Die EinSatzLeitung schreibt mit Gästen ein Buch. Pro Tag darf jede Person einen Satz einsetzen, die EinSätze werden fortlaufend numeriert. Auf der B-Ebene gibt es längere narrative Stücke. Die EinSatzKräfte und ihre Texte sind sämtlich rein fiktiv und frei erfunden. Alle Rechte bei der Autorin.
Samstag, 31. Juli 2010
1142.
Die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, welche in einer kleinen Straße auf der Roten Insel von Berlin Schöneberg lebte mit einem Küchenfenster, von dem aus sie Apfelgripsche auf die vorbeifahrenden Züge hätte werfen können, wenn sie gewollt hätte (so etwas tat sie natürlich nicht, und natürlich nur deswegen nicht, weil sie es eben nicht wollte) unterhielt sich mit der Chefin und einer ratsuchend und Mo-los zu Besuch gekommenen Kreativleitung über Möglichkeiten, die Aufklärung der Conspiration zu beschleunigen, in welche nach ihrer Kenntnis nicht ungefährliche Teile der EinSatzLeitung verwickelt waren, als die Kreativleitung plötzlich anfing, vom "Chef in sich" zu reden, was die beiden Kolleginnen aus unterschiedlichen Gründen völlig verdutzte: die Chefin fragte mitleidig "immer noch ein männliches Über-Ich?" und die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rotgeränderten Augen erinnerte sich früherer EinSätze, beunruhigt durch den Gedanken, dass wegen einer möglichen emotionalen Verkabelung mit dem ehemaligen Chef die Kreativleitung auch noch "von der Fahne gehen" könne.
Freitag, 30. Juli 2010
1141.
Die allgemeinste Verteidigung schaute neidisch auf die Flügelspannweite des erzählenden Kranichs, der wieder einmal von Schwungfederspitze zu Schwungfederspitze ganz Lächeln herabgeschwebt kam auf das gemächlich im kaum bewegten Amstelwasser dümpelnde Hausboot und federnd (haha) einen schmalen Platz nahm zwischen den Oleanderkübeln, um ein wenig zu erzählen von den jüngsten Streitigkeiten in der Kreativabteilung, während das Kleinchen - mit einer Decke direkt auf den Planken sitzend - in seiner früh erwachten Hartnäckigkeit an einem bunten Gebilde aus etwas überdimensionierten Plastik-Steck-Klötzchen werkelte, und der Frage, wieso dergleichen eigentlich in der Zeit ihrer Assistenz nicht passiert sei, antwortete sie: man soll der Dame Ö nicht zur Last legen, dass dieser Jargon ihr nun einmal etwas bedeutet, aber sie soll auch nicht so unerbittlich mit Mo schimpfen, das wäre mein bescheidener Vorschlag zur Güte, gegen die unterschiedlichen Temperamente kann man nichts machen, und wenn ich die Chefin wäre, würde ich Dame Ö schleunigst in den Schutz und die Reintegration der Conspiratores "einbinden," dieses Wort aber nur sagen, wenn die Kreativleitung und die anderen Ideologiekritiker nicht zuhören, und wenn ich ein Vöglein wär…
Donnerstag, 29. Juli 2010
1140.
Grün bis unter die Haarwurzeln kam die Kreativleitung zurück in ihr Büro, es ist ein bisschen Neongrün, sagte Mo kennerisch, während Mr. Precuneus sagte, Sie haben sich übergeben, man sieht es Ihnen an, was war los, Sie hatten einen Streit mit Dame Ö, stimmts, stimmt, sagte die Kreativleitung, sie hatte eine Art Krampfanfall, als ich sagte, ich wolle einfach nichts mehr von diesem Wertegeschwafel hören, wer welche hat, redet nicht drüber, wer dauernd darüber redet, womöglich noch darüber, dass es doch recht eigentlich auf die Liebe ankomme und son Zeug, bei dem darf man sofort davon ausgehen, dass mit ihm nicht zu spaßen ist, dass er allen, denen er die Lebensgrundlage entzieht und die Freiheitsrechte verweigert, noch zusätzlich schlimme Predigten hält und Klavier vorspielt, und dass sie sich bitte mit ihren Börsianern über Werte unterreden soll und gern auch über wahre Liebe und echte Freiheit, ja, darauf hat sie angefangen, hier so herumzuschreien, dass ich sie rauswerfen musste und dann erstmal zum … da war sie schon wieder unterwegs, und Mr. Precuneus schüttelte den Kopf, murmelnd, es ist nicht recht, dass man Hochschullehrer von Sonderschülern erziehen lässt, es ist einfach, Shakespeare hin oder her, die falsche Reihenfolge, und Werte sind wirklich was für Idioten, die sie im Grunde von Wertpapieren nicht wirklich unterscheiden können, so sagt der Demokratiebeauftragte, was Mo, und hat recht, aber Mo lächelte nur verzückt, weil sie zum ersten Mal erlebt hatte, dass die Kreativleitung sich ihretwegen gestritten hatte.
Mittwoch, 28. Juli 2010
1139.
Der Diskurswart, im "Bistro," erstaunlich direkt zur Rede gestellt von der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, antwortete auf die Frage, was ihn denn eigentlich so sehr kränke, dass er sich den Conspiratores angeschlossen habe, wahrheitgemäß, er fühle sich so unbeschrieben.
1138.
Mit seiner eigenen Kunst, Fäden zu ziehen und schlau herumzureden, im Team diesmal mit der Leitung Ö und ihrem Standing, hatte Karomütze es erreicht, dass die Conspiratores einerseits noch gut da zu stehen schienen, andererseits eine Möglichkeit finden konnten, unter Gesichtswahrung zurück zu weichen, und als er voller Befriedigung über das Ergebnis seiner Bemühungen (denn es war ihm mulmig gewesen) mit offenem Verdeck durch norddeutsche Landschaften fuhr, bemerkte er plötzlich, dass auf dem Rücksitz seines Wagens der klitzekleine Forschungsminister und Mo ihre Köpfe aus der Tasche reckten: Mo sprach im ihr eigenen Dauerdelirium davon, dass der Geist von Gaugin sich über die Landschaft ergossen haben müsse, denn in der untergehenden Sonne sähen die Felder mit dem reifen Korn ocker-rosa aus, die Baumstämme pink, ihre Kronen violett und sie konnte sich vor Staunen über all die vielen Farben gar nicht fassen, während der klitzekleine Forschungsminister mäkelte, ihm sehe es eher nach einem im Norden ratlos herum irrenden Cezanne aus, Quatsch ihr da, Einschleicher, motzte Karo, im Norden gibts allenfalls Nolde, und zu dem passt das hier nun wirklich nicht, ist einfach ein Sonnenuntergang bei bewölktem Himmel in Meck-Pomm.
Montag, 26. Juli 2010
1137.
Heute bitte ein Wort zum ß, bat Mr. Precuneus, denn dieser Buchstabe interessierte ihn, seit er sich auch noch die Frakturschrift angewöhnt hatte und endlich verstanden hatte, warum es EssZett hieß, aber alle winkten ab und sagten, wir sind eh beschäftigt, können Sie das nicht bitte selbst machen?
Sonntag, 25. Juli 2010
1136.
Der Buchhalter hatte einen so schönen Sonntag gehabt, dass er dachte, es könnte lustig sein, einfach mal eine Ziffer zu überspringen, er that es dann aber doch nicht.
Samstag, 24. Juli 2010
1135.
Das ist ein Tag für Mo, sagte Mo, und stellte sicherheitshalber schon mal einen Link ab:
http://www.youtube.com/watch?v=v7lN1R2LP-4&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=v7lN1R2LP-4&feature=related
Freitag, 23. Juli 2010
1134.
Es war wieder einer von diesen Tagen, an denen die Kreativleitung sich mit der Arbeit am Wandteppich verkeilte, die auf keine Weise zu erleichtern oder zu beschleunigen war; wenn sich an einem solchen Tag herausstellte, dass alle weg waren und sie nicht einmal ein passendes Zitat zur Hand hatte für den fälligen EinSatz, konnte sie schon einmal daran denken, vielleicht ihrerseits zu kündigen.
Donnerstag, 22. Juli 2010
1133.
Der Kwaliteitswart saß am anderen Tage im Bistro zufällig mit der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse und den ewig rot geränderten Augen an einem Tisch, welche die Gelegenheit gern nutzte, um ihn zu fragen, was er über Versuche denke, andere in eigenen Worten "ihr eigenes Urteil" sprechen zu lassen und aufs Glatteis zu führen, indem man ihnen einen dem ihren vermeintlich ganz oder in Teilen parallelen Fall vorlege - wir machen das nämlich in einigen unserer Befragungen dauernd so, sagte sie, und wir rechtfertigen es vor uns selbst, indem wir sagen, so bringen wir sie mit Leichtigkeit und Leisigkeit zum Umdenken, aber der Kwaliteitswart, der ihr Unbehagen sehr wohl heraushörte, verzog sein Gesicht und sagte, das ist ein sehr bedenkliches Verfahren, viele Kollegen, auch unser Diskurswart zum Beispiel, erhoffen sich unbegreiflich viel davon, in meinen Augen aber ist es nicht nur nicht nützlich, sondern regelrecht destruktiv: die Intelligenteren umgehen es schnell, und die, die sowieso ein moralisches Gefühl und ein Freiheitsempfinden haben, durchschauen es ebenso schnell und wenden sich selbst dann angewidert ab, wenn sie keine Chance sehen, ihm wirklich einfach zu entgehen, und es also erst einmal bedienen, nej, sagte er, ich halte nichts davon, rein nichts, und lächelte gewinnend.
Mittwoch, 21. Juli 2010
1132.
Hattest du nicht noch was über Wortneuschöpfung durch Trennung, Mo, reich doch bitte mal rüber, sagte die Kreativleitung mit einem nervösen Blick auf die Uhr, und so rückte Mo, etwas zögerlich und widerwillig zwar, aber dann doch eine kleine Karte aus ihrer Sportlerdatei heraus, auf der das Wort Topfavorit nicht zwischen p und f, sondern zwischen f und a getrennt worden war, so dass etwas heraus kam, das sie Topf-Avorit nannte und bitte für einen in passenden Blumentöpfen besonders schnell wachsenden Stein halten wollte, man könnte, fügte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu, da das Gouvrnantenlexikon ja zur Gänze entschlafen zu sein scheint, ganze Lexikonartikel über diesen Stein verfassen, findest du nicht?
Dienstag, 20. Juli 2010
1131.
Der Tag in der EinSatzLeitung hatte wie angekündigt mit einer Sitzung begonnen, die wie üblich von der Chefin geleitet wurde, welche aber, anders als üblich, darum bat, in das Protokoll (es wurde vom Demokratiebeauftragten geführt) lediglich einige feierliche Worte aufzunehmen, die sie aus durch das Datum gegebenem Anlass über illegitime, legitime und verpflichtende Gründe für Verschwörungen und Ungehorsam in wohlgeformten Sätzen vortrug, um die übrige Zeit auf ein gemeinsames Brainstorming zur Frage der Bedingtheit sowie der Bedingungen der Möglichkeit von Geltungs- und Verfallsdaten bei Wünschen, Dankesverpflichtungen und Versprechungen zu verwenden, eine Idee, die von den verbliebenen Conspiratores, welche teils in einem nicht geringen Unbehagen schmorten, zunächst mit versuchtem Hohn beantwortet wurde - es gelang dann aber dem besonders gut vorbereiteten Mr. Precuneus gemeinsam mit der Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse (sie hatte sich bisher so mit Desinteresse an diesen minderen Fragen bedeckt, dass keiner wirklich wusste, wo sie stand), doch eine eifrige Diskussion zu provozieren, in deren Verlauf alle dankbar waren, dass weiter nicht protokolliert wurde.
Montag, 19. Juli 2010
1130.
Der naseweise Sinologe überlegte zum ersten Mal seit langem, ob er nicht doch lieber Hispanologe hätte werden sollen, denn wie viele andere war er durch die spanische Siegesserie - nun auch bei der Tour de France - etwas beunruhigt, und wenn der naseweise Sinologe durch etwas beunruhigt war, fiel ihm stets nur eines ein: Studiere das Phänomen gründlich und nach allen Seiten, lerne seine Sprache und stelle fest, ob nach einem einjährigen Aufenthalt die Gesichter immer noch nur frostig wirken und der Sport nur eitel aussieht, vielleicht dachte er, werden die Spanier die neuen Chinesen, das wäre doch mal eine nette Hyothese.
Sonntag, 18. Juli 2010
1129.
Offizielle Sitzung Dienstag 9.00 Uhr, meldete der Demokratiebeauftragte im Auftrag der Chefin an alle EinSatzKräfte, freute sich, dass er seine Wochenendschicht ohne Klimaanlage zwanglos überstanden hatte, und schloss die Tür.
Samstag, 17. Juli 2010
1128.
Nocheijn, un kick, nocheijn, un weck, oder wech, oder watt, brabbelte der Kwaliteitswart vor sich hin, als er auf dem Weg zur Tür des Hauses, in dem seine kleine Dienstwohnung in der Hauptstadt sich befand, die vielen kleinen roten Ferraris weg kicken musste, die da herum lagen, herum hingen, herum surrten usw., und als er soeben zwei auf einmal mit seiner linken Schuhspitze auf die andere Straßenseite befördern wollte, gab das kleine orangefarbene Telefon in seinem orangefarbenen Hemd den schrecklichen Laut von sich, den er einprogrammiert hatte, um dienstliche Anrufe sogleich zu erkennen, und es gab diesen Laut, wie sich herausstellte, weil die Chefin es für passend hielt, eine kleine Sondersitzung der vermuteten Nicht-Conspiratores ganz zwanglos in einem Café ihres Vertrauens einzuberufen, da würde er doch dabei sein, nicht wahr, aber das ist doch selbstverständlich, sagte der Kwaliteitswart, und kickte die beiden kleinen roten Ferraris, die von seiner Schuhspitze herabgefallen waren, dann eben nacheinander weg.
Freitag, 16. Juli 2010
1127.
"Tswen aus Bartzelona muss zum Tsüschologen, weil sein Lehrer Bongolowski ihn in der ürrigen Annahme, dass er unter ADS leidete, dahin geschickt hat," stotterte sich der kleine Pestvogel durch einen Arbeitsbogen, und der kleine Brachvogel wusste einfach nicht, ob er ihn an einigen Stellen verbessern oder dieses gleich aufgeben sollte, um allenfalls "die Inhalte" mit ihm zu diskutieren.
Donnerstag, 15. Juli 2010
1126.
"… und so haben wir hier die Aussicht, dass dieser Sommer 2010 tatsächlich der heißeste überhaupt…" tönte es aus dem Radio, als der Demokratiebeauftragte den kleinen blauen Ventilator ausschaltete, um endlich nachhause zu gehen, wo es eher stickig sein würde.
Mittwoch, 14. Juli 2010
1125.
In der Zwischenzeit hatte die Hitze sich eingerichtet, sie geruhte auch in den Nächten keineswegs mehr ihren angestammten Platz zwischen den Häusern zu verlassen, und wer etwa auf die Idee gekommen wäre, sich bewegen oder sprechen zu wollen, hätte mit allen anderen, die das natürlich auch nicht lassen konnten, die Erfahrung geteilt, dass man sich bewegte wie in einem klebrigen Sirup, der einem womöglich auch die Zunge lähmte - keine gute Zeit für Sitzungen, sagte die Chefin zum Demokratiebeauftragten, dessen weißer Hemdkragen bei näherem Hinsehen auch schon ganz durchweicht aussah, und der nicht, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, gegen diese Lotterigkeit protestierte, sondern nur noch antworten konnte: Klimaanlagen sind doch besser.
Dienstag, 13. Juli 2010
1124.
Während die Chefin der Kreativleitung ihre Gedanken zur Frage, wie man Intriganten integrieren könne, ohne denen, die ihnen zum Opfer gefallen waren, weiteren Schaden zu zu fügen und die Struktur der Sache ganz zu kippen, vortrug, sah diese ab und zu ein wenig nervös nach Mo, welche ihrerseits in ihrem alten grauen Kittelchen auf dem Sims vor dem offenen Fenster des Chefinnenbüros hockte und mit herunterbaumelnden Beinchen versonnen auf die eingerüstete der gegenüberliegenden Fassaden schaute, weil sie sich von dem Anblick eines mit in üppigen Pastellfarben blühenden Blumen bepflanzten Balkons hinter dem grauweißen Schleier, der die Passanten vor während der Bauarbeiten herumfliegenden Dreckstückchen schützen sollte, nicht lösen konnte.
Montag, 12. Juli 2010
1123.
Es kommt eben alles auf die Form an, in der man eine Sache darstellt, sagte die Kreativleitung zu Mr. Precuneus, welcher ihr ein Dokument vorlegte, in dem irgendwelche Eins-zu-Einsler unter Herbeiziehung einiger durchgeknallter Pestvögel aus einer Geschichte ein Psychogramm des ihr befreundeten Autors gemacht hatten (denn sie hatten Menschen gefunden, die bereit waren, sich in einigen der literarischen Gestalten wieder zu finden) und wenn Sie eine ganz normale, ja, eine wirklich absolut banale Geschichte nur so darstellen, dass die Leute irgendeine absichtsvolle Verrückung nicht erkennen und sich stattdessen provoziert fühlen, ihre stets ganz ungerechten und ungleichmäßigen Maßstäbe hervorzuholen, um alles, nur nicht möglicherweise ihre eigenen Neigungen darin zu erkennen, auf die unser schriftstellernder Freund natürlich klammheimlich zielte, dann kann so etwas schon einmal passieren, aber davon darf man sich glaube ich nicht beeindrucken lassen, oder sind Sie anderer Meinung?
Sonntag, 11. Juli 2010
1122.
Nawas, Navas, sagte der Kwaliteitswart, und irgendwie gelang es ihm, so lange zu lächeln, bis keiner mehr sagen konnte, dass er nun etwa unsportlich sei, so dass auch der klitzekleine Forschungsminister seine Geschichtslektionen für sich behielt und dachte, es reicht, wenn ich ihm morgen sage, dass ich extra seinetwegen NICHT beim naseweisen Sinologen geguckt habe.
1121.
"Wir sind doch kein Nachrichtensender," sagte die Leitung der Abteilung Öffentlichkeit, als eine Beschwerde über den "Sendeausfall" des gestrigen Tages erwartungesgemäß eintraf, "und bei der Entscheidung, möglichst jeden Tag einen EinSatz zu liefern, handelt es sich um eine freiwillige Selbstverpflichtung, wenn Sie aber bitte den Wortlaut der EinSatzRegel beachten möchten, so werden Sie finden, dass jede Person pro Tag einen Satz einsetzen darf, mithin nicht muss - gleichwohl bemühen wir uns natürlich seit Jahren ziemlich erfolgreich darum, es auch jeden Tag zu tun, und bitten um den durch einen technischen Defekt verursachten gestrigen Ausfall bei unseren Stammlesern um Entschuldigung, übermitteln Sie bitte auch unsere herzlichen Glückwünsche an das deutsche Team, wer es konnte, hat es gesehen, es war ein hervorragendes Spiel," legte auf und machte sich auf ein schwieriges Gespräch mit der immer noch amtierenden Chefin gefasst (die hatte sie einbestellt wegen intriganter Äußerungen gegen die Kreativabteilung), indem sie die Nummer des ehemaligen Chefs anwählte.
Freitag, 9. Juli 2010
1120.
Die Hitze erhöhte zwischen den dichtgeschlossenen Häuserreihen ihre eigene spezifische Dichte wie wütend.
Donnerstag, 8. Juli 2010
1119.
Am anderen Tage hielt der Kwaliteitswart es für geboten, nicht nur dezent zu sein, sondern auch eine Geste des guten Willens zu zeigen, indem er wie lange nicht mehr mit einem Pappbecher Kaffee in jeder Hand in die Kreativabteilung ging, sich vor dem erheblich gewachsenen Wandteppich aufbaute und in geradezu süßlicher Freundlichkeit und Heiterkeit auf die Umstehenden einsprach, als wäre er bei dieser seiner alten Gewohnheit all die Jahre über geblieben, und nachdem er dieses so etwa 20 Minuten lang gespielt, legte er noch ein kleines Filmchen auf dem Tisch der Kreativleitung ab, deutete eine Verbeugung an und verabschiedete sich so verdutzend wie er erschienen war.
Mittwoch, 7. Juli 2010
1118.
Ziemlich ruhig in der Hauptstadt, nich, sagte Mr. Precueneus, der überhaupt nicht wusste, wie er sich verhalten sollte, als die Deutschen nicht gewonnen hatten, obwohl doch selbst Mo dabei erwischt worden war, sie anzufeuern, während der Kwaliteitswart nach den ersten 30 Minuten sagte, die schon wieder, ich dachte, die hätten wir im siebzehnten Jahrhundert oder so…
Dienstag, 6. Juli 2010
1117.
Die Niederlage für den Sicherheitsbeauftragten hätte nur dann herber ausfallen können, wenn er sie öffentlich hätte erleiden müssen, aber es lag nun einmal in der Natur seiner besonderen Aufgaben, dass sie eben nicht in der Öffentlichkeit stattfanden, oder wenn in der Öffentlichkeit, dann doch nicht so, dass diese wirklich verstehen konnte, was vor sich ging, wenn einer mit einer karierten Mütze auf dem Kopfe seinen schwarzen Alfa an den Straßenrand fuhr, ausstieg, aufgeregt gestikulierend einem dieser unfassbar coolen gedrungenen Typen, die mit ihren etwas hängenden Hinterteilen über kurzen Beinen und mit Gürteln weit unterhalb ihrer in der Regel kahlgeschorenen Köpfe (welche zumeist von Sonnenbrillen geschmückt wurden) neben irgendwelchen hochrädrigen Fahrzeugen der Marke Lobster zufällig am selben Straßenrand herum zu stehen pflegten, ein Kassiber übergab (so nennt man das doch auch heute noch?), nur um damit beim Empfänger ein kurz ganz furchtbar aufloderndes Gelächter und dann schnell wieder coolgesichtiges Kopfschütteln zu verursachen - natürlich sahen einige Leute die Szene, wie der eben ausgestiegene Lobsterfahrer Karomütze das Kassiber als völlig unbrauchbar wieder zurück gab, fluchend sein Kaugummi in großem Bogen ausspuckte und dann wieder in seinen Wagen turnte, zumal der Verkehr auf der großen Hauptstadtstraße nicht gerade perlend floss, aber niemand schien gehört zu haben, wie der lachende Bote vom fremden Geheimdienst sagte, aber diese Unterlagen, die Sie mir da so aufgeregt präsentieren, die sind doch nun bald zwei Jahre alt, ja glauben Sie denn wirklich nicht, dass in der Zwischenzeit einiges passiert sein könnte, also ich hatte von Ihnen NEUE Nachrichten erwartet, verstehen Sie was das ist, verstehen Sie, was ich sage, Mann, NEUE Nachrichten, aber ebenso hätte er sagen können, den Ölwechsel, aber doch bitte nicht hier!
Montag, 5. Juli 2010
1116.
Wie kann man nur wie kann man nur, seufzte die Minderheitlerin mit der ewigen blauen Bluse, als der Minderheitler mit den grünen Borsten sie aufforderte, ein Plakat zur Rettung der Bälle zu malen anstatt zu maulen, er ist doch zynisch und menschenverachtend, setzte sie noch nach, aber der Minderheitler mit den grünen Borsten sagte, sie verwechsele wohl ihr ewiges "Anmahnen" der wichtigen Themen mit politischem Interesse, während er sich um die ernsthaften Scherze tätig kümmere, aber als er noch nachlegen wollte, dass da bei ihr wohl was nicht ganz klar sei, hatte sie sich schon umgedreht zur allgemeinsten Verteidigung, welche doch tatsächlich in einem von oben bis unten orangen Kleid das "Bistro" betrat, ein orangefarbenes Tuch um den Kopf und ein orange gekleidetes Kind im offenen Kinderwagen, und die Frage, ob das nicht ein bisschen übertrieben sei, erübrigte sich irgendwie so komisch.
Sonntag, 4. Juli 2010
1115.
Der klitzekleine Forschungsminister und der naseweise Sinologe waren wieder einmal zusammen gekommen, um an den fußballfreien Tagen einige etwas diffizilere Fragen zu erörtern, und der klitzekleine Forschungsminister eröffnete mit der Frage: könnte ich mich wohl willentlich dazu entschließen, der Nachwelt ein Fragment zu hinterlassen, oder würde das nicht funktionieren, was meinen Sie, und der naseweise Sinologe, welcher sich bei der Hitze kaum zum Auf- und Abbewegen seines Unterkiefers verstehen konnte, sagte, in euren Schulen würde man sagen, verweist nicht ein willentlich hinterlassenes Fragment immer auf einen Fraktator, bei uns hingegen würde man vorschlagen, diese Sache schwerpunktmäßig entschlußlos zu betrachten, um die ihr eigene Entwickelung nicht zu stören, eine Antwort, die der klitzekleine Forschungsminister mit Sorgenfalten auf der relational betrachtet durchaus hohen Stirne eine ganze Weile still erwog.
Samstag, 3. Juli 2010
Freitag, 2. Juli 2010
1113.
Habe ich da eine Träne gesehen, fragte die Gattin des ehemaligen Chefs erschrocken, als sie in das Zimmer trat, in dem ihr Gemahl mit seinem Sohn das Fußballspiel gesehen hatte, und der ehemalige Chef knurrte, was hast du denn gedacht, erhob sich ächzend und schlich schlechtgelaunt in sein Schlafgemach, es ist darüber doch recht spät geworden, sagte er, als er sich noch einmal umsah, aber du wirst Mr. Precuneus sicher erreichen, ruf ihn an, oder vielleicht schickst du lieber einfach eine SMS, wer weiß wie es ihm geht…
Donnerstag, 1. Juli 2010
1112.
Wenn der Buchhalter des Abends auf seinem Balkönchen (ein Wort, bei dem er immer ein wenig ins Kölnische verfiel) noch ein Bierchen trank, so tat er das in diesen Tagen in Schießer-Feinripp, der Schweiß lief ihm dennoch hierhin und dahin, und wenn er daran dachte, wie es anderntags im Büro sein würden, so freute er sich, dass er aus der Zeit seines Renovierungsversuchs noch ein Hemd mit kurzen Ärmeln aus leichtem Baumwollstoff besaß, zu dem ihm seinerzeit der Sicherheitsbeauftragte geraten hatte, und vielleicht taugte auch der Deo-Stift noch was, ach, waren das Zeiten, seufzte er, als wir mit offenem Alfa herumgefahren sind und die Weiber … und er nahm noch einen Schluck, alles schon wieder ganz schön lange her, dachte er bei sich, aber da war doch noch diese Telefonnummer, es ist eine Niederlage, da anzurufen, dachte er, aber besser eine Niederlage und wenigstens ein bisschen Spaß als…
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