höheren Ansprüchen beschäftigt ist, wird er ja wohl keinen Schaden anrichten - und indem sie ihre haselnussfarbenen Augen rieb, fragte sie sich, ob eigentlich der innerbetriebliche Konflikt wirklich so versickert war, wie er zu sein schien, es wäre doch ein Segen, dachte sie, vergewisserte sich, dass in allen längst leeren Büros die Lichter aus waren, verließ das Haus, nun schon wieder leise "you go to my head" pfeifend, und freute sich auf einen angenehmen Restabend, an dem sie dem für den kommenden Tag anstehende Gespräch mit der allgemeinsten Verteidigung über die Statusprobleme der Warte keine Nachdenkminute zu widmen gedachte.

Montag, 27. September 2010

1198.

Am anderen Tage nahm der Kwaliteitswart wieder einmal den Sicherheitsbeauftragten mit der karierten Mütze mit nachhause, denn die allgemeinste Verteidigung hatte zum traditionellen Herbstabendessen eingeladen, Birnen im Teig, eine alte Lieblingsspeise, die auch dem mächtig wachsenden Kinde sehr wohlschmeckte, aber wie erstaunt war Karomütze, als die Frequenz der roten Ferraris, kaum dass man sich dem Hause näherte, welches gleichsam das feste Berliner Hausboot der beiden Mitarbeiter beherbergte, sprunghaft anstieg, erst war nur jedes dritte parkende Auto ein roter Ferrari, dann jedes zweite, dann jedes, und auf den letzten Metern schlurften die beiden durch eine dichte Masse aus roten Spielzeugferraris verschiedener Größen, die klappernd zur Seite sprangen oder unter ihren Füßen zerdrückt wurden - Karo nahm es mit derselben Selbstverständlichkeit hin, die er am Kwaliteitswart beobachtete, aber als sie schließlich oben angekommen waren und auch noch vom Türgriff einen roten Ferrari, der aus einer Art Folie gefertigt war, entfernen mussten, fühlte er sich doch veranlasst, zu seinem Halbkollegen zu bemerken, ich glaube, da will dir jemand etwas mitteilen.

Sonntag, 26. September 2010

1197.

Eigenartig, sagte Dame Ö, dass niemand auf diese Sorge des Federviehs reagiert hat, ich war immer dagegen, es aufzunehmen, aber nun scheine ich die einzige zu sein, die sich wirklich um es sorgt - da lachte sich die Kreativleitung grünlich.

1196.

Die Wolken wurden grauer, die Tage dunkler, und der erzählende Kranich hatte noch nicht entschieden, ob er in diesem Winter in der EinSatzLeitung bleiben wollte oder doch lieber mit den Artgenossen gen Süden ziehen, und oft konnte er nachts nicht schlafen, weil er so gründlich darüber nachdenken musste.

Freitag, 24. September 2010

1195.

"Und heute wieder das Messerschneidenrennen der Kuratoren, es ist eine Schlacht, die mit allen Mitteln ausgefochten wird, Monate lang haben die Kuratoren trainiert, auf Spitzen zu laufen, es ist ein Kampf, in dem der beste Spitzentanzschuh und die am wenigsten behindernden Schutzvorrichtungen im Schritt einen Unterschied machen, wer zur einen Seite fällt, entlarvt seinen Kunstsinn als Sensationslust, wer zur anderen Seite fällt, entsetzt durch menschenverachtendes Psychiatergewäsch, und mancher fällt erst kurz vor Schluss von der Klinge, wenn er bei der durch Handstand zu unterstreichenden Verbeugung vor allen, die endlich zugeben, dass sie behindert, psychotisch und besessen sind und nur deswegen einen Platz in dieser Ausstellung bekommen, aus dem Gleichgewicht kommt, aber einer, einer hat es geschafft, der Sieger heißt Plummenickel und fällt, hier sehen wir es genau, dem Messerspitzenrichter direkt in den Arm, der umfängt ihn emphatisch und ruft, ja, ja, Sie sagen es, Sie sind der einzige, der es richtig sagt, die Kunst, meine Damen und Herren, die Kunst der Gesunden ist für den Gebrauch durch die anderen bestimmt, für den Verkauf auf dem Markt und die Weiterentwicklung der Kultur, die Kunst unserer Besessenen hingegen wird von ihnen nur um des Herstellungsprozesses selbst willen fabriziert, und wir, wir hier sind die ersten, die trotzdem was daran finden, und wir machen aus der national make fun of the handicapped week eine große Ausstellung, wir, meine Damen und Herren, nehmen diese Menschen auch ganz so an wie sie sind, wir geben ihnen einen Platz in unserer Mitte, obwohl sie es uns nicht immer leicht machen, und hier, liebe Zuschauer, sehen Sie, wie die Tränen des Siegers - Heribert Plummenickel aus Schuby, das liegt ganz oben in Norddeutschland - fließen, er klappert noch ein bisschen mit den Schuhspitzen, legt den Schutzanzug ab, und die Ausstellung ist eröffnet," schrie Mo, indem sie mit ihrem zittrigen kleinen Stimmchen versuchte, etwas wie einen Sportreporterton zu treffen, während die Kreativleitung, Dame Ö, Mr. Precuneus und der Kwaliteitswart für eine Minute die Luft anhielten.

Donnerstag, 23. September 2010

1194.

Manchmal vergesse ich, dass er selbst Schweizer ist, sagte die Gattin des ehemaligen Chefs am Telefon zu Dame Ö, ich bin einfach so sehr daran gewöhnt, und ich dachte, ich kenne ihn, und dann das!

Mittwoch, 22. September 2010

1193.

Man soll auch mal an die Landjugend denken, sagte der Sohn des ehemaligen Chefs, welcher soeben im Begriffe war, sein philologisches Studium in die Scheune zu bewegen, http://www.youtube.com/watch?v=P_i1xk07o4g.

Dienstag, 21. September 2010

1192.

Der zweithöchste Brachvogel fand, die Zeit der beginnenden Fernflüge sei geeignet, um wieder einmal mit der Expertise des Pestvogels die Frage zu erörtern, was eigentlich nach Meinung dieses Experten Menschen mit gewissen Störungen unter dem Begriff der Freiheit und der Liberalität verstünden, und während er in seinem Kleinschreiten noch laut vor sich hindachte, senkte sich plötzlich ein schlanker Schatten auf ihn - aufsehend erblickte der zweithöchste Brachvogel den erzählenden Kranich, dessen Schwungfedern etwas melancholisch herabhingen, während seine Beine nicht recht zur Ruhe zu kommen schienen, und eben wollte er sich ärgern, dass dieser großspurige Großschreiter noch in offensichtlichem Unbehagen mehr her zu machen schien als er selbst in seiner bräunlichen, niedrigbeinigen Sprenkelung, da sagte der Kranich, nach einer höflich zitterigen Verbeugung nun wieder schmunzelnd: wenn Sie mich fragen, so ist Ihre Frage schon im Ansatz falsch gestellt, denn die Ihnen möglicherweise unverständliche Antwort würde doch lauten, dass jene "Menschen mit gewissen Störungen," sobald sie Freiheit fühlten, damit nichts anderes täten als das, was man ihnen zuallerletzt zugetraut haben würde, nämlich hochzufrieden täglich ihre Arbeit und ein auf Dauer zumindest angelegtes Leben mit irgendwem, den sie mögen, dann und wann einen Kaffee mit ihren Freunden und gern auch ein regelmäßiges Ehrenamt zum Wohle der Gemeinschaft, eine Antwort, mit der der zweithöchste Brachvogel so tatsächlich nichts anfangen konnte, und er bat den erzählenden Kranich, ihm freundlichst aus der Sonne zu gehen, es werde ihm so kühl in seinem Schatten.

Montag, 20. September 2010

1191.

Während der Sitzung der EinSatzLeitung, die unendlich zu sein schien, weil der Komplexitätswart die EinSatzKräfte mit einem ausführlichen "inhaltlichen In-Put" über die Komplexität der Erforschung von Handlungsoptionen und -motiven beglückte, steckte Mo dem Mr. Precuneus listigen Gesichts einen Zettel zu, auf dem sie ihm ein paar deutsche Wörter mit Doppel-Er zusammengestellt hatte: "Karre, Knarre, schnurren, murren, schlörren, plörren, Burre…" und die Chefin musste öfter mal streng zu den beiden gucken, denn dauernd wusste Precuneus die Bedeutung nicht, und Mo geriet bei ihren Erklärungen immer in ein so lautes Flüstern, dass es schon etwas störte.

Sonntag, 19. September 2010

1190.

Karomütze, der Buchhalter und Mr. Precuneus hatten ein echtes Männergeschäft zu besorgen, denn Precuneus wollte für manche Aufträge etwas beweglicher und nicht immer auf Karos Begleitung angewiesen sein - und nach einigem Hin und Her hatten sie sich entschieden, aus den aussortierten Beständen der Polizei einen kleinen grünweißen Polo zu erwerben, den sie dem Handelsbeauftragten gegenüber mit fachmännischen Mienen dermaßen runterredeten, dass sie ein paar hundert Euro einsparten, und jetzt kannst du deinen Kumpels in Accra Bilder schicken mit dir am richtigen Polizeiwagen, sagte Karo, denn tatsächlich war die Aufschrift nicht vollkommen unkenntlich gemacht worden, und mit geschickter Kameraeinstellung, ein bisschen Fotoshop ... gute Karre, sagte Mr. Precuneus, der eine gewisse Vorliebe für das deutsche Doppel-R entwickelt hatte, aber ich bin jetzt nicht darauf aus, Urlaubsfotos zu verschicken, und der Buchhalter sagte pro forma, man muss sehen, ob die Investition lohnt.

Samstag, 18. September 2010

1189.

Angesichts der Schwere des Aufruhrs hielt die Chefin es für geboten, selbst eine klare Position zu beziehen, dies umso mehr, da sich eine gewisse Neigung der Abteilung Öffentlichkeit, ihr in den Rücken zu fallen, nicht mehr übersehen ließ, und so trat sie am Samstag vor die Kameras und betonte die gleichbleibende Haltung der EinSatzLeitung zu den Themen von Religionsfreiheit, selbstbestimmter Lebensgestaltung, Förderung der kreativen Kräfte, verantwortungsvollem Umgang mit dem Menschlichen und der Schöpfung oder der Erde (denn wir sind wirklich liberal), und selbstverständlich dürften die Religionsgemeinschaften Versuche machen, einander gegenseitig ihre Mitglieder abzuwerben, selbstverständlich höre man mit Interesse, und teilweise, wie sich zeige, sogar mit Neigung auch ihre Kommentare zu den Themen der Tage gern an und bedenke und diskutiere sie nach bestem Wissen und Gewissen in Spruch und Widerspruch - tätig und mit EinSätzen aggressiv werde man in der EinSatzLeitung erst da, wo es sich nicht mehr um ein einfaches Abwerben handele, sondern um hochaggressive Maßnahmen und Kampagnen, welche die freie Lebensgestaltung der mit solchen Mitteln beglückten Menschen massiv beeinträchtigten, die guten Sitten von Klarheit und Wahrheit und fairer Verhandlung effizient unterliefen und nicht nur das Streben nach Glück selbst verunglimpften, sondern die Würde konkreter einzelner Menschen unter der Prätention fauler Versöhnung und rigoroser vermeintlicher "Erziehung" zu beeinträchtigen sich für berechtigt halte - nachdem sie dies mitgeteilt hatte, versäumte die Chefin nicht, allen denen, die soeben hohe Feiertage feierten, ihre freundlichsten Wünsche zu übermitteln, und begab sich wieder in ihre Räumlichkeiten, die etwas leer wirkten, da das Kind aufgebrochen war zu einem Auslandsaufenthalt.

1188.

Heute kann man eigentlich nur den Londoner Verkehrsbetrieben gratulieren, sagte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, wieso, fragte die Kreativleitung, was gehen uns die Ordinierungsgepflogenheiten irgendwelcher Herrschaften an, die Ordinierungsgewohnheiten gar nichts, sagte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, wenn Frauen Priester werden wollen, müssen sie halt die Kirche wechseln, aber dass die sich in London trauen, sowas auf die Busse zu schreiben, das find ich gut, und ich frage mich, warum wie hierzulande so verdruckst geworden sind.

Freitag, 17. September 2010

1187.

Kein guter Abend für den Alfa, sagte Karomütze, denn er war beim Einparken unsanft an einen dieser überflüssigen Straßenbäume gestoßen, oder war es ein Poller, und bei dem Wort Poller dachte er lieber gleich wieder an Polder, an Werkstätten würde er schon am anderen Tag zu denken haben.

Mittwoch, 15. September 2010

1186.

Listen Mo, said Mr. Precuneus, and his face became crunchy with care, there is no serious reason for you to feel ashamed about having apple and honey all over the year - but Mo was still mowling.

Dienstag, 14. September 2010

1185.

Also dieser Teppich, sagte der Buchhalter, indem er wieder einmal sein kariertes Flanellhemd mit dem Gürtel seiner Hose ins Gespräch brachte, ist so ziemlich das sinnloseste Stück, was ich seit langem … AUTSCH!

1184.

Durch die Straßen fuhr am anderen Tage ein orangefarbenes Nutzfahrzeug mit der Aufschrift "Fegaro," und es machte einen ziemlich ungefressenen Eindruck.

Sonntag, 12. September 2010

1183.

Als er den Vertrag über den Erwerb einer fesch renovierten Villa im sogenannten Speckgürtel von Berlin unterschrieben hatte, machte sich Robin Hood wieder an die Restaurierung seines verworfenen Auftritts als Rächer der Enterbten, denn es ist nun einmal ein Unterschied, ob man ein Gut einfach geerbt hat (dann gehört man zur Gentry und muss damit rechnen, dass ein Robin Hood angeritten kommt, um einem den Erstwagen abzufackeln und mit dem Zweitwagen davon zu fahren), oder ob man es finanzieren kann, weil man bei seinen Raubzügen zugunsten der Armen noch ein bisschen was auf die Hohe Kante gelegt hat und sich deswegen der Dankbarkeit seiner glücklich ins Archaische zurück sinkenden Nachbarn erfreuen darf.

Samstag, 11. September 2010

1182.

Wo hat sie eigentlich ihr Chlorophyll versteckt, fragte der Buchhalter, als er sich gemeinsam mit Karomütze während der Wochenendschicht im Büro der Kreativleitung zu schaffen machte, irgendwo muss sie es doch bunkern, aber Karomütze knurrte ihn nur sauer an und sagte, sein Job sei die Durchpflügung der Steuersachen und der möglicherweise unerlaubt genutzten Akten, nicht Chlorophyll, das Geheimnis ihrer grünen Farbe haben selbst die Ghanaer unter Schutz gestellt.

Freitag, 10. September 2010

1181.

Wie wird man eigentlich mobresistent, fragte das Kind, und die Chefin sagte, wenn ich das wüsste, wäre ich auch weiter, meinst du, wie man sich daran hindert, mit zu mobben, oder wie man sich wehrt, wenn man selbst gemobbt wird?

Donnerstag, 9. September 2010

1180.

Ebenfalls nervös wurden die Brachvögelein alle, aber auch die Leute bei Ferrari fingen an zu hyperventilieren, denn irgendwer hatte ihnen zugesteckt, dass Karomütze und sein ghanaischer Kollege etwas wüssten über die Wege, auf denen dem Kwaliteitswart und den Teilnehmern seines Kurses unentwegt und allerwege diese roten Ferraris vor die Füße praktiziert wurden, eine Sache, auf die mindestens die immer empörungsbereiten Journalisten womöglich doch einmal ein Auge haben würden…

Mittwoch, 8. September 2010

1179.

Als die Kraniche langsam langsam sich versammelten und Flugordnungen probten über den stürmischer werdenden Ebenen, wurde Mo ein bisschen nervös.

Dienstag, 7. September 2010

1178.

Die Gnade seiner vorgerückten Jahre erlaubte dem ehemaligen Chef, recht bald zu vergessen, was er da mit seinen conspiratores angezettelt und vergebens wieder abzuzetteln sich bemüht hatte, und als Mr. Precuneus am Dienstagnachmittag zu einem Tee erschien, den man aus Rücksicht auf die klimatischen Gepflogenheiten des Gastes und in Ansehung der kühlen Temperaturen nicht auf der Veranda einnahm, sondern nur noch mit Blick auf Veranda und Garten, hatte er eine ganz andere Frage: Sagen Sie mal, sagte er, als seine Gattin noch einmal in die Küche gegangen war, um nach einigen Keksen zu schauen, haben Sie nun etwas mit der Kreativleitung gehabt oder nicht, und Mr. Precuneus lachte breit über beide Ohren und sagte, das wüssten Sie wohl gern, da brachte der ehemalige Chef etwas wie einen fast kindlichen Schmollmund zustande und sagte, dann ist es also zu spät, Ihnen ein herzhaftes "vestigia terrent" zuzu rufen, und Mr. Precuneus sagte, wenn es so wäre, wie Sie vermuten, müsste ich wahrscheinlich sagen, so schlimm war es gar nicht, aber sehen Sie, die Dinge sind einfach nicht immer so, wie sie erscheinen, und es werden auch nicht alle Spuren unmittelbar richtig erklärt, das sollten wir in unserem Beruf doch wissen, was, worauf der ehemalige Chef wirklich enttäuscht war - und geradezu froh, als seine Frau, die soeben aus der Küche zurückkehrte, eine Spur von Krümeln hinter sich ließ, über die er sich beklagen konnte.

Montag, 6. September 2010

1177.

Zusätzlich zu ihren sonstigen Ewigkeiten trug die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rot geränderten Augen auch noch ewig kalte Füße, wenngleich nur in den kühleren Jahreszeiten, und so darf man es getrost als eine besondere Ehrerweisung ansehen, dass sie an jenem Abend im frühen September den erzählenden Kranich in die Sümpfe seines Vertrauens begleitete, um von ihm folgende Geschichte zu hören: Der eine fragte den anderen, wer ist dem Herren der Welten am gefährlichsten, und der andere antwortete, derjenige, der die Welt wirklich nicht beherrschen will, wieso das, fragte der eine, und der andere antwortete, weil derjenige, der weder als er selbst noch in Stellvertretung des Herren der Welten die Welt beherrschen will - weil der einfach nur frei ist, jubelte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, und wenn jetzt einer von diesen Nöhlsäcken, die immer nur sagen können, dass Freiheit doch eine Illusion sei, nicht begeistert ist - dann können wir dem auch nicht helfen, schmunzelte der erzählende Kranich von Schwungfeder zu Schwungfeder und fühlte zugleich aus den Tiefen seiner Wirbelsäule in diesem Herbste wie in jedem Jahr den Drang, sich zu seinen Artgenossen zu versammeln, um für den Winter ein wärmeres Quartier zu suchen, irgendwo weiter südlich, und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, den ewig rotgeränderten Augen und den halbewig kalten Füßen hatte dafür Verständnis durchaus.

Sonntag, 5. September 2010

1176.

Wir sind ein wenig aus dem Takt gekommen, seufzte der Buchhalter, als er schnell vor dem Ende des Wochenendes noch in sein Büro schaute, und er sah dabei fast glücklich aus, denn zum ersten Mal seit längerem hatte er die Wochenendschicht aus einem Anlass versäumt, der ihm irgendwie Spaß bereitet hatte, und als er von seinem ehemaligen Chef einen wie üblich "dezent erziehlichen" Brief fand, in welchem dieser darum ersuchte, bitte mit Lob bedacht zu werden für die schöne gemeinsame Zeit der Conspiration, die er soeben kündige, "wir wollen doch von allen immer nur Gutes sagen, nicht wahr," da musste sogar der Buchhalter lachen.

Donnerstag, 2. September 2010

1175.

"This sucks in a very hard way," las Dame Ö entgeistert als einen Kommentar zu Aufnahmen von einem ihrer Lieblingsprojekte der Musikwelt (http://www.youtube.com/watch?v=FaABvYVfiuA), es gibt wirklich nur noch Banausen!

Mittwoch, 1. September 2010

1174.

Da hat man einmal eine Frage an den Oberassistenten und dann ist er natürlich nicht da, murrte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, und indem sie sich noch einmal missmutig umdrehte, als sie in den Korridor trat, wäre sie fast über den Minderheitler mit den grünen Borsten gestolpert, der da gerade seines Weges ging, was ist denn los, fragte der mürrisch, was wollen Sie denn von dem, und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rot geränderten Augen sagte, ach Sie wieder.

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